Stuttgart, 19. Mai. Der König wird in der Nacht vom Dienstag auf Mittwoch früh gegen 3 Uhr hier wieder eintreffen.

Die Enthauptung des Doppel-Raubmörder.s David Reichardt, gewesenen Nagelschmids von Entringen, ging, wie wir schon kurz gemeldet, am Mittwoch früh 5 Uhr im Hof des Anatomiegebäudcs zu Tübingen vor sich. Am Dienstag Nachmittag besuchte ihn seine Frau mit 2 ihrer Kin­der zum letzten Mal. Die beiden Gatten erhielten noch zu­sammen, von dem Seelsorger des Mörders, das heilige Abend­mahl. Herzzerreißend soll der darauffolgende Abschied der so schwer vom Schicksal betroffenen Frau von ihrem Manne ge­wesen sein. Reuevoll lieh der Mörder noch alle Diejenigen, denen er ein Leid zugefügt hatte, um Verzeihung bitten. Mit großer Ruhe und Ergebenheit brachte er die ihm noch gewährte Lebcnsfrist zu; doch habe er die 23 letzte» Stunden seines Lebens laut betend und jammernd zugebracht. Am Mittwoch kurz vor 5 Uhr sah man eine 2spännigc, alte, schwarz verhängte Kutsche unter Begleitung einiger Landjäger, bedächtigen Schritts vom Schloß herab durch die Stadl dem Anatomie­gebäude zufahrcn. In derselben saß der dem Tod durch das Beil verfallene Mörder David Reichardt, der Geistliche und 2 Landjäger. So fuhr der Delinquent seinem Richtplatz entgegen, auf welchem etwa 80100 Personen in feierlicher Kleidung versammelt waren. Der Staatsanwalt ließ das Urtheil durch einen Gerichtsschreiber (und die königliche Entschließung bezüg­lich der Nichtbcgnadigung) verlesen: während dessen ertönte das Armensiinderglöckchen und läutete bis zum Ende des Aktes hörbar. Hierauf sprach der Staatsanwalt zu dem Delinquen­ten: David Reichardt euer Leben ist verwirkt, Gott sei eurer Seele gnädig! zu dem Scharfrichter: Nachricht«, ich übergebe Euch den Berurtheilten David Reichardt mit dem Befehl, ihn zu richten vom Leben zum Tode! Nachdem nun der Geist­liche das letzte Gebet mit dem Delinquenten gesprochen hatte, küßte letzterer dem Geistlichen noch gerührt die Hand. Als­bald ergriffen die Gehilfen des Scharsrichters den Mörder und banden ihn auf dem Brette sest. Er wurde in die Maschine geschoben. Ein Druck durch den Scharfrichter und ein Doppel­mörder hatte die verdiente Strasc erhalten. (Dtsch. Rchsp.)

Tübingen, 19. Mai. Ein Vermächtniß. iT. Chr.) Vor seiner Abführung ans die Richtstätte hat der am 17. d. M. dahier Hingerichtete David Reichardt noch ein von ihm beschriebenes Quart­blatt abgegeben. Wir nehmen keinen Anstand, dieses Schreiben, das uns von maßgebender Seite mitge- theilt wird, in unser Blatt auszunehmen. Es lautet wie folgt: Ich David Reichardt bitte die Herrn Richter noch vor meinem Sterben, meinem Wunsch gemäß diese Zeilen nach meinem Tode in einem Blatt veröffentlichen zu lassen, und zwar blos wegen mei­ner Mitmenschen, welche auch noch mit Blindheit geschlagen sind und dadurch der höllischen Verdamm­nis; dienen. Diesen schreibe ich in meinen letzten Stunden diese Zeilen. Sie mochten doch sich auf- rafsen und umkehren und Buße thun und zu Gottes Geboten und zu seiner Gnade bei Zeiten zurückkehren; und sollte der Feind Unkraut streuen wollen, so möchten sie nach dem Himmel sehen, dann gewiß schenkt ihnen Gott die Kraft, allem zu widerstehen, und sollen meiner gedenken, wie schnell man gesunken ist. Indessen bitte ich noch alle Menschen um Ver­zeihung. Der Unterzeichnete David Reichardt.

In Heiden heim sind letzten Montag 584 Liter Maikäfer eingebracht worden (zus. etwa 274,480 Stück), 48 kleine und große Lieferanten haben sich beim Sammeln betheiligt.

Am Mittwoch den 17., Abends zwischen 7 und 8 Uhr begab sich der ledige Bauer Michael Kramer von Winzerhausen, Oberamts Marbach, welchem vor einigen Monaten ein Fuß amputirt worden war und der deßhalb an Krücken gieng, von Groß-Bottwar in angetrunkenem Zustande auf den Heimweg. Er batte kaum den letzteren Ort verlassen, als er zu Boden stürzte, wobei das Rohr seiner Tabakspfeife, die er im Munde hatte, hinter der Mimdspitze ab­brach, und ihm in das rechte Auge und durch das Dach der Augenhöhle hindurch bis tief in das Ge­hirn eindrang, so daß der Tod augenblicklich erfolgte.

In Häfnerhaslach, OA. Brackenhcim, fand inan am 14. d. M. die Frau des dortigen Lammwirths in ihrem Hause todt auf der Kellerstaffel liegen mit einer Wunde am Kopfe. Nach Angabe des Mannes soll sic hinuntergefallen sein: da je­doch häusliche Zwistigkeiten unter den Eheleuten an der Tages­ordnung waren, der Mann die Verstorbene auch öfters miß­handelt und bedroht hat, so besteht im Orte der Verdacht, daß ein Verbrechen vorliegcn könnte und wurde deßhalb gericht­liches Einschreiten veranlaßt, dessen Ergebnis! noch abzuwarteu ist.

München, 15. Mai. (Landgericht.) Ans 5. Fcbr. d. I. war in,Starnberger Land- und Verboten" zu einem bei dem Wirihe Scbalper zu Söcking statlfindendcn Knödelwcii- esien eingeladen worden. Es bctheiligtcn sich bei demselben 15 Personen. Für diejenigen, welche die meisten Knödel ver­zehrten, waren 3 Preise ansgcsetzt, bestehend in 3 Flaschen Wein. Es wurden um 15 Knödel verzehrt und aus dem erbitterten Kampfe ging der Bauer Gg. Fink aus Starnberg als preisgekrönter Sieger hervor, der im Schweiße seines An­gesichts 22 Stück de: faustgroßen Knödel verzehrt hatte! Der Veranstalter des Wcttessens hatte aber versäumt, die polizei­liche Bewilligung für dieseLustbarkeit" einzuholen. Das Amtsgericht Starnberg erkannte indessen aus Freisprechung.

wogegen der Amtsanwalt Berufung ergriff. In zweiter In­stanz beantragte der Staatsanwalt Geldstrafe, doch das Ge­richt erkannte gleichfalls auf Freisprechung, da ein Knödelwett- effen nicht unter tz. 32 des Polizeistrasgesctzbuches falle.

München, 17. Mai. Der in der Landes- verraths-Affaire vielgenannte Brunner hat sich, wie verlautet, der Haftnahme zu entziehen gewußt und soll sich wieder in der Schweiz befinden. Die beiden übrigen Angeschuldigten, Frhr. Kreittmayr und Marquis de Grouillers, besinden sich noch hier in Hast.

In Albersweiler in der Pfalz feierte am 4. Mai das Ehepaar Gehrhard den 76. Jahrestag seiner Hochzeit. Der Mann ist 102 Jahre alt und die Frau zählt 98 Jahre. Beide sind noch gesund und ziemlich rüstig.

Ein Blitzschwab hatte voriges Jahr in Sturtgart eine Postkarte ausgestellt, die mit 0188 Worten beschrieben war. Ein Bayer aber, Buchhalter Gindele in Augsburg hat ihn aus dem Felde geschlagen. Er hat der Ausstellung in Nürnberg eine Postkarte einverleibt, auf welcher er die Geschichte von Augsburg in 6069 Wörtern erzählt.

Frankfurt. Irrsinnig geworden ist ein hiesiger Ren­tier, früherer Metzgcrmeister. Derselbe glaubt, er sei ein Hund geworden, weßhaib er den ganzen Tag über bellt. (Fr. I.)

Berlin, 16. Mai. Das Ccntralcomito der Hygiene-Ausstellung beschloß einstimmig aus Antrag Forckenbeck's, daß bis zum nächsten Frühjahr die Ausstellung Wiedererstehen solle.

Berlin, 18. Mai. Die Taufe des neugebo­renen Prinzen wird nach der Krzztg. am 11. Juni, also am Hochzeitstage der kaiserlichen Urgroßeltern, vollzogen werden, und zwar im Marmorsaale des kgl. Stadtschlosses zn Potsdam.

Berlin, 18. Mai. Der Magistrat und die Stadtverordneten wollen lautFrkf. Zeitung" bis 300,000 ^ zur neuen Hygiene-Ausstellung bei­steuern. An den Feierlichkeiten bei Eröffnung der Gotthardbahn werden noch theilnehmen: Der Staatssekretär Stephan, mehrere Bundesrathsmit- glieder und Räthe des auswärtigen und Eisenbahn­ministeriums, die Minister Crailsheim, Miltnacht, Turban, Hofmann (Elsaß.) Von Italien werden die Minister Mancini und Baccavius erwartet. Der Reichstagsdeputation schließt sich noch der Abgeord­nete Stalin (Württemberg) an.

Berlin, 19. Mai. In der Tabakmono­pol-Commission wurde mit 21 gegen 3 Stim­men folgender Antrag des Dr. Lingens (Centrum) angenommen:Der Reichstag beschließt, zu erklären, daß nach der erst durch Gesetz vom 16. Juli 1879 erfolgten Erhöhung der Tabaksteuer eine weitere Belastung und Beunruhigung der Tabakindustrie um so mehr als unstatthaft erscheint, als die vorhande­nen und in Zunahme begriffenen Einnahmen, sowohl im Reiche als in den Emzelstaaten, bei angemessener Sparsamkeit die Mittel bieten, die öffentlichen Be­dürfnisse zu befriedigen und bestehende Mängel in der Steuer- und Zollgesetzgebung auszugleichen.

Berlin. Das Besinden des Prinzen Karl, des hochbelaglen Bruders des greisen Kaisers, ist in den letzten Tagen ein recht ungünstiges gewesen. Der Prinz ist bettlägerig und leidet an großer schwache.

Die Gewerbeordnungs-Kommission des Reichstags nahm den Paragraphen 33a, wonach zu gewerbsmäßigen Musikaufführungen, Schaustellungen, theatralischen Vorstellungen rc. ohne höheres künst­liche wissenschaftliche Interesse die Erlauvniß erfor­derlich ist und zwar ohne Rücksicht aus bereits er- theilte Erlaubnis; für Schanspielunternehmnngen, mit 12 gegen 8 Stimmen init kleinen Äöänderungen an.

Der Deutsche Reichstag ist bis zum 6. Juni in die Pfingstserien gegangen ; Slöcker sagt, um daheim die Ausgießung des Geistes zn erwarten, was für Berlin kein Compliment ist. Nur die außer­ordentliche Tabaks-Commission ist in Berlin verblieben.

DieProvinzial-Correspondenz" bespricht die Monopoldebatte und glaubt, daß gerade die Gegner des Monopols, welche jedoch keine Gegner der Finanzresorm seien, die Verpflichtung hätten, mit positiven Vorschlägen hervorzulreten, um zu be­weisen, daß dieselben besser seien als das Monopol. Wenn der Reichstag weder das Monopol annimmt, noch andere positive Vorschläge macht, würde er allein die Verantwortung für die Fortdauer der Reich, Staat und Gemeinden bedrückenden Uebelstände zu tragen haben.

Aus Friedrichsruh wird berichtet, daß der Reichskanzler neben den neuralgischen Schmerzen auch zum ersten Male an Appetitlosigkeit leidet; er hat

den Dr. Cohn aus Hamburg, welcher früher eine glückliche Kur an ihm gemacht hat, zu sich kommen lassen.

Ein gleich scharfes Unheil über devRichlerschev Ton" wie dasWiener Frdbl." jällr auch diePrcsie". die ihm ja sonst gar nicht abhold ist. Sie sagt: Der Abgeordnete Richter hat iu die deutschen Debatte» einen Ton gebraittt, wie er weder in Paris noch in Wien, noch in London belieb! wird. Die Führer des deutschen Fortschritts setzen eine Ehre darein, sich durch Mangel an Anstand bemerkbar zu machen, sie schei­nen in solchen Ausschreitungen, die man in der gebildeten Ge­sellschaft nicht zu dulden pflegt, das Kriterium des Freisinns zu suchen. Wir können Herrn Richter versichern, daß rr in einem andern Parlamente als dem dcittschcn sieb Rügen ge­fallen lassen müßte, die man sonst nur denen zu Theil werden läßt, deren Erziehung erst beginnt.

Ocsttrrtich-Ungnrn

Wien, 16. Mai. (Ringtheater-Prvzeßs, Sämmtliche Verurtheilte sind zur Schadloshaltuug der 90 angemeldetcn verschiedenen Ersatzansprüche im Gesammtbetrage von 5587 Gulden vernrtheilt wor­den. Alle anderweiten Ansprüche, namentlich die Ansprüche der Brandschaden - Versichernngs - Gesell­schaft sind aus den Zivilrechtsweg verwiesen. Der Gerichtshof erkannte nur insoweit ans Schadenersatz, als er den Schaden ermittelt ansah.

Wien, 18. Mai. Das Armee-VerordnungS- Blatt veröffentlicht das provisorische Statut über die Organisation der bosnisch-herzegowinischen Truppen. Der von den Wehrpflichtigen abzulegcnde Eid lautet: Ich schwöre zu Gott dem Allmächtigen, daß ich treu sein werde dem Kaiser und König Franz Joseph und allen Befehlen meiner Vorgesetzten gehorchen werde selbst aus Gefahr meines Lebens." Nach dem Sta­tut verbleiben die bosnisch-hcrzegowiniichen Jittan- terie-KomPagnien bis auf weiteres im Bereiche des Generalkommando's von Serajewo. Für die mo­hammedanischen Soldaten werden zwei Militärs- Jmans shstemisirt. Die Mannschaft und die Ober­offiziere tragen den Fez als Kopfbedeckung.

Ein witziger Wiener hat den Ringlhealerbrand und was damit znsaminenhängt, dasCivil - Königsgrätz" genau!::.

Ein Dorf ohne Männe r. Aas dem Dvrse Ezibar im Szcmpliner Comilate (Ungarn) sind vor Kurzen! die Män­ner und die erwachsenen Migen Leute nach Amerika ansge- wandert. Als die einzigen Männer in: Dorfe sind der Pfar­rer, der Cantor und ein hinfälliger Greis zurückgcblievcn.

Italien.

Rom, 20. Mai. Wegen des westmächtlichen Vorgehens in Egypten herrscht große Aufregung. Die Kluft zwischen Italien und Frankreich erscheint nahezu unüberbrückbar. Alle Stimmen sind darüber einig, daß Italien Hand in Hand mit den Welt­mächten zn gehen habe, von welchen man annimmt, daß ihre Haltung eine dem westmächtlichen Vorgehen entschieden gegnerische sein werde, falls England und Frankreich nicht ans der betretenen Bahn Halt ma­chen sollten. Anzeichen sprechen sogar dafür, das; sich Italien für eine eventuelle Aetion rüste. (Fr. I.) Frankreich.

Marseille, 18. Mai. In der heutigen Si­tzung des Civilgerichts wurde über die Affaire der Stadt Marseille gegen die Kaiserin Enge nie das Urtheil gesprochen. Die Stadt wurde laut Tele­gramm derFrkf. Ztg." mit ihrer Forderung abge­wiesen und in die Kosten vernrtheilt und das Ei­genthumsrecht der Kaiserin auf das Schloß anerkannt.

Lyon, 18. Mai. Eine heftige Feuersbrunst brach heute Nachmittag 4 Uhr aus und zerstörte alle Werkstätten in der Buire. Der Schaden ist sehr beträchtlich; das Feuer dauert fort. Von den 3000 in der Buire beschäftigten Arbeitern werden morgen mindestens 1800 ohne Beschäftigung sein.

In Paris hatte ein 21jähriger Bursche mit Hülfe sei­ner Geliebten eine greise Witlwe erdrosselt und beraubt. Als nach den Verhandlungen der Präsident an Bistor die Frage richtete, ob er noch etwas zu seiner Vcrthcidigung zu sagen habe, anlwortete dieser schluchzend:Ich bitte Gott, mein Opser, meine arme Mutter und die menschliche Gesellschaft um Verzeihung." Man führt ihn nun in seine Zelle, während sich die Geschworenen zur Berathung zurückziehen. Ihr Ur- thcil lautet für Blstor: Schuldig ohne mildernde Umstände. Dw >kw mttk indi-nen nur der Tbeilnalime an der Be­

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Die Geliebte wird indessen nur der Theilnahme an der Be­raubung für mitschuldig erkannt. Der Präsident befiehlt nun den Angeklagten hereinzuführen. Die Gendarmen müssen ihn auf die Anglagebank tragen, weil er einer Ohnmacht nahe ist. Bei den Worten mit denen der Gerichtshof die Todesstrafe ausspricht, sinkt Bistor ohnmächtig hin. Seine Geliebte, ein siebzchnzähriges Mädchen, welches ihm im Gefängniß ein Kind geboren, wirst sich über ihn, umklammert seinen Hals und schreit:Vernrtheilt ihn nicht zum Tode, er soll nicht sterben, er ist unschuldig, ich habe den Mord allein begangen." Mit Gewalt mußte man sie von dem Körper des ohnmächtig Ge­wordenen, welchen die Gendarmen hinaustrugen, losrcißen. Sic selbst wurde zu sechs Jahren Gefängniß vernrtheilt, Gebt mir zehn Jahre, damit ich nach Caledoinen gehen kann," heulte sie. Die Scene hatte ans die Geschworenen einen so

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