Der Gesellschafter.

Amts- u«d Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

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Erscheint wöchentlich 8mal: Dienstag. Donnerstag und Samstag, und kostet balbjährlich hier (ohne Trägerlobn) 1 60 in dem Bezirk 2

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Dienstag den 16. Mai.

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1882

Die Berufs-Statistik. ,

In der nächsten Zeit wird das deutsche Volk! sich an einer statistischen Ausnahme zu betheiligen j haben, welche von den alle fünf Jahre stattfindenden ! Volkszählungen bedeutend unterschieden ist: es han­delt sich diesmal weniger darum, festzustellen, um wie viel die Bevölkerung des deutschen Reiches ge­wachsen, wie sie nach Alter, Familienstand, Confession w. beschaffen ist, sondern auf welche Weise sie ihr Brod verdient. Die Berufsstatistik, welche im näch­sten Monat ausgenommen werden soll, befaßt sich mit dem Einzelnen weniger in dessen Eigenschaft als Staatsbürger, als vielmehr mit dessen Eigenschaft als Arbeiter. Welche Stellung er in der wirth- schaftlichen Gemeinschaft, der er angehört, einnimmt, will man wissen, was er arbeitet, soll festgestellt werden, nicht wie er sonst beschaffen ist. Das wird für Manchen bedenklich aussehen, und gewiß wer­den Viele bei solchen verfänglichen Fragen sofort an die Steuerschraube denken, welche etwas fester angezvgen werden soll. Die Bcrufsstatistik berührt ein Gebiet, in welches sich Viele nicht gern hinein­sehen lassen. Nun hat zwar das Reichsgesetz, durch welches die Berufsstatistik angeordnet wird, durch Androhung von Strafen für unrichtige Angaben be­reits der Versuchung, die statistischen Angaben allzp^ leicht zu nehmen, zu wehren gesucht. Da aber trotz­dem der gute Wille aller Gefragten zur Erzielung eines zuverlässigen Resultats unbedingt erforderlich ist, so mögen einige Bemerkungen zur Widerlegung obiger Befürchtungen nicht überflüssig sein.

Mit der Steuerschraube hat die Bcrufsstatistik gar nichts zu thun. Was der Einzelne in dieser Hinsicht auf die ihm zugestcllten Zählkarten schreibt, bleibt gar nicht in den Händen der Ortsobrigkeiten, denen doch die Einschätzungen obliegen, sondern wan­dert sofort zu den Centralbehördcn resp. an deren statistische Bureaux. Dort aber hat man wirklich mehr zu thun, als sich darum zu bekümmern, was Hinz oder Kunz für Steuern zahlt; dort rechnet man nur mit großen Ziffern, und der Einzelne re- präsentirt dort mit seiner Zählkarte eben nur eine simple Eins, er verschwindet in der Menge. Zudem weiß Jeder oder kann es wenigstens wissen, daß die bei der Steuerveranlagung beschäftigten Organe sich diejenige Auskunft, deren sie bedürfen, auf ganz an­dere Weise verschaffen können und auch verschaffen, als durch eine solche statistische Aufnahme.

Die Berufsstatistik hat einen ganz andern und viel höhern Zweck. Sie soll eine Grundlage abgeben bei Entscheidung der wichtigen socialen Fragen, welche jetzt auf der Tagesordnung sind, zunächst bezüglich der Altersversorgungs- und Invalidenversicherung. Bei all' den schwierigen wirthschaftlichen Fragen, welche jetzt angeregt find und denen wir nicht aus dem Wege gehen können, wenn bestehende Mißstände beseitigt werden sollen, fehlt uns das sichere Funda­ment der Zahlen. Wer sich je, wenn auch nur oberflächlich, mit den wirthschaftlichen Zuständen unseres Volkes beschäftigt hat, wird auch schon den Mangel an zuverlässigen Angaben über die Erwerbs- thätigkeit des Volkes empfunden haben. Zwar haben wir bei der letzten Volkszählung ebenfalls eine Frage nach dem Berufe zu beantworten gehabt; im Jahre 1875 ist bei Gelegenheit der Volkszählung auch eine Gewerbsstatistik ausgenommen worden. Aber weder das eine noch das andere reicht aus, um ein genaues Bild von unfern Erwerbsverhältnissen zu geben, denn mit der bloßen Angabe, welchem Beruf man ange­hört, ist natürlich noch wenig geholfen, und die Ge­

werbsstatistik ließ wichtige Zweige der produktiven. Thätigkeit, wie namentlich die landwirthschaftliche j Produktion, nächstdem die Thätigkeit der Gelehrten, ! Künstler re. ganz außer Betracht. Sonach ist diese ' Berufsstatistik durchaus nichts Ueberflüssiges oder Bedenkliches, sondern im Gegentheil etwas durchaus Nothwendiges und Heilsames. Solche Aufnahmen kann der Staatsmann und Bolkswirth eben so we­nig entbehren, wie der Geschäftsmann die Inventur. Wie nur derjenige Geschäftsmann einen klaren Ueber- blick über seine Lage erhalten kann, der regelmäßig seine Bilanz zieht, um zu ersehen, ob er vorwärts oder rückwärts gekommen ist, so kann nur diejenige Nation sich über ihre wirthschaftlichen Zustände klar werden, welche von Zeit zu Zeit eine gewissenhafte statistische Aufnahme über ihre Erwerbsverhältnisse veranstaltet. Mag deßhalb Jeder das Werk nach besten Kräften unterstützen und zu seinem Gelingen Mitwirken; daß nicht Fragen wegen der Vermögens- Verhältnisse und der Geschäfts-Geheimnisse des Ein­zelnen gestellt werden, dafür ist bereits gesorgt und davon wird Jeder sich selbst überzeugen können, sobald die Zählkarten ihm vorgelegt werden.

Die 1. Schulstelle in Nagold wurde dem Schullehrer ..Kläger, die 2. daselbst dem Schullehrer Dölkcr und die 2. j iu Gingen a.iF., Bez. Geislingen, dem Schullehrer Conzcl- mann in Hornberg übertragen.

Patent-Erthcilung: Vorrichtung zum bequemen llmmechseln der Itcbcrsetzungsräder an Futterschncidmaschinen: Wilhelm Dengl er, Maschinenfabrikant in Ebhauscn.

Tages-Ue«rgkette«.

Deutsches Reich.

Stuttgart, 11. Mai. Prinz Wilhelm ist ebenfalls nach Arolsen abgereist, um daselbst ei­nen längeren Aufenthalt zu nehmen.

Stuttgart, 13. Mai. Die württembergischen Ständekammern treten am 24. Mai wieder zusammen.

Stuttgart, 13. Mai. Se. Maj. der Kö­nig wird dem Vernehmen uach am 24. d. M. wie­der hier eintresfen und in der Villa Berg Wohnung nehmen. Die Uebersiedlung nach Friedrichshafen für den Sommeraufenthalt dürfte schon nach wenigen Wochen erfolgen. Die Abreise vom Genfer See hierher würde am 22. d. M. augetreten.

Von Backnang schreibt man uns: Hiesige Gerber kamen aus einer der letzten Messen sehr zu Schaden durch Wechsel, welche ein Straßburger Haus an Zahlungsstatt gab, und soll der Betrag 100,000 übersteigen.

Weikersheim, 10. Mai. Eiu diesiges Mädchen schüttete gestern Morgen in den Wasserkübel des Dienstmäd­chens seiner Hauslcnte, mit denen cs in stetem Unfrieden lebte, eine große Menge Phosphor. Die That wurde sogleich ent­deckt und beim Verhöre gestand das Mädchen, daß cs die Ab­sicht hatte, seine Hauslcute zu vergiften. Dasselbe sitzt nun hinter Schloß und Riegel. (N. Tgbl.)

Ein gräßliches Ereigniß meldet einer un­serer bayerischen Korrespondenten wie folgt: Vor ungefähr 14 Tagen war die Leichenhalle des südli­chen Friedhofs in München der Schauplatz eines gräßlichen Vorgangs. Ein angesehener Bürger war unerwartet schnell, anscheinend an einem Schlage ge­storben und wurde noch an demselben Tage in der Leichenhalle des obengenannten Friedhofs aufgebahrt. In der darauffolgenden Nacht wird nun der Todten- gräber durch die uach der Leichenhalle führende Schelle aus dem tiefsten Schlafe geweckt; er eilte ! ins Leichenhaus und sieht den Todtgeglaubten im Sterbehemd lebendig vor sich stehen. In seiner Ueberraschung stößt der Todtengräber einen Schrei des Entsetzens aus und nun stürzte der wieder le­

bendig Gewordene wieder zusammen, um nie mehr aufzustehen: eine Gehirnlähmung, bewirkt durch das Zerspringen der Gehirnader, hatte seinem Leben ein schnelles Ende gemacht. Die herbeigerufenen Aerzte konnten eben nur den Tod konstatiren. In einem heftigen Anfall von Starrkrampf war der Bürger für todt gehalten worden, aus dem er dann zu sei­ner jedenfalls nicht geringen Bestürzung in dem un­heimlichen Raum der Leichenhalle erwachte, durch den unvorsichtigen Schrei des Todtengräbers scheint er aber erst vollständig zur Besinnung gekommen zu sein, worauf dann der Schreck in dieser entsetzlichen Weise seine Wirkung äußerte. (W. L.)

Frankfurt. Ein hiesiger Metzgermeister lernte vor einigen Monaten eine Jungfrau kennen, entbrannte in Liebe zu ihr und hcirathetc sie. Rach der Hochzeit brachte ihm die junge Frau ein Mitgift in die Ehe, die ersallerdings durchaus nicht erwartet hatte, einen sechsjährigen Buben. Der über­raschte Meister verzieh indeß großmüthig seiner Gattin, diese Täuschung sollte aber schlecht dafür gelohnt werden. Vor einigen Tagen ging das Weib mit einem seiner Gesellen und unter Mitnahme einer beträchtlichen Geldsumme durch. Das Kind hat üc ihm als Andenken zurückgelassen.

Berlin, 11. Mai. Wie dieNat.-Zeitung" hört, haben die Mitglieder des Reichstages von der Direction der Gotthardbahn besondere Einla- ^ düngen dahingehend erhalten, daß jeder Reichstags­abgeordnete mit seiner Gemahlin befugt ist, im Laufe des Jahres die Gotthardbahn auf diese Einladung hin ohne irgend welche Kosten zu befahren.

Berlin, 11. Mai. Die jüngsten Nachrichten aus Friedrichsruh über den Gesundheitszustand des Reichskanzlers lauten leider nicht befriedigend. Fürst Bismarck muß noch immer das Zimmer hüten und seine Rückkehr nach Berlin ist wieder auf unbestimmte Zeit hinausgeschoben.

Berlin, 12. Mai. In der Hygienischen Ausstellung bei Moabit, deren Eröffnung am Dienstag bevorstand, brach heute Abend Feuer aus, welches von dem herrschenden starken Winde ange­facht, das aus Holz konstruirte Hauptgebäude in kurzer Zeit in Asche legte. Sehr viele Ausstellungs­gegenstände sind verbrannt, der Schaden ist noch nicht festzustellen. Der Kaiser selbst ist auf der Brandstätte anwesend. (Die von Stuttgart aus für die Ausstellung bestimmten Pläne der Albwaffer- versorgung, sowie die Pläne der Wohlthätigkeitsan- stalten Württembergs sind glücklicherweise erst am Donnerstag Vormittag von dort abgegangen, so daß dieselben erst heute Nachmittag in Berlin eintresfen. Die Pläne der Albwasserversorgung sind originale und von sehr großem Werthe.) Die Ursache des Feuerausbruches ist noch nicht festgestellt. Ein Ge­rücht spricht auch von einer Gasexplosion. Das Feuer hat auf der Südseite in der Nähe des Aus- stellungs-Restaurationslokales begonnen. Die Ein­schränkung des Feuerherdes scheint zu glücken. Ein­zelne Ausstellungspavillons, sowie Ausstellungsräume, die unter den Stadtbahnbögen sich befinden, sind vom Feuer bis jetzt nicht zerstört. Unglücksfälle sind noch nicht konstatirbar. Viele Ausstellungssachen sollen gerettet sein. Das Versicherungsrisiko ist sehr getheilt zwischen folgenden Versicherungsgesellschaften: Transatlantische in Hamburg, Union in Berlin, Lü­becker, Preußische in Berlin, Elberfelder, Baseler, Thuringia in Erfurt, Westdeutsche in Essen und die schlesische Versicherungsgesellschaft.

Berlin, 12. Mai. Aus ParisZwird gemel­det : Man erwartet baldigste Absendung von Kriegs­schiffen nach Alexandrien. (N. Tgbl.)

Berlin, 12. Mai Am 17. Mai soll der > Reichstag bis zum 12. Juni vertagt werden.