Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

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Erscheint wöchentlich llnial und kostet halbjährlich hier (ohne Träqerlohn) 1 60 ^, in dem Bezirk

2 >c, ausserhalb des Bezirks 2 40 <1.

Samstag den 29. Mai.

^ Jnsertionsgebiihr sür die ispaltigc Zeile aus ge- j ; wohnlicher Schrist bei einmaliger Einrückung 9 -s, ^ ! bei mehrmaliger je 6 u. ' !

1880 .

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können auch für den Monal Inni bei jeder Post­stelle und den Postboten gemacht werden.

Amtliches.

Nagold.

An dte Ortsvorsteher.

Lokal Fcnrrlösch-Ordmmg betreffend-

Auf Grund der von den betreffenden Gemein­den gefaßten Beschlüsse haben die OrtSvorsteher die behufs praktischer Einübung der Löschmannschaften unter specieller Leitung des Bczirksfeuerlöschinspek- tors Hrn. Werkmeister Schuster hier ausgestellten Delegirten anzuwcisen, sich zu dem am Montag den 31. ds. MtS., Vormittags 10 Uhr, beginnenden, sieben Tage dauernden Jnstruktious-Curs im Feuerlösch­wesen präcis vor dem Rathhaus in Nagold zu stellen.

Den 25. Mai 1880.

K. Obcramt. Güntncr.

Seine Königliche Majestät haben vermöge Höch­ster Entschließung vom 27. d. M. den ersten Vorstand der Eisenbahn-Direktion Generaldirektor der Vcrkehrsanstalten Ge­heimrath von Dillcnius ans sein Ansuchen wegen durch leidende Gesundheit herbeigeführter Dienstuntüchtigkeit unter Anerkennung seiner langjährigen treuen und ausgezeichneten Dienste und unter Vorbehalt seiner Wiederanstellung für den Gencsililgsfall in den Ruhestand gnädigst zu versetzen, auch denselben seiner Funktion als außerordentliches Mitglied des K. Gcheimraths in Gnaden zu entheben geruht, und den Vor­stand der Eisenbahn-Bau-Kommission Direktor von Böhm zum ersten Vorstand der Eisenbahn-Direktion, ferner den zwei­ten Vorstand der Eisenbahn-Direktion Direktor von Grund­ier zugleich zum Vorstand der Eisenbahn-Bau-Kommission gnädigst ernannt.

Seine Königliche Majestät haben vermöge Höch­ster Entschließung vom 27. Mai dem Präsidenten vr. von Stcinbeis der Centralstelle sür Gewerbe und Handel die wegen geschwächter Gesundheit erbetene bleibende Versetzung in den Ruhestand zu gewähren und ihm bei diesem Anlaß in gnädigster Anerkennung seiner langjährigen treuen und ausge­zeichneten Dienste als Vorstand der Centralstcllc für Gewerbe und Handel, sowie der Kommission für die gewerblichen Fort­bildungsschulen den Titel und Rang eines Geheimen Raths zu verleihen in Gnaden geruht.

Die erledigte Stelle eines Stationsmeisters in Teinach wurde dem Gütcrabfertigungsgchülfcu Stegmayer in Laup- heim gnädigst übertragen.

Tages-Nerrig keilen.

Deutsches Reich.

Nach den fcstgestelltcn Reiscplanen der K. Obcrersatz- komissionen finden die Vorstellungen der Militärpflichtigen im Jahre 1880 in den Aushebungsbezirken Calw am 19. Juni, in Herrenberg am 22. Juni, in Nagold am 24. Juni, in Horb am 26. Juni und in Frcudenstadt am 30. Juni statt.

I Ein Augenschein. Letzten Dienstag Vorm, stellten sich in der Gemeinde E. eine Anzahl Personen ein, welche gerichtlich beauftragt waren, von einem seit etwa 1 Jahr den Streitgegenstand bildenden, etwa 145 Schritte langen, zwischen 2 Feld­stücken hinziehenden Wassergraben Augenschein zu nehmen. Die Kommission bestand ans einem Rechts­anwalt von Tübingen und einem solchen von Rott­weil; aus dem Oberamtsbaumeister, einem Geo­meter und ans dem Hilfsrichter und Gerichts­schreiber des K. Amtsgerichts. Rechnen wir nur allein die Kosten dieser Beaugenscheinigung, abge­sehen von denen des seitherigen und noch nachfol­genden Prozeßverfahrens, in Rechnung, so darf dem unterliegenden Theile um dieser äußerst geringfügigen Streitsache willen wohl bange werden; denn nicht immer bewährt sich das alte Sprichwort:Was lange währt, wird gut!"

Stuttgart, 27. Mai. Mit dem Umbau des Bazar wird demnächst begonnen. Es soll beabsich­tigt sein, den Umbau in wenigen Monaten zu vol­lenden, die Läden aber bereits nach 6 Wochen

wieder beziehen zu lassen; bis auf einige sind die­selben theils gekündigt, theils wird den Inhabern Entschädigung bezahlt für das Räumen derselben ohne Kündigung. ffW. L.)

In Stuttgart wurde in verschiedenen Mine­ralwasserfabriken gefälschtes Wasser kvnfiszirt, die Krüge, sowie nachgemachke Stempel von Göppingcr, Selterser re. Wasser wurden ans das Amtsgericht gebracht.

In Ae n erb ach befand sich am Montag der dvrlige Kansmnnn Aeckerle Geschäfte halber im Wirthshanse znmeisernen Kreuz", woselbst zwischen dem Wirth und dem bei ihm eingemietheten früheren Konditor Hofer Streitigkeiten entstanden, die zu schlichten Aeckerle herbeigeruscn winde. Hofer schoß auf den Wiiich, traf aber den hinter demselben stehenden Aeckerle, der am Kopf tödtlich verwundet niedersank und nach Aussage der Acrzte rettungslos verloren ist.

R o l i >v e i I,. April. sG >l I e r Trv st.) Dem Eine» ist »s nach dein allen lateinischen Sprichwort ein Trost, im Unglück Genossen zu haben, einem Andern erscheint es tröst­lich, daß der Tod anj Reichihnm keine Rücksicht nimmt. Einer von der letzteren Sorte, der vermuchlich hienüden nicht mit einem Ueocrmaß von Glncksgütcrn gesegnet ist, hat seinen trostreichen Gedanken in folgenden vnginellen Versen, die an einem Felsen auf dem Wege von Spaichingen zur Dreisailig- keitskirchc angebracht sind, Luft gemacht:

Das Beste ist doch aus der Welt,

Daß Tvd und Teufel nimmt kein Geld,

Svnst müßte mancher arme Gesell Für einen Reichen in die Höll!

In unserer Zeit, welche so viel klagt wegen des Ueberhandnehmens der Wirthschasten, darf wohl festgestellt werden, daß es im badischen Oberlande in dem etwa 500 Seelen zählenden Orte Schall­bach, A. Lörrach, faktisch keine Wirthschaft, Wein­schenke oder drgl. gibt. Die Schallbacher haben ihr eigenes Gewächs im Keller. Gegen Fremde wird alt-alemanische Gastfreundschaft geübt.

In Nürnberg ist den Soldaten der Garnison durch Regimentsbefehl der Besuch von 60 Wirths- häusern verboten.

Oldenburg. Der glückliche Gewinner der bei der letzten Verloosung der oldenburgischen Staats­obligationen auf Nr. 43,218 gefallenen Prämie von 60000 c/lL ist ein Schnitter Füller in Niederbaiern, von dem kürzlich ein Schreiben mit der Adresse:An den Herrn Minister in Oldenburg" hier einging, worin er anfragte, ob sein Loos bereits herausge­kommen sei; wo nicht, so wolle er es verkaufen, da er Geld brauche. Nunmehr erhielt er vom Mini­sterium die freudige Nachricht, daß sein Loos am 1. Mai mit der großen Prämie gezogen worden sei.

Ans Ob er ammerg au wird über die am Sonntag stattgesnndene Wiederholung des Passionsspiels berichtet: Ein ungünstiges Wetter verfolgt die Passivnsspieler. Die ganze Woche war cs schlecht. Sonnabend Nacht begann Sturm mit starkem Regen und seitdem regnet es leise fort. Die vom Passionstheatcr kommende Musik durchtönt das mit Regen und Schlamm erfüllte Dorf. Der Anblick des Theaters ist höchst seltsam. Tausende sitzen unbeweglich ohne Schirm im Regen da und lauschen. Wenn der Chor mit seinen prachtvollen, farbigen, goldbesctzten Gewändern auftritt, bietet er einen traurigen Anblick dar. Es regnet auf die Gewänder, die Locken, die langen Bärte und die falschen Diademe. Die Cho­risten singen aber tapscr fort. Hinter den Coulissen sieht es gleichfalls höchst seltsam aus. Männer und Knaben aus dem Volk haben über ihre, farbigen Gewänder Lodenjoppen unge­zogen. Die alten Pharisäer reiben sich fröstelnd die Hände, die heiligen Frauen und Engel trocknen ihre langen Haare. Mayr-Christus fürchtet, diesmal am Kreuze zu erfrieren, nach­dem er sich Dienstag einen schweren Schnupfen geholt hat. Petrus sicht viel reuiger aus, als nach dem Hahnenschrei, und Judas macht cin Gesicht, als wollte er schon vor Empfang der Silberlinge sich ins Jenseits befördern. Die Kriegsknechte blicken traurig auf ihre nassen Beinschienen und Helme und reiben sich die nackten Arme. Die Königinnen Esther nnd Basti stehen niit Kronen und Geschmeide und beklagen das

Weiter. Schlecht ergeht es diesmal den armen Kindern, die bei Volksszenen barfüßig mitwirtlen. Der arme Barabas, der 72 Jahre zählt, wird unter dem Balkon des Pilatus barfüßig stehen müssen, mit dem hat aber Niemand Mitleid, ebensowe­nig wie mit den Schächern. Alle drei Opfer der römischen Justiz weilen sich in die herzliche Verachtung deS Publikums und auch ihrer Kollegen. Trotz des elenden Wetters war das Tbeatcr ganz gefüllt, massenhast sind Engländer und Ameri­kaner vertreten.

Der Corrcspondent der Londoner Times in Oberammergau hat seinen Bericht über die erste Vorstellung der Bauern heimtelegraphirt. Sein Be­richt enthielt 6000 Worte, die 1800 Mark kosteten; eine schlagende Bestätigung des englischen Spruch- Worts: Times ist Geld.

Nach derFrkf. Ztg." ist ein jüngerer Theil- habcr eines reichen Bankhauses in Frankfurt a. M. mit Hinterlassung von 800 000 Schulden durch- gcgangen. Derselbe war Wucherern in die Hände gefallen. Für verhältnißmäßig kleine Darlehen sollen große Beträge in Wechselaccepten gegeben worden sein, welche schließlich, da die Verlegenheiten schon mehrere Jahre zurückdatiren, zu so ungeheuren Sum­men anschwollen. Als Hauptwechselgläubiger des jungen Mannes nennt mau die Namen: Alexander Mayer, Kaufmann Heß, Josef Nußbaum, Seligmann Rosenthal.Wir hielten cs, sagt dieFrank. Ztg.", für angemessen, diese Namen zur Kenntniß des Pub­likums zu bringen."

Die Friedensverhandlung ist abgebrochen und der Krieg von Neuem erklärt; das ist der Stand­punkt, den die kirchenpolitische Frage in Deutschland nunmehr wieder eingenommen hat. Papst Leo XHl. hat sich ganz energisch und entschieden gegen die Vorlage der preußischen Regierung wegen der Ab­änderung der Maigesetze ausgesprochen. Natürlich versteht sich von selbst, daß die öffentliche Absage des Papstes, einen directen Einfluß aus die Vorlage nicht hat und daß die preußische Regierung darauf hin dieselbe etwa ganz und gar zurückziehen sollte. Jndirect aber mag dadurch die Vorlage zu Fall ge­bracht werden, denn die Herren des Centrums wer­den sich dem Papste gegenüber schwerlich als unge­horsame Söhne erweisen. Man mag so Unrecht nicht haben, wenn man dem vom Generalissimus Windthorst abgesandten Herrn Majunke die Ursache beimißt, Lev XIII, zu seinem absagenden Entschlüsse bewogen zu haben. Ob der Papst seinen Entschluß als einen voreiligen nicht späterhin vielleicht beur- theilen wird? Windthorst unterdessen mag sich sagen, daß er diesmal recht früh aufgestanden ist!

Berlin, 26. Mai. Der Kaiser hat gestern längere Zeit mit dem Fürsten Bismarck konferirt. DieNordd. A. Ztg." ist, um irrthümlichen Auf­fassungen über die Entstehungsgeschichte der Kir­chenvorlage zu begegnen, in den Stand gesetzt, einen Erlaß an den kaiserl. Botschafter in Wien vom 20. April mitzutheilen, worin es u. a. heißt:Daß in unseren Unterhandlungen Rückschläge früher oder später eintreten würden, darauf war ich durch die Haltung des Centrums vorbereitet. Wir müssen auch ferner darauf gefaßt sein, daß Römischerseits jedes Mittel der Diplomatie erschöpft wird, bevor wir zu einem erträglichen Noclus vivoucli gelangen, da die römischen Prälaten durch ihre mangelhafte Einsicht in die preußischen Verhältnisse stets verleitet werden, übertriebene Erwartungen zu hegen und ihre Ziele zu hoch zu stecken. Wenn man geglaubt, daß wir nicht bloß abrüsten, sondern unsere Waffen auf dem Wege der Gesetzgebung vernichten wollten, so hat man uns eine große Thorheit zugetrant, wozu ich durch keine meiner Aeußerungen Anlaß gab."

Berlin, 26. Mai. Bismarck setzt seine Be-