ten. Die Grenze zwischen den beiden Strömungen des „Manchersterthums" und „des Staatssvzialis- mus" ist eben schwer zu markiren und wird wohl auch in der Weise, wie jetzt die sozialpolitischen Streitfragen tractirt werden, schwerlich gefunden werden.
Die alten Astrologen oder Sterndeuter stellten sorgfältig ihr Hvroscop, sobald ein Kindlein geboren wurde. Das heißt, sie erforschten, ob das Kindlein unter einem guten oder einem bösen Stern geboren und prophezeiten daraus sein Schicksal. Unsere modernen Sterndeuter warten aber nicht mit ihren Prophezeihungen, bis das Kindlein geboren und prophezeien dem nächsten Reichstage, er werde sofort oder höchstens Weihnachten aufgelöst werden, wenn er keine Mehrheit für die sozialpolitischen Pläne Bismarcks bringe. Einberufen wird der Reichstag am 15. Nov. werden.
Frankreich-
Paris, 3. Olt. Die Arbeitseinstellung der Pianinoarbeiter ist heute vollständig: 46 Werstätten wurden heute geschlossen. Die Arbeitseinstellung der Zimmerleute und Brettschneider dauert noch immer fort.
Unter dem 2. Okt. wird aus Paris gemeldet: In unterrichteien Kreisen gilts für ziemlich sicher, daß Grevh slch endlich entschlossen, Gam- betta das Ministerium auzubieten und zwar bald nach seiner Rückkehr nach Paris, so daß bas jetzige Kabinet sehr lci> abdanken würde. Gambetta soll vollkommene F..:heit in der Wahl seiner Kollegen gelassen werden.
Ein geradezu widerliches Bild über die gegenwärtigen Zustände in Frankreich entwirft die „Köln. Ztg.", wen» es dort heisch: Während die Redner der Bolksversammlungen die Menge nnfrcizen und zu Gewalttbütigkeiteu vvrbereiten, geben die Redakteure der rotbeu Blätter dein Lande das widerwärtigste Schauspiel zum Besten. Die bed.nklichen Finanzoperationen, welche in Bezug auf die tunesische Expedition ans Licht gekommen sind, dienen ihnen zum Borwande für die schamlosesten Ausschreitungen der Presse. Die schwersten Anklagen, Beleidigungen und Verlänmdungcn häufen sich. Minister, Ge- sandtc, Generäle, Deputate, Agenten und Beamte jeden Ranges werden in den Koth gezogen und die Angeklagten antworten durch Noten der Agence Havas, durch Berösfentlichung von Briefen, durch Artikel der offiziösen Zeitungen, durch Prozesse und Duelle. Ueberall straft man sich Lügen, die Polemik wird immer bitterer und bald Hai die jrnnzösische Sprache nicht Ausdrücke genug, um die politischen Gegner zu beschimpsen. Die hervorragendsten Personen werden täglich als Gauner, Banditen, Falschspieler, Spitzbuben, Berrülher bezeichnet, und in der intransigenten Presse sowie in einein Theile der roya- listischen erhebt sich eine Flut!) von Schimpsreden, welche allen anständigen Leuten Eckel erregen muß. Auch die Weiber mischen sich drein; einige der Heldinnen der Pariser revolutionären Klubs reisen im Lande umher nnd Hallen Vorträge, in welchen erklärt -wird, daß die weibliche Schamhasligkeit eine Dummheit sei, das; die Prostitution eine unantastbare Berechtigung habe und die Ehe nur ein altes Vorurlheit sei. Dazu kommt die Unzufriedenheit über den Krieg in Afrika, die in der Provinz immer mehr hervvrtrilt, und unter allen diesen Wirrsalen wird die neue Kammer zusammeuireten mit einer Opposition, welche die Minister anklagt, und mit aller Eisersucht, welche zwischen den Anhänger» von Grevh und Ferry und den Getreuen Gambettas besteht.
Die deutschen Offiziere, welche den französischen Manövern beiwohnten, sind von da zurückgekehrt. Als die fremden Offiziere, welche den Manövern des 11. französischen Armeekorps beigewohnt, sich verabschiedeten, richtete der kommandirende General Zents einige Worte an dieselben. Sich zu den deutschen Offizieren wendend, bemerkte General Zents, daß Deutschland eine große Nation sei, gleich allsgezeichnet durch Kriegsthaten wie aus den Gebieten des Friedens. Er hoffe, daß die sogenannte Erbfeindschaft zwischen Deutschland und Frankreich immer mehr verschwinden und einem immer besseren Einvernehmen zwischen den beiden großen Nachbarvölkern Platz machen werde. Er wünsche dies um so aufrichtiger, als auch er ein Sohn des Landes an den Ufern des Rheins sei. General Zents ist ein geborener Elsässer. Den schwedischen Offizieren gegenüber betonte der General die frühere Waffenbrüderschaft, wie die häufigen Allianzen zwischen Frankreich und Schweden und meinte scherzend, daß manche seiner Landsleute sogar Karl XII. für einen Franzosen hielten.
Die Enthüllungen Rocheforts im „Jntran- sigeant" über das „Geheimniß der tunesischen Expedition" werden zu einem Prozesse führen, den der französische Ministerresident in Tunis, Roustan, gegen den ehemaligen „Laternenmann" wegen Ver- läumdung anstrengen will. Jedenfalls wird in diesem Prozesse viel, sehr viel schmutzige Wäsche gewaschen werden, dafür bürgt schon der Name Rocheforts, immerhin aber ist es gut, daß über
diese Sachen einmal Licht geschafft werden soll und zu diesem Verlangen ist die öffentliche Meinung in Frankreich berechtigt. — Aus Tunis wird gemeldet, daß einiger Regen gefallen sei und sich der Gesundheitszustand der französischen Truppen deßhalb wesentlich gebessert habe. Der Vormarsch gegen die heilige Stadt Kairvuan soll nun endlich am 12. October erfolgen, zu welchem Zwecke 5000 Mann bei El Magdia unter dem Befehle des General Logerot concentrirt sind. Ali Bey, der Bruder des Äeh von Tunis, foll noch immer von den Aufständischen umzingelt sein; man glaubt aber, daß die beiden Gefechte, welche Ali Bey den Insurgenten geliefert hat, nur eine Comödie gewesen sind, die den völligen Uebergang Ali Bests und seiner Armee zu den letzteren maskiren foll.
Von Tunis wird der „K. Z." unterm 30. Sept. gemeldet: Die Ausständifchen rückten nach der Niederlage Ali Beys an die Bahnlinie und steckten den Bahnhof von Med-Zargua in Brand. Die Eisenbahnzüge von Ghardunan sind in Tunis nicht eingetrvffen. Sämmtstche Telegjraphendrähte, felbst die von Biserta, sind abgefchnitteu. Der von Tunis abgegaugene Zug wurde von den Aufständischen angegriffen und mnße bis Medsches-el-Bab zurückgehen — Vom 2. Ott. wird telegraphirt: Noch immer ist man ohne Nachrichten über den Eisenbahnzug von Ghardiman. Em Tbeil der Eisenbahnbeamten ergriff die Flucht. Es herrsch! große Besorgnis; über das Schicksal der übrigen Bahnbeamten. Die Aufständischen rücken aus Medsches-et-Bab. — Weitere Nachrichten aus TumS bestätigen den Brand des Bahnhofes von Med-Zargua und die Ermordung von Eisenbahnbeainten.
Eine Depesche aus Tunis vom 3. Okt. morgens meldet: „Alle hier wohnenden Europäer sind empört über die Scheußlichkeiten, welche die Aufständischen aus dem Bahnhöfe von Wed Zargua begangen haben. Von den Bahngebüuden sind nur noch die Mauern übrig. Der Stationsvorsteher Raimbert und ein anderer Angestellter wurden lebendigen Leibes verbrannt. Raimbert war früher Lieutenant und nahm theil an der Schlacht bei Sedan; er wurde damals zum Ritter der Ehrenlegion ernannt, weil er verhüllst hatte, mit den Tureos durchzubrechen." — Der Temps meldet, unter den Massa- krirten befinde sich ein Deutscher.
Italien.
Das kaiserliche Lustschloß Miramare bei Triest wird gegenwärtig in Stand gesetzt. Ein allerdings niiverburgleS Gerücht will wissen, Papst Leo werde dasselbe beziehen nnd zwar Ende Oktober. Thacsache ist jedenfalls, daß Miramare für eine hohe Person wohnlich eingerichtet wird. Daß Leo XII. mit dem Gedanken umgeht, Rom zu verlassen, wurde schon vor längerer Zeit mehrseitig gemeldet.
Ein gelungener Gaunerstreich. JiaUenische Blätter erzählen folgendes rasfinirie Gnunerstückchen: In Mailand schleudert ein junger Deutscher den rvthen „Bädecker" in der Hand, langsam durch die Straßen. Bei einem Limvnadeuverküufer machte er Halt und verlangte eine Ersrischnng. Eine junge, hübsch gekleidete Dame trcu knapp hinter ihm zu dem Tische und begehrte eine Limonade. AlS sie aber nach ihrer Börse greisen wollte, fand sic zu ihrem Schrecken, daß ihr dieselbe fehle. Galant erbot sich der Fremde die Kleinigkeit zu bezahlen, und sie nahm es an. Er wollte die glückliche Gelegenheit benutzen und bot ihr seinen Arm an, um sie nach Hause zu begleiten. Auf dem Wege erzählte sie ihrem Ritter, daß ihr der Arzt infolge eines KopfletdenS verordnet habe, Tabak zu schnupfen. Sie zog denn auch ein zierliches silbernes Döschen aus der Tasche und bot dem Fremden scherzend eine Priese an. Dieser schnupfte, doch nach einigen Schrctten wurde ihm plötzlich ganz sonderbar zu Muthe und nach einigen Sekunden sank er bewußtlos zu Boden. „Ach mein Mann! Ach mein Mann!" begann die Dame jetzt zu jammern. „Er ist todt! Ist keine Rettung'?" Man brächte den Ohnmächtigen in eine nahe Barbierstnbe und die Pseudo-Gattin bat, auf ihren Mann Acht zu haben, bis sie mit einem Arzt kommen werde. „Aber so kann ich ihn nicht liegen lassen," sagte sie zu dem Barbier, „ich werde einstweilen sein Geld und seine Uhr zu mir nehmen, sonst kommt es abhanden." Der Barbier fand dies ganz in der Ordnung und die Dame eilte mit den Effekten davon. Als der Fremde sich erholte, wurde der ganze Schwindel offenbar. Die Polizei fahndet nun nach der schlauen Betrügerin.
Türkei.
Die türkischen Truppensendungen nach Tripolis haben nicht verfehlt, Aufsehen zu erregen. Seit der vor drei Monaten erfolgten Ernennung des neuen Gouverneurs von Tripolis, Nazis Pascha, ist die dortige türkische Garnison, die ursprünglich kaum 3000 Mann stark war, auf ca. 10,000 Mann vermehrt worden und es heißt, daß auch die Truppen, welche bisher in den an Griechenland abgetretenen türkischen Gebieten in Garnison lagen, nach
Tripolis geschickt werden sollen. Es ist kein Zweifel, daß die Pforte sich in Tripolis angesichts des Vordringens der Franzosen in Tunis durch die Concentrirung verhältnismäßig bedeutender Streitkräfte sichern will.
Amerika.
Die Amerikaner trauern und loben nicht nur, sondern greifen auch in die Tasche. Für die Wittwe ihres Präsidenten Garfield haben sie im Handumdrehen 300,000 Dollars gesammelt, damit sie anständig leben und ihre Söhne gut erziehen kann.
Handel L Verkehr.
.s. Altenstaig, 5. Okt. Auf dem heute hier abge- halteuen Monatsviehmarkt stand der außerordentlich schwachen Biehzufuhr ein starker Besuch von Marktleuten gegenüber. Die nahen Märkte in Psalzgrafenwciler und Nagold verursachten diese geringe Zufuhr. Fettvieh ist vom Mczger gesucht gewesen, allein die Zahl der am Platze befindlichen Stücke war kaum nennenswerth; im übrigen Markt-Verkehr hielten sich die Biehpreise in der seitherigen Höhe ohne Anzeichen eines Rückgangs. Milch sch weine sanken im Preise, 12-25 das Paar: Läufer wurden gesucht und gut verkauft. -- Gestern und heute wurde von Händlern fremdes Mo st ob st feil gehalten. Der Zudraug der Käufer war vorerst nicht groß; Erlös 4,50 -5 pr. Zentner.
Stuttgart, 6. Okt. (Kartoffel- und Krautmarkt.) 600 Säcke Kartoffeln s 2 60 bis 3 — 4
pr. Ztr.; 3000 Stück Filderkraut ä 12 bis 20 pr. 100 Stück.
Obstpreise. Tübingen: Mostobst 9—9.50 pr. Sack, 5-5.50 pr. Etr. (steigende Preise). — Maulbronn (und Umgegend). Linken ä -äl 4-4.30 pr. Ctr.
Eßlingen, 5. Okt. Obst 5.50 bis 6 pr. Ctr. — Kartoffeln ^ 2.80—3.20. — Huudert Krautköpfe- 8 — 12 .
3.8. l !- ! I
3'^ K„
S
» so ^>8 ' NAs?
-
rs' -'
3-.^T-u
- » I-L L ,
"DM
iS' ' -- 3 -5W-* «
' s "" ^
SrZK
Z ^
s e> trt.2
ZZ sLD
"SS LL
cs»»«» Z vl-o»-» Z
3 D ^ rss c
-kl Zs 3 -
W
3
k°
- Ä
v>'
A»
3
3
Bietigheim, 4. Okt. Preis des Mo st ob st es (Ae- Pfel)pcr Etr. 4 bis 4.50 - des gebrochenen 2 -6! biZ
2.20 per Simri. Die Preise scheinen anzuziehen. — Kartoffelernte äußerst günstig ausgefallen, per Morgen 45 bis 60 Säcke. Rur in weniger guten Lagen ein kleiner Theil krank, sonst ausgezeichnete Qualität. Preis 4—5 pr. Sack.
(Hopfen) Aidlingen, 5. Okt. Verkauft bis heute mit steigenden Preisen 500 Ztr. bis zu 150 ^tl Borrath noch ca. 500 Ztr. — M ötzingcn, 5. Okt. Gutsbes. Schüttle verkaufte ca. 14 Ztr. ä 135 und 35 Trinkgeld. — Rottenburg, 4. Okt.: Verkauft 15 Eentncr zu 155 pr. Ctr.
— Tübingen: 15 Ctr. L 130 ^ (steigende Tendenz).
Nürnberg, 5. Okt. Zufuhr seit 2. Okt. über 3500 Ballen. Feine Hopfen, welche vornehmlich unter Württember- gern und Hallertauern zu finden sind, werden mit 125—135 Mark, Ausstich- und Siegclhopsen noch entsprechend höher bezahlt, während Mittelsorten 110 — 120 aufbringcn und unter 100 nur geringe Waare zu haben ist.
Alt-rl-i.
— (Immerwährender Braut- und Ehestands-Kalender.) Ritterwochen. (Erste ritterliche Anwerbung.) — Gitterwochen. (Die Geliebte wird von ihren Verwandten eingesperrt.) — Zitterwochen. (Ob's etwas wird?) — Flitterwochen.
(In äuloi fubilo.) — Splitterwochen. (Man sieht die Splitter im Auge des Andern.) — Bitterwochen.
(Wird öfter unangenehm.) — Gewitterwochen. (Offener Kampf.)
— Silberne Geschirre, die angelaufen^ sind, zu reinigen. Wenn silberne Löffel und Geschirre durch den Gebrauch einen bräunlichen Rost bekommen haben, namentlich wenn gekochte Eier da-^ ^ -
mit gegessen werden, so reinigt man sie am schnellsteN"^ und besten mit Ofenruß.
— Um Tintenflecken aus den Dielen bringen, so nehme man verdünnte Schwefelsäure KZ g MZ z und betupfe den Fleck mit einem Pinsel und wasche ff" sodann denselben noch einige Male mit warmem 3 Wasser ab. ^ " K
Die landivirthschaftttche Mittler schule^ ^ ^
in Rettttittgett wird am 5. November d. I. ihren^s-A^ XII. Kurs eröffnen. Ihre bisherigen günstigen Re-Z^W^o^, sultate sind sowohl von Seiten der Eltern einer' g ff großen Anzahl früherer Schüler, als auch durch die ' ' ' <
König! Centralstelle für die Landwirtschaft, deren r!
Aufsicht dieselbe unterstellt ist, anerkannt worden. Auch '
in Zukunft wird sie dem vorliegenden Bedürfniß nach besserer Ausbildung der bäuerlichen Jugend entsprechen, und durch einen gründlichen Unterricht in den nachstehenden Fächern erstreben: Deutsche Sprache,
Rechnen, Geometrie und Feldmessen, Physik und Chemie, Erdkunde, Thierkunde, Acker- und Pflanzen- Bau, Thierzucht, Betriebslehre und Buchführung.
Der Aufwand für Kost und Logis, deren Vermittlung in guten Familien die Schulkommission übernimmt, beläuft sich je nach den Ansprüchen auf monatlich 30—40 Das Schulgeld ist auf 17 ^
15 L für einen Winterkurs festgesetzt. Zur Er- theilung weiterer Auskunft sind bereit: Stadtschultheiß Benz, Vorstand der Schulkommissio.n und Landwirthschaftslehrer Clausnizer. ^
^ 2.2. n
^^2 2 5 .
^ 3 3?
«
*