6«. Jahrgang.
Mo. 12».
Amts- unä Intelligenzökatt für äea Kezir^.
Erscheint Dienstag, Donnerstag L Samstag.
^ Die Einrückungsgebühr beträgt S H p. Spalte im Bezirk, sonst 12 H.
Aamstag, äen 10. Oktober 1885.
Abonnementspreis halbjährlich 1 80 durch
die Post bezogen im Bezirk 2 «kL 30 H, sonst in ganz Württemberg 2 70 H.
Bestellungen ans -ns „Gakwer Wochenbetts
werden noch von sämtlichen Postämtern, Wosterpeditionen nnd Wost- vote» für das laufende Quartal angenommen. Kiezn ladet freund- kichst ei» öie WeöcrkLron.
Amtliche WekcrnrrLrnactzungerr.
Calw.
Bekanntmachung, öetrr. öre Gebäuöebranö- Werfrchermngs-Ginschähung.
Zum Zweck der Vornahme der ordentlichen Jahresschätzung der Gebäude und ihrer Zubehörden haben die Gemeinderäthe, unter Zuziehung des Ortsfeuerschauers mit beruhender Stimme ohne Verzug die Brandversicherungskataster von Nummer zu Nummer genau zu durchgehen und die Versicherungsanschläge unter sorgfältiger Beachtung der Vorschriften in Abs. 2 und 4 des Art. 19 des Ges. vom 14. März 1853 in der Richtung zu prüfen, ob nicht die Gebäude und ihre Zubehörden eine Veränderung erlitten haben, , und deßhalb in dem Versicherungsanschlag zu ändern seien. Hiebei ist, soweit dkes nicht in Folge der Normal-Erlasse vom 22. Juni und 4. August 1874 (Min.-Amtsblatt S. 202 und 207) bereits geschehen ist, eine Vergleichung der Brand-VersichcrungS-Auschläge mit den neuen EebäudesteueranschlägLN vorzunehmen, und in denjenigen Fällen, wo ein auffallendes Mißverhältniß zwischen beiderlei Anschlägen zu Tage tritt, das Geeignete wahrzunehmen.
Nach Vornahme djeses Geschäfts und vorhergehendem öffentlichem Aufruf an die GebäudeeigkNthümer zur Anmeldung der bei ihnen im Laufe des Jahres vorgekommenen Aenderungen ist sodann spätestens bis 1. November zu berichten ob und wie viele Gebäude des Gesammtgemeindebezirks einer neuen und veränderten Schätzung oder Klasseneintheilung zu unterwerfen seien. Diese Berichte haben die Gemeinderäthe mit dem Anfügen zu beurkunden, daß die Prüfung der Versicherungsanschläge unter Zuziehung der Ortsfeuerschau in vorschriftsmäßiger Weise vorgenommen, und welche Verfügungen hiebei getroffen worden seien.
Die Berichte sind als portopflichtige Dienstsache (also ohne Bezirkswerthzeichen) zu versenden.
Den 6. Oktober 1885. K. Oberamt.
F l a x l a n d.
. Wekanntmachung öev GentiralPLell'e füv öie Landwirtschaft, betreffend die ZHeschafsung von Jorell'en- eiern und nonAakbrut für inländische Iischzüchter.
Die Eentralstelle wird auch in diesem Jahre wieder angebrütete Forelleneier (Bachforelle) von größeren Brutanstalten beziehen und an inländische Fischzüchter' gegen Ersatz der Selbstkosten, unter Umständen auch zu ermäßigtem Preis, direkt versenden lassen. " ^
Unter denselben Bedingungen wird sie die Vermittlung von Aalbrut übernehmen.
Gesuche mit Angabe der gewünschten Quantität sind längstens bist. Dezember d. I. an „das Sekretariat der Central stelle für die Landwirthschast in Stuttgart" zu richten.
In den Gesuchen um Forelleneier ist auch noch anzugeben, welchen Brutapparat der Besteller besitzt.
Sollte es der Centralstelle nicht gelingen, die ganze bestellte Gesammt- quantität beschaffen zu können, so behält sie sich vor, eine verhältnißmäßige Ermäßigung der Einzelbestellungen ein. ,'eten zu lassen.
Stuttgart, den 1. Oktober 1885. Werner.
Calw.
An )ie Orlsvorstehen.
Are WotkszäHLung betrr.
In den nächsten Tagen gehen den Ortsvorstehern die nöthigen Drucksachen für die am 1. Dezember d. I. vorzunehmende Volkszählung zu und ist Näch der gegebenen Anweisung das weitere zu besorgen.
Dabei wird darauf aufmerksam gemacht, daß die nach 8 7, Abs. 2 und § 11 der Minist.-Verfügung vom 6. August 1885 (Reg.-Bl. S. 341 und ff.) in jeder Gemeinde zur Einrichtung und Leitung des Zählungsgeschäfts durch den Gemeinderath und in der Regel aus dessen Mitte zu bestellende Zählungskommission unter dem Vorsitz des Ortsvorstehers spätestens mit dem 1. November in Thätigkeit zu treten hat, ferner daß zur Vornahme der Zählung in den einzelnen Zählbezirken der Gemeinde aus den intelligenteren und hauptsächlich ortskundigen Einwohnerschaft geeignete Personen einzuladen sind, die Funktion eines Zählers freiwillig und unentgeltlich zu versehen.
Bis 20. November steht man einer Anzeige entgegen, in wie viele Zählbezirke die Gemeinde eingeteilt ist mit Angabe der Namen der Zähler.
Am 25. November ist mit Austeilung der Zählungslisten zu beginnen.
Sollten noch weitere Formulare erforderlich sein, so ist rechtzeitig Anzeige zu machen.
Den 8. Oktober 1885. K. Oberamt.
Flaxland.
Leuttbeten. (Nachdruck u-rbot-n.)
Kin Irauenkeöen.
Roman aus den baltischen Provinzen Rußlands.
Von Milly Pabst.
(Fortsetzung.)
Feodor hatte mit Anstrengung gesprochen. Große Schweißtropfen perlten auf seiner bleichen Stirn. Die Augen hatten noch immer einen entsetzten Ausdruck.
Einen Augenblick waren die gespannten Züge der atemlos lauschenden Aglaja tief erblaßt, aber bald hatte sie die Anwandlung von Schwäche überwunden und das alte, süße Lächeln wieder auf ihre Lippen gezaubert.
„Aber teuerster Freund", sprach sie beruhigend, „wie kannst Du Dich nur durch einen albernen Traum dermaßen in's Bockshorn jagen lassen? Deine Aufregung ist so groß, daß man glauben könnte, Du hättest in Wirklichkeit Lina den Tod gegeben!"
„Weiß ich denn, ob's nicht so ist?" unterbrach er sie düster und gedankenvoll.
Aglaja unterdrückte eine unmutige Aufwallung, strich beruhigend über sein Haar und sprach lächelnd:
„Du bist und bleibst ein Träumer, Feodor! Deine geschäftige Phantasie malt Dir Gespenster. Glaube mir, Lina lebt wohlbehalten bei ihren Pflegeeltern. Nach den Mitteilungen Deiner Mama soll sie mit der Scheidung zufrieden sein und geäußert haben, seit sie Dein Herz verloren, habe Dein Besitz keinen Wert mehr für sie. Sie soll ganz wohl und zufrieden aussehen und sich fleißig im Haushalte tummeln. Jedenfalls fühlt sie sich im Waldschlößchen heimischer als auf Hardershof! Und sieh', Feodor", fügte sie mit schmerzlich
bewegter Stimme hinzu, „Du ahnst gar nicht, welch' ein schneidendes Weh Du mit Deinen Worten meinem Dich mehr als eine Welt liebenden Herzen bereitet hast! Es ist mir, als wenn Du mich nicht mehr so innig liebtest, als wenn Du nicht mehr fühltest, daß die Natur uns für einander geschaffen und sieh' — der Verlust Deiner Liebe ist mir gleichbedeutend mit — Tod!" — Sie schlug die Hände vor das Antlitz und wandte sich tiefbewegt ab. eodor war gerührt. Ihr Schmerz um den Verlust seiner Liebe fachte seine eidenschast für sie von Neuem an. Aufspringend schloß er sie heftig in seine Arme:
„Nein, nein, Du süßes Weib, Du meine Göttin, Du sollst nicht leiden unter der Schuld, die ich begangen! Du kannst ja nicht dafür, daß mein Herz Dir entgegenflog, es soll Dein bleiben, solange es noch einen Schlag thut! — Aber nun will ich gehen! Ich fühle mich wirklich angegriffen. Morgen, mein süßes Lieb, siehst Du mich wieder zu Deinen Füßen!"
Die schwere Sammetportiere schloß sich hinter ihm und Aglaja hörte ihn in das Vorzimmer und dann auf die Straße treten. Das Lächeln war von ihren Lippen verschwunden, Wolken des Unmuts beschatteten ihre weiße Stirn.
„Dieser alberne Traum!" murmelte sie. „Er hat ihn heftig erschüttert. Ich werde noch liebenswürdiger, noch hingebender sein müßen, um die Erinnerung an ihn in seiner Seele auszulöschen! Diese kleinlichen Gewissensbisse, sie ärgern mich fast zu Tode!" —
Sie stampfte zornig mit den kleinen Füßen auf den kostbaren Smyrnateppich, der das ganze Gemach bedeckte.
„Ich will nur gleich an die kluge Mama schreiben, damit sie ihm beruhigende Nachrichten gibt und die Sache so schnell als möglich zum Abschluß bringt. Meine Geduld geht wahrlich auch bald zu Ende!" —
(Fortsetzung folgt.)