gewaltiger, daß der durch seine liebliche Plauderei so bekannte Knabe vom Augenblicke an stumm geworden ist. Die Sprache hat sich bei dem Kinde auch nicht wiedcrgesundcn.

Es verlautet bestimmt, daß außer Manteuffel in erster Linie Graf Otto Stolberg, der Vizepräs. des preuß. Slaatöminislcriums, für die Statthalter­schaft von Elsaß-Lothringen in Aussicht genommen sei. Graf Stolberg würde cvent. durch den Minister des Innern, Grafen Eulenburg ersetzt werden. Der Reichstag vertagt sich am Freitag.

Am heutigen 1. April d. I., dem 65. Ge- burtsseste des Reichskanzlers, wird dem noch lebenden Staatsmanne in der Stadt Köln ein Denk­mal gesetzt werden, und zwar unter dem Anspicien eines Oberbürgermeisters, der noch vor 15 Jahren zu den erbitterten Parteiseinden jenes Saatsmannes gehörte. Diese beiden Tharsachen - die Errichtung des Denkmals zu Lebzeiten und die Theilnahme eines ,,fortschrittlichen" Bürgermeisters an diesem Akte haben eine geschichtSphilosvphischc Bedeutung, welche hervvrgehoben zu werden verdient.

Unter der Leitung eines höheren russ. Militärs und unter Mitwirkung der Berliner Eriminalpolizei sind in Aachen 3 russ. Falschmünzer mit einer Summe von 32,000 Rubeln in falschen DrellRndclnoten fest­genommen worden. Die russ. Polizei hatte erfahren, daß in Paris eine Falschmünzcrstättc sich befinde, woselbst ausschließlich russ. Drei-Rubelnoten sabrizirt, und daß die Falschmünzer mit einein großen Betrage dieser Falsifikate nach Aachen kommen werden, um daselbst dieselben gegen echte Rubelnotcn einzutanschen. Diese Anzeige hat sich als richtig erwiesen. In dem Moment, als gerade in einem Hotel zu "Aachen die falschen Roten gegen echte eingetanscht wurden, traten die Polizcibcamten in das Zimmer, verhafteten die beiden Falschmünzer Salvmon und Rosen aus Paris, sowie den Käufer der Noten und legten ans die Vorgefundenen falschen 32,000 Rubel, welche ein ansehnliches Packet bildeten, Beschlag.

In Köpenick bei Berlin hat ein ungcrathener, liederlicher Sohn, der Schisfergeselle Geier, seinen Vater wegen lumpiger 100 Thaler, die er haben wollte, mit dem Beil ermordet.

Paderborn, 28. März. Am Montag wurde in der Nähe von Delbrück ein Manu von der Chaus- scewalze überfahren und buchstäblich platt gedrückt. Die Walze war mit 6 Pferden bespannt und der Verunglückte führte die Stangenpferde. Er hatte sich auf den vor der Walze angebrachte» Sitz gesetzt. Dem Vernehmen nach scheuten die Pferde vor vor- beizichenden gezähmten Bären, und fiel der Unglück­liche von 'einem Sitz herab, gerade vor die Walze, welche dann über ihn fort fich bewegte.

Hildesheim. Tie hiesige Polizeidirektion hat den Schaiikwirthcn unserer Stadt ein Verzeichnis; von 40 notorischen Säufern zugestcilt und ihnen ans Grund der hannover'schcn Ministerfal-Verfügung vom 12. Mürz 1841 verboten, den bezeichnet«! Personen Schnaps zu verabreichen.

In Straßburghielt der Nationalökonvm Prof. Dr. Schmoller einen Vortag über die Handelskrisen, worin er nach dem ,,Els. I." zu dem tröstlichen Re­sultat gelangte, daß eine Besserung der Verhältnisse gewiß bald cintrete, da mehr und mehr die über­mäßig ausgedehnten Industrien sich mit dem Bedarf wieder ins Gleichgewicht gesetzt Hütten. Möge er Recht behalten!

OesterreichUngarn.

Wien, 30. Mürz. DieMontagSrevue" mel­det: Der Vorschlag Rußlands, einerseits die Voll­machten der europäischen Commission in Ostrnmelien zu verlängern, andererseits dem von der Pforte cin- zusetzcnden Gouverneur zur Ausrechterhaltnng der Ruhe und Ordnung ein gemischtes europäisches Be­satzungskontingent zur Verfügung zu stellen, darf als im Princip von allen Mächten angenommen betrachtet werden. (Fr. I.)

Pest, 22. März. Allgemeine Theilnahme er­regt hier die lebensgefährliche Erkrankung des bekannten Oberlieutenants Zubovics, der in Szegedin über 100 Menschenleben errettete und nun in Folge der Anstrengung an heftigem Bluterbrechen leidet. Die Acrzte vermuthen eine Lungenverletzung und zweifeln an seinem Aufkommen. Zubovics erzählte hier schauer­liche Sccnen über seine Erlebnisse in den letzten Tagen: Manchmal war der Rcttungskahn so voll­gepfropft, daß jede Bewegung des Kahnes durch einen Truck von außen den Untergang hätte herbei­

führen können. Da kam es wiederholt vor. daß Verunglückte, den Kahn erblickend, auf denselben losschwammen und sich an ihn klammern wollten, wodurch das Umwerfen des Kahnes und die Ver­nichtung aller Geretteten unvermeidlich geworden war. ES blieb also nichts anderes übrig, als die sich Anklammernden zurückzustoßen und ihrem Schick­sale zu überlassen.

Prag, 23. März. Vorgestern hielt Kronprinz Rudolph im militär-wissenschaftlichen Verein seinen zweiten Bortrag über die Schlacht von Spichern. Hochinteressant waren hiebei am Schlüsse die Refle­xionen, welche Se. kaiserliche Hoheit an die Schlacht von Spichern knüpfte. Die Schlacht von Spichern sei eine Jnfanterieschlacht im strengsten Sinne des Wortes, sie sei das lehrreichste Beispiel der neueren Zeit, was man mit einer gut ausgebildeteu Infanterie zu leisten im Stande ist. Ei» numerisch überlegener tapferer Feind wurde hier aus vortheilhasten, mitunter sturmfreien Positionen Schritt um Schritt zurückge­drängt und zum Rückzüge gezwungen. Der Kron­prinz ging im Detail auf bas Excrcicr-Reglement und auf die Organisirung der preußischen Infanterie ein, um diesen glänzenden Erfolg zu erklären. Uebri- gens widmete er auch der französischen Armee und ihrem Commandirenden, dem General Frossard, welcher in den entscheidenden Augenblicken vergebens von Bazaine Verstärkungen verlangt hatte, warme Worte der Anerkennung.

Auch etwas für Szegedin. WieKözo" mittheilt, haben sich in Pest eine Anzahl junger Män­ner zu einem Bunde vereinigt mit der Verpflichtung, daß jeder von ihnen nur ein Szegediner Mädchen heirathen darf. Der Gedanke ist gar nicht übel und können sich daher die Szegedineriunen demnächst auf eine Massen-Brautschan gefaßt machen.

Italien.

Rom, 30. März. Tao Amtsblatt meldet: Der König hat die Todesstrafe Passanantc's in le­benslängliche Zwangsarbeit umgewandelt.

Neapel, 30. März. Als Passanantc heute das königliche Dekret, betreffend die Umwandlung der Todesstrafe, vorgelcscn wurde, äußerte derselbe:Das Herz, welches in der Brust der Mitglieder des Hauses Savoyen schlägt, konnte nicht anders handeln.

Die Begnadigung Passanantcs erfolgte aus eigenster Initiative des Königs. Passanantc wurde Nachts auf einem Kriegsschiff nach dein Zuchthaus auf der Insel Elba cingeschifft.

Frankreich.

In Paris wurde die Inhaberin einer Lcihbib- livrhek in der Rue Fontaine St. Georges ermordet. Ter Verdacht dieses Mordes ruht nun auf zwei, soeben aus Nnmea zurückgekehrtenbeste Bürger." 1871 hatte die Ermordete zwei Kommunarden ange­zeigt, die nach Nen-Caledonien geschickt und jetzt begnadigt wurden. Diebesten der Bürger" hatten (glaubt inan) nichts Eiligeres zu thun, als die arme Frau zu ermorden. Das verspricht Einiges für die Zukunft.

England.

London, 20. Mürz. ^Oberhaus.) Lord Hard- ley lenkt die Aufmerksamkeit des Hauses auf die ge­drückte Lage des Handels und der Landwirth- schaft und fragt an, ob die Regierung beabsichtige, eine Untersuchung über die Ursachen dieser Kalamität anzustellen. Graf Beaconsfield erklärte, er glaube nicht, daß eine Verminderung der Steuern die Land- wirthschast bessern würde. Der jetzige Nothstand der Landwirthschast sei beispielslos, er sei hervorgerufen einmal durch die Aufhebung des Schutzzolles, wodurch sich die schlechteren Ernten fühlbar gemacht haben, weil sie nicht durch höhere Preise ausgewogen werden konnten; sodann sei die auswärtige Konkurrenz höchst nachtheilig für die Landwirthschast. Der Handels- ftand sei ebenfalls gedrückt, doch sei dieser Zustand nicht identisch mit dem der Landwirthschast; der Ackerbau habe in Folge des Anwachsens und der Beförderung der fremden Konkurrenz ab- genommcn, während der Handel Englands mit dem Auslände zugenommcn habe. Derselbe habe nur durch niedrige Preise gelitten, diese selbst seien hervorgeru- fcn worden durch die Entdeckung der Goldlager in; Jahre 1852 und die seitherige Goldströmung nach Europa durch Einführung der Goldwährung in meh­reren Ländern. Dadurch sei das Silber entwerthet worden. Eine Untersuchung würde jetzt kein beson­deres Resultat ergeben, später wäre eine Untersuchung

der Ursachen des veränderten Metallwerthes und die Wirkung desselben auf den Handel vielleicht erwünscht.

Rußland.

Am 17. ds. begann vor dem Kreisgericht in Kutais (Kaukasus) die Schlußverhandlung gegen die 7 dortigen Inden, die beschuldigt werden, am 16. April v. I. im Dorfe Perewissy das 6jührige christ­liche Mädchen Sarra Modebadze geraubt, dasselbe im Städtchen Satschchery getvdtet und ihm daselbst das Blut zu rituellen Zwecken abgezapst zu haben. Da das Verbrechen in der Nacht vor dem jüdischen Osterfest geschah, wird der Mord als zu religiösen Zwecken des Judaismus geschehen erklärt. Aus Furcht wollte Anfangs kein einziger Advokat die Ver- tyeidigung der Angeklagten übernehmen; endlich er­klärte sich hierzu der Vertheidiger der Wem Sassu- litsch, der Petersburger Advokat Alexandrow, bereit.

Der reichste Mann in Rußland ist der Fürst Jussupvsf in Petersburg und zugleich der geizigste. Seine 100 Häuser in Petersburg sind wahre Schwein- ställc, so starren sie von Schinutz und Schweinerei, und das Haus, das er selber bewohnt, ist das schmutzigste. Er wurde von der Polizei angehalten, diesen Augiasstall endlich zu säubern, und als er das verweigerte, zu 4 Wochen Arrest vcrurtheilt. Ganz Petersburg jaucht darob aus und sagt, wenn der auch für seine andern Häuser bestraft würde, so müßte er zeitlebens im Loch stecken.

Im Dorfe Makarnicha bei Chersson soll sich neulich nach demOdessaer Boten" folgendes zugetragen haben: Ein von dorther gebürtiger junger Bauer war, nachdem er 7 Jahre als Soldat gedient hakte, hcimgekchrt; die Türkenkugeln hatten ihn ver­schont. Nach einem kurzen Trünke im Wirthshause des Heimatdorfes und nach einer dort angestellten Nachfrage nach den Seinen begab er sich unter das Dach des Vaterhauses. Das Mütterchen eilte ihm entgegen: er aber gab sich ihr nicht zu erkennen und bestelltedas Quartier", um von den Reisestrapazeu auöznrnhen. Die Alte erkannte ihn nicht. Bevor er auf die Ofenbank sich nicderlegtc, händigte er der Frau 700 Rbl. ein: wenn er aufstehc, wolle er dieses Geld wieder an sich nehmen. Als er eingeschlafen war, eilte die Alte zu ihrem Eheherrn in die Mühle hinaus und theilte ihm mit, da habe ihr ein fremder Mann, ein Soldat, die schwere Menge Geld zum Aufbewahren übergeben,wollen wir ihn tödtcn!" rief sie,und wir werden das Geld unser nennen!" Der Alte schickte sie heim und begab sich ins Wirths- haus. Als er sich dort ein Gläschen Branntwein geben ließ, äußerte der Wirth seine Verwunderung, daß manan einem solchen Feiertage" nur so wenig trinke.Was für ein Feiertag?" fragte der Alte. Dein Sohn ist ja aus dem Kriege heimgekehrt!" So lautete die Antwort des Kneipwirths. Der Alte leert das Gläschen nicht; er eilt, sein Kind in seine Arme zu schließen. Entsetzlich! Ihm entgegen eilt schon aus dem Hause seine Frau und kündet ihm an, daßsie mit dem Kerl schon fertig sei, das Messer ihm in die Seite getrieben habe, er guackte gar nicht." Die Geschichte sieht etwas erfunden aus.

Nach der Gazette Modicale von Petersburg tritt die Diphtheritis in mehreren Ortschaften Ruß­lands mit so erschrecklicher Heftigkeit aus, daß bei­spielsweise in einer dieser Ortschaften mehr als 200 Personen im Laufe des verflossenen Monats dieser Krankheit erlagen. In der Umgebung des Städtchens Pakhomowka wurden innerhalb einiger Tage fast sämmtliche Kinder hingerafft. Seit dem Auftreten dieser Epidemie in dem Bezirke von Mirgorod wurden nach den Angaben desselben ärztlichen Journals bis Ende Dezember 14,598 Personen von derselben be­fallen, von denen nicht weniger als 6214 starben. Die Aerzte verlangen, daß endlich energische Maßregeln ergriffen werden, als da sind: Desinfection der Wohnungen, Jsolirung der Erkrankten, damit einmal dem Umsichgreifen dieser Krankheit Einhalt gethan werde.

Rumänien.

Jassy, 23. März. Heute wurde hier ein Rab­biner beerdigt. Vor einem Hause in der Vorstadt, an welchem der Leichenzug vorüber kam, standen mehrere christliche Frauenspersonen, um das Leichen- begüngniß mit anzusehen. Mehrere den Sarg be­gleitende Juden traten aus dem Zuge heraus und verwiesen den gaffenden Weibern ihre Neugierde, welche eine Beleidigung des Todten sei. Die Weiber, hierüber aufgebracht, bewarfen die Juden mit Stra- ßenkvth, woraus sich nun eine Balgerei entwickelte.