durchs Herz gedrungen, so daß der Tod sofort ein- trat. Als Anhaltspunkt für den -Beweggrund der Unglücklichen wird mitgetheilt, eS sei ihr, als sie nach Hause gekommen, ein Brief des Vaters ihres Verlobten vorgelesen worden, in welchem ihre Ehre in rohen Ausdrücken verunglimpft wird. In der ersten Aufregung ihres Schmerzes zog sie sich in ihr Zimmer zurück und wenige Minuten darauf lag sie in ihrem Blute. (Ldztg.f
Leipzig, 9. Juni. Zu Ehren der Kaiserlichen Jubelhochzeit hat der hiesige Bankier Jakob Plaut, unvcrheirathet und mehrfacher Millionär, 300000 -4L zu einer Stiftung für Altersversorgung in seiner Vatersladt Nordhansen gespendet.
Breslau. Ei» sehr betrübendes'Ereignis;, welches in weiten Kreisen der Bevvlkterung Aussehen erregt, hat sich dieser Tage dahier zugetragen. Bon zwei Studenten, Söhnen aus guter Familie und eng besreundet, war der eine unlängst aus der Mensur durch einen Dieb verwundet worden. Der junge Mann muhte wohl das Bett hüten, allein die Verlegung war in keiner Weise gefährlich und der Heilnngsprozes; im besten Gange. Am Tage vor Psingsten kommt nun der besrenndete Student, um von dem Berwundeten Abschied sür die Dauer einer kleinen Ferienreise zu nehmen. Mau verplauderte ein Stündchen miteinander, und nach herzlichem Abschiede ist der reiselustige Student bereits an der Thür, als ihm der Kranke nachrust und ihn bittet, er möge ihm doch noch einen Löffel Medici» reichen. Der Student lehrt um und reichte dem Freunde die Miztur. Dieser nimmt dieselbe, stößt aber gleich einen gellenden Schmerzensschrei ans, verfallt sosort in Krämpfe und ist nach einer Stunde eine Leiche. Der Freund hatte sich in den Flaschen vergriffen und dem Kranken statt der Mediein einen Löffel Carbolsäure gereicht, die zur Auswaschung der Wunde bestimmt war. Die Verzweiflung des jungen Mannes, der wider Willen den Tod seines besten Freundes verursacht, war ebenso groß wie die allgenieine Theilnahme an dem Schicksal des Verunglückten, der reichbegabk, der Stolz und die Hoffnung seiner Familie gewesen. Der fahrlässige Student stellte sich sosort dem Staatsanwalt.
Berlin, 10. Juni. Auf die Nachricht, daß der deutsche Dampfer „Luxor" in Callao ohne genügend bekannten Grund fest geh alten worden ist, wies die kaiserliche Regierung ihren Vertreter in Lima telegraphisch zur Berichterstattung über die Sachlage, sowie zur Verwendung sür die Freilassung des Schiffs an.
Berlin, 10. Juni. Eine Deputation des Ulanen-Regiments „Kaiser Alexander von Rußland" ist gestern Abend nach Petersburg abgereist, um den Kaiser von Rußland zu seinem 50jährigen Jubiläum als Chef des Regiments zu beglückwünschen. Kaiser Wilhelm übersandte durch die Deputation dem russischen Kaiser anläßlich dieses Jubiläums einen Ehrcndegen.
Berlin, 11. Juni. Wie verlautet, werden heute die Amnestie-Erlasse den zahlreichen einzelnen Betbeiligten zugestellt, eine besondere Aufstellung präcis bestimmter Kategorien soll nicht stattgefunden haben. (Fr. J.i
Berlin, 11. Juni. Kannonendvnner verkündete die um 12 Uhr 40 Min. vollzogene Einsegnung des Kaiserpaares anläßlich der goldenen Hochzeit. Die Ausfabrt des Kaiserpaares und der Fürstlichkeiten nach dem Schloß vollzog sich unter unendlichem Jubel und begeisterten Zurufen der Kops an Kops gedrängten Menschenmasscn. Beim Eintritt in die Capelle wurde das Kaiscrpaar von der Geistlichkeit empfangen. Der Kaiser, die Kaiserin an der linken Hand führend, bestieg den Haut pas, wobei hinter dem Kaiser der Minister des königlichen Hauses und die dienstthuen- den Adjutanten, hinter der Kaiserin die Oberhofmeisterin, die Palast- und Hofdamen Stellung nahmen. Alsdann vollzog Hofprediger Koegcl die Einsegnung. In der ganzen Umgebung des Schlosses bildeten die Studirenden der Universität und Gewerbe-Akademie mit zahlreichen Bannern und Musik- korpS Spalier. — Von Kiel, Nürnberg, Leipzig und anderen großen Städten wird gleichfalls über die glänzende Feier des Festes berichtet. (Fr. I.)
Berlin, 11. Juni. Bei der Einsegnung des Kaiserpaares hatte Hosprcdiger Kögel die Textesworte unterlegt: Nun aber bleibet Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei, aber die Liebe ist die grvßeste unter ihnen. Tie Einsegnung selbst lautete im Anschluß an die Textesworte: Unsere Hülfe kommt von dem Herrn, der Himmel und Erde gemacht. In seinem Namen, aus seiner Fülle, zu seiner Ehre will aller Segen gespendet und empfangen sein. Der Herr, der unseres Glaubens Hort ist, der Deinen Bund getragen und gesegnet hat bis heute, der segne und behüte Dich! Der Herr, der die Liebe ist und sich mit seinem Kreuz, Wort und Geist bekannt zu Dir durch 50 Jahre, er lasse leuchten über Dir sein Angesicht und sei Dir gnädig! Der Herr, der unsere Hoffnung ist im Leben und im Sterben und dem,
der Treue hält, die Krone des Lebens verheißt, er erhebe sein Angesicht aus Deinen Ausgang und Eingang und gebe Dir seinen Frieden! Amen.
Berlin, 11. Juni. Das Wetter beginnt unfreundlich zu werden, trotzdem strömen Tausende von Menschen auch ans der Umgegend nach dem Schloß und den Linden. Als kirchliche Einleitung der Feier der goldenen Hochzeit des Kaiserpaares kann die Andacht gelten, welche gestern Abend 7 Uhr im Dome stattfand. Das Gotteshaus, dessen Altar den reichsten Blumenschmuck trug, war bis auf den letzten Platz von Andächtigen gefüllt. Eröffnet wurde die Andacht durch den vom Domchor gesungenen Psalm 100: Jauchzet zum Herrn alle Welt. Die Liturgie hielt Oberhosprediger Hengstenberg. Dieselbe war von bedeutendem Interesse, in demjenigen Shell, welcher das Gebet für das Kaiserliche Jubelpaar enthalt. Der Anfang dieses Gebetes war der württembergischen Agende entnommen, der einzigen deutschen Agende, welche ein kirchliches Formular für goldene Hochzeiten hat. Der Hofpreviger Bauer hielt über den Vers: Gebt Gott Dank und zahlet euer Gelübde. Der Gesang, „Lob, Ebr und Preis sei Gott", schloß die seltene Feier. — Die Postanstalten sind wie an Festtagen geschlossen; Alles trägt Kornblumen oder Maiglöckchen. Um für die Illumination am heutigen Abend möglichste Einheitlichkeit zu erzielen, ist die Parole ansgegeben, daß bei Hellem Wetter die Beleuchtung um halb zehn Uhr, bei bedecktem Himmel dagegen schon um 9 Uhr beginnen soll. Das Kaiserpaar soll bereits bis heute Früh 15 000 Glückwunschadressen erhalten haben.
Berlin, 12. Juni. Die Amnestie umfaßt ca. 800 Individuen. Die katholischen Geistlichen bleiben ausgeschlossen wegen ihrer Stellung zur Kirche. Die Führer der Deputationen haben Orden erhalten.
Berlin, 12. Juni. Der Zar Alexander leiert heute das fünfzigjährige Jubiläum seines Eintritts in die preußische Armee. Von hier sind viele Gratulationen nach Petersburg abgegangcn, darunter solche von Molike, v. Bismarck. — Im kaiserlichen Schloß sind die Gratulationsbriefe so zahlreich, daß sie in Wagen nach der Privatkanzlei geschafft werden müssen, woselbst sie gesichtet werde». Die Blumeuspenden kommen gleichfalls in Wagenladungen an. Der Kaiser befahl die Ausstellung aller Geschenke, Telegramme und Schreiben und erklärte, er wolle jede Kundgebung persönlich sehen; eben so solle später das Publikum Alles sehe». Der Kaiser ist heute recht munter. — T er Ausbruch des Krieges zwischen Peru und Chile hat die Absendung von deutschen Kriegsschiffen nach der Küste von Südamerika als geboten erscheinen lassen, um die deutschen Interessen in jenen Gebieten zu schützen. Zunächst ist die Indienststellung des Kanonenbootes „Nautilus" zu diesem Zwecke angeordnet worven; außerdem haben einige der in den ostasiatischen Gewässern stativnirten Kriegsschiffe die Ueberfahrt nach dem Stillen Ocean angetreten. (Fr I.)
Der Reichstag hat"seine Arbeiten am 9. d. wieder begonnen und sich zunächst mit der Novelle zur Gewerbeordnung beschäftigt, welche eine Verschärfung der Coiicessivusbcdingungcu für Schank- und Gastwirthschaften bezweckt. Ter „Prov.-Corr." zufolge hält die Reichsregierung nach wie vvr an der Hoffnung fest, daß nicht nur die von ihr beabsichtigte Wirthschafts-, sondern auch die Finanzresorm gelingen werde: sie ist nämlich überzeugt, daß die Bedenken, welche der Durchführung der letzteren von politischen Gesichtspunkten entgegenzustehen scheinen, in vertrauensvollem Entgegenkommen ihre Erledigung finden dürften. Ohne Zweifel rechnet sie — und zwar nicht mit Unrecht — darauf, daß ihr bei dm bevorstehenden Verhandlungen über die finanzpolitischen Vorlagen, bei denen das Centrum in die alte Oppositionsstel- lung zurückzutreten gedenkt, die Unterstützung der nationalliberalen Partei unter Voraussetzung einer befriedigenden Erledigung der Frage der konstitutionellen Garantieen nicht fehlen wird.
Ans der Tarifkommission. Großes Aufsehen erregt der vorgestrige Beschluß der Kommission, durch welchen der Zoll von Wollengarn aus hartem Kammgarn von 3 auf 8 -45. erhöht wird. Selbst der Kommissar des Bundesraths hatte mit Rücksicht aus die Export-Industrie Barmens nur einen Zoll von 3 beantragt.
Das Frtf. I. meldet: Ein letzter Versuch: die deutsche Reichspartei hat offiziell den Nationalliberalen dep Antrag gemacht, für die Finanzzölle und Steuervorlagen mit ihnen zu stim
men und aus solchem Wege wiederum die alte Reichstagsmajorität zu rekonstruiren.
Der Kaiser hat für hilfsbedürftige würdige Bewohner Berlins 10000 ^ aus der Chatoulle bewilligt.
Fürst Bismarck soll privatim erklärt haben, daß er das Tabakssteuergcsctz ohne Nachsteuer nicht annehme.
In den Tagen des 21. bis 25. Juni findet in Berlin die 12. ordentliche Generalversammlung des Verbandes deutscher Müller statt, verbunden mit einer internationalen Ansstellung von Erzeugnissen der Müllerei, Teigwaarenfabrikation re.
Ein Hundert-Markschein als Hnndesntter. DaS „B. T." erzählt aus Berlin: Der hier in der D.slraße wahnhafte Rentier Ä. war an einem der letzten Mittage in seinem Arbeitszimmer damit beschäftigt, 105 Mark an seinen in Breslau wohnenden Bruder per Gcldbrief abzusenden. Zu diesem Zwecke Halle er einen Hundertmarkschein und einen Fünfmarkschein au« seiner Kaffe genommen und die beiden Kassenscheine zu couvertireu. neben sich aus den Schreibtisch gelegt. Während Herr W. noch mit dem Begleitschreiben beschäftigt war, wurde er plötzlich nach einem anderen Zimmer gcrusen. Leine Frau hatte Besuch erhalten, und Herr W. schickte sich an, denselben zu begrüßen. Vorsichtig schloß er die Thür seines Arbeilscabiuets ab. Als W., nach Verlaus von wenigen Minuten, sein Zimmer wieder betrat, vermißte er svsvrt die zwei Kassenscheine. Erstaunt blickte er sich um, aus's Höchste verwundert ob des plötzlichen räthseihaften Verschwindens des Geldes. Die Fenster waren geschlossen, durch Zuglust konnten die Kassenscheine daher nicht auS dem Zimmer geweht sein. Da — bei fortgesetztem Recherchiren — erblickt er unter dem Sopha taug hingestreckt seinen Pudel, ein junges, noch nicht jährigeS, sehr spiellustiges Thier. Freundlich mit dem Schweise wedelnd, mit recht treuherzigen Augen schaut der Pudel seinen Herrn an. Ein paar Krastansdrücke veranlassen ihn endlich, sich zu erheben, und siehe da: unter den Vorderpfote» lag der Fünfmarkschein. Der Hundertmarkschein blieb allerdings verschwunden, er war von dem Pudel bereits verzehrt. Der Fünfmarkschein mußte dem Pudel jedoch nicht geschmeckt haben, denn er hatte davon nur gekostet — nur eine Ecke angesressen.
Bremen, 8. Juni. Mehr als 17 Mill. Pfd. Schweinefleisch sind während des Jahres 1878 aus Amerika nach Bremen importirt worden.
Oesterreich—Ungarn.
Im Bezirksschulrat!; der Stadt Wien kam dieser Tage eine höchst peinliche Assaire zur Verhandlung. Nach der Anzeige des LrtSschulrathS einer der westlichen Vorstadtbezirke mutzte ein lijähriges Schulmädchen, welchem in den letzten Tagen mütterliche Freuden zu Theil wurden, aus der betreffenden llnterrichtSanstalt ausgeschlossen werden. Der BezirkSschulrath beschloß, das Mädchen gänzlich aus dem Schnl- veroande zu entlassen und gleichzeitig die Angelegenheit der Staatsanwaltschaft zur weiteren Untersuchung dieses in mehrfacher Beziehung seltsamen Falles zu übergeben.
Italien.
Rom, 11. Juni. Der Papst und Cardinal Nina haben den Kaiser Wilhelm anläßlich der Feier seiner goldenen Hochzeit beglückwünscht. Die betreffende» Depeschen machen keinerlei Anspielung aus Politik. Schweiz.
Schaffhailsen. Der zu 20 Jahren Zuchthaus vcrurtheilte Mörder Grieshaber, der im Herbst 1876, damals erst 16 Jahre alt, aus der Enge bei Schaffhailsen eine Frau erschlug, um sie zu berauben, und der im letzten Sommer sich selbst als Thätcr angab, macht auf's Neue von sich reden, und wenn seine neuen Geständnisse richtig sind, was erst die Untersuchung herauszustellen hat. so sind sie eine ergreifende Illustration des Schiller'schen: Das Leben ist der Güter höchstes nicht, der Hebel größtes aber ist die Schuld. — Sei es, daß der Aufenthalt im Zuchthaus ihm zur Qual ward, sei es, daß eine noch nicht gestandene Schuld ihn drückte, — er machte vor einigen Tagen der Strafanstaltsdircktion das Geständnis;, daß er noch einen Mord begangen und unter der Bedingung das Nähere sagen wolle, wenn man ihn zum Tod vernrtheile. Die Regierung beauftragte daraufhin das Verhöramt, die Angelegenheit in die Hand zu nehmen. Diesem gestand GrieShaber, daß er einen deutschen Viehhändler erschlagen und beraubt und ihn dann verscharrt habe. Ueber das Wo und Wie weigerte er sich beharrlich, Angaben zu machen, so lange man ihm nicht das bestimmte Versprechen geben könne, daß er hingerichtet werde. Da sich aus dem Verhör ergab, daß er dem Ermordeten einen Ring abgenommen, und ihn durch einen Kameraden, der aber nicht gewußt habe, wie er zu ihm gekommen sei, verkaufen ließ, so erließ das Ber- höraint bereits eine öffentliche Aufforderung, damit der Mittler des Verkaufes sich bei ihm melde, und es auf diesem Wege in den Stand gesetzt werde, der Erhärtung der Thatsachen näher zu rücken. Es muß sich durch die Untersuchung Herausstellen, ob wir es mit wahren Angaben zu thun haben, oder ob andere Ursachen den jungen Verbrecher bei denselben leiteten.