Der Gesellschafter.
Amts- und Intelligenz - Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.
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^ Erschein! ivvchcmlich t!n>ai und kostet halbjährlich ! s hier (ahne Träqerlohn) 1 60 ^j, in dem Bezirk!
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Dienstag den l?. Juni.
Iusertwnc-liebiihr für die lspallige Zeile auS ge- ^ ^ wöluilicher Schrift bei einmaliger Eiurückunc; 9 ->,!
bei mehrmaliger je 6-4. !
N a c; o l d.
An die Grtsv»rstehrr.
Uittcr Hinweisung aus die in der. 135 des „Staats-Anzeigers" veröffentlichte Verfügung des K. Justizministennms vom 10. Juni 1879. betreffend die erstmalige Herstellung der JahrcSlisteit der Lchös- scn und der Geschworenen noch den Vorschriften dcS ReichSgerichtsverfassungsgesctzes wird den Ortsvor- stehern die ffenanc Befvlffiiiiff der dort enchnltenen Anordnungen, insbesondere die Einhaltung der Termine einffeschürft.
Entstehende Zweifel über die Auslegung ge- nannler Anordnungen sind der Unterzeichneten Stelle alsbald nritzutheilcn.
Den 16. Juni 1879.
K. Oberamtsgericht.
I. Ass. Mayer.
Tages-Neuigkeiten.
Deutsches Reich.
* Nagold, 16. Inni. Gestern Nachmittag rannte auf der Bahnhofstraßc ein Hund einen ^jährigen Menschen von A. an, wodurch er von dem Trottoir siel und einen Fuß brach. — Der von manchen Orten gemeldete SchmettcrlingSzug wurde auch hier beobachtet.
Calw, 12. Juni. Die Feier der goldenen Hochzeit unseres allverchrtcn Kaiserpaares kündigte sich gestern durch allgemeine Beslaggung an. lieber- ans erfreulich war dabei die Wahrnehmung der Reichssarbcn an verschiedenen Häusern, welche bei früheren Veranlassungen entweder gar nicht, oder schwarz-roth-gelb geflaggt hatten. DaS herrlichste Kaiserwetter währte den ganzen Tag und begünstigte Abends die Beleuchtung der St. Nikolauskapelle, des Calwer Wahrzeichens. Diese prangte zu Ehren des Festes von 9 Uhr an im schönsten Lichterschmuck. Den symmetrischen Linien des rcingothischcn Baues entlang stand Lampe an Lampe. Manche derselben erlosch erst nach Mitternacht. Was gehen konnte, war auf den Beinen, um den prächtigen Anblick und die milde Sommernacht zu genießen. In der Nähe, im Gasthof zum Waldhorn, fand ein Bankett statt, wobei Umgeldskommissür W. ein von ihm verfaßtes Festgedicht vortrug und daran den mit großer Begeisterung aufgenommenen Toast auf das Jubelpaar anschloß.
Aus dem Horber Oberamte, 12. Juni. Gestern befand sich Herr Amtmann Gugel von Horb in Mühringen, Oberamts Horb, um eine größere Anzahl von Zeugen aus den umliegenden Ortschaften in den wegen Kapitalsteuer-Defraudation angestellten Untersuchungen zu vernehmen. Wie es scheint, werden in die Untersuchung zahlreiche Personen dadurch verwickelt werden, daß bei der jüngsten Razzia die Bücher eines Geschäftsmannes mit Beschlag belegt wurden, dem von sehr vielen Personen nicht nur ans dem Orte, sondern aus der ganzen Umgegend Kapitalien auf längere Zeit gegen ZinS anvertraut wurden, die von den Darleihen, zum großen Theile nicht versteuert worden sind. Es handelt sich hierbei namentlich auch um geringe Leute, die ihre kleinen Ersparnisse daselbst angelegt haben. — Auch in Eutingen , Oberamts Horb, wurde vor einiger Zeit in dem Hanse eines angesehenen Bürgers eine Haus- f suchung wegen Verdachts von Kapitalstcner-Defrau- dation vorgenommen, die gleichfalls nicht ohne Erfolg geblieben ist. l,N. T.)
Stuttgart, 13. Juni. Bekanntlich ist bei unS auf Grund einer gesetzlichen Bestimmung das Spielen in auswärtigen Lotterien verboten, ebenso das
Annvncircn derselben. Damals als man von den, jetzigen Deutschland kaum ei» Anhnung hatte, bezog sich dieses Verbot aus alle außerhalb Württembergs bestehenden Lotterien, gleichviel ob dieselben in Frankfurt, Bremen, Hamburg, Brannschwcig, Preußen, Sachsen w. bestanden. Trotzdem wir nun ein Reich und ein Gesetz haben, wirkt diese Polizciverordnnng noch fort, was schon häufig bedenkliches Kopsschütteln erregte, aber immerhin das Gute für sich hat, daß das Volk sein Geld in der Tasche behält. Jeder ist schon mehr oder weniger, namentlich von Hamburg aus, mit Briefen und Lovszcttelu, heimgesucht und unter allen möglichen Anpreisungen cingeladen worden, sein Glück zu probiren: wer kennt nicht „Gottes Segen bei Kohn?" -- Viele werfen die Sachen einfach in den Papicrkorb, ums das Beste ist: Man eher sendet dieselben zurück, weil er befürchtet, mög licherweise denunzirt und bestraft zu werden. Welche Ausdehnung das Loos-Geschäft in Hamburg genommen , geht daraus hervor, daß einzelne Cvllekteure jährlich für Inserate und Porti bis zu 10,000 st(, aufwenden können. In neuerer Zeit haben einzelne derartige Häuser ein neues Mittel, itzre Loose an den Mann zu bringen, heransgeklügelt. Sobald nämlich im Merkur eine Geburtsanzeige kommt, erhalt der Herr Papa, wenn er kvnvenabel erscheint, ein Loos samint poetischer Gratulation zugcsendet, mit dem dringenden Ersuchen, dem Glück des jungen Sprösslings nicht hindernd entgcgenzntreten. In der Freude, in der man sich befindet, läßt man eher 10 oder 20 stL schwinden als sonst. Der Zeitpunkt ist gut gewählt und der Reiz, auf billige Weise reich zu werden, in unserem Volke nicht erstorben, auch wenn „Gottes Segen nicht bei Kohn ist." (N.-Zrg.)
AßU" Pom Lande, 13. Juni. Schon kommen von verschiedenen Seiten beklagenswerthe Berichte über Hagelschaden! Je hoffnungsvoller Gott sei Dank! die Saaten stehen und je weniger günstig aus der anderen Seite in der jetzigen schwierigen Zeit die Lage des Landwirths leider ist, lim so dringender ist es Pflicht jeden Menschenfreundes und insbesondere auch eine Ausgabe der Presse, mit allen Kräften dahin zu wirken, ernstlichst, nachdrücklich, unablässig zu mahnen, daß unsere Landwirthc von der überall bereitwillig und solid gebotenen Gelegenheit zur Versicherung des Fcldertrags, der Weinberge, gegen Hagelschaden rechtzeitig und ausreichend Gebrauch machen.
Asperg, 11. Juni. Das sogenannte kleine Aspergle, in der Nähe des hiesigen Stadtwaldes Osterholz befindlich, das nach der Volkssage von den Franzosen zum Zwecke der Beschießung Hobenaspcrg'S zusammengetragen worden sein soll, läßt nach der „L. Z." Herr Professor Dr. Fraas, der dasselbe für einen Grabhügel hält, gegenwärtig ausgraben. Auf der Leite, nicht weit vom Eingänge des Schachtes entfernt, wurde ein Einzelgrab, Todtengebeine, 1 Kessel, 1 vergoldeter Teller, 1 Goldstab, 1 Base rc. enthaltend, gefunden, und jetzt, wo man mebr gegen die Nickte des Hügels kommt, zeigen sich Spuren eines weiteren Grabes. Die bisher gefundenen Gegenstände sollen ein Alter von über 2000 Jahren haben.
Schusscnried, l2. Juni. Gestern feierte hier der pensionirte Forstwart Grüninger seine goldene Hochzeit und ist das Jubelpaar noch so rüstig, daß es ein Tänzchen wagte. Die seltene Feier wurde telegraphisch in Berlin angezcigt unter Glückwünschen für das allerhöchste Jubelpaar.
Friedrichshofen, 10 Juni. Ein zärtlicher Berliner, der seiner Frau 7 seidene Kleider aus ein
mal bringen wollte, versuchte gestern den rheuren Zoll zu umgehen und erklärte auf dem Zollbureau, daß er nichts Steuerbares habe. Das geübte Auge der Zolll^imtcu schien jedoch nicht recht zu trauen und bei genauer Untersuchung fanden sich die seidenen Stoffe zwischen dem Rock, den Aermeln w. wohl versteckt. Neben der lOsachen Strafe für die Stener- desraudation, welche der Erwischte zu zahlen batte, mußte er auch die Stoffe zurückkaufen, da gcschmu- ckelte Ware nach dem Gesetz konfiseirt wird. Er kann mit Recht sagen, wenn er nach Hause kommt, hier bringe ich ein theures Präsent!
U l m, l 3. Juni. Wie verschiedene Blätter meldeten, wurden in einer Bierbrauerei in Horb mehrere Betrügereien mit falschen Geldrollen verübt. Heute Mittag wurde nun hier von dem Polizeiwacht- meister Kiefer ein Individuum verhaftet, bei dem gefälschte Geldrotlen sich vorfanden. Höchst wahrscheinlich ist dieses derselbe, welcher in Horb sein unsauberes Gewerbe trieb.
Berlin, 11. Juni. Heute Morgen hat, wie die „N. A. Z." mittheilt, der Kaiser seiner Gemahlin kostbare Geschenke verehrt, einen Halsschmuck mit einem Kreuze, das in Geschmack der Renaissance gearbeitet ist. in der Mitte mit dem Bilde unseres Heilands in einem Kranze von Brillanten. Derselbe war nach einer Zeichnung der Frau Kronprinzessin gearbeitet. Dazu kam noch ein großes Kruzifix aus Elfenbein und ein herzförmiger großer Opal mit einem Bilde des Kaisers.
Berlin, 13. Juni. Der hiesige Magistrat wählte heute einstimmig den Oberbürgermeister v. Forckenbeck zu seinem Vertreter im Herrenhause.
Berlin, 13. Juni. Das Zustandekommen der Rechtsanwalts-Gebührenordnung ist gesichert. Morgen wird im Ministerium die Boden-Abtretung für das Reichstagsgcbände berathen.
Berlin, 14. Juni. Die Tabaksstcuer-Eom- mission lehnte einstimmig die Licenzsteuer ab.
Berlin, 14. Juni. Zu den Souveränen, welche unser Kaiscrpaar aus Anlaß der goldenen Hochzeit schriftlich beglückwünscht haben, gehört auch der Sultan. (Fr. Ist
Als dem Kaiser mitgetheilt wurde, daß am 11. Juni auch ein würdiges Ehepaar in der Provinz Pommern sein öOjähriges Ehejubiläum begehen werde, erregte diese Thatsache bei Sr. Maj. nicht geringes Interesse. Inzwischen haben Se. Maj. eine ganze Reihe von Mitthcilungen gleichen Inhalts empfangen, und zwar aus Pasewalk, aus Wilhelmsburg und Brehloh in der Provinz Hannover, ferner aus Bremerhaven, aus Speier und Lengfried (Bezirksamts Kemptens: sogar aus dem Auslande gingen Sr. Maj. Anzeigen dieser Art zu, aus Wien und aus Jassy, und in Carthage, Missouri, befindet sich ein Ehepaar, das stolz darauf ist, mit den Kais. Maj. an, nämlichen Tage die goldene Hochzeit zu begehen.
Der RcichstagSabgeordnete Frhr. v. Stauf- senberg ist wegen andauernder Krankheit auch aus der Geschäftsordnung-Kommission des Reichstags ausgeschieden.
Sämtlichen nicht festangestellten Beamten des Berliner Stadtgerichts, die in Folge der neuen Gcrichtsorganisation überflüssig werden, ist gestern ihre Kündigung zugegangen. Ihre Zahl beläuft sich aus circa 800, darunter Männer, die sich schon au 20 Jahre im Dienste befinden. Man kann sich die Lage der Leute vorstellen, die großentheils Familienväter, mit einem Schlage existenzlos werden und zum größten Theile einer traurigen, mindestens ungewissen und sorgenvollen Zukunft entgegenschen.