Punkten aus Gelegenheit, die Belsorter Werke zu besichtigen, und einstimmig sind sie der Ansicht, daß stärkere, gewaltigere Festungswerke in Europe schwer­lich mehr existiren dürften. Die Franzosen haben die alten Befestigungen zum großen Theil abgetragen und ein ganz neues, komplizirtes und, wie es scheint, scharf durchdachtes Befestigungs-System angelegt, das andeutet, welch' hohen Werth sie bei einer künftigen Aktion gerade ans diesen Punkt legen. Die deutschen Offiziere und Soldaten waren nebenher förmlich auf­gebracht über das Verhalten der Bevölkerung in diesen Gegenden. Die Quartiere, von Haus aus schlecht, wurden durch das Benehmen der Bauern geradezu unerträglich. Alles, was in Berpslegungssachen ge­liefert wurde, war schlecht, und dabei mußten Offi­ziere und Soldaten zuerst das Geld hergeben, ehe sie irgend einen Gegenstand erlangen konnten. Da der strengste Befehl ergangen war, so glimpflich als möglich mit der Bevölkerung zu verfahren und keinerlei Ausschreitungen zu gestatten, so mußten die Soldaten die schlechte Behandlung murrend ertragen. Bei den Manövern ging es übrigens sehr scharf her. Es wurden an Mann, Pferd und Material die höchsten Anforderungen gestellt und mehrtägiges Bivouakiren im Regen vermehrte die Unannehmlichkeiten der Ue- bungen. Daher ist die große Zahl von Maroden und auch Blessirten, welche nach Straßburg und anderen elsäßischen Städten gebracht wurden, erklär­lich. Vielleicht hängt damit die im Volke verbreitete Meinung zusammen, daß es im nächsten Jahr unfehl­barlosgehen" werde.

Die Sezessionisten sind, wie begreiflich, erregt durch die neuliche Rede des Grafen Wilhelm Bismarck in Langensalza. Nach einem, wohl etwas übertreibenden Bericht hat der Sohn -des Kanzlers u. a. gesagt: Die Sezessionisten seien die­selben Leute, die sich 1862 1866 blamirt hätten. Wo sei der Patriotismus dieser Leute? Das seien dieselben, die früher gesagt:Und wenn die Kroaten vor Berlin ständen, so bewilligten wir doch keinen Groschen." Diese Gesinnung lebe auch heute noch fort in den Fortschrittlern und ihren sczessionistischen Geschwisterkindern. Sie würden lieber das Reich in Trümmer gehen lassen, als ein Schlagwort aufgeben oder ihr Unrecht eingestehen.

Oesterreich-Ungarn.

Wien. Der Vermählungstag des Kron­prinzen Rudolf ist nun definitiv auf Dienstag den 22. Februar nächsten Jahres festgesetzt worden. Das Programm für eine Reihe glänzender Hof- Festlichkeiten wird bereits entworfen.

' Mcht gar lustig ist die Geschichte von dem Stuhlrichter v. S. in Ungarn. Er hatte einen jungen Bauern im Verdacht eines Diebstahls. Er ließ ihn kommen und furchtbar prügeln und dann hing er ihn mit den Füßen nach oben auf. Der furchtbar gequälte Bauer gestand nichts und wurde nochmals an den Füßen aufgehüngt, während der Wütherich ins Wirthshans zum Wein ging. Besinn' dich! war sein letztes Wort. Als er aber heimkehrte, war der Gehängte todt.

Frankreich.

Wie derKöln. Ztg." telegraphisch aus Paris mitgetheilt wird, bringt derCourier du Soir" die Mittheilung, der Sultan habe an den Kaiser von Deutschland geschrieben und dessen Vermittlung bei den Großmächten angerufen. Dasselbe Blatt meint, die Pforte sei beruhigt, weil Deutschland an der Beschießung Dulcigno's sich nicht betheiligen werde, ja dieselbe verhüten könne. Mehrere andere Blätter glauben ebenfalls daran, daß Deutschland zu Gunsten der Türkei eintreten werde; deßhalb ver­hält sich die französische Regierung vorsichtiger denn je. Der Marineminister hat dem Admiral Lafont befohlen, täglich telegraphisch zu berichten und nichts zu thun ohne vorherige Anfrage in Paris.

Der Nat.-Ztg. wird aus Paris telegraphirt: Es bestätigt sich, daß der Sultan sich telegraphisch an den Kaiser Wilhelm um dessen Intervention zur Verhinderung der Aktion gegen Dulcigno ge- wendet hat. Der Kaiser hat mit dem Ausdruck des Bedauerns ablehnend geantwortet unter Betonung der Solidarität der Mächte und der Nothwendigkeit, den Berliner Vertrag zur Ausführung zu bringen.

Der päpstliche Nuntius in Paris hat mit seiner Abreise an dem Tage gedroht, wo die französi­sche Regierung die Decrete gegen die Ordensgemein­schaften zur Ausführung bringe. Verschiedene Blätter fordern die Regierung auf, für diesen Fall sofort

den französischen Botschafterposten am Vatican ab­zuschaffen. (Bedarf der Bestätigung).

Gambetta soll, dem Correspondent eines Wie­ner Blattes zufolge, selbst erkannt haben, daß er abgenützt werde, wenn man in ihm den steten An­stifter der Krisen sehe. Er werde sich daher weit re- servirter als bisher verhalten. Die Angriffe in den Journalen hätten auf ihn einen sehr tiefen Eindruck gemacht. Er setze dem, was man über seinen An- theil an der Ministerkrise sagt, ein absolutes Dementi entgegen und verhalte sich auch, seitdem sie acut ge­worden, sehr reservirt.Er gab jedoch allen Freun­den seine Meinung kund, daß man das Cabinet Ferrh unterstützen müsse. Das Land wurde durch die Krisis sehr verstimmt. Noch vor wenigen Wochen sah man die Rede Freycinet's an allen Mauern prangen. Heute ist der Mann gefallen. Wenn das häufig vorkommt, wird die Republik herabgewürdigt.

Von Frankreich her wird uns auseinanderge- sctzt, daß, trotz aller gegentheiligen Versicherung, Gambetta gar nicht so vom Deutschenhaß beseelt sei, wie man im Allgemeinen annehme. Vielmehr fei die öffentliche Stimmung des französischen Volkes nur für den Frieden beseelt und Gambetta gezwungen, sich dieser zu fügen, falls er cs mit seinen gewichti­gen Einflüsse nicht verderben wolle. Man darf es dem Franzosen wohl aufs Wort glauben, daß ihm der Krieg von Grund aus verhaßt sei, zweifelhaft bleibt aber, ob er, oder doch wenigstens die unüber­legt handelnde Masse der Pariser Straßen-Gamins in einem vorübergehenden Anfälle nicht einmal den­noch das Schlachtmesser im vermeintlichen Interesse des Olloiro ziehen werde!

Holland.

Aus Amsterdam wird geschrieben: Eine gräßliche That hat das ganze Land in ^große Aufregung versetzt. Am Donnerstag Mittag führt im Haag ein anständig gekleideter Herr am Schul­gebäude vor, um den 13jährigen einzigen Sohn einer wohlhabenden Familie daselbst abzuholen, an­geblich im Aufträge der Eltern. Der Sohn, freu­dig, etwas früher die Schule verlassen zu dürfen, folgt dem Fremden, welcher mit dem Wagen den Weg nach den Dünen einjchlägt. Da angekvmmen, entläßt er Kutscher und Wagen. Die Eltern, be­unruhigt, ihren Sohn zu so vorgerückter Stunde noch nicht zu Hause zu sehen, veranlassen polizeiliche Recherchen. Kurz darauf empfangen dieselben einen anonymen Brief des Inhalts, ihren Sohn nach Deponirung von 75,000 Fl. an einem näher bezeich- neten Platze zurück zu erhalten, sollten dieselben aber die Polizei in Bewegung setzen, dann sei dessen Tod sicher. Das Letztere ist eingetreten. Der Sohn wurde erwürgt in den Dünen aufgefunden. Die That spottet den sieilianischen Räubergeschichten. Italien.

Rom, 29. Sept. Garibaldi und Meuetto Garibaldi legten ihr Kammermandat nieder, weil dem Schwiegersohn Garibaldi's, Canzio, der Gerichtsbefehl zugestellt wirkte, die ihm zuerkannte Freiheitsstrafe anzutreten. Beide erklärten, sie wollen nicht an der Gesetzgebung eines Landes Theil nehmen, wo man die Freiheit mit Füßen trete und nur den Jesuiten und anderen Feinden Italiens Freiheit gewähre.

England.

London, 30. Sept. DieTimes" meldet aus Rsagusa vom 29. Sept.: Dulcigno sei auf Befehl der albanesischen Liga niedergebrannt worden.

London, 28. Septbr. In Folge von Mit­theilungen, die auch in die Oeffentlichkeit gelangt sind, ist Befehl ergangen, daß der Zutritt zu der Werft, wo die für den Kaiser von Rußland be­stimmte AachtLivadia" erbaut wird, allen nicht befugten Personen untersagt wird. Weiter verlautet, die hiesigen Polizeibehörden seien von der Peters­burger und der Genfer Polizei benachrichtigt, daß drei Nihilisten mit zwei Höllenmaschinen in der Form von Uhren nach Glasgow unterwegs wären. Diese Individuen sollen schon von London abgereist sein. Die Polizei von Glasgow habe in allen Hotel garuis, namentlich in den von Ausländern be­suchten, nachgeforscht. Bis jetzt sei aber keine Ver­haftung vorgenommen. Man untersuche auch sorg­fältig alle Theile der Jacht nach einer etwa dort versteckten Maschine. DiePall Mall Gazette" meldet: Der Kohlenvorrath, welcher bereits in die AachtLivadia" verladen war, wurde wieder aus­geschifft. Taucher untersuchen den Krel derLi­

vadia." Die in London sich aufhaltenden Nihilisten sollen die Existenz einer Verschwörung zugestanden und ihre Bekannten in England benachrichtigt ha­ben, daß es gefährlich sei, an Bord derLivadia" zu fahren. (N.-Ztg.)

London. DerSpectator" gibt zu, daß die montenegrinische Affaire eben nur ein Vorpostenge­fecht ist. Es handle sich um die griechische, nicht um die montenegrinische Frage und hinter der grie­chischen Frage liege nicht nur ein großer Krieg, sondern die ganze Zukunft der europäischen Türkei. Falls Griechenland seine Provinzen nicht durch die Diplomatie erreichen könne, sei der Anarchie in der Türkei vermittelst der Diplomatie nicht beizukommen und würden innerhalb der nächsten zwei Jahre die beiden slavischen Großmächte genöthigt sein, ihre Armeen nach dem Süden vorrücken zu lassen, um entweder in Gemeinschaft oder im Zusammenstoß die Zukunftsfrage der Halbinsel gewaltsam zu lösen.

Irland. Aus Irland traf die Nachricht von der Ermordung eines Großgrundbesitzers, des Lord Mounth Morris ein. Dieser agrarische Mord machte naturgemäß bei der hohen socialen Stellung des Ermordeten in England ein ganz ungewöhnliches Aufsehen und führt hoffentlich endlich zu strengeren Maßregeln gegen die Rohheiten der irischen Bevölke­rung.

Amerika.

New-Jork, 18. Sept. Der Ex-Socialisten- führer Wilhelm Hasi elmarin hat nun doch den Boden Amerika's betreten, um sich, jwie er angibt, über die Stellung und 'Lage des Arbeiters in den Vereinigten Staaten eingehend zu informiren, gleich­zeitig aber auch eine Reihe von Vorlesungen über die brennenden Fragen der Gegenwart in deutscher und englischer Sprache zu halten.

Washington, 24. Septbr. Den Ausweisen des Statistischen Bureaus zufolge betrug die Anzahl der Einwanderer in die Vereinigten Staaten wäh­rend des Monats August im Ganzen 50000 Per­sonen, darunter 6239 aus England, 1737 aus Schottland, 6157 aus Irland, 11918 aus Deutsch­land und 13506 aus Canada.

Afrika.

Von den Diamantfeldern. Den neuesten Nachrichten aus Kimberley zufolge hat die durch die Entdeckung von Diamanten im Freistaate verursachte Aufregung an Intensität nichts verloren. In den Gräbereien zu Jagersfontain wurde ein prächtiger Diamant vom reinsten Wasser, 50 Curat wiegend und im Werthe von 6000 L. Zu Tage gefördert.

Handel L Verkehr,

Stuttgart, 30. Sept. (Kartoffel- Obst- und Krautmarkt.) Leonhardsplatz: 1200 Säcke Kartoffeln L 3 ^ 4 bis 3 M 40 4 pr. Ztr., noch einiger Borrath. Wilhelnrsplaz: 200 Säcke Msstobst L 6 Zl 80 4 bis 8 4

pr. Ztr., Alles abgesezt. -- Marktplaz: 500 Stück Filderkraut L 6 bis 9 4 Pr. 100 St.

Eßlingen, 29. Sept. Hess. Obst am Bahnhof pr. Ztr. 7 bis 7. 20; auf dem Markt ^ 78.

Nürnberg, 29. September. (Hopfeubcricht.) Für Brauerkundschaft sind gut getrocknete feine Sorten gesucht, aber nur in sehr kleinen Beträgen zu finden. Die heutigen Notirungen lauten: Markthopfen prima 55 --65 do. se- knnda 45- 50 ^l, do. Tertia 35- 40 ^l, Badische 6590 Württembergcr prima 9095 do. sekunda 50 -70 Elsässer 50-75

Uenestes.

Stuttgart, 30. Sept. Der hiesige Gemeinde­rath hat heute, wie dasNeue Tagblatt" berichtet, das Gesuch der internationalen Bell-Telephon-Com­pagnie in Newyork um Errichtung einer Telephon- Anlage in Stuttgart genehmigt. Die Compagnie hat mit den Vorarbeiten bereits begonnen.

Wien, 30. Sept. Sämmtliche Meldungen vom Niederbrennen Dulcignos sind unbegründet. Dulcigno steht unverändert, mehrere hundert Alba­nesen verließen die Stadt gestern. Die Gerüchte, daß einzelne Mächte die Schiffe abrufen wollen, wer­den gutseitig dementirt. Die Verhandlungen zwischen den Mächten stocken momentan. Die Fortführung derselben ist von dem Ergebniß des heutigen eng­lischen Ministerraths abhängig.

Paris, 30. Sept. DieAgence Havas" er­fährt, alle Gerüchte über Zusammentritt einer neuen Conferenz oder Vornahme einer Flottendemonstration am Bosporus seien bisher gänzlich unbegründet.