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Haitische Wcrchvichterr.
Deutsches Reich.
Berlin, 1. Oktober. Die Einberufung des Reichstages ist für den 12. November in Aussicht genommen. — Die nationalliberale Partei in Berlin beschloß, für die Landtagswahlen in allen Bezirken eigene Kandidaten aufzustellen. — Das Kollegium von Kardinalen, welchem der Pabst die Prüfung der Karolinenfrage übergeben, besteht überwiegend aus Deutschland feindlich gesinnten Persönlichkeiten.
— Der deutsche Botschafter v. Radowitz, welcher noch auf Urlaub ist, erhielt Weisung, denselben zu unterbrechen und sofort nach Konstantinopel zu reisen. Der Botschafter verweilte kürzlich in Berlin.
— Nachdem der Belagerungszustand über Berlin und Hamburg nebst Umgebung verlängert ist, wird heute bekannt gemacht, daß die aus diesen Bezirken ausgewiesenen Personen auch weiter ausgewiesen sind.
— Der „Reichsanzeiger" publiziert heute eine Mitteilung Caprivi's, wonach alle Nachforschungen über den Verbleib der Korvette „Augu st a" resultatlos geblieben und daß keine Hoffnung mehr vorhanden, daß die Korvette noch schwimmt und die Besatzung noch am Leben ist. Aus dem Verzeichnis der an Bord gewesenen Personen ergibt sich, daß 223 brave Männer in den Wellen ihren Tod gefunden.
— Angenehm berühren muß jeden Deutschen die spanische Entschuldigungsnote, weshalb wir sie in ihrem Wortlaut unfern Lesern nicht vorenthalten möchten. Die Note ist an den spanischen Gesandten in Berlin gerichtet und lautet:
„Ew. Exzellenz haben von den bedauerlichen Vorfällen Kenntnis erhalten, welche sich in der Hauptstadt in der Nacht vom 4. d. Mts. ereignet haben. Eine zügellose Volksmaffe zog in Benutzung der Aufregung, welche die seitens des Generalgouverneurs der Philippinen am nämlichen Tag eingegangenen Nachrichten hervorgerufen hatten, in Scharen nach dem von der deutschen Gesandschaft bewohnten Hause und riß nach heftigem Kampf mit den zum Schutz dort aufgestellten Polizeiagenten das Wappen herab, um dann damit einen Teil der Stadt zu durchziehen. Aus den Ew. Exzellenz zugegangenen Schriftstücken werden Sie entnommen haben, daß die Regierung Sr. Majestät in der Voraussicht, die Angelegenheit der Karolinen- Inseln könnte vielleicht den Vorwand zu Unruhen liefern, sich beeilt hat, die energischsten Maßregeln zu ergreifen, um in der Hauptstadt sowohl wie in den Provinzen die Gesandtschaft Sr. Majestät des Deutschen Kaisers und die kaiserlichen Konsulate gegen jeden Angriff oder jede Beleidigung seitens Derjenigen zu schützen, die aus besonderen Motiven kein Mittel unversucht lasten würden, um einen internationalen Konflikt von den unheilvollsten Folgen heraufzubeschwören. Zum Unglück hat der Mangel an Energie des mit dem Schutz der deutschen Gesandtschaft in Madrid betrauten Polizeiagenten die angeordneten Vorsichtsmaßregeln vereitelt. Die Regierung Sr. Majestät hat, sobald sie von den Vorkommnissen Kenntnis erhielt, den Polizeichef, welcher die deutsche Gesandtschaft in Madrid bewacht hat, und die Polizei-Inspektoren, die mit dem Schutz des deutschen Konsulats betraut waren, ihres Amtes enthoben, da ihrer Schwäche die Schuld an den begangenen Exzessen beizumeffen ist. Gleichzeitig hat sie die Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens angeordnet, demgemäß die gedachten Polizeiagenten, und ein gewisser Anastasia Albärrän Garcia, in dem der Anstifter des in der Straße ,,^mor äs vios" begangenen Exzesses vermutet wird, sowie 15 zugleich mit Jenem verhaftete Individuen, wegen Teilnahme an den Ruhestörungen vor Gericht zu stellen sind. Die Regierung Sr. Majestät hat die Ausschreitungen gegen die Vertreter einer Macht, mit welcher Spanien enge Beziehungen unterhält, lebhaft bedauert; sie verurteilt dieselben in ausdrücklicher und formeller Weise und beauftragt Ew. Exzellenz, dies zur Kenntnis des Herrn Ministers der Auswärtigen Angelegenheiten zu bringen, indem sie hofft, daß diese offenen und freundschaftlichen Erklärungen von der Regierung Sr. Majestät des Kaisers in demselben Geist der Aufrichtigkeit und des Entgegenkommens werden ausgenommen werden, von dem die Regierung Sr. Majestät bei Uebermittelung derselben beseelt ist. Auf Allerhöchsten Befehl teile ich Vorstehendes Ew. Exzellenz zu dem bezeichneten Zweck mit. Madrid, den 10. September 1885.
Jos 6 Elduayen.
Oesterreich-Ungar«.
Wien, 29. Sept. In Böhmen hat sich die fieberhafte nationale Erregung bis auf die Arbeiter, ja bis auf die Schulkinder erstreckt. Vorkommnisse, wie die zu Warnstadt in Nordböhmen, wo deutsche Arbeiter von czechischen mit Messern angegriffen wurden, sind zwar neue Erscheinungen; indes sind Konflikte deutscher und czechischer Arbeiter nicht selten, da der
czechische Arbeiter als der Bedürfnislosere, als der Lohnverschlechterer und zugleich als kriecherisch gilt. Eine der traurigsten Folgen des nationalen Krieges in Böhmen ist jedoch die, daß die czechische Schuljugend schon mit nationalem Haffe vergiftet wird. Die czechischen Kinder hören die deutschen Anstalten nie anders als „Seelenmördergruben", „Brutstätten der Lüge" nennen, was Wunder, daß sie die deutschen Schulkinder als vogelfrei betrachten lernen und in ihrer kindlichen Phantasie ein lobenswertes Werk zu vollführen glauben, wenn sie die deutschen Kinder mit Steinwürfen attaquiren. Czechischer Uebermut beginnt übrigens auch in rein deutschen Städten gefährlich zu werden; so wurde ein Lehrer in Gablonz mit dem Schlachtrufe „Deutscher oder Böhm" angefallen, und als auf die Hilferufe des Lehrers deutscher Succurs kam, entspann sich ein förmliches Gefecht, bei welchem der Lehrer verwundet wurde. Doch Derartiges gehört bereits zu dn gewöhnlichsten Vorkommnissen; die neueste Erscheinung der verflossenen Tage ist die, daß gegen einzelne mißliebige, einflußreiche deutsche Personen die ungeheuerlichsten Einschüchterungs-Versuche unternommen werden. Man gehtzchabei systematisch vor und erläßt förmliche Todesurteile, von anonymen Komites gefertigt. Das Tollste hierin leistet der Stadtrat von Königinhof, welcher ein Schreiben an den Vater des Obmannes der dortigen Schulvereinsgruppe erließ, in welchem es wörtlich heißt, der Vater möge seinen Sohn, Herrn Leopold Mandel aus Königinhof, abberufen, weil die Stadtvertretung nicht für dessen Leben einstehen könne! (Autentisch!) In Melnik lebt ein anderer Deutscher, dessen einzige Erholung es ist, wenn er das fanatisch czechische Melnik verlassen und das benachbarte deutsche Libach besuchen kann. Herr Ullrich erhielt nun einen Brief mit seinem Todesurteil: er möge sein Testament machen, bevor er nochmals nach Libach gehe! — Dem braven, in Deutschböhmen als eifriger Förderer des Deutschtums gekannter Gasthofbesitzer Geringer aus Budweis wurde ebenso mit dem Tode gedroht, wenn er sich außerhalb der Stadt zeigen sollte. — Die Todesurteile sind nun allerdings nicht vollstreckt worden, aber sie besitzen als Zeugen von dem Geist, der in Czechien herrscht, Wert.
Serbien, Bulgarien, Ostrnmelien.
— Angesichts der Wirren im Balkan und den in Folge dessen stattfindenden Mobilmachung der serbischen Armee dürfte es nicht uninteressant sein, darauf hinzuweisen, daß die serbische Armee vielleicht die beste Bewaffnung unter sämtlichen europäischen Heeren besitzt. Die bekannte Gewehrfabrik der HH. Gebrüder Mauser in Oberndorf hat an dieselbe 120,000 Gewehre vorzüglichster Beschaffenheit geliefert.
Gages-WeirigkeiLen.
Calw. Wir haben s. Z. unsere Leser aufmerksam gemacht auf einen von Herrn Zuschneider Freund, bei Herrn Kaufmann Deyle hier ausgestellten, aus bunten Tuchstückchen in schönster Farbenharmonie, mit unsäglicher Mühe und großer Accuratesie hergestellten Tischteppich. Neuerdings wurde nun genanntem Herrn auch die Freude zu Teil, daß eine ebensolche an Ihre Majestät unsere Königin Olga zu Höchstihrem Geburt s f e st e gesandte Arbeit huldreichst angenommen und dem Verfertiger 100 als entsprechende Anerkennung dankend übersandt wurden. Diese Auszeichnung, die Hrn. Freund hiedurch geworden, liefert wiederum den Beweis, daß dem Handwerker, der sein Geschäft mit Fleiß, Intelligenz und Ausdauer betreibt, der in solchem Falle wohlverdiente Lohn nie ausbleiben kann.
— Er wird sich doch wohl nicht geirrt haben, der Storch nämlich, als er sich gestern in der Wohnung eines Jaquardwebers im Zwinger schwer beladen niederließ. Nicht weniger als 2 Knaben und 1 Mädchen hat er den freudig erschreckten Eltern zum Präsent gemacht.
Nagold, 30. Sept. Walkmüller H. von hier wurde gestern abend vermißt, und heute morgen, als ein Floß abgelassen werden sollte, fand man ihn am Wehr der Nauser'schen Mühle in der Nagold ertrunken. Derselbe scheint in der dunklen Nacht den Steg, welcher an dieser Stelle über den Fluß führt und der kein Geländer hat, verfehlt zu haben. Der Verunglückte ist 40 Jahre alt und verheiratet, hinterläßt aber keine Kinder.
Stuttgart, 2. Okt. In den K. Anlagen und auf dem Schloßplatze wurde heute damit begonnen, die Kastanien von den schwer beladenen Bäumen zu schütteln und in Säcke zu sammeln, um sie sodann auf dem Rosenstein abzuliefern und hier zu Hirschfutter zu verarbeiten.
— Den 8. Gewinn der Volksfestlotterie (Metzgerwagen mit Pferd und Einspännergeschirr) hat Hr. Friseur H. Fischer gewonnen. Der 3. Gewinn, bestehend in einem Viktoriawagen nebst Pferd, kam nach Ebingen.
Oberndorf, 29. Sept. Gestern abend brach in Schramberg schon wieder ein Brand aus, und zwar in einem außerhalb der Stadt gelegenen