Der Gesellschafter.

Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

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^ Crschnnl wöchentlich »mal und kostet bcilbjährüch j birr «'ohne TrNgcrlohn) 1 .« 60 in dem Bezirk L nußerhnlb des Bezirks 2 .« 40

Samstag den 14. Juni.

Jnsertionslfebühr für dir tspaltige Zeile n»s qe- ^ ^

: wvlmlichcr Schrift bei einnmtnfer Einrüc>'nne> 0 > X

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Inserate,

die in einer bestimmten Nummer unseres Blattes Aus­nahme finden sollen, müssen

spätestens Morgens 9 Uhr

am Tage des Drucks desselben, also am Montag, Mittwoch, Freitag in uuscrn Händen sein. Größere Inserate erbitten wir noch früher.

Redaktion desGesellschafters".

Eiseilbahiizüge vcr Station Nagold

vom 15. Mai au.

Nach Calw: 6,,-,.,, tO,^, 6,^,, 0,27.

Nach Lwrb: 5,r«, 8,-,«, N,- ",9.

AmcrikaniHe Verhältnisse.

Vergleicht man die Ansivanderuiigsstatistik des Jahres 1877 mit der van 1878, so ergibt sich hand­greiflich eine bedeutende Znnahine in der Kopfzahl der Auswanderer nach Amerika. Die Zahl der vom 1. Januar 1877 bis 30. November desselben Jahres aus Europa Ausgewanderten belief sich auf 72 146, während in derselben Zeit des Vorjahres nur 52 009 Personen nach den Bereinigten Staaten von Nord­amerika aus Europa auswanderten. Höchst bedauer­lich ist diese Wahrnehmung; denn wenn auch mancher Auswanderer dort sein Glück gemacht hat, was in frühere,' Jahren weit leichter möglich war, als unter den jetzt daselbst obwaltenden Verhältnissen, so steht auch unzweifelhaft fest, daß viele Europamüde bei al­len! guten Willen und allen vorzüglichen Eigenschaften des Characters sich bitter getäuscht sahen in ihren Hoffnungen und zu den ihnen ungewohntesten Beschäf­tigungen haben greifen müssen, nur um nicht dem Hunger­tode zn verfallen. Zur Belehrung und Warnung für Auswanderungslustige diene ein kurzer Auszug aus dem, was ein in Ncw-Orleans wohnender, aus Mün­chen dahin ausgewanderter Lehrer über die dortigen Ver­hältnisse berichtet.

Das goldene Zeitalter des Handwerkerstandes, des Standes, der unter normalen Verhältnissen seinen Angehörigen die besten Bürgschaften einer dauernden Existenz bietet, ist für Amerika wahrscheinlich für im­mer dahin. Immenses Capital verbindet sich hier mit dem täglich fortschreitenden Maschinenwesen zu einein Großbetriebe, welcher den einzelnen Handwerker er­drückt und zum Sklaven, zum Fabrikarbeiter degra- dirt. Ich kenne z. B. keinen einzigen selbständigen Tischler in der Stadt. Unsere Zimmergeräthe kommen von Cincinnati ?c. aus Fabriken, welche in Folge ihrer arbeitsparenden Maschinen so billig liefern können, daß Niemand im Stande ist, dagegen aufzukommen. Thn- ren, Fensterrahmen, Fensterstöcke, Fußböden re. macht man in den Dampfsägen mit Hobelmaschinen zurecht, so daß dieser Geschäftszweig hier ganz verschwunden ist. Die von Deutschland hierher kommenden Tischler putzen Möbel; das ist Alles, was sich für sie bietet. Ebenso ist es mit den Buchbindern, Schuhmachern und Schneidern. Die Bücher werden von den Verlegern gebunden so billig geliefert, daß man ein altes Buch lieber wegwirst und sich ein neues kauft, statt das alte binden zu lassen. Man trägt Hühneraugen herum oder kauft neues, freilich sehr theures Schnhwerk, als daß man dasselbe ausbcssern ließe; außerdem benützt man auch auf dem Gebiete der Schuhmacharei Men­schenhände ersetzende und den Schusterhammer überflüs­sig machende Maschinen, die Deutschland wahrschein­lich noch nicht kennt. Die Kleider kann man in Ma­gazinen, welche nur Mädchen beschäftigen, für den dritten Thcil dessen kaufen, was ein Schneider dafür

verlangt. Aehnlich verhält es sich mit allen übrigen Professionen.

Es bliebe noch der Handelsstand. New-Orleans ist, wie fast alle großen Städte Amerikas, eine bedeu­tende Handelsstadt. Der Handel besteht zum großen Theile ans Einfuhr und Ausfuhr; diese Art von Geschäft kann aber nur in Hamburg oder Bremen und zwar mit großen Opfern an Geld und Zeit erlernt werden, was gerade den meisten Auswandernden fehlt. Kleine Kauflcute giebt es hier nicht. Der Kleinhandel wird von Leuten besorgt, die in früheren Jahren Hausknechte gewesen find, sich durch außerordentliches Talent zum Hungern etwas erspart haben unv nun an den Straßen ecken neben vielen Colonialwaaren auch Schinken, Käse Seife, Bier, Peitschenstiele re. verkanten. Bei diesen Leuten existirt keine Buchführung,hier Geld, lüer Waare" ist das Fcldgejchrei, und die einzig notbwen- digc Kenntniß besteht im Mischen der Schnäpse.

Die Musik ist eine gme Mutter, doch muß je­mand sagen können, daß er in Europa aus einem Con- servatorium gewesen ist, um nicht von vorn herein in die zweite oder dritte Klasse hinabzu inken, dorthin, wohin die Leute aller möglichen Stände sich flüchten, wenn sie Schiffbruch gelitten und wo Einer dem An­deren das gelbe und noch manches andere Fieber au den Hals wünscht, nur um einen Concurrciuen los zu werden. Das ist das traurigste aller Geschäfte.

Die einzigen zwei Fächer, denen in Amerika eine großartige Zukunft blüht, sind das Maschinenbauwesen und die Chemie in ihrer Anwendung auf die Groß­produktion! diese zwei Fächer erfordern aber Studium und Zeit und viel Geld, durch welches man auch in Europa zu Glück und Wohlstand gelangen kann.

Die erledigte evangei. Pfarrei Baierstircnnt wurde dein Pfarrer Schwarz in Advlzfnrth gnädigst übertragen.

Tages-Neuigkeiten.

Deutsches Reich.

Stuttgart, 11. Juni. Die Stadt ist heute zur goldenen Hochzeit des deutschen Kaiserpaares reich beflaggt. Heute Abpnd findet festliche Illumi­nation des Stadtgartens statt.

Stuttgart, 12. Juni. Der 10. Juni war ein böser Hageltag für Württemberg. Wie wir aus den heute eingetrvsfeneu Provinzialblättern entnehmen, ist in einigen Theilen der Obcrämter Qehrmgen und Gerabronn ein Hagelwetter nicdergegangen. Ein sehr schweres Gewitter mit Hagel zog am gleichen Tage der Alb entlang durch die Oberämter Reut­lingen, Tübingen, Rottenbnrg hinüber nach dem Henberg über Hechingen, Balingen und richtete namentlich in Wehingen und Qbernheim schwere Ver­wüstungen an. Die Felder sahen aus wie einge- schneit, erst andern Tags schmolzen die Hagelkörner, die Bäume stehen thcilweise ganz kahl da. sLdsz.t

Stuttgart, 12. Juni. Ein loser Jugend­streich wurde von einem bis jetzt nicht ermittelten Schüler des hiesigen Realgymnasiums begangen. Vorgestern Abend 4 Uhr war nemlich am schwarzen Brett der genannten Anstalt angeschrieben: Am l l. Jnnl sei Vakanz wegen des goldenen Hochzeirsseites des Kaiserpaarcs. Die Hand- nnd Unterschrift des Rektor? Dillmann soll täuschend nachgeahmt gewe­sen sein. Ein ziemlich großer Theil der Schüler nnd auch mehrere Lehrer des Realgymnasiums mußten nun gestern in die Schule znsammcngeholr werden, was mit mancherlei Umständen verknüpft gewesen und nicht vollständig gelungen sein soll. >Ldsztg.:

Der Landtag wird, wie wir ans zuverlässiger Quelle höre», in den letzten Tagen dieses Monats einberufen werden. f^tnttg. Ztg.! j

Wie wir vernehmen, wird am künftigen Sonn­tag den 15. d. Mts. des Ehestibiläums Sr. Majestät des deutschen Kaisers in sämtlichen evangelischen und katholischen Kirchen des Landes im Kirchengebete in Dank nnd Fürbitte gedacht werden.

Fn dankbarer Anerkennung der huldreichen Für­sorge, welche I. M. die Kaiserin Angusta als Proie.lorin des deutschen Francnverbands der Ver­besserung der Krankenpflege zuznwenden geruht, hat die Ecutralleituug des Wohlthütigkeitsvereins dcu hohen Festtag des goldenen Ehejubiläums nicht besser zn Ehren geglaubt, als indem sie für das neu zn errichtende, im Verbände der Karlshöhe stehende Mäiinerkrankenhaus auf dem Salon bei Lud- wigsburg die Summe von 10,000 dem Komitee der Anstalt mit der Bestimmung überwiesen hat, diesen GründungSbeitrag als Kaiserin Augusra- Stistiing zu bezeichnen.

Feuerbach, 10. Juni. Eine elgenthümliche Erscheinung war heute hier zn sehen, die vielleicht da und dort interessiren dürste. ^ Zwischen halb 1 und 2 Uhr zog eine kolossale Masse von Schmet­terlingen hier durch; dieselben zogen allein einer Richtung von Osten nach Westen und zwar in großer Schnelligkeit und etwa 5 Meter über dem Boden. Im Anfänge kamen sic ziemlich dicht, oft mehrere Hunderte in einer Breite von etwa 15 Metern: dies dauerte ca. M Stunden und erst von da an lichtete sich der ganze Zug mehr und mehr, bis er etwa nach einer Stunde ganz aushörte. Der' ganze Zug bestand jedenfalls ans mehreren Hiinderttausenden. Einige eingesangene Exemplare zeigten sich als Nesselsalter Meiner Fuchst, hie und da kamen auch einige Kohl­weißlinge nnd Auroras, aber der große Haufen be­stand nur aus Nesselfaltern. Außer der ungeheuren Anzahl war besonders das das Elgenthümliche, daß sich die Schmetterlinge nicht herüber und hinüber, sondern in einem förmlichen Zug nnd mit großer Schnelligkeit svrtbewegten, gerade aus, wie nach einem bestimmten Ziel, etwa wie man es bei Wandervö­geln sieht. (N. T.)

Lconberg. In der internationalen Hunde­ausstellung in Hannover vom 20. bis 25. Mai d. I. erhielt Hr. E. Burger in Leonberg 11 Preise, worunter einen ersten Ehrenpreis. Nicht nur die weltberühmten Leonbcrgcr Hunde waren als schönste Exemplare vertreten, wovon Burger für 2 solcher Thiere 1000 M. erlöste, sondern auch andere reine Racehnnde, welche derselbe züchtet, wurden mit ersten Preisen prämiirt.

Ein Correspondent der Neckar-Zeitung glaubt in der Frage der Gewerbeordnungs-Revision, daß weniger die Wirthshänser, sondern die Trinker uns ein Dorn im Auge sind. Man gehe Letzteren zu Leibe, meint er, das wird radikaler wirken, als die Beschränkung der Wirthschaftcn, bekanntlich eine Rathhausplage von Alters her wegen der objektiv schwer zn benrkheilenden, subjektiv ungern zu ver­neinenden Bedürfnißfrage. Also gegen die Trinker durch Warnung, Bestrafung, Bevormundung, und zwar ehe sie wegen SänfcrwahnS ins Narrenhaus müssen, zum Andenken für die Ortsarmenkassen, nnd ehe sie ihr Vermögen dnrchgebracht. Da setze man den Hebel ein und lasse im llebrigen die Wirths- haussreihelt, die sich dann schon von selbst reguliren und bezähmen wird.

Bamberg, 9. In,,!. Gestern Nachmittag er­schoß sich mit einem Revolver die 18jährige blühende Tochter eines sehr achtbaren Kaufmanns, nachdem sie noch eine Stunde vorher mit ihrem Verlobten einen Spaziergang gemacht hatte. Die Kugel war ihr