zu werden, da sie über das Stadium der Ausschußberathungen noch nicht hinausgekommen war. Die einschneidenden Aenderungen, die zu erwarten sind, werden wohl im Ausschuß getroffen werden. Dagegen ist von einer Erhöhung der Branntweinsteuer und ebensowenig der Zuckersteuer in unterrichteten Kreisen noch gar nichts bekannt; es soll an solchen Vorlagen bis jetzt nicht gearbeitet werden. Uebrigens kann einer Mittheilung verschiedener Zeitungen gegenüber die „Nordd. Allgcm. Ztg." versichern, daß der Erhöhung der Branntweinsteuer in dem Staatsministerium keine prinzipiellen Bedenken ent- gegcnstehen, an eine solche aber nur gedacht werden kann, wenn gleichzeitig die direkten Steuern den indirekten soweit Platz gemacht haben, daß die zwei- und dreifache Besteuerung des Grundbesitzes wegsällt.
Oesterreich—Ungam.
Wien, 3. Okt. Die „Montagsrevue" schreibt: Wenn die Pforte einigermaßen Ernst mache, ihren Verpflichtungen nachzukommen, würden auch die Mächte an billigem Entgegenkommen es nicht fehlen lassen. Man habe überall die Empfindung, daß selbst der Feuereifer des Ministeriums Gladstone abgekühlt sei. Nichts dränge znr Ueberstürzung der orientalischen Frage. Allerdings sei es möglich, daß im Falle der Weigerung der Pforte die von Gladstone zuerst angeregte Verschärfung der Pressionsmaßregeln nicht die Billigung und Betheiligung anderer Mächte fände. Allein die Auflösung der europäischen Verständigung geschähe dann nicht in dem von der Pforte angestrebten Sinne, denn England würde kaum ohne Bundesgenossen bleiben. — Nach der „Montagsrevue" wird der Reichsrath zum 22. November einberufen.
Karlsbad, 2. Okt. Im Laufe des heutigen Tages brachten alle hier einlaufenden Züge zahlreiche Theilnehmer am Parteitage. Nebst Herbst und Schmeykal, die auf dem Bahnhöfe vom Bürgermeister Knoll und den Gemeinderäthen empfangen worden, sind beinahe sümmtliche deutsch-böhmische Landtags- und Reichsraths-Abgeordnete anwesend und auch der verfassungstreue Großgrundbesitz vertreten. Von den Häusern wehen Flaggen, darunter einzelne schwarz-roth-goldene. Die Resolutionen sollen in tausenden Exemplaren in Böhmen zur Bertheilung gelangen. Als für den Inhalt der Resolutionen verantwortliche Verleger sind die deutsch-böhmischen Abgeordneten genannt. Labitzky's Curcapelle brachte den Abgeordneten eine Serenade. Das „Deutsche Lied" wurde mit großem Enthusiasmus ausgenommen und mitgesungen, ebenso die Volkshymne lebhaft acclamirt. Während der Serenade wurde die Cvn- fiscation der heutigen Wiener Abendblätter wegen der Veröffentlichung der für den Parteitag bestimmten Resolulionen bekannt.
Karlsbad, 4. Okt. Der deutsch-böhmische Parteitag, an dem gegen 1800 Personen theilnahmen, hat einstimmig und ohne Debatte eine (gegenüber dem ursprünglichen Entwürfe modificirte) Resolution angenommen, worin der Beitritt zur Mödlinger und Brunner Resolution ausgesprochen, die Eintracht der Deutschen in Böhmen und Solidarität mit den übrigen Deutschen in Oesterreich betont und das Ein- verständlich mit dem deutschen Reichsraths- und Landtags-Abgeordneten, namentlich in der Angelegenheit der Sprachenordnung, erklärt wird. Die Versammlung nahm ferner einstimmig Resolutionen an über die Nothwendigkeit eines deutsch-österreichischen Parteitages und über Hebung des deutschen Schulwesens.
Italien.
Rom, 2. Okt. Eine Encyclica des Papstes dehnt das Fest der Slavenapostel Cyrill und Methodius auf die ganze katholische Kirche aus und bestätigt den von Pius eingesetzten Festtag vom 5. Juli.
Aus Rom erfährt das „D. M. Bl.", daß vom italienischen Mimsterrath das Amnesliegesuch, welches Parlamentsmitglieder für Garibaldi's Schwiegersohn, General Canzio, eingebracht hatten, verworfen worden sei. Die Mehrzahl der Zeitungen billige die Standhaftigkeit der Regierung gegenüber Canzio und der Haltung der Familie Garibaldi, welche anfangs über dein Gesetze stehen zu wollen scheint.
Das Parlament nimmt selbstverständlich die Mandatsniederleguug der beiden Garibaldi nicht au. — Was Garibaldi bezweckt, ist nicht ganz klar. Er hat sich zwar neulich wiederum für eine Annexirung des
Trentino ausgesprochen, aber im jetzigen Moment Oesterreich anzugreifen, wäre doch der Gipfel der Tollheit.
Schweiz.
Die Volksabstimmung im Kanton Schwyz über die Wiedereinführung der Todesstrafe hat eine bedeutende Mehrheit für diese Strafe gegeben. Schwyz hat sein Zuchthaus, vom Volk „Zuckerhaus" genannt, im Hauptort des Kantons. Die Hauptaufstcht in diesem Zuchthaus führt — eine Klosterfrau; der ihr beigegebene Polizeiwachtmeister ist zugleich Tanzlehrer; Männer und Weiber verkehren iin Zuchthaus ganz ungenirt mit einander, und wenn es einem der Züchtlinge nicht mehr im Gewahrsam gefällt, so läuft er einfach davon, wie der „Freie Schweizer", der in Schwyz erscheint, glaubhaft erzählt.
Türkei.
Konstanlinopel, 2. Oktbr. Demnächst wird eine türkische Note ab gesendet, welche die Ueb ergäbe von Dulcigno anbietet gegen das Aufgeben der Flottendemonstration, spätere Regelung der Frage und Erhaltung des atatus guv im Osten des Sees von Skutari; die Note verlange ferner eine Frist von 2 Monaten für Regelung der griech. und von 3 Monaten für Regelung der armen. Frage. Australien.
Melbourne, 10. Aug. Zur Ausstellung kommen mit jedem Schiffe junge Deutsche, theils solche, die Aussteller repräsenliren, theils solche, die glauben, daß ein Land, welches Weltausstellungen veranstalten kann, Beschäftigung in Fülle haben muß. Die Noth ist bei Vielen der Letzteren groß.
Frankreich.
Ansprüche an einen Botschafter. Herr F-elix Pyat schrieb letzthin einen lächerlichen Artikel in seiner „Commune", in welchem er über Challemcl-Lacour herfälll. Er wirst dem Botschafter in London und frühereil Botschafter in Bern vor, daß er nicht Englisch könne, ebensowenig wie er in Bern — Schweizerisch gekonnt hätte. Auch Hütte er keinen guten Magen. „Ein Botschafter aber", sagt Felix Pyat, „der in London nicht essen kann, ist wie einer, der in Wien nicht walzen und in Berlin nicht saufen könnte, ein verlorener Mann.-'
^ Amerika.
Dr. Tanner hält zur Zeit in Amerika Vorlesungen über das Hungern. Seiner ersten Vorlesung in Newyork wohnten kaum 200 Personen bei. Es scheint doch nicht, als ob sich die '.Yankees für Hungerkuren begeisterten. Dr. Tauner behauptete in seinem Vortrage, daß der Hunger alle llebel heile. Jedenfalls ist diese Panacea am billigsten zu beschaffen.
Kanöel ä- Aerkehr
ZgW- Mit höchster Genehmigung Seiner Majestät des Königs vom 1. d. Mts. wird von jetzt ab für die mit dem Frankostempel zu d und lO Ps. bedruckten Briefumschläge außer dem Werihbeirng des Stempels eine den Hcr- stellungskopen entsprechende Entschädigung von einem Psen- n i g für jeden Umschlag erhoben. Es wird dies unter Bezugnahme ans K. 50 Pkt. III der Inländischen Postordnung vom 31. Dezember 1874 bekannt gemacht. Mittnacht.
Mittlere Fruchtpreise per Ceutuer vom 22. bis 28. September.
Kernen.
Rozzen.
Gerste.
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... 13. 25.
10. 47.
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... 11. 71.
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5. 58
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... 11. 65.
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... 11. 3.
8. 25.
8.
5.
6. 12
Kirchheim
. . . 12. 34.
8. 44.
8.
12.
6. 49
Leutkirch . .
... 11. 70.
10. 85.
7.
75.
6. 45
Riedlingen .
... 12. 35.
10. 16.
8.
10.
6. 40
Tuttlingen .
... 10. 80.
8. 96.
6. 26
(St.-Anz.)
Stuttgart, 4. Okt. sLandcsprodnktenbörse.s Die heutige Börse verlief in ruhiger Haltung und die Umsätze waren nicht belangreicher als in den letzten Wochen. Wir notiren per 100 Kilogramm: Waizen, baierischer 23—23.40, amerikanischer -.6 23.75—24, Kernen 22.75, Gerste, bayrische .kä 19.40—20. Mehlprcise per 100 Kilogramm: 'Ar. 1: 38—37 Nr. 2: 34-35 Nr. 3: 31—32 Nr. 4:
28—29 ^
Stuttgart, 5. Oktober. (Kartoffel- Obst- und Krautmarkt.) Leonhardsplatz: 300 Sacke Kartoffeln ä 3 ^ 20 bis 3 M 50 <1 pr. Ztr. Alles verkauft. - - Wilhelms- plaz: 1000 Säcke Mostobst ä, 8 bis 9 — -ü pr. Ztr. Ver
kauf zieml. lebhaft. — Marktplaz: 8000 Stück Filderkraut ä 6 ^ bis 9 .L pr. 100 Stück.
Hopfen markt Stuttgart, 4. Okt. Der heutige Markt war der bisher besuchteste und gingen gegen den Schluß unter lebhaftem Verkehr sämmtliche beigeführtc Hopfen ab, und zwar zu Preisen von -L 40—85 pro Eentncr.
Rottcnburg, 4. Okt. Die Hvpfenpreise gingen in letzter Woche abermals zurück; man kauft gegenwärtig zwischen 40—60 .L per Etr. je nach Güte.
Althengstett, O.-A. Calw, 3. Oktbr. (Hopsen.) Käme sind bis jetzt abgeschlossen zu 70 bis 75 „L per Ctr. Vorrath noch in schöner sackbarcr Waare etwa noch 150 bis 200 Eentner.
Nürnberg, 2. Okt. (Hopfen. Der heutige Markt hatte die stärkste Zufuhr, die in dieser Saison bis jetzt zu verzeichnen war. Es waren über 2500 Ballen angelangt, dagegen hatte sich die Kauflust vermindert, so daß kaum >000 Ballen davon Absatz fanden. Unter diesen Umständen haben die Preise von mittel und geringen Sorten eine Einbuße von 5—6 erlitten. Die Stimmung ist als flau zu bezeichnen. Es notiren: Markthopfen prima 50- 60, mittel 35—50, gering 25 bis 35, Badisch« prima 90-100, secundä «0-85, Württcm- bergcr prima 80 110, secunda 55—80, Elsässer prima 70—80,
sccunda 50—70 »L
Reutlingen, 2. Okt. Obstmarkt ordentlich befahre». Der Sack Aepfel 14—16 Birnen, namentlich Mostbirnen, bis zu 17 und 17Y, „6; auf dem Bahnhof 7.80, 7.50
bis 7.70 pr. Ztr.
Tübingen, 2. Okt. Zufuhren von Mostobst sehr stark: Preise bei Aepfeln 12 bis 13 Birnen 13 ^ 50 aus dem Bahnhof wurde gestern Hess. Obst zu ^ 6.30 per Ccntner verkauft.
Eßl iugen, 2. Okt. 5 Wagen Hess. Obst 7 20
7 30 -ü und 7 60 ^1; würlt. Obst 8 ^ pr. Ztr.
Hcilbronn, 2. Okt. sK arto sfel - und O b stm arkt.s Auf dem heutigen Markte Preise bei gelben Kartoffeln 2 sttl 25 -I bis 2 50 ^!, bei rothcn 2 SO .1 bis 3 beim
Obst 6 ^ 50 bis 9 ^ pr. Ztr.
A«f der Hochzeitsreise.
Von Jennh Piorkowska.
Albert Buddäus war der glücklichste Mensch unter der Sonne. Er war Sieger unter all' den vielen Bewerbern geblieben und hatte die Holde als sein Eigen heimgesührt, die eine ganze Saison hindurch die Gefeierte aller Bälle und Gesellschaften in B. gewesen war — und daß sie das gewesen, war kein Wunder. Wen entzückte nicht dieses liebe Geschöpf mit dem blonden Haar, den rosigen Wangen und dem kleinen Mündchen? Wen bestrickte nicht der kleine Schelm, der so muthwillig und übermüthig aus den dunkelbraunen Augen schaute?
Aber trotz all' ihrer Reize hatte die liebenswürdige Käthe doch auch ihre Fehler und Schwächen. Als einziges Kind ihrer Eltern war sie gewohnt zu herrschen und ihren Willen durchzusetzen, und trotz aller Liebe, die sie für ihren Albert empfand, war sie doch keineswegs gewillt, als Frau das Regiment aus den Händen zu geben.
Der gutmüthige Albert hatte im Club und von seinen Kameraden schon manchen Scherz, manche nicht bösgemeinte Spötterei hören müssen. Nun wohl, die Freunde hatten ja recht, aber wie hätte er seiner Braut, wenn sie ihn so schmeichelnd um etwas bat, das Geringste abschlagen können?
Das wird, wenn sie erst meine Frau ist, anders werden, tröstete er sich selbst.
Nun war sie seine Frau — war es nun anders geworden? —
Mein Gott, die Flitterwochen waren noch nicht zu Ende — sie waren ja noch auf der Hochzeitsreise
— und er hatte ja auch schon einen ersten Versuch gemacht, als ihr „Herr und Gebieter" aufzutreten
— der war freilich noch mißlungen — aber wie hätte er auch den Thränen der Geliebten widerstehen können?! Und ihre Bitte war doch so unschuldig und so leicht zu erfüllen gewesen.
Sie hatte ganz recht; er brauchte ja wirklich erst übermorgen wieder daheim zu sein, warum wollte sie da nicht noch die gute Gelegenheit benutzen, den kleinen Umweg über N. zu machen und die letzten vierundzwanzig Stunden der ersten himmlischen Reise, die sie mit einander machten (und wer weiß auf wie lange die letzte) da zubringen? N. war ja seiner schönen feinen geklöppelten Spitzen halber berühmt und sie sah sich dergleichen so gern an!
Der gute Albert war freilich des Reifens nun müde, er sehnte sich danach, in seinem behaglichen Daheim zu sein und seine Käthe darin schalten und walten zu sehen.
Er machte deßhalb Entwürfe und stellte ihr das vor, und Käthe? — Käthe ward nicht heftig, kein unfreundliches Wort kam über ihre Lippen; aber sie setzte sich mit einem Buch an das Fenster und schmollte und als der Herr Gemahl zu ihr trat und einen Kuß von ihr haben wollte — da wandte die Holde ihr Köpfchen ab und ein paar große Thränen rollten über ihre jngeiidfrischen Wangen. Was blieb da dem Glücklichsten aller Glücklichen Anderes übrig, als die Geliebte in die Arme zu nehmen, ihr süßes Köpfchen an seine Brust zu drücken und sie unter Küssen und Liebkosungen zu bitten, sie solle ihm nur nicht böse sein, er wolle ja Alles thun, was sie wünsche.
Da trat die Helle Sonne wieder Hinter Regenwolken auf dem lieblichen Antlitz hervor, mit einem zärtlichen Kuß war Alles vergeben und vergessen, und wenige Stunden später war das glückliche Paar