auf dem Wege nach N.

Aber im Stillen sagte Albert sich doch, daß er diesmal zu schwach gewesen sei und er gelobte sich feierlich, daß er das nächste Mal standhaft ihren Thrä- nen widerstehen wolle.

Und Albert hatte bei all' seiner Gutmüthig'eit einen festen Character, und was er sich einmal mit Entschiedenheit vornahm, das hielt er auch wenn es ihm noch so schwer wurde und wie schwer es ihm diesmal wurde, das wußte er am besten.

Das junge Paar langte am späten Abend in N. an und nach einer langen Nachtruhe machten sie sich bald nach dem Frühstück auf und schleuderten durch die Straßen und blieben hier und da an all den Läden stehen, an deren herrlich feinen Spitzen und Stickereien die liebe Käthe sich gar nicht satt sehen konnte und ein neuer Wunsch stieg auf: ein Stück von der breiten und schönen Spitze zu kaufen. Und kaum war der Wunsch in ihr rege geworden, so sprachen ihn ihre Lippen auch schon aus.

Ein zärtlich bittender Blick zu ihrem Gemahl und derselbe stand auch schon im Laden, ehe er sich dessen recht bewußt war.

Der Preis für die Spitzen war ein sehr hoher, dazu noch die hohe Steuer und wo den Platz im Koffer hernehmen sie hatten schon so vielerlei ge­kauft.

Aber Käthe wußte Rath für die zwei letzten Einwände; sie nahm den Gemahl bei Seite und flüsterte diesem zu:Glaubst Du, es wäre das erste Mal, daß ich den Steuerbeamten ein Schnippchen schlüge: Die Spitze wird auf meinen Unterrock genäht dann sparen wir die Steuer und den Platz im Koffer zu­gleich.

Wiederholt fragte sie ihn, wann sie an die Grenz­station kämen, wie lange das dauere, welche Zeit es sei? u. s. w.

Ihre innere Unruhe ward offenbar immer grö­ßer, o, diese zwei Fremden, stiegen denn die gar nicht aus? Würden die denn die ganze Tour mit ihnen fahren? Würde Albert denn auf der ganzen langen Reise keinen Augenblick mit seiner Käthe allein sein, um sie fragen, um sie bestürmen zu können, sie solle ihm sagen, was ihr fehle, was sie so unruhig mache?

Aber davon wollte Albert nichts hören. Die Steuer auf solche Weise zu umgehen, dazu war er zu gerade und offen nein, nein, er hatte sich vorge­nommen, dem nächsten unnützen Wunsch der Geliebten nicht zu willfahren, nur dies eine Mal, nur um ihr zu zeigen, daß es ihm nicht an Characterfestig- keit fehle. Hier war die beste Gelegenheit dazu hier im Laden, in Gegenwart fremder Menschen konnte seine Käthe ihn nicht mit ihren Thränen erweichen und er überwand sich und setzte ihr ein entschiedenes Nein entgegen. Das gienge nicht, er habe Beispiele genug, wo die Beamten hinter die schlauesten Schliche der Passagiere, dies und jenes zu schmuckeln, gekom­men seien.

Aber, lieber Albert, sie werden doch nicht etwa meinen Unterrock untersuchen?

Das kann man Alles nicht wissen.

So willst Du mir die Spitze wirklich nicht kau­fen? fragte die Geliebte mit Nachdruck und in leicht gereiztem Tone.

Albert überwand sich und preßte mühsam ein Nein" hervor.

Käthe sah ihn einen Moment mit festem, durch­dringenden Blicke an mit einem Blicke, den der arme Albert nicht ertragen konnte, und er wandte schnell das Gesicht ab, um nicht in der letzten Sekunde noch wankelmüthig zu werden. Dann erfaßte sie seinen Arm und sagte ruhig:

So komm!

Das waren für lange Zeit ihre letzten Worte. Lautlos schritten sie Arm in Arm dahin.

Wie theuer hatte der arme Alfred seinen ersten Triumph erkauft! Was gäbe er darum, seine Käthe so heiter und froh wie immer zu sehen! Wie oft schwebte es ihm den Tag über die Lippen zu sagen: Komm Kind, wir wollen die Spitzen kaufen. Aber er gewann es über sich und blieb standhaft _ (Fortsetzung folgt.)

Altertet.

^Benützung kranker Kartoffeln) Mehrere an das landwirthschaftliche Institut der Universität Halle gerichtete Anfragen über die Verwendbarkeit kranker Kartoffeln veranlassen den Herrn Prof. Or. Julius Kühn daselbst zu folgen­

den Mittheilungen. Die in diesem Jahre so häufig auftretende Kartoffelkrankheit ist die gewöhnliche Er- krankungsform, bei welcher das Krautig frühzeitig abstirbt und die Knollen an der Schale und im Innern braunfleckig werden. Kartoffeln dieser Art, auch wenn sie sehr stark von der Krankheit heimge- iucht sind, können ohne alles Bedenken verfuttert werden. Es ist allerdings an den braungewordenen Flecken das Fadengewebe des Pilzparasiten zwischen den Zellen verbreitet, auch zeigt die veränderte Färbung des Zellengemebes, daß in der stofflichen Zusammensetzung Modifikationen eingetreten sind, aber dies Alles hat erfahrungsmäßig keinen nach­theiligen Einfluß auf die Gesundheit der mit solchen Kartoffeln gefütterten Thiere. Erst wenn Schun- melbildungen sichtbar werden oder jauchige Zersetzung, also eigentliche Fäulniß Antritt, dann ist Gefahr vorhanden und solche auch nur theilweis in Zer­setzung übergegangene Kartoffeln dürfen den Thieren keineswegs verabreicht werden. Da nun die aus der Erde genommenen kranken Kartoffeln sehr leicht schimmeln und faulen, so ist es nöryig, sie rechte bald in frischem Zustande zu verfüttern. Dies ist) bei geringeren Mengen kranker Kartoffeln recht wohl möglich, tritt die Krankheit aber sehr intensiv auf, so läßt sich in dieser Weise nur ein verhültnißmäßig kleiner Theil nützen und die größere Menge fallt dem sicheren Verderben anheim, wenn nicht ander­weitige Abhilfe gesucht wird. Ist eine Brennerei vorhanden, so können die kranken Kartoffeln in öer Regel schnell genug aufgearbeitet werden und die von ihnen gewonnene Schlämpe bildet ein ganz brauchbares Futtermittel. Fehlt eine Brennerei, so ist doch meistens ein Futterdampfapparat vorhanden, der bei andauernder Benutzung ein größeres Quan­tum verarbeiten läßt.

Die Montenegrinerin. Bei den Mon­tenegrinern, wie bei allen kriegerischen Volksstämmen, nimmt das Weib eine untergeordnete Stellung ein; ihr Loos ist dulden und arbeiten. Jener kühne Bergbewohner, der seine heimathlichen Felsen so energisch und erfolgreich gegen die Herrschaft des Halb­monds vertheitigte, ist dem Weibe gegenüber evenso sehr Despot, als der Türke. Während der letztere aber im Weibe nicht viel mehr sieht als eine Waare, ein Spielzeug seiner Laune, das er nicht viel höher achtet als seine Pferde und Hunde, ist die Montene­grinerin doch die Gefährtin ihres Gatten, die Mutter seiner Kinder. So schwer sie arbeiten muß, so rauhe Worte sie von dem Manne zu hören bekommt, so ist sie doch dessen einzige Lebensgefährtin und oft findet sie in der Liebe ihrer Kinder einen Trost und eine Belohnung für all' die Mühen, Entbehrungen und Mißhandlungen, welche ihr in der Ehe beschieöen waren. Der Montenegriner geht bekanntlich immer bewaffnet einher. Sobald er indessen die Kirche oder eines der Klöster betritt, deren das rauhe Berg­land mehrere besitzt, muß er die Waffen ablegen. Eine der Frauen, welche den Männern bis zur Kloster- Pforte gefolgt ist, übernimmt dann die Wache bei den Waffen, damit kein Gewehr oder Dolch gestohlen wird. In der Regel schleppen die Mütter aber auch ihre Säuglinge mit zum Kloster, damit diese nicht allein und ohne Pflege in der Hütte bleiben. So kommt es häufig vor, daß man vor der Pforte eines montenegrinischen Klosters ein Weib erblickt, das in der einen Hand die Waffen des Gatten hält und mit der andern den Säugling in der Wiege schaukelt. Die Montenegrinerin inuß wie eine Sklavin arbeiten, damit der Mann die Waffen tragen, seine Freiheit wahren und Raubzüge unternehmen kann und muß die ganze Pflege der Kinder übernehmen. So sind ihre Freuden und Erholungen spärlich ge- säet und selbst der Trost, den die Kirche zu spenden hat, wird ihr nur selten zutheil. Gleichwohl trägt das arme Weib ihr herbes Loos mit Geduld und übt die Pflichten der Mutter mit zärtlicher Hingebung. Und in dieser opfermüthigen Hingebung an die Kleinen offenbart sich auch das Räthsel, warum die arme Sklavin das freudenlose Leben muthig trügt. Das Leid hat ihre Seele geläutert, ihre Empfindungen veredelt, sie liebt und hofft. Wenn die Waffen­hüterin vor der Klosterpforte auch nicht die Worte des Popen und die heilige Messe hört, ihr Herz ist doch voll religiöser Empfindungen, sie verrichtet ihre Andacht vor der Wiege des Kindes.

Vertilgung der Naupennester. I. Gsell in Hechingen empfiehlt in den Mittheilungen der Landw. Centralstelle in Sigmaringen folgendes

sehr einfache Mittel zur Vertilgung der Raupennester. Man nimmt eine leicht zu hantirende Stange, spaltet dieselbe am spitzen Ende, bringt in den Spalt eine Schwefelschnitte, zündet diese an und fährt damit unter den Nestern her. Unter Zischen fallen die Raupen aus den Nestern todt zur Erde und es kann ein Mann an einem Tage seinen ganzen Baumgarten von diesen schädlichen Thieren reinigen.

(Aus einer alten Predigt.) Ein Dres­dener Blatt veröffentlicht folgendes Bruchstück aus einer Predigt im vorigen Jahrhundert, nach der Fest­woche in Chemnitz gehalten vom alten Superinten­dent Jühling:

Da sitzen sie und schwitzen sie,

Da schmausen sie und trinken sie,

Da tanzen sie und springen sie,

Da lärmen und da schwärmen sie,

Die ganzen Nächte schlemmet, sie,

Dann liegen sie und schlafen sie:

Den ander» Morgen schreien sie:

Frau, koche mir was Saures!"

Aber wart't nur, wart't, der Tl wird's Euch noch faüer genug machen.

-Frau Nachdem, ders i' net meine Küchle in Ihrem -schmalz backe? Se dürfet no' deriüar Ihr Fleisch in mci'm Kraut koche!"

Silben-Räthsel.

Die Erste sucht ein Jeder fern zu halten Von sich und von den Seinen allezeit,

Doch lässt des Glückes Unbeständigkeit Sic nahen oftomit drohenden Gewalten.

Die Zweite siehst Du ihre Macht entfalten Ueber der Menschen Meinung weit und breit: So ist es stets gewesen und noch heut',

Und nie will dieses Vorurthcil veralten.

Als Schreckgespenst beschleicht das arme Land, Hohläugig, hungernd und mit bösem Wüthcn Das Ganze. Helft, o helft mit milder Hand;

Bis daß des Mitleids und der Liebe Mühen Des bösen Unkrauts gift'gen Hauch verbannt, In matten Augen Muth und Dank erglühten!

Neueste».

Wien, 5. Okt. Die türkische Note mit den angekündigten ueuen Vorschlägen ist heute hier über­geben worden und hat einen ungünstigen Eindruck gemacht. Betreffs des Inhalts verlautet, daß sie eher einer Ablehnung der europäischen Forderungen betreffs Montenegro gleichkomme. Ideenaustausch über die türkische Note zwischen den Cabineten hat bereits begonnen. Mehrfach sind Befürchtungen laut geworden, daß das europäische Concert jetzt aufhören werde.

London, 5. Okt. DasReuter'sche Bureau" meldet ans Konstantinopel: Die Pforte erklärte in einer am 4. Oktober den fremden Botschaftern zuge­stellten Note, sie sei, um dem fortgesetzten Drängen der Mächte nachzugeben, entschlossen, über alle schwebenden Fragen zu verhandeln. Sie werde bemüht sein, die Albanesen zur Uebergabe Dulcig- nos unter den den Mächten von ihr bereits mitge- theilten Bedingungen zu bestimmen, und schlage zur Regulirung der griechischen Grenze eine Linie vor, welche nördlich von Volo beginnen, südlich von Larissa, Metzowo und Janina laufen und an der Mündung des Artaflusses endigen soll. Die zuge­sicherten Reformen würden in Kleinasien innerhalb drei Monate eingeführt werden. Die Reformen in der europäischen Türkei könnten nur insoweit ver­wirklicht werden, als sie mit der Integrität des Reichs verträglich seien. Die ausländischen Besitzer der türkischen Schuldobligationen würden anfgefor- dert werden, Delegirte nach Konstantinopel zu senden, um bezügliche Vereinbarungen zu treffen. Gewisse Einnahmen des Reiches würden zur Be­zahlung der Zinsen den türkischen Gläubigern über­wiesen werden. Die Pforte dringe unter der Be­dingung dieser Reformen darauf, daß die Flotten- demonstration von den Mächten aufgegebeu werde.

Das Unglaubliche ist geschehen der unga­rische Minister Tisza hat den Beschluß der Buda- pester Stadtvertretung, durch welchen die Conceffion für das deutsche Theater in Pest verweigert wurde, bestätigt. Bon Schamgefühl vor dem Urtheile des gebildeten Europa fühlt sich Koloman Tisza voll­ständig frei. Für ihn handelt es sich darum, die chauvinistischen Jnstiucte seines Landes, welches über die Corruption der Verwaltung in Ungarn tief em­pört ist, durch eine Rohheit gegen das Deutschthum für sich zu gewinnen. Daß die Entscheidung so fal­len werde, war zu vermutheu.