Der Gesellschafter

Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

! Erscheint Ivöchenlilch 3mat und kostet halbjährlich /WO 41 j l,icr lohne Trägerlohn) 1 6V in dem Bezirk - » T -» » 2 anherhalb des Bezirks 2 ^ 40 -4.

Dienstag den 1). Juni.

- Jnserlionsgebühr für die Ifpalligc Zeile aus ge- ! ivöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung 9 4, i bei mehrmaliger je 6 4.

1880.

Amtliches.

N a g o 1 d.

AuslscSnug»-Geschärt 1880.

Zu Vermeidung von Zweifeln wird die oster- amtliche Bekanntmachung vom 5. d. M., Amtsblatt 9er. 68. dahin erläutert, das; nur die bei der letzten Musterung zur Erscitz-Rescrv II. Classe in Vorschlag gebrachten Militärpflichtigen am Mittwoch den 26. d. M., Vormittags 8Vs Uhr, vor der k. Oster-Ersatz-Commission zu erscheinen ha­ben und dieselben spcciellc Vorladung erhalten.

Den 13. Juni 1880.

K. Qstcramt. Güntuer.

Tages-Neuigkeiten.

Deutsches Reich.

9eagold, 14. Juni. Trotz der Ungunst der Witterung hatten sich gestern in der Kirche zu Altcnstaig doch zahlreiche Theilnehmer aus der Stadt und Umgegend eingefunden, um das jährliche Mis- siousscst zu sciern. Stadtpsarrer Mezger knüpfte seine Eröffnungsrede an Psalm 103 an und sprach sodann das Emgangsgebct. Pfarrer Hornberger von Lpiclberg-Egenhausen legte seiner Ansprache Psalm 22, 28. 29 zu Grunde. Dies Textwvrt, führte er aus, sei geeignet, unfern Glauben zu stärken: es sei auch ein Trostwort für die, welche gerne sehen, das; das Reich Gottes gebaut werde, und ein Tri- umphgesang der gläubigen Gemeinde. Missionar Müller von Stuttgart wendet den Lehrtext des Tages (Joh. 11, 40) auf die Mission an und be­weist theils aus eigener Erfahrung, thcils an ver­schiedenen Beispielen der neueren Missionsthätigkeit, wie sich besonders in unserer Zeit die Lebenskraft des Evangeliums Jesu Christi unter den Heiden offenbare. Z. B. in der Stadt Calicut in Indien, in welcher vor 40 Jahren die Mission ganz klein und unscheinbar begonnen habe, sei jetzt eine Gemeinde von 750 Christen. Im letzten Jahre allein seien der Gemeinde 50 Seelen durch die Taufe einverleibt worden. Dr. Gundcrt von Calw beginnt mit dem Eindruck, den der Chorgcsang (Selig sind die Gottes Wort Horen und bewahren!) auf ihn gemacht habe und spricht von der großen Zahl von Heiden und Muhammedanern (bei 1400 Mill. Erdbewohnern über 1000 Millionen), welche dieses Wort nicht haben, aber auch von den Christen', denen, weil sie es haben, eine große Verantwortung anferlegt werde, nicht nur daß sie cs hören und bewahren, sondern auch daß sie cs weitcrgeben. Zum Schlüsse machte Redner noch interessante Mittheilungen über die Missions- bestrcbnngen im Innern von Afrika, das durch den be­rühmten Afrikareisendcn Stanley auch für die Mission geöffnet wurde. Dorthin seien vor nicht langer Zeit über 20 evangelische Missionare von England aus- gezogen. Leider seien nur 3 4 derselben bei dem durch Stanley bekannt gewordenen König Mtesa in Uganda angekommen, um ihm und seinem Volk das Evangelium zu bringen. Durch Jesuiten aus Frank­reich, die sich nachher cingedrungen haben, seien der evangelischen Mission Hindernisse in den Weg ge­treten, über deren Beseitigung man noch im Unklaren sei. Nachdem Redner die Missionsfreunde ermahnt hatte, in der Missionsthätigkeit nicht müde zu wer­den, schloß er die 2K2stündige Feier mit Gebet.

Von der oberen Nagold, 7. Juni. Die bürgerlichen Kollegien in Altenstaig in Vereinigung mit benachbarten haben schon früher an die K. Re­gierung und an die Abgeordnetenkammer eine Pe­tition um Errichtung eines Amtsgerichts in Alten­staig durch den Abgeordneten Richter an ihre

Adresse gelangen lassen. Die Bitte blieb damals er­folglos. Aus Anregen des Freiherrn von GüIl­lingen in Berneck versammelte sich gestern Nach­mittag eine Anzahl von wohl mehr als 50 Männern aus Stadt und Umgegend im Gasthaus zum grünen Baum in A., welche unter dem Vorsitze des Pvst- verwalters Pfinder die Frage aufs Reue in Er­wägung zog. Eine vom Freiherr,; bereits entworfene Adresse wurde vorgelesen und allseitig angenommen. Unterschriften sollen in den Gemeinden gesammelt und nach einstimmigem Beschluß der Versammlung Frei­herr v. Gültlingen an die Spitze der an Se. Majestät den König zu entsendeten Deputation ge­stellt werden. /W. L.l

Stuttgart, 3. Juni. >Neue Steuer in S ichl.) Am württembergischen Finanzhorizont tauchte dieser Tage ein neues Lckeuerprojekt auf: wohlge­merkt keine Ermäßigung, sondern eine Erhöhung der Steuerlast wird geplant. Der Erwerb und der Umtausch mobilen Besitzes sollen nach dem, was bis jetzt verlautet, als passende-- Steuerobjekt auscrsehen sein und die neue Quelle sollalljährlich ein Er­trägnis; von mindestens 20s Mill. Mark" abwersen. Nach derLdsztg." sind cs Äeserungskontraktc, Ertheilungcn von Concessionen, Dispensationen, ! Verleihungen aller Art seitens der Verwaltungsbe­hörden, welche einer neuen oder neuregulirten Steuer unterworfen werden sollen.

Stuttgart, 10. Juni. Dr. St. Uhl, etwa ein Vieteljahrhuiidert Verleger und meist auch Re­dakteur des deutschen Volksblattes, ist am Schlag­flusse gestorben.

^Tagesordnung für die Sitzungen des Schwur­gerichts Tübingen im II. Quartal 1880.) 1) Montag den 14. Juni: GoiN. Friedr. Neid Hardt von Lbcnsingen, wegen durch Körperverletzung verursachter Todtung. 2) Dien­stag, 15. Juni: Christ. -Mayer von Böhringen, wegen Fäl­schung einer öffentlichen Urkunde in gelvinnsüchtiger Absicht. 3) Mittwoch, 16. Juni: Marie Dietz von Mühlhausen, LA. Geislingen, wegen Meineids. 4) Donnerstag, 17. Juni: Alois Schorr von Bischoffshofcn, k. k. Kronland Salzburg, wegen Brandstiftung. 5) Nachm. 4 Uhr: Georg Panian von Schö- pfenlag in Krain, wegen Fälschung einer öffentlichen Urkunde in gewinnsüchtiger Absicht: 6/ Freilag, 18. Juni: Ehr. Burk­hard t von Dobel u. Gen., wegen Brandstiftung. ?! Samstag, 19. Juni: Christ. Fr. Widmaier von Kuppingen, wegen Verbrechens wider die Sittlichkeit. 8) Montag, 21. und Dien­stag, 22. Juni: Jakob Mast von Bondorf, wegen Mords. S) Mittwoch, 23. Juni: Jak. Wilh. Schüttler, vorm. Sta- tionsmcister von Bczingen, wegen Rcchnungsfälschung. 10) Donnerstag, 24. Juni: Robert Hofft etter von Ehningen, wegen versuchten Mords. 11) Freitag, 25. Juni: Balth. Grauer und Joh. Georg Wagner von Thalheim, wegen Meineids. 12) Samstag, 26. Juni: Carl Jul. Klenk von Hcrrcnberg, wegen Sittlichkeitsvergehen.

Rottenburg, 10. Juni. Die neue eiserne Neckarbrücke in Niedernau ist nun sertiggestellt. Am nächsten Sonntag den 13. Juni findet die Ein­weihung, resp. Uebergabe derselben an die Gemeinde Niedernan statt.

Brandsälle: Am 9. Juni in Untergrönin- geu (Gaildorf) 2 zusammengebaute Wohnhäuser; am 10. Juni in Brettenfeld 2 Häuser.

Ehingen, 11. Juni. Wie derA.-B." er­fährt, ist ein gestern Nachmittag ausgebrochenes Ge­witter auf der Gemeinde Harthausen a. d. Scheer mit furchtbarem Hagelschlag uiedergegangen und hat daselbst argen Schaden angerichtet. Die Hagel­körner fielen bis zur Größe von Taubeneiern, so daß in wenigen Minuten Feld und Flur den trost­losesten Anblick gewährten. Auch an Dächern und Fensterscheiben hinterließ das Hagelwetter empfind­liche Spuren. Es ist zu befürchten, daß das Ge­witter weiter hin auf der Alb ebenfalls nicht spur­los vorübcrgegangen ist. «Ist bereits bestätigt.)

(Zur Warnung) sei mitgctheilr, daß sich auf dem Lande wieder scüigelleidcte Hausirer herum- treibcn, welche englische bedruckte Kunstwollstoffe ^Waarc, die sehr fest und gut anssieh:, aber ionst Nichts taugt), dem leichtgläubigen Publikum als feinen schweren Bnskin auszuhäugcn suchen.

(B aden.) Nur den Weinvorräthen in unterem Lande scheint so ziemlich aufgeräumt zu sein, wenig­stens in einzelnen Laudcstheilen. So konnte z. B. jüngst in Tauberbischossheiiii der übliche Weinmarkt aus Mangel an entsprechenden Weinvorräthen nicht abgehaltcu werden. Auch die Aussichten auf den kommenden Herbst sind sehr trübe. Was der über- strcngc Winter nicht nabm, haben die Fröste zu Ende Mai zerstört. Unsere Weinbauern gehen einer trüben Zeit entgegen, besonders da auch das Qbst bedeutend Noth gelitten hat.

lieber enttäuschte Au2w-.-.derer schreibt dieDüss. Ztg.": Am 3. Juni kamen per Dampf­boot eine Anzahl Schwaben in Düsseldorf an, welche nach Amerika ausgewandcrt waren. Sie mußten er­fahren, daß in Amerika gebratene Gänse auch nicht aus der Straße umherlaufcn, denn die Schwaben waren im April d. I. hingereist, kommen jetzt schon in ihr Vaterland zurück und sind nur um mehrere hundert Mark ärmer geworden.

Frankfurt, 10. Juni. Wie dasFr. I." vernimmt, ist der Aufenthalt der Gebrüder Sachs ermittelt. Dieselben befinden sich in Madrid. Mit Spanien cxistirt leider kein Ausliefcrungsvertrag und nützt daher die Kenntniß ihres Aufenthaltsortes ihre Gläubiger nichts. Sachs hatte für den Garantie­fonds des Turnfestes 100 -./L gezeichnet.

Berlin, 7. Juni. Das Wuchergesex ist im Rcichsanz." publicirt worden. Das Gesetz) welches vom 24. Mai datiri ist, lassen wir wegen seiner Wichtigkeit stier im Worüaute folgen: Artikel 1. Hinter den K 302 des Straf­gesetzbuchs für das Deutsche Reich werden die folgenden neuen HZ 302a. 302st, 302e, 302ck eingestellt: tz 302a. Wer unter Ausbeutung der Nothlagc, des Leichtsinns oder der Unerfahren­heit eines Anderen für ein Darleihen oder im Falle der Stun­dung einer Geldsorderung sich oder einem Dritten Vermögens­vortheile versprechen oder gewähren läßt, welche den üblichen Zinsfuß dergestalt überschreiten, daß nach den Umständen des Falles die Vcrmögensvortheile in auffälligem Mißverhältnisse zu der Leistung stehen, ivird wegen Wuchers mir Gesänguiß bis zu 6 Monaten und zugleich mit Geldstrafe bis zu drei­tausend Mark bestraft. Auch kann auf Verlust der bürgerli­chen Ehrenrechte erkannt werden. tz 302b. Wer sich oder einem Dritten die wucherlichcn Bcrinögensvorthcile (tz 302a) verschleiert oder wechselmäßig oder unter Verpfändung der Ehre, auf Ehrenwort, eidlich oder unter ähnlichen Versicherungen oder Betheucrungcn versprechen läßt, wird mit Gefüngniß bis zu Einem Jahre und zugleich mit Geldstrafe bis zu sechstausend Mark bestraft. Auch kann aus Verlust der bürgerlichen Ehren­rechte erkannt werden. Z 302e. Dieselben Strafen ltz 302 u, tz 302b) treffen Denjenigen, welcher mit Kenntniß des Sach­verhalts eine Forderung der vorbczcichnetcn Art erwirbt und entweder dieselbe weiter veräußert vder die wucherlichen Ber­nrögensvortheile geltend macht. - tz 3024. Wer den Wucher gewerbs- oder gewohnheitsmäßig betreibt, wird mit Gcfängniß nicht unter drei Monaten und zugleich mit Geldstrafe von einhundertfünfzig bis zu fünfzehntaiisend Mark bestraft. Auch ist auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte zu erkennen. Art. 2. Der S 360 No. 12 des Strafgesetzbuchs in der durch das Gesetz vom 26. Februar 1876 sestgestcllten Fassung wird durch nachstehende Bestimmung ersetzt: P 360 No. 12. Wer als Pfandleiher oder Rückkaufshändler bei Ausübung seines Gewerbes den darüber erlassenen Anordnungen zuwiderhandelt, insbesondere den durch Landesgesetz oder Anordnung der zu­ständigen Behörde bestimmten Zinsfuß überschreitet. Art. 3. Verträge, welche gegen die Vorschriften der KZ 302a, 302b des Strafgesetzbuchs verstoßen, sind »ngiltig. Sämmtlichc von dem Schuidncr oder für ihn geleisteten Vcrmögensvortheile (Z 302g) müssen zurückgewährt und vom Tage des Empsanges an verzinst werden. Hierfür sind diejenige», welche sich des Wuchers schuldig gemacht haben, solidarisch haftbar, der nach 8 302o des Strafgesetzbuchs Schuldige jedoch nur in der Höhe des von ihm oder einem Rechtsnachfolger Empfangenen. Die Verpflichtung eines Drillen, welcher sich des Wuchers nicht