Jugend ist vielfach Arbeitsscheu eingerissen. In einer Ladenthür stehen und Cigarren rauchen, oder als Schankwirthe ihren Gästen trinken, kannegießern und räsonniren helfen, ist nach ihrem Geschmack, ein Handwerk gehörig zu erlernen aber nicht. Man will zu hoch hinauf, kommt deßhalb' um « tiefer hinab. Diese trübseligen ZustürM könne*, Nbst wenN'dtt allgemeine BerkehiHich--Mold.MA-, Mzu ja -Äerzckk die Anzeichen vorhanden,"nicht Her Echhalfig oesM werden, als bis sich ein gründlicher Reinigunßsprozcß vollzogen hat. Die Ueberschußhände im kaufmännischen Gebiete müssen zu andrem Erwerb greifen oder untergehen. Wie in Nordamerika wird wohl auch in Deutschland früher oder später jener falsche Ehrgeiz abnehmen, welcher Leute, die nach ihrer Meinung höhere Bildung" besitzen, oder einer höheren Gesell­schaftsklasse angehören und darumhöhere Ansprüche" machen können, abhält, in die Reihen der Handar­beiter und Dienstboten zu treten, nachdem sie die Erfahrung gemacht haben, daß esso wie bisher nicht mehr geht". Gar mancher der Lungernden und Hungernden könnte schon jetzt diesen Schritt thun, zu seinem und der Anderen Beiten.

Berlin, 10. Aug. Die in neuerer Zeit mehr­fach zu Tage getretenen Mißhandlungen von Soldaten, wie sic uns z. B. der jüngste Würz­burger Militärprozeß vorführte, haben zur Folge gehabt, daß man es jetzt mehrfach in höheren mili­tärischen Kreisen für zweckmäßig erachtet, eine Ver­ordnung zu erlassen, wonach jede körperliche Miß­handlung eines Soldaten bei dem nächsten Vorgesetzten zur Anzeige gebracht werden muß.

Berlin, 11. Aug. Der 11. Anthropologeu- kongreß wurde heute Nachmittag mit einer längeren Rede Virchow's geschlossen. Die nächste General­versammlung findet in Regeusburg statt.

lieber die mannigfach umlaufenden Gerüchte in Betreff der Abkommandirung deutscher Offiziere nach der Türkei berichtet dasBerl. Tgbl.": Es werden vier Offiziere abgesandt werden, nämlich je einer vom Generalstabe, von der Infanterie, der Kavallerie und der- Artillerie. Die Herren sollen derart in der Anciennetät verbleiben, daß sie nach Rückkehr von ihrem Kommando als Majors in der Armee wieder angestellt werden können. Dieselben werden als Majors ä 1a suits der Armee geführt und ihre Wiedereinrangirung ist ihnen somit gesichert. Mit der türkischen Regierung schließt jeder Einzelne durch Vermittlung des auswärtigen Amtes einen dreijährigen Kontrakt ab, in welchem Zahlung des sehr hohen Gehaltes, cvent. Pension und Wittwen- pension gewährleistet ist. Die betreffenden Offiziere sind bereits dem Kaiser in Vorschlag gebracht. Je­denfalls steht den Herren ein interessantes Kommando bevor. In der Türkei werden sie nur in den Kom­missionssitzungen und Bureaus des Kriegsministeriums Verwendung finden. Jedenfalls stehen sie unter dem Schutze des auswärtigen Amtes und ihre Lage wird daher keine allzu schwielige sein.

Das Unglück in Oberschlesien ist entsetzlich. Eine Strecke Landes von etwa 240 Quadrat-Kilo­meter ist überschwemmt, die Getreide-Ernte ist ver­nichtet, die Kartoffel-Ernte im höchsten Grade gefährdet. Der Verlust beträgt Millionen und seine Größe läßt sich noch gar nicht übersehen.

Posen, 11. Aug. Laut Bekanntmachung des Polizeipräsidenten Standy ist die Prosna auf sehr weite Strecken hin über ihre Ufer getreten; in Folge dessen sind die anstoßenden Felder sämmtlich über­schwemmt und alles Getreide von den Fluthen fort­geführt. Es werden auch sehr große Ueberschwem- mungen durch die Warthe befürchtet.

OesterreichUngarn.

Wien, II. Aug. In diplomatischen Kreisen eingetroffene Depeschen aus Konstantinopel versichern mit Bestimmtheit, daß die Pforte von der Abtretung Dulcignos zurückgekoniinen ist und neuerdings zur Aus­führung der April-Konvention entschlossen sei. Die 2000 Mann, niit denen sich der Kricgsininister nach Skutari einschifft, sollen die Albanesen aus Tufi verdrängen.

Ischl, 10. Aug. Der Kaiser von Oesterreich, preußische Uniform mit dem Schwarzen Adlerorden tragend, traf um 11M Uhr mit dem deutschen Bot­schafter Prinzen Neuß und dem Generaladjutanten Baron v. Mondel in Obertraun ein. Kaiser Wilhelm traf von Aussee um 11 Vs Uhr ein, worauf Kaiser Franz Joseph zu Kaiser Wilhelm ins Coups stieg, wo die herzlichste Begrüßung stattfand. Hierauf fuhren beide Monarchen nach Ischl, wo sie, am Bahn­

hof von der Kaiserin von Oesterreich erwartet, um 12 Uhr eintrafen. Trotz heftigen Regens war hier ein zahlreiches Publikum versammelt, welches die Allerhöchsten Herrschaften enthusiastisch begrüßte. Der deutsche Kaiser fuhr sodann mit dem Kaiser und der Kaiserin von Oesterreich und dem Prinzen Reuß nach Ain 'HotAzur -Kaissän Elisabeth", wo um 2 Ulch Postas ekstattfäudHvoMauch'Arrförbijchih Fllbsi Mila n «laden war.' Wegen des schlechten Wetters Smer- Keibt der Ausflug nach Strobl ünd die Rundfahrt um den Wolsgangfee.

Von Alt-Aussee wird derMg. Ztg." be­richtet: Zn Alt-Aussee strahlten bei der Ankunft des Kaisers Wilhelm sowohl Hie Villen' als* auch die ein­fachsten Bauernhänschen im Lichte'rgläiiz. Se.'Mäj. übernachtete imGasthof am See". Die Bergmusik spielte noch Abends steirische WLise». Auf dem See erglänzten bengalische Flammen, auf den umliegenden Bergen loderten Freudenfeuer. Die zahlreich ver­sammelten Kurgäste begrüßten den vortrefflich aus­sehenden Monarchen aufs herzlichste. Die Fürstin von Hohenlohe, Gemahlin des deutschen Botschafters in Paris, der in Alt-Aussee ein Gut besitzt, hatte den Kaiser auf dem Bahnhofe in Aussee erwartet. Die Sympathieen für den hohen Gast zeigen sich allge­mein, und man glaubt durch deren Kundgebung dem Kaiser von Oesterreich zu beweisen, wie sehr man seine Intentionen des Friedens und der Freundschaft mit dem Deutschen Reiche theilt.

Ischl, 11. August. Kaiser Wilhelm empfing heute Vormittag 1ÖV, Uhr einen Besuch des Kaisers Franz Joseph, der über eine halbe Stunde dauerte. Frankreich.

Paris, 11. Aug. Grevy, Sah und Gam- betta sind heute Nachmittag hieher zurückgekehrt. In Carentan hielt der Pfarrer eine Ansprache an Grevh, worin er die Achtung vor der Regierung ausdrückte und um den Schutz der Religion bat. Grevy erwiderte: für die Religion sei nichts zu befürchten, dieselbe werde durch Gesetz und Regierung' geschützt, und sie sei überall, vornehmlich aber in Frankreich, eine Macht. Die republik. Journale äußern sich beifällig über die Cherbourger Reden: die Ansprachen auf der Reise Grevy'S bekunden die Macht der Republik.

Im Hafen von Cherbourg findet eine Flotten-Revue statt. Die letzte hat Napoleon III. gehalten und die Königin Victoria und den Prinzen Albert dazu eingeladen. Die jetzige hält Grevy und Gambetta mit einem halben Dutzend von Ministern ab. Gambetta führt das Wort zu Lande und zu Wasser, Grevy ist gleichsam nur Staffage, wie die Maler sagen.

Dänemark.

Ans Kopenhagen, 6. Aug., wird derN. A. Ztg." geschrieben: Es ist unleugbar, daß sich unsere Beziehungen zu Deutschland in erfreulicher Weise ge­bessert haben. Die deutschen Kriegsschiffe werden in unseren dänischen Häsen mit großer Artigkeit empfan­gen und der gesellschaftliche Verkehr zwischen den deutschen Marineoffizieren und unseren höheren Krei­sen läßt nichts zu wünschen übrig. Wiederholt wur­den die deutschen Offiziere zur königlichen Tafel be­fohlen. Die dänische Presse enthielt sich in neuester Zeit der Ausfälle gegen Deutschland. ^,5.

Italien.

Rom, 10. Aug. Wie aus dem Vatikan ver­lautet, sind die Eingänge des Peterspfennig in letzter Zeit spärlicher geworden. Um die bedrängte finanzielle Lage der Kurie zu heben, puplizirt die päpstlicheAurora" einen dringenden Aufruf einer neuentstandenen Gesellschaft, welche den TitelUni- versalnnion zur Erhebung täglichen Tributs für den Papst" führt. In dem Aufruf werden alle Katholiken des Weltalls aufgefordert, vom Ok­tober ab täglich einen Pfennig alsPapsttribut" dem heiligen Vater zu widmen. Es wird beabsich­tigt, überall Kassenstellen zur Einziehung dieser Bei­träge zu errichten.

Der Papst hat am 4. ds. ein Dekret erlassen, durch welches der h. Thomas von Aqnin zum Patron aller katholischen Lehranstalten ernannt wird. Es heißt darin ganz im Stile der weltlichen Kabinetsbesehle:Nach Einholung des mit unserer Meinung übereinstimmenden einhelligen Gutachtens unseres heiligen der Riten ernennen wir kraft unse­rer obersten Gewalt zum Ruhm des allmächtigen Gottes und zur Ehre des englischen Doktors, zur Mehrung der Wissenschaften und zu gemeinem

Nutzen der menschlichen Gesellschaft den englischen Doktor St. Thomas zum Patron der katholischen Universitäten, Akademieen, Lyzeen und Schulen und wollen, daß derselbe von Jeheylyann dafür gehalten, geachtet und verehrt werde; mit chem Bemerken je­doch, daß auch in Hnckchfft nichts geändert werde an der VereMng Mligen, welche Aka­

demien odkr^yzdejOZu^iEe^'speziellen Patronen erwählt haben sollten. Die Köln. Z. bemerkt dazu: Da es mit der Gründung einer katholischen Univer­sität in Deutschland noch gute Weile hat, so bleibt die Ordre des h. Vaters bei uns in Preußen ohne praktische Bedeutsamkeit.

England.

sVon Or. Tanner.j Dem Standard wird über das Ende des Fastens wie folgt gemeldet: Als das Signal ertönte, welches ankündigte, daß seine Fastenzeit vorüber, brach die anwesende Men ge in stürmischen Jubel aus und viele Zuschauer um­armten ihn. Außerhalb des Vorzimmers befanden sich 1200 Leute, die ihn mit großer Herzlichkeit begrüßten. Or. Tanner wurde nunmehr gewogen ; sein Gewicht betrug 120V, Pfd. Sein Puls war 192, sein Athem 17. Nachdem Or. Tanner aus der Waage gestiegen, trank er sofort ein Glas Milch und verlangte eine Wassermelone. Die Aerzte machten Einwendungen, allein Or. Tanner verschlang mit Gier mehrere Scheiben, indem er nur den Saft schluckte. Die Aerzte erklärten, er werde sich tödten, allein Or. Tanner fuhr fort, die Wassermelone zu essen. Während des Nachmittags er zu wiederholten Malen Wassermelonenschnitten. Nachdem er ein Glas Ungarwein getrunken, er ein Pfund, Beefsteak und verschlang Alles bis auf die harten zähen Theile. Er trank ein weiteres Glas Wein, welchem er eine Scheibe Melone folgen ließ. Hierauf äß er einen Aepfel und verlangte noch ein Beefsteak, u. s. w. (mit der übrigen Speisekarte wollen wir den Leser verschonen). Sein Magen behielt die volle Kost, die er zu sich genommen hatte. Er schien vortrefflicher Laune und erklärte ganz wohlauf und am Montag arbeitsfähig zu sein. Gegen 11 Uhr zog er sich zurück, allem Anschein nach vollständig außer Gefahr. Im Ganzen verlor Or. Tanner während seines 40tägigen Fastens 36 Pfd. Im Ganzen hat er 667^2 Unzen Wasser getrunken. Sein Athem wechselte zwischen 13 und 18, sein Muskeldruck zwi­schen 194 und 158. Die Körperwärme zeigte geringe Abweichungen vom Normalpunkt. Thatsächlich ist keine Abnahme zu verzeichnen trotz der bedeutenden Entziehung von Phosphaten und der Abspannung des Nervensystems. Sein Geist war klar und thä- tig geblieben. Der Verlust an Wasser durch die Lungen war viel geringer, als das gewöhnlich von Physiologen angegebene Minimum.

Griechenland.

Die griechische Regierung hat bei einem Pferdehändler in Pesch 1400 Pferde angekauft, von denen alle 14 Tage ein Transport von 280 Pferden abzusenden ist. Der erste Transport ist bereits ab gegangen.

<2-

r»

«2>

«-

»

ch

F

w

v<

st

zl

h

is

g

s>

ß

n

v

v

. . . ... . O ^

Kandel L Mrketjr,

Wir erinnern die Baumbesitzer daran, daß es jetzt r S höchste Zeit ist zum rationellen Düngen der Obstbäume. D

P 2 Egenhausen, 12. Aug. Wider alles Vermuthen brachte unser gestriger Viehmarkt reges Leben in den Ort.

Gegen Vormittags 10 Uhr waren die Marktplätze mit zuge­führtem Vieh angcfüllt. Israels Söhne hatten bald das schönste Bich ausgesucht und gekauft, fremde Mezqer, Händler und Eigner blieben nicht zurück, so daß der Verkehr ein äußerst bewegter war. Die Preise erlitten zwar keinen wesentlichen Aufschlag, doch wurden schöne Ochsen mit 5060 Karolin,

Kühe je nach Alter, Gattung und Nutzen mit 100200 Läuferschwcine mit 4050 likl, Milchschweine mit 2633 das Paar bezahlt. Die Ochsen wurden in verschiedenen Trup­pen von je 1012 Paaren ins Unterland überführt. Die Gasthäuser blicken bis zum Abend mit Gästen und Handels­leuten angcfüllt.

Stuttgart, 12. August. (Kartoffel- und Kraut­markt.) Leonhardsplatz: 800 Säcke Kartoffeln ü 3 30

bis 3 ^ 80 -1 per Centner; fast Alles abgesetzt. Markt­platz: 100 Stück Filderkrant 15 bis 20 Der Wochen­markt ist im Allgemeinen auch heute wieder sehr belebt.

Grüne Bohnen haben etwas angczogen; im klebrigen die Preise unverändert.

Bon der Jagst, 10. Ang. Die Gerste liefert Heuer in unserer Gegend einen sehr reichen Ertrag und es wird für dieselbe von den Landesprodnktcnhandlmigcn derzeit pr. Ztr.

8 50 bezahlt. Qualität vorzüglich.

Hcilbronn, ll. August. Auf den gestrigen Schaf- markt wurden 11,854 Stück Schafe geführt. Im Verlaufe des Marktes verminderte sich die Anfangs rege Kaufslust.

Verkauft wurden 5,169 Stück. Preise für ein Paar Hammel:

67, 64ffz, 60 Mark bis zu 44 Mark. Nachfrage nach fettem Vieh stark, hauptsächlich zur Ausfuhr nach Frankreich >