verdient, meist im Verborgenen gesucht werden.

Die Red.)

Berlin, 12. Febr. Der Eröffnung des Reichs­tages im Weißen Saale des kgl. Schlosses wohnten nicht ganz 100 Reichstagsmitglieder bei, die meisten im Frack, nur wenige in Uniform. In der Diplo- matenlvge waren nur einige Attaches anwesend. Um 2 Uhr trat der Bundesrath ein. an der Spitze Graf Stolberg, welchem der bayerische Gesandte v. Rud- hart, Minister v. Stosch, der sächsische Minister des Innern v. Nostiz-Wallwitz, Minister v. Kamele, der württembergische Gesandte von Spitzemberg und die übrigen Bundesrathsmitglieder folgten. Nachdem Graf Stolberg seitwärts von dein verhüllten Throne Stellung genommen, verlas derselbe die Thronrede, worauf der bisherige Viccpräsideut des Reichstags, v. Franckenstein. das Hoch auf den Kaiser ausbrachte, in welches die Versammlung dreimal begeistert ein­stimmte. (W. L.)

Berlin, 12. Febr. DieNordd. Allg. Ztg." wendet sich gegen die französischen Blätter, welche die deutsche Militärvorlage in kriegerischem Sinne deuten, aber ganz verschweigen, daß der französische Heeres-Etat, welcher 1870 kaum 500 Mill. betrug, jetzt über 900 gestiegen, daß die französische Armee zahlreicher an Köpfen und reicher an guten Waffen als die deutsche sei, daß nicht minder im russischen Heere seit dem Kriege erhebliche Vermeh­rungen vorgekommen seien. Gegenüber bezüglichen Aeußerungcn des orleanistischenFrancais", des bona- partistischenPays" und der legitimistischenUnion" erklärt ferner dieNordd. Allg. Ztg.": Diese krie­gerischen Parteien regieren zwar augenblicklich nicht Frankreich : aber ob sic regieren werden, hänge von den Entschließungen und Schicksalen Frankreichs allein ab. Deutschland würde nicht hindern können, daß sie Macht in Frankreich gewinnen , sobald die inneren Verhältnisse die Möglichkeit dazu bieten. Illach der Sprache dieser Parteien müsse aber für sicher ange­nommen werden, daß sie, sobald sie ans Ruder kom­men, Frankreich in einen Krieg stürzen würden, um sich zu halten, ganz in den Traditionen der Napo- leonischen Politik. Auf diese Gefahr hin müsse Deutsch­land bei aller Friedensliebe im Interesse seiner Sicher­heit dem Beispiel folgen, welches die Nachbarn durch die gewaltigen Rüstungen in den letzten Jahren leider gegeben. Deutschlands Heer sei eine Waffe der Ver- theidigung, nicht des Angriffs. Wir würden sehr zu­frieden sein, wenn sich dasselbe von den Armeen unserer Nachbaren mit Sicherheit sagen ließe. (N.-Ztg.)

Berlin. 13. Febr. (Reichstag.) Präsidi­umswahl: Graf Arnim-Boytzenburg (deutsche Reichspartei: wurde mit 154 von 244 gütigen Stimmen zum Präsidenten gewählt, Bennigsen (nationalliberal) erhielt 89: Frankenstein (Cent­ruin) wurde mit 164 (92 Stimmzettel waren unbe­schrieben) zum ersten Vicepräsidenten, Hölder (nationalliberal) mit 149 von 231 (82 davon unbe­schrieben) zum zweiten Vicepräsidenten gewählt.

Als Grund, warum der Reichskanzler den Reichs­tag nicht eröffnete, wird in Berliner Blättern der Umstand angegeben, daß ihm das längere Stehen, welches die Handlung in Anspruch nimmt, noch zu schwer falle.

Der zum Präsidenten des Reichstages gewählte Graf Arnim-Boitzenburg war bis zum Jahre 1876 Oberpräsident der Provinz Schlesien. Um die genannte Zeit verließ er diesen Posten und den Staatsdienst überhaupt, nachdem sein Schwager, Graf Harry v. Arnim, wegen Landesverraths (Uro iXiliilo) zu mehrjähriger Zuchthausstrafe verurtheilt worden war. Im vorigen Jahr war Graf Arnim- Boitzenburg Vorsitzender der preuß. Generalsynode.

Eine erstaunliche Konsequenz bei Verwirklichung einer selbstmörderischen Absicht hat eine 21jährige Dame in Berlin an den Tag gelegt. Angeblich wegen eines aussichtslosen Lie­besverhältnisses versuchte sie vor einiger Zeit sich zu vergiften. Als sie daran gehindert wurde, öffnete sie sich einige Tage später die Pulsadern. Wiederum geheilt, schloß sie sich ein und tödtete sich durch Einathmung von Kohlendunst.

OesterreichUngarn.

Prag. 11. Febr. Der 18jährige Buchbinder Josef Hynek am Hradschin ermordete nach der N. fr. Pr." gestern Abend seinen 52jährigen Vater, Schneidermeister Hynek, mittelst Messerstichen. Der Mörder wurde verhaftet.

Italien.

Rom, 13. Febr. DieOpinione", einen Ar­tikel derNeuen freien Presse" über dieJtalia irredenta" besprechend, konstatirt, daß es in Ita­

lien nicht blos Niemand gebe, welcher von der Ex­pedition gegen das Trentino spreche, sondern auch Niemand dieselbe für möglich halte. Die An­stifter der Agitation für dieJtalia irredenta" ha­ben keinerlei Autorität, und Gerüchte über wahr­scheinliche Versuche oder Vorbereitungen sind in Italien vollständig unbekannt. Dieselben entstehen blos in Oesterreich und geben zu keiner Beunruhigung Anlaß, welche wir nicht zu erklären wissen. Die öffentliche Meinung in Italien war und ist noch immer einmuthig darin, zu verlangen, daß die Re­gierung die Achtung aller internaüvnalen Pflichten veranlasse. Vor allem sollte die Wiener Presse die­sen Kundgebungen Rechnung tragen. (N. T.)

Rom. Daß die Königin Margherita sich in einem sehr leidenden Zustande befindet, scheint sich zu bestätigen. Sie hat zwar am Faschingsdonnerstag dem Karnevalsfeste auf dem Korso beigewvhnt; aber in der Gesellschaft kann sie nicht erscheinen, denn ihr Zustand hat den Kopf an gegriffen und sic hat Mo­mente vollständiger Geistesstörung. Vor einigen Tagen z. B. wollte sie sich durchaus sin den Senat begeben, um dort eine Rede über die Mahlsteucr zu halten. Beim Abendessen spritzt sie die Suppe löf­felweise den Ehrendamen in's Gesicht und versichert ihnen, daß es Weihwasser sei; sic glaubt fortwährend, den Mörder von Neapel, Passanante, vor sich zu sehen; und wenn man will, daß sie eine Thüre durchschreite und über eine Schwelle trete, muß man ihr den Arm geben und sie führen. Der Zustand flößt den Aerzten schweres Bedenken ein. Die Um­gebung der Königin ist vom tiefsten Schmerze erfüllt, denn ihre sympathische Persönlichkeit hat die Liebe Aller gewonnen.

Schweiz.

Es ist schon gemeldet worden, daß, wenn nicht besondere Umstände eintreten, am 5. März der Durch­schlag des Stollens im Gotthardtunncl erwartet wird. Am Mont-Cenis wurden die Tnnnelarbeitcn im Au­gust 1857 begonnen und der Durchschlag des Stol­lens erfolgte am 25. Dezember 1870, also nach mehr als 13 Jahren. Im Gotthardtunnel, welcher 2696 in länger ist als Mont-Cenistunncl, begannen die Arbeiten im September 1872; somit werben, Dank den Fortschritten der Technik, für seinen Durchstich nicht ganz 7Vs Jahr gebraucht werden. Daß am 1. Oktober d. I. die ganze Gotthardtbahn dem Be­triebe übergeben werden soll, ist bekannt.

Frankreich.

Paris, 12. Febr. Die Kammer der Depn- tirten berieth heute über den Amnestie-Antrag Blanc. Es sprachen Blanc, Casimir, Perier und Proust. Conseilpräsident Frey einet erklärte: die Regierung lehnt durchaus den Antrag auf vollstän­dige Amnestie ab. Die Majorität des Landes ist nicht auf die Amnestie vorbereitet. Sie wird es sein, wenn die Amnestie aufgehört haben wird, ein Werkzeug der Agitation zu sein. Freycinet ersucht die Anhänger der Amnestie, sich vielmehr mit der Regierung zu vereinigen, um das Land zu beruhi­gen. Dann werde die Regierung stark genug sein, um die Amnestie zu beantragen. Die Rede Freyci­net erhielt großen Beifall. Die Kammer beschloß mit 313 gegen 115 Stimmen nicht in die Diskus­sion der einzelnen Artikel des Amnestieantrages ein­zutreten.

Paris, 13. Febr. Die Blätter konstatiren mit Wohlgefallen den friedlichen Ton der Thron­rede zur Eröffnung des Deutschen Reichstags.

Wie verlautet, beabsichtigt der Kriegsminister, die Infanterie und die Kavallerie umzugestalten. Betreffs der Infanterie wird der Vorschlag gemacht, die Hauptleute beritten zu machen. Beim Entwürfe für die Kavallerie handelt es sich um eine Neuge­staltung der Cadres ; man findet nämlich, daß die Zahl der Stabsoffiziere und Hauptleute zu groß ist, und will diese vermindern. Die übrigen Fragen betreffen die Umgestaltung der Militärschnlen, mit Ausnahme der von Fontainebleau; ferner die Ver­besserung der Taktik und des Dienst-Reglements, der Rekrutirung, der Remontc, der Bekleidung ver Trup­pen u. s. w.

Nichs theurer als Kriegführen. Frankreich hat der Krieg von 1870 nach den neuesten und ge­nauesten Berechnungen der franz. Regierung 13 839 Mill. Frcs. gekostet. Die jährlichen Abgaben stiegen um 632 Mill.

Spanien.

Madrid, 5. Febr. Im Hinblick auf die be­

vorstehende Niederkunft der österreichischen Erzherzo­gin und spanischen Königin Marie Christine bemüht man sich schon jetzt, etwas Näheres über die Zere­monie zu erfahren, welche am k. Hofe in Madrid seit alter Zeit nach Eintritt freudiger Familicnereig- nisse der erwähnten Art beobachtet wird. Wie die Moskvwskija Wcdowosti" vom 3. dieses schreiben, erzählte der im Jahre 1857 am spanischen Hofe als russischer außerordentlicher Gesandter und bevollmäch­tigter Minister akkredirt gewesene Fürst Michael Ale- xandrowitsch Galyzin wörtlich Folgendes: Am 28. November 1857 kam zu mir plötzlich um 3 Uhr nach Mitternacht ein Hellebardier (k. Gardist) und übergab mir die Einladung, unverzüglich im k. Schlosse an­läßlich der Niederkunft Ihrer Majestät der Königin zu erscheinen. Eine halbe Stunde später befand ich mich bereits im Kabinette Ihrer Majestät, woselbst sich schon zahlreiche Granden und Minister eingefnn- dcn hatten. Nach einigen Minuten öffnete sich die Thüre des Kabincts und aus derselben trat der Kö­nig Don Francisco d'Assissi, der Gemahl der Köni­gin, zu unS, auf einem goldenen Teller den neuge­borenen Jnfanten Alfouso, der ganz nackt war, tragend. Auf diese Weise konnten sich alle Anwesenden von der Wirklichkeit der Geburt des neugeborenen Thron­folgers persönlich überzeugen." Zu bemerken wäre noch, daß das obengenannte Moskauer Blatt diese Mittheilung vom Fürsten Sergej Michajlowitsch Ga- lizyn, dem Kommandeur des Spanischen Ordens Karl III. und Sohn des genannten Gesandten, erhalten hat und darf hienach an deren Wahrheit wohl nicht gczweifelt werden. (W. L.-Z.)

England.

London, 13. Febr. Die hiesige Tagespresse bezeichnet die deutsche Thronrede als entschieden be­ruhigend.Times" meint cs sei alle Ursache vor­handen, die Versicherungen des Kaisers, der Einfluß Deutschlands werde beharrlich zu Gunsten des Frie­dens ausgcübt werden, zu acceptire». Es sei vor­läufig glücklicher Weise kein Anzeichen vorhanden, daß andere Nationen ein anderes Verfahren Anschlägen würden.

London, 14. Febr.Daily News" melden gerüchtweise, daß zwischen England, Deutschland und Oestreich eine Allianz abgeschlossen sei.

Baronin Bourdett-Coutts spendete eine halbe Million Pfund Sterling (10 Mill. für die iri­schen Nothleidenden.

Der wegen Mordversuchs gegen den kathol. Geistlichen von St. Peter in Hatton Garden am 10. Jan. angeklagte Alexander Schossa ist zu lebens­länglicher Zwangsarbeit verurtheilt worden.

(Nothstand in Irland.) Aus der Haupt­stadt der grünen Insel gelaugt ein erschütternder Hilferuf zu uns. Ganze Districte Irlands sind von einer Hnngersnoth bedroht, und ein Comito in Dub­lin hat es unternommen, Gaben zu sammeln, um das arme Volk vom Hungertode zu retten. Das Comito, dem schon Gaben ans den verschiedenen Thei- len Großbritanniens, den Ver. Staaten und Au­stralien zugeflvssen sind, wendet sich auch an Deutsch­land. Der Aufruf ist fast von 70 hervorragenden Persönlichkeiten Irlands unterzeichnet, an der Spitze der Lordmayvr von Dublin, E. Dwyer Gray. Den Wortlaut des Aufrufs zu veröffentlichen, unterlassen wir. Mit den Worten Hnngersnoth ist Alles gesagt. Wessen Mittel durch die bisherigen Samm­lungen für die schwere Noth, die der herrschende Winter in so vielen Kreise erzeugte, noch nicht er­schöpft sind, der kann sich durch eine Spende für die hungernden Irländer noch einen Gotteslohn er­werben.

Die Kaiserin von Oesterreich betheiligtc sich am Mittwoch an einer Hetzjagd in Batterstock, etwa 15 Meilen von Dublin. Ihre Majestät ritt ein prächtiges Pferd, Namens Domino. Gegen Ende der Hetze collidirte das Pferd der Kaiserin beim Uebersetzen über eine Hecke mit einem anderen Pferde ; das Thier wurde schwer verletzt die, Kaiserin blieb unversehrt. Es heißt, die Kaiserin zahle 1000 Lstr. monatlich für Lord Longfords Landsitz in Irland, und sie habe bereits 2000 Lstr. für Verbesserungen verwendet.

Das Vorrücken der Russen in Mittelasien wird einen hervorragenden Gegenstand der Verhand­lungen des englischen Parlaments bilden; denn die hierauf bezüglichen Schriftstücke sind wohl die wich­tigsten unter denen, welche die Regierung dem Par­lament vorgelegt hat. Eine Zeit lang hatte die russ.