Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

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Erscheint wöchentlich Sinai und kostet halbjührlich hier (ohne Trägerlohn) I 60 in dem Bezirk 2<e, außerhalb des Bezirks 2 4«! -4.

Samstag den 12. Juni.

! Jnsertionsgebiihr für die Ispaltige Zeile aus ge-i j wöbnlichcr Schrift bei einmaliger Einrückung 9 -4,1 I

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Die erledigte evangelische Pfarrei Esfringen wurde dem Stadtpfarrer Zinser in Berneck und die in Loßburg dem Psarrverweser Adolf Klemm in Emmingen gnädigst übertragein

Dem Rcnllchrer Henningcr in Freudenstadt wurde der Titel eines Oberrcallchrers gnädigst verliehen.

TageS-Nerrigkeiten.

Deutsches Reich.

tz Nagold. Schon wieder haben wir von einem Diebstahl durch Erbrechen von Kästen zu be­richten. Am letzten Mittwoch wußte sich ein Gauner im Gausthaus zum Löwen in Schietin gen durch die Scheuer in das Haus einzuschleichen um am Hellen Nachmittag, während die Leute auf dem Felde waren, im Hause Umschau zu halten. Der­selbe erbrach in einer Bühnenkammer mittelst eines Stemmeisens einen Kleiderkasten, öffnete einen an­dern mit dem darauf liegenden Schlüssel und anek- tirte dort eine silberne Cylinderuhr mit silberner Kette und goldenem Schieber; dagegen hatte er es im Schlafzimmer nur auf Geld abgesehen, was ihm insofern auch gelang, als er durch Erbrechen eines Kästchens, eine Menge Kupfermünzen verschmähend, etwa 1012 in Silber und Nickel und 16

Rollen zu je 1 lauter 1 und 2 L Stücke ent­

haltend, über deren Inhalt sich derselbe sehr ge­täuscht haben wird, gestohlen hat. Diese Rollen tragen sümmtlich den Namen des Eigenthümers. Möge es der Polizei gelingen, diese Gauner aus­findig zu machen, um sie der gebührenden Strafe entgegen zu führen.

Auch in Neuenbürg wurde in der Nacht vom 6. auf 7. Juni in das Rathhaus eingebrochen, je­doch, da die vorhandenen Kassen der Stadtpflege und des Stadtschultheißen den Oeffnungsversuchen Widerstand leisteten, nur 8 entwendet.

Wildbad, 9. Juni. Vom 13.17. September wird hier die Versammlung deutscher Forst­leute stattfinden.

Der Stuttgarter Liederkranz beabsichtigt, Mitte Juli eine Sängerreise über Heidelberg, Frankfurt, Mainz und von hier rheinabwärts bis Köln zu machen. Man hofft auf 130 Theilnehmer; die Vorbereitungen, Proben ic. sind in vollem Gang.

Der erste Gewinn der kath. Kirchenbau­lotterie ist zehn Postbeamten in Elberfeld, welche das betr. Loos zusammen spielten, zugefallen.

(Militärisches.) Aus dem Uebungsplan des württ. Armeekorps für das Jahr 1880 erwähnen wir: Regimentsübungen: 1. Gren.-Reg. Kön. Nr. 119 und 7. Jnf.-Reg. Nr. 125 27. Aug./1. Sept. bei Böblingen, 1. Drag.-Reg. Nr. 25 17./28. Aug. bei Ludwigsburg, 1. Ulan.-Reg. Nr. 19 16./28. Aug. bei Stuttgart. Brigade-Uebungen: 51. Jnf.-Brig. 3./.7 Sept. bei Böblingen, 26. Kav.- Brig. 31. Aug. bis 4. Sept. bei Ludwigsburg. Detachements-Uebungen: 51. Jnf.-Brig., Ula­nenregiment Nr. 19, 2. Abth., 2. Feldartillerie-Reg. Nr. 29, 1. Traindetachement 9./14. Sepbr. bei Herrenberg mit 3 Bivouaks der Vorposten. Divi­sions-Manöver: 26. Division, 51. u. 52. Jnf.- Brig., 26. Kav.-Brig., 2. Feldart.-Reg. Nr. 29, 1. Traindetachement 17./23. Sept. auf der Linie Weil d. St., Leonberg und Vaihingen a. E. mit 2 Bi­vouaks der ganzen Division und 2 Bivoaks der Vorposten.

Brandfällc: Am 7. Juni in Unterhalden, Gem. Vogt, (Ravensburg) das Wohn- und Oeko- nomiegebäude des Wirths Riebele; am 8. Juni in Hohentengen ein großes Wohn- und Oekono- miegebäude.

In Ehingen a. D. wurden dem Brauereibc-

fttzer Stadtrath Straub in seinem Hopfengarten nahezu 1000 Hopfenpflanzen abgerissen, das Garten­haus auf eine rohe Weise zerstört und die in dem­selben befindlichen Kleider des Hopfengärtners zer­schnitten. Herrn Kaufmann Bechler wurden ebenfalls 600 und. einem andern Hopfengartenbesitzer 400 Pflanzen abgerissen. Zwei der That Verdächtige (Vater nebst Sohn aus dem nahegelegenen Altheim) wurden durch den dortigen Stationskonimandanten verhaftet.

Eine tragikomische Geschichte, die säst a»S Un­glaubliche grenzt, hat nach derSchw. Kr.-Ztg." dieser Tage zwischen Reutlingen und Stuttgart gespielt. Ein vcrhei- ratheler Weingürtner Daniel Re hm war zu einer Land- wchrübung nach Stuttgart einberusen; da traf am Freitag beim Stadtschullheißenamt in Reutlingen ein Telegramm mit der Trauerkundc ein, daß Daniel Rehm im Lazarett, in Stutt­gart gesrvrben sei um am Samstag um il Uhr beerdigt werde. Der Jammer der armen Frau mit ihren 4 Kindern war un­beschreiblich, die Thcilnahme au dem schweren Verluste eine allgemeine und vou allen Seilen suchte man der verwaiste» Familie Trost und Hülse zu spenden. Mit tiefbctrübtem Her­ze» begab sich am andern Tage die Frau mit verschiedenen Verwandte» nach Stuttgart, um ihrem Daniel das letzte Ge­leite zu geben. Als sic'im Lazarett, den Tobten noch einmal sehen wollten und das ihn verhüllende Tuch zurückgeschlngen wurde, ertönte von aller Lippen der Rns:Ja, dös rst jo gar et der Daniel." Ein Fremder lag vor ihnen. Ein David Rehm aus Sulz war gestorben und in Folge einer unbegreis- lichen Fahrlässigkeit hatte man der Familie des Daniel Rehm in Reutlingen die Trauerbotschast zugesandt. Rasch "verwandelte sich das Leid in Freud; man eilte nach der Kaserne und stehe da, dort excrcirte der vermeintliche Todtc stramm in Reih und Glied, mit dem Mausergewehr im Arm. Hervorge­rufen von dem Hauptmann, welcher vou der Verwechslung unterrichtet, seiner Entrüstung über solch' sträflichen Leichtsinn Ausdruck gab, rief der lleberraschte, als er seine ganze Familie in Trauerkleidung vor sich sah:Ja. was thut denn ihr da'?" Er traute kaum «einen Ohren, als die Frau unter Thränen fragte:Ja lebst denn noch'?" und seine Verwandten ihm mit- thcilten, sie seien zu seiner Beerdigung nach Stuttgart gekom­men. Rehm erhielt nun sofort Urlaub und statt um 11 Uhr an seinem Leichenbegängnisse Theil zu nehmen, setzte sich die Familie um 12 Uhr in den Zug und traf um halb ll Uhr in Reutlingen ein, den Todtgcglaubtcn in ihrer Mitte zur Freude Aller, die ihn kannten und welche ihn betrauert und seine Familie bemitleidet haben. -- Soweit, meint dieKr.-Ztg." wäre die Auslösung der Tragi-Comödie eine besriedigeude, allein wir müssen sragen, ivie ist.es möglich, daß diese Ver­wechslung vor sich gehen konnte'? Eine solche Fahrlässigkeit ist geradezu unverantwortlich. Abgesehen von den vielen Un­kosten, zu welchen die Familie durch die falsche Nachricht ver­anlaßt wurde und die ihr hoffentlich von dem Urheber der Trauerpost ersetzt werden müssen, hätte ja die unerwartete Schreckenskunde die Frau geradezu tödten oder auf ein schweres Krankenlager werfen können. Wer hätte hiefür Ersatz leisten können'? Wer entschädigt die Familie nur für den großen Kummer und die schmerzliche Aufregung, in welche sie 2 Tage lang versetzt war? Ohne Zweifel wird die Sache näher unter­sucht werden und hoffen wir, daß eine empfindliche Strafe den Absender der falschen Nachricht lehren wird, ein andermal sich genauer zu unterrichten, wer der Tobte ist.

In Reichenhall wurden unlängst sämmtliche Bäcker gestraft, weil sie das Brod - - größer mach­ten, als im Tarif angegeben war. Man möchte es nicht glauben, aber es ist buchstäblich wahr. Nach einer ortspolizeilichen Vorschrift haben gemäß §. 4 die Bäcker in der von ihnen angegebenen Gewichts­größe auszubacken."

Dresden.Die Dresdener Nachrichten" wol­len diesehr bestimmte" Versicherung erhalten ha­ben, der Mißmuth des Kaisers über die Bestim­mungen der Falk'sehen Maigesetze, welche zur Ver­weisung so vieler Bischöfe geführt haben, sei so groß, daß schon seit Monaten in seiner Umgebung Niemand den Namen Falk aussprechen dürfe.

Berlin, 6. Juni. Bon der bekannten Humanität des «Kaisers wird nachstehender recht bezeichnender Zug mitgctheilt. kVor kurzer Zeit wurde ein Bahnwärter der Nordbahn, kdem auch die Funktionen des Billelverkaufs oblagen, wegen ^Unterschlagung einer geringen Summe dieselbe beläuft sich lim Ganzen auf 11 Mark zu einer Mehrmonatlichcn Gefäng- Dnißstrafc verurrheilt. Die Bahn halte keinen Verlust erlitten,

denn das genannte Manco wurde aus der Kaution des Beamten vollauf gedeckt. Die Unterschlagung hatte der bedaueruswerthe Mann gemacht, weil er eine starke Familie hatte, und seine Besoldung zur Ernährung derselben weitaus nicht reichte, so daß vst bittere Noth bei ihm herrschte. Er wurde selbstver­ständlich sofort entlassen und dbr Termin zum Antritt seiner Strafe stand unmittelbar bevor, so daß Frau und Kinder nun gänzlich den, Verderben entgegen gingen. In seiner Herzens­angst legte der Mann seinen Kummer und die Ursache desselben in schlichten einfachen Worten in einem Briese dar und ging mit demselben in der vergangenen Woche, als unser Kaiser hier anwesend war, vor das PalaiS desselben. In einem Moment, als der greise Monarch an das Fenster trat, hielt er seinen Brief so lange in die Höhe, bis er die Aufmerksamkeit des Kaisers erregt hatte. Er wurde durch den Adjutanten desselben in das Palais hineingeholt und durfte dem Kaiser persönlich das Schreiben überreichen. Nachdem dieser gelesen, tröstete er den tiefbewegten Mann mit den leutseligen Worten: Gehe nur nach Hause, mein Sohn, die Strafe wird erlassen werden, und für das klebrige werde ich sorgen." Der Man» ist in der That begnadigt worden und es ist ihm sogar Hoffnung gemacht, wieder bei einer Bahn mit auskömmlichem Gehalt angcstellt zu werden.

Berlin. (Ein nettes Wechselgeschäft.f Zu einem Bäckermeister in der Neanderstraße kam am 1. ds. Mts. eine Frauensperson, welche für 5 Pfennig Semmel kaufte und einen Hundertmarkschein dafür in Zahlung') gab. Ans Versehen gab der Bäckermeister eine Rolle Goldstücke, 1000 <M ent­haltend, heraus, in der Meinung, daß die Rolle 50Pfennigstücke enthielte, und außerdem 49 ^ 95 L in verschiedenen Münzen. Die Goldrolle enthielt 48 Zwanzigmarkstücke und 4 Zehnmarkstücke, so daß die Unbekannte, die sich bis jetzt im Laden nicht wieder hat sehen lassen, 1049,95 ^ zurückerhielt. (?)

Nach einem Pariser Korrespondenten der Köln. Ztg. werden die Vertreter Griechenlands und der Türkei auf der bevorstehenden Berliner Konferenz nur mit berathender Stimme zugelassen. Zwischen England und Frankreich bestehe die Abmachung, den Verhandlungen die im 13. Protokoll des Berliner Vertrages namhaft gemachten Abtretungen als das geringste Maß dessen, was Griechenland gewährt werden soll, zu Grunde zu legen, so daß also eine Mehrung möglich, eine Minderung ausgeschlossen wäre. Deutschland sei im allgemeinen mit der englisch-fran­zösischen Auffassung einverstanden: von Rußland werde kein Widerstand erwartet; in Bezug auf Oester­reich hoffe die griechische Regierung, daß es sich Deutschland anschließen werde. Bei den Beschlüssen werde nicht Stimmeneinheit, sondern Stimmenmehr­heit entscheiden; es werde daher die Annahme der französisch-englischen Vorschläge als gesichert betrachtet.

Hofprediger Stöcker hält unermüdlich in Berlin seine öffentliche Versammlungen ab, in denen er die schlechte Menschheit zu bekehren sucht. Natürlich erntet er von den sogenannten fortgeschrittenen Berlinern recht viel Undank und Hohngelächter dabei. Jüngst brachte der Hofprediger die Beseitigung des Vagabundenthunrs auf die Tagesordnung einer Versammlung und motivirte er in seiner Rede die Ursache dieses Uebels mit der immerhin zunehmenden Entfernung von Gott." Die Zuhörer antworteten daraus mit einem lauten Gelächter. Solche Scenen müssen geradezu verletzend wirken, uns scheint aber auch, daß der Name Gottes nicht gut in einer Bier­kneipe zur Sprache gebracht werden kann. Schließ­lich wurde dieanwesende" Versammlung von einem Pastoren aus diesen Gründen mit denHerren Strolchen" und als das noch nicht helfen wollte, mitrohem Gesindel" verglichen. Ein kolossaler Skandal entstand nun und die Redner konnten froh sein, daß dasverletzte Ehrgefühl" der Zuhörer sie noch mit heiler Haut davon kommen ließ.

Fürst Bismarck äußerte einemHochgestellen