Der Gesellschafter

Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

'Erscheint wöchentlich 2nml und kostet halbjnhrlich! ^ Traqorlohu) 1 ^ S.O 4, in dem Bezirk j

2 nnßerhnlb des Bezirks 2 40 ^l.

Samstag den 28. Februar.

Jnsertivnsgebühr für dir lspavige Zeile wohnlicher Schrift bei eimnalchev Einrnw bei mehrmaliger je 6

ge- , e v 4.

1880.

Amtliches.

Nagold.

An die Ortsvoestehev.

Dicselven werden erinnert, dafür zn sorgen, das; die Straßen nusgebessert, die Gräten nnd Dohlen gereinigt nnd der Baumsatz an den Straßen ergänzt wird. Auch für daS Ausästcn der Nänine nnd für Beseingnng der überhängenden und die Passage hin­dernden Aeste ist Sorge zn tragen.

lieber den Vollzug ist bis 1. April d. I. An­zeige zu erstatten.

Den 25. Februar 1880.

K. Oberaint. Güntncr.

N a g o l d.

Kekamrimachmig.

In dem Jahre 1880 tritt hinsichtlich der Eiu- theitnng der Jmpfbezirke nnd der für die einzelnen Orte bestellten Jmpfärzte eine Aeuderung nicht ein, was unter Bezugnahme auf die öffentliche Bekannt­machung vom 4. März 1870, Amtsblatt Nr. 28, in Gemäßheit 2 der Bestimmungen der Miuisicrial- Berfügung vom 25. Februar 1875. beireffend die Vollziehung des Jmpfgesctzes vom 8. April 1874, hiemit öffentlich bekannt gemacht wird.

Den 26. Februar 1880.

K. Oberamt. Güntner.

Gestorben: deu 25. Februar zu Bad Voll Pfarrer

Iobnuu Christoph Blumhardt, Besitzer des Asyls in Bad Voll seit 1852, früher Pfarrer in Möttlingen, Abg. zur Lan- de Sfunode für Brackenheim 1869, für Geislingen 1874, 74 I. a.

T a g e s - A e ir i g k e i t e n.

Deutsches Reich.

Nagold, 25. Febr. Die gestrige P len ar- versammlnng des Bezirkswohlthätigkeitsver- eins hatte sich der ungünstigen Witterung wegen zwar keiner großen Theilnahme zn erfreuen, die Ver­handlungen wurden aber dennoch mit Lebhaftigkeit geführt und boten des Interessanten mancherlei. Ver­treten waren außer hiesiger Sadt die Orte Emmingen, Haiterbach, Rohrdorf, Nothfelden, Schönbronn nnd Wildberg. Zuerst wurden die revidirten Statuten des Bezirkswohlthätigkeitsvereins, sowie der Lcihan- stalt für Tuch- und Zengmacher verlesen. Erster? sollen sämmtlichen VcreinSmitgliedern eingehändigt, letztere in den betreffenden BczirkSorten in entsprechen­der Anzahl vertheilt werden. Sodann wurde das von den neuen Statuten erforderte Verwaltungsko- mite für die Leihanstalt gewählt. Den die Bezirks­nähanstalt beaufsichtigenden hiesigen Frauen wird die Anerkennung des Vereins ausgesprochen. Die Ver­sammlung beschließt, die gemeinschaftlichen Aemter zu ersuchen, daß sie alljährlich, wie dies schon an einigen Orten geschieht, eine Liste zum Sammeln der Beiträge für den Bezirkswohlthätigkeitsverein in Umlauf setzen. Nach den Statuten beträgt der jährliche Beitrag eines ordentlichen Mitglieds 50 Die Zahl der seitherigen Vereinsmitglieder beziffert sich ans ca. 300» so daß sich die Jahreseinnahine etwa ans 150 beläuft. In Betreff der Krankenpflegsache em­pfiehlt der Verein zunächst Ausbildung geeigneter Personen für die Krankenpflege, wie hiefür in Heil­bronn nnd Ludwigsburg unentgeltlich gesorgt ist, u. hält es im übrigen für angezeigt, daß jede größere Gemeinde ihre eigene Krankenpflegerin halte, während späterhin, wenn das Bedürfniß sich Herausstellen sollte, für kleinere und ärmere Gemeinden eine Be­zirkspflegerin unter Mithilfe des Bezirkswohlthätigkcits- vereins ausgestellt werden konnte. Ferner wurde die Thatsache besprochen, daß es je und je für ältere, aber noch nicht ganz arbeitsunfähige Personen an einer geeigneten Beschäftigung fehle, nnd eine Arbeits­

kommission gewählt, welche zunächst die Ausgabe hat, Erhebungen über etwaige Nothfälle dieser Art zu machen und je nach dem Ausfall derselben dem be­stehenden Bedürfnis; durch Ankauf von Rohmaterial und etwaigem Rückkauf der fabrizirten Arbeiten zu Un- terstiitzuugszwecken oderauch durch sonstige Ermittlung passender Arbeit entgegen zu kommen. - Schließlich wurde eine Eingabe an die K. Centralleituug des WohlthätigkcitSvereins beschlossen, in welcher Anträge aus einzelne Maßregeln gestellt werden, durch welche möglicherweise, auch abgesehen von der nothwendigen Veränderung der Gesetzgebung, dem noch immer an­dauernden nnd sowohl die persönliche Sicherheit als den materiellen und sittlichen Wohlstand des Landes schwer bedrohenden Vaganteuthum gesteuert werden könnte. Wir behalten unS vor, diese Angelegenheit nach Umständen in diesem Blatt noch näher zu be­sprechen und wünschen nur, daß aus den lebhaft ge­führten dreistündigen Verhandlungen die bezweckte Frucht für den Bezirk hervorgchen möge.

Herrenberg, 24. Febr. Heute Abend vor 7 Uhr brach in einer Scheuer in der Froschgasse Feuer aus, das in dein eng gebauten Stadttheil sehr ge­fährlich Hütte werden können. Zum Glück war die Feuerwehr rasch zur Stelle nnd ist deßhalb der Schaden ein unbedeutender.

Herrenberg, 25. Febr. Einen reichen Fa­milienzuwachs bekam heute eine hiesige Familie, in­dem derselben Drillinge, lauter Knaben, geboren wurden, wovon aber zwei bereits gestorben sind, während das dritte Kind gesund und munter ist. In Bondorf hat ein Bruder seine Schwester auf freiem Feide ermordet; gestern früh fand man die Leiche in der Nähe des Ortes mit unzähligen Wun­den bedeckt. Der Bruder ist dem Gant nahe und wollte sich durch Erbschaft seiner Schwester, die ein größeres Vermögen besitzt, (das N. Tagbl. spricht von 15 000 wieder auf die Beine helfen. Ge­richtliche Untersuchung ist eingeleitet und der Mörder bereits verhaftet. (N.-Ztg.)

Stuttgart, 23. Febr. In hiesiger Stadt cirknlirt, wie derN. fr. Pr." mitgetheilt wird, fol­gendes Gericht, dessen Glaubhaftigkeit wir übrigens stark in Zweifel ziehen: Schloß Rosenstein bei Cann­statt werde für den demnächst dort anlangenden Czaren in Bereitschaft gehalten. Man behauptet: Großfürst Nikolaus habe in Stuttgart mit Schwester I uud Schwager Familienrath gehalten. Kaiser Ale­xander soll an seinem Jubiläum abdanken und seinen Sohn beauftragen, dem russischen Reiche eine Con­stitution zn verleihen.

Brandfälle: Am 22. Febr. in Rietheim die Dürbheimer Mühle, sämtlicher Hausrath, ein großes Quantum Korn und 800 baar Geld, sind mit­verbrannt: am 25. Febr. in Berghülen (Blaubeu­ren) 2 znsammengebaute kleine Scheunen, Brandstif­tung ist wahrscheinlich; am 24. Febr. in Riefen, Gem. Bogt, (Ravensburg) 1 Wohnhaus mit Scheuer; am 25. Febr. in Mittelbuch j(Biberach) 1 Wohn­haus mit Scheuer.

München, 25. Febr. In Augsburg hat ein Privatmann sein ganzes Vermögen im Gesammtbe- trage von 300000 elL der protestantischen Pfarr- wittwcn-Kasse vermacht. (N.-Ztg.)

Frankfurt, 24. Febr. Im Alter von 69 I. starb gestern hier demF. I." zufolge der Phreno- log Dr. Gustav Scheve. Er hat einen in ganz Deutschland, ja Europa bekannten Namen hinterlas­sen, und nach seinein Hinscheiden hat die Phrenologie, nachdem sie in den letzten Jahren vom Kampfplatz znrücktrat, ihren jHanptvertreter jedenfalls in Deusch-

land verloren. Scheve lebte in letzter Zeit, nach einem längerem Aufenthalt in Verl:::, durch Krank­heit am Kampfe für seine Sache gchindert, in hiesi­ger Stadt, mit philologischem und phrenologischem Unterricht beschäftigt, in stiller Zurückgezogenheit. Seins Schriften und zahlreichen Vorträge haben ihm einen bedeutenden Ruf verschafft.

Berlin, 22. Febr. Schlächtermeister Müller, der Erbswurst-Lieferant für die Armee, ist gestorben. Müller hat in den Kriegsjahren über 1 Million Thaler erworben, aber später den größten Theil dieser Wurstmillion an denGiftbaum" gehängt.

Berlin, 24. Febe. Der Reichstag genehmigte heute den Marine-Etat. Bei dem Etat der Reichs­justiz-Verwaltung bemängelte Stelter u. A. die Gerichtskosten-Tarifc. Der Staatssekretär Ich eltin g erwiderte, die Abänderung der Gebühren-Tarifc müsse von der Initiative der einzelnen Staaten ausgehen. Oechelhäuscr fragt, wann die Regierung ein neues Aktiengesetz vorlegen werde, das durchaus nothwendig sei, da eine neue Gründer-Periode drohe. Staats­sekretär Schelliug erwidert, es seien bereits kommis­sarische Berathungen eingeleitet. Er hoffe, in der nächsten Session Vorlage machen zu können. Der Etat wurde genehmigt, ebenso auch der des Reichs­schatzamts. (T. Ehr.)

Berlin, 24. Febr. Der gestrige Artikel der Nordd. Mg. Ztg." über die kriegerischen Vorbe­reitungen Rußlands ries, da das Blatt bisher alle feindlichen Absichten Rußlands gegen Deutschland bestritt, große Beunruhigung hervor. In Abgeord­netenkreisen erblickt man darin eine Pression auf die Stimmung für das Militärgesetz. Eine heut erschie­nene Beschwichtigung desselben Blattes machte keinen Eindruck. Die erste Lesung dcs Militärgesetzes soll am Montag itattsinden. Bei derselben gilt das Erscheinen Bismarcks als ebenso wahrscheinlich, wie die Erörterung der politischen Situation durch die Regierung. (W. L.)

Berlin, 24. Febr. Fürst Hohenlohe, der heute von Paris hier eingetroffen, erklärte im Reichs­tage privatim, daß die französische Bevölkerung durch­aus friedlich gestimmt sei und auch die französische Regierung eine friedliche Politik verfolge.

(Reichstag.) Die Katastrophe desGroßen Kurfürsten" kam zur Sprache. Stosch erklärte, eine genauere Darlegung des Unglücksfalles, wie sie im Marine-Verordnungsblatt erschienen, nicht geben zn können, aus höheren Interessen. Der Reichstag gab sich in seiner Mehrheit hiermit nicht zufrieden in einer Angelegenheit, welche die ganze Nation aufregtc. Der Ädmiralschef soll aufgefordert werden, einen umfassenden Bericht über die Katastrophe dem Reichs­tage vorzulegen. Die Etatsberathungen nahmen einen noch nie dagewesenen raschen Verlauf!

Ueber den Standpunkt der Friedensunterhal­tung zwischen der Regierung und dem Vatikan liegen wieder neue Nachrichten vor. Nach ihnen sind die Verhandlungen noch nicht abgebrochen". Eine Bei­legung des Streites wäre somit noch zu erhoffen.

Das lang Erwartete und Vielbesprocheneist geschehen: Dem Bundesrath ist ein Entwurf zur Börsen-, Quittungs- und Wehrstcuer zugegangen!

Im Cultusministerium ward das Wesen der Fortbildungsschulen" berathen. Es ward beschlos­sen, nunmehr allen Fortbildungsschulen einen obli­gatorischen Character zu verleihen. Dieselben müssen also nunmehr von den Lehrlingen der industriellen Geschäfte besucht werden. Es sollen aber nur acht Stunden im Monat bewilligt und diese haupffächlich mit Zeichenunterricht ausgefüllt werden.