heit von dem Rücktritt des CultuSministers v. Putt- lamer in dem Fall, daß die Kirchenvorlage gänzlich scheitert. Der Cultusminister soll an der Aufstellung dieses Gesetzentwurfs viel größeren persönlichen An- theil haben, als gewöhnlich angenomMen wird, und es wäre gerade nicht zu verwundern, wenn er die Ablehnung seines Menst« Wechks mit der Hieder-- legung seines Amte? beantwortete.

DerFrkf. Ztg." zufolge verlautet, daß die Regierung bei Ablehnung des Art. 4 der Kirchen- vorlage in der nächsten Session dem Landtag ein Gesetz, bestehend aus einem Paragraphen, betreffend die Rückkehr der Bischöfe, unterbreiten werde. Der Kaiser habe sich vor der Abreise geäußert, er wün­sche Frieden gemacht zu sehen, der aber nur durch die Rückberufung der Bischöfe erreicht werden könne.

(Stoff zu einem Roman.) Ein Faniilien-Ze» würfnih führte auf einem Gottesacker in Berlin einen er­schütternden Vorgang herbei. Ein geachteter Kaufmann hatte bis vor fünf Jahren mit den Seinigen in schönster Eintracht gelebt; denn ausser einer liebenswürdigen Gattin erfreute er sich einer znr blühenden Jungfrau herangcwachsenen Tochter im Alter von 17 Jahren. Hein Glück wurde zerstört: denn als Frau und Tochter eines Tages mit verstörten Mietwn tlmhcr gingen, forschte er nach der Ursache, und der ehrenhafte, über den Ruf seiner Familie eisersüchlig wachende Mann ver­nahm die niederschmetternde Nachricht, daß seine Tochter, die er über alles liebte, sich vergessen und ihre Ehre einem in seinem Dienste stehenden jungen Manne geopfert habe, der eines entfernten Verwandtschafts-Verhältnisses halber Ausnahme in der Familie gefunden hatte. In zorniger Aufwallung jagte er die Tochter und deren Verführer aus dem Hause und in'S Elend. Der junge Mann arbeitete wohl rastlos Tag und Nackt, um seine ».nge Gattin, zu der er sie inzwischen gemacht hatte, wenigstens mit einem Schimmer des Glanzes und Wohl­standes umgeben zu können, an den sie so gewöhnt war, aber es wollte ihm nicht getingen. Ais die junge Frau nach der Geburt zweier Mädcheu viel von ihrer früheren Schönheit ver­loren und die Lage sich nicht bessern wollte, verschwand der gewissenlose Mann und ließ Frau und Kinder in Kummer zurück. Tue Mutter, welche immer in Verbindung mit der Tochter geblieben war, bestürmte den Vater, die Verlassene zurückzurusen, aber vergeblich. Der Kummer über das Unglück ihrer Tochter führte ein Heizübel herbei, dem sie vor einigen Tagen erlag. Die bei der Beerdigung erschienen Leidtragenden standen noch um die offene Gruft versammelt, unter ihnen der verlassene Gatte, als ein junges Weib, bitterstes Weh in den verfallenen Zügen, heran gewankt kam. An jeder Hand führte die ärmlich gekleidete Frau ein liebliches, blondes Mädchen. Starr blickten die Augen des Vaters aus die verhärmte Gestalt der Tochter, - denn diese war es die jetzt still heran trat und der dahin geschiedenen Mutter nachweinte. Als sie und di« kleinen Mädchen die üblichen drei Hände Erde auf den Sarg der Großmutter geworfen hatten, wendete sie sich zum Gehen, warf aber noch einen jammererfüllten Blick auf den alten Vater. Dieser Blick drang ihm wohl tief in's Herz; denn er breitete plötzlich die Arme aus und die somit Wicder- aujgsrwmmene harg schluchzend das Haupt yn der Brust des Wafers. Die andern Traucrgüste hatten sich respektvoll zurück­gezogen und Vater, Tochter und die kleinen Enkelinnen be­stiege« vereint den Träuerwagen des Ersteren und fuhren nach Hause zurück.

OesterreichUngarn.

Prag, 19. Juni. Französische Jesuiten kauften hier ein ^stockiges Gebäude an behufs Nie­derlassung.

Prag, 21. Juni. Nach einer Mittheilung des Prager Tagblatt" fand auf Weilburg bei Baden die Berlobung des Großherzogs von Hessen mit der Prinzessin von Asturien statt. (T. Ehr.)

In Ungarn verlaufen die Deputirtxnwahlen in sehr erbaulicher Weise. Aus Moravicza, im Temeser Comitat, wird vom 12. d. M. geschrieben, daß die dortige Abgeordnetenwahl mit einem blutigen Nach­spiel endete. Der neu gewählte Abgeordnete gab nämlich den Wählern nach dem Wahlacte 32 Eimer Wein zum Besten uird der Kampf um den edlen Nectar, wobei die politischen Meinungsverschieden­heiten gänzlich außer dem Spiele blieben, führte zu gräulichen Sceneu. Ein Wähler erhielt einen Messer­stich in den Arm, einem zweiten wurde der Bauch ausgeschlitzt, die Zahl der blutrünstigen Köpfe war umsoweniger sestzusteüen, als die Comitatspanduren bei ihrem löblichen Bestreben, in der Nähe der Wein­fässer Ordnung zu machen, ebenfalls die Köpfe der Wähler zum Zielpunkte ihrer wuchtigen Kolbenhiebe wählten. Die Verwundete» zählen nach Dutzenden.

Man schreibt aus Ungoar: Am 1,3. tz. M. ist hier eine Frau, Namens Marie Lische, nachdem dieselbe einige Tage vorher über Unwohlsein geklagt hatte, im Aster von 115 Jah­ren gestorben. Im vergangenen Jahre, gelegentlich der Ueberschwemmung durch die kleine Ung, wäre die Greisin nahezu verunglückt; sic wusch Wäsche heim Flusse, wurde von den Wogen ersaßt, jedoch durch einen Teiegraphcnaufseher glücklich gerettet. Ihrem Sarge folgte eine siebzigjährige Tochter, deren Schmcrzensrnfe:Mutter, Mutter, wie hast Du mich annc Waise hinterlassen!" einen eigenthümlichen Eindruck machten.

Schweiz.

Vor einigen Jahren ging ein Student der Theologie Mir einigen Freunden am Ufer des Neucnburger Sees und

trafen einen sm Lestn eines Buches vertieften Frenchers, dessen unansehnliches Aeußere den letzteren Anlaß zu Gespötte -gab. Der junge Theologe verwies ihnen dieses Benehmen ernstlich, worauf der Fremde ihm einige Worte des DankeS ansstzrach und sich dann zwischen Beiden eine Unterhaltung entspann, welch« Anlaß zu näherer Bekanntschaft und einer jahrelangen Evrrespondenz gab. Da erhielt der inzwischen Pfarrer und Familienyater geworbene junge Theologe von dem bei Orleans wohnenden Fremde« die Miitadung, mit Familie zu ihm ejuige Wochen auf Besuch zu kommen. Letzterer leistete der Einla­dung Folge und jetzt erst stellte sich heraus, daß der Corrc- jpondenzfreuild »in vornehmer Herr und reicher Schloß- und Grundbesitzer war. Nach längerem angenehmem Aufenthalt auf dessen Schloß in die Heimalh znruckgckehrt, erhielt der junge Geistliche von dem Fremden ein schreiben mit einem Testamente, das ihn zum Universalerben von dessen mehrere Millionen betragenden Vermögen einsetzte unter der Bedingung, daß der Erbe das Schloß bei Orllans zu seinem Aufenthalt wähle uitd den hochbetagleii Erblasser dis zu seinem Tod freundlich an Leib und Seele pflege.

Frankreich.

Paris, 19. Juni. Deputirtenkammer. Heute brachte Frey ein et den Gesetzentwurf auf vollstän­dige Amnestie ein. Auf den Zuruf:Lesen Sie!" las der Minister die Darlegung der Gründe vor. Das Aktenstück weist daraus. hin, daß sich im Geiste des Volkes eine große Bewegung zu Gunsten der Amnestie gebildet habe, welche durch das Heran­nahen des Festes vom 14. Juli einen neuen Anstoß erhalte. Angesichts der Ruhe im Lande und des Triumphes der Gesetzlichkeit bei der Wahl in Lyon könne die Amnestie ohne Gefahr bewillgt werden. Die zurückzuberufenden Leute seien weniger gefähr­lich in der Nähe als in der Entfernung. Ohnehin sei die Regierung stark genug, um jeden Versuch zur Wühlerei demeistern zu können.Niemals," schließt die Motivirung,wird die Regierung die Verbrechen rehabilitiren, die jeden, der ein Gewissen hat, em­pören werden; es kommt daher hier nicht Gerechtig­keit, sondern nur Gnade in Betracht. Das zu drei Vierteln vollbrachte Werk darf nicht wohl unvol­lendet bleiben; es wird der Regierung große Pflichten schaffen, aber diese wird in ihren Händen das ihr anvertraute Gut des Gesetzes unbeschädigt und ge­achtet zu bewahren wissen." Es folgt hierauf der Wortlaut des Gesetzentwurfs:Einziger Artikel. Amnestie wird allen wegen Verbrechen und Ver­gehen, die sich auf die Aufstände von 1870 und 1871 beziehen, sowie allen wegen politischer Ver­brechen und Vergehen oder wegen Preßvergehen, die bis zum Tage des 19. Juni 1880 begangen worden, Verurtheilten bewilligt. (St.-A.)

Die französische Republik wird mehr alst je von den Parteien zerwühlt. Die Ultramontanen haben durch ganz Frankreich Conserenzen angestiftet, in denen vom 14. an bis zum 29. Juni, wo die den Ordensgefellschaften gestellte Frist abläuft, von den namhaftesten Führern Reden gegen die Märzerlafse und für die Gewissensfreiheit zu Gunsten der Jesuiten gehalten und Proteste beschlossen werden. Die Le­gierung gibt dieser Agitation freies Spiel, läßt sich jedoch durch dieselbe so wenig einschächtern und pon Ausführung der Gesetze abhalten, wie sie, hier frei­lich nach merklichem Schwanken, schließlich in der Amnestiesrage fest zu bleiben sich entschloß. Die Commnnarden und deren unverbesserliche Beschützer aus der äußersten Linken und im republikanischen Vereine rühren sich gewaltig und die Organe des Palais Bourbon rufen ermuthigend: Gambetta will es, Gambetta wird die Amnestie durchsetzen! In Pa­ris haben die Radicalen bei der jüngsten Stadtraths­wahl dem noch als Zuchthaussträsling in Neucale- donisn befindlichen Commnnarden Trinquet ihre Stimmen gegeben, obgleich und weil der Mann nicht wahlfähig ist; eine Stichwahl wird den Gemeinderath wahrscheinlich vor der Klippe bewahren, in dieser Frage sich wieder in seiner radicalen Glorie zu zei­gen. Farre hielt in Le Mans bei einem Ackerbau­feste eine Rede, worin er die Verbrüderung zwischen Bauern und Soldaten feierte und Vertrauen auf die Zuverlässigkeit der Armee predigte. Auch Grsvy tritt in den nächsten Tagen eine Rundreise durchs Land an und wird im Lause des Sommers sämmtliche bedeutenderen Kriegshäfen Frankreichs besichtigen. Gambetta wird in St. Germain, wo Thiers ein Standbild errichtet wird, eine große Rede halten. Trotz aller Anstrengungen in der Politik gedeiht der Wohlstand des französischen Volkes, das ein Muster von Fleiß und Sparsamkeit ist und in Geschäftssachen wieder glänzend seine Virtuosität beweist.

England.

London, 18. Juni. Auf der Lokalbahn zwischen Hay und Brecon stürzte gestern Nacht ein

ganzer Gnterzug von der Brücke in den Fluß Wye. Führer und Heizer des Zuges sind getödtet. Nur wenigj Stunden vor dam Unfall passirte ein großer Zug von Ausfltzglerri dich» Brücke.

Buenos Airrs^^n 22. Juni. Die Revo­lution ist tzMsgatzroch'e», die Stadt belagert, der Hafen blockirt.

Kandel L Werkehr

Stuttgart, 2l. Juni. sLandeSproduktenbörse.j Die Angebote waren auch an heutiger Börse reichlich, trotzdem aber bleiben die Umsätze auf den nächsten Bedarf beschränkt. Wir notiren Pr. 100 Kilogramm: Walzen, baierischer 25 50 -1 bis 2S 4L 75 4, russischer 25 4L 50 4 bis 28 4L 50 -1. amerikanischer 25 4L 25 4 bis 25 50 Kernen 26 4L

25 4 bis 28 4L 90 4. Dinkel 17 -18 4L, Haber 15 .« 40 4. Mehlpreise pr. 100 Kilogramm: Nro. 1: 3738 4L, Nro. 2: 3538 4L, Nro. 3: 3233 4L, Nro. 4: 29-30 4L Mittlere Aruchtpreise per Lerttrrer vom 13. bis >16. Juni.

Serft«.

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Iptingen, IS. Juni.

lSt.-N.) Die Holzpreise sinke»

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während, wozu unsere Holzhändler ein saures Gesicht schneiden.

Kirchheim u/T., 22. Juni. (Wollmarkt). Preise bis jetzt 170 bis 190 .<L Zwei Drittel des ganzen Quantums sind bereits abgesetzt. Der Verkauf geht ordentlich von Statten.

Münsingcn, 21. Juni. Die Viehpreise gehen auf der Alb bedeutend herunter, was den geringen Aussichten der Fntterernte zugeschriebcn wird. Ans dem Schweinemarkt wurde ein Paar Milchschweine zu 2S30 erstanden.

Allgemeine R e ntcnanstal t zn S tnttg art. Die Verwaltung kündigt nunmehr de» Rest der öproc. Markpfand- bricfe Serie X Nr. 6801 10200 per 31. October 1880, in­dem sic den Besitzern frcistcllt, die Pfandbriefe schon jetzt mit Zins bis zum Zahlungstag znr Einlösung zu präsenlircn.

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Die Tochter de« Fregattenkapitäns.

(Fortsetzung.)

Ethelston betrachtete fest und ruhig das Kap _

vor sich, ohne stuf die Fregatte zu achten; dann sagte « er nach kurzem Schweigen ganz ruhig: Gregson, die Strömung gegen das Gestade ist hier zu stark; wir können hier nicht gegen den Wind das Schiff um­wenden. Sie haben recht, entgegnete der Boots- mqnn; derSperber" sträubt seine Federn und kommt ^ jeden Augenblick näher. Segeln wir in diesem Striche §7 ssI s s fort, so zerschellen wir in der nächsten halben Stunde Z, WZ ZW Beide ain Gestgde. Ja, rief der Kapitän aus und r? 2 .r-Lt------

seine Wangen färbten sich höher; wüßte ichs gewiß, daß wir Beide an jenen Klippen zerschellten ... der Stolz des Ohio" könnte nicht rühmlicher untergehen.

Er sprach diese Worte sinnend vor sich hin.

Allein der Bootsmann hörte sie und starrte mit un­verhohlenem Erstaunen den jungen Mann an, unter deffen friedlichem Aussehen er nimmer diesen entschlos­senen Mnth gesucht hätte. Wieder wirbelte eine Rauch­wolke aus dem Buge desSperbers" hervor; die volle Ladung schlug durch das Takelwerk am Bug­spriet, und obwohl sie keinen wesentlichen Schaden an- rjchtete, beipjes sie doch, daß die Brigantine jetzt ganz im Bereich der feindlichen Kugeln war, Herr, ich fürchte, wir kommen nicht um die Landspitze herum, sagte der Bootsmann. Sie können uns hinwegpfeffern und doch in gutem Fahrwasser bleiben.

Dann bleibt uns pur noch Eines übrig. Be­antwortet das Signal! Hißt die Flagg« auf! Das Schiff herum und gerade auf die Fregatte losgesegelt!

Der Bootsmann war womöglich noch überraschter b«i diesem Befehl pls vorher bei der Idee, das Schiff so wie die feindliche Fregatte auf die Klippen laufen zu kaffen; jedoch gehorchte er ohne Frage und ohne Zaudern. Die Brigantine beantwortete das Signal, wandte um und segelte gegen denSperber" heran.

Auf dem Verdecke der Fregatte stand der Ka­pitän L'Estrange, ein schöner Manu in mittlere Jahren, und musterte mit dem Fernglase das kleine Fahrzeug.

Jetzt befahl er dein ersten Lieutenant, das Feuer ein­zustellen. Dies halsstarrige Krämerschiff, fügte er hinzu, schien große Lust zu haben, zu entwischen, ohne an die Gefahr zu denken, die es lief, entweder an den Riffen zu zerschellen, oder von unfern Kugeln durch­löchert zu werden. Es ist einer von diesen tollkühnen Amerikanern, sagte der Lieutenant, die glauben, Nie­mand könne es zur See mit ihnen aufnehmen. Nun, diesmal haben sie sich getäuscht. Ich meine, der Fang wird sich der Mühe verlohnen, Kapitän.