Der Gesellschafter-

Amtsblatt für den Akeramts-Iezirk Nagold.

M 12«.

Erscheint wöchentlich 3mal und kostet halbjährlich hier (ohne Trägerlohn) 1 ^ 60 für den Bezirk 2 .tch außerhalb des Bezirks 2 ^ 40 -r!.

Donnerstag den 31. Oktober.

Jnserationsgcbühr für die Ispaltiae Zeile aus ge- wöhnlichergSchrift bei einmaliger Einrückung 9 bei mehrmaliger je 6 <>.

1878.

Für die Monate November und Dezem­ber nimmt jedes Postamt und die Postboten Bestellungen auf denGesellschafter" an.

Amtliches.

Nagold.

Revision der Feuerversicherungsbücher.

Die Gemeinderäthe und Ortsseuerschauer werden mit Bezug auf Art. 12 des Gesetzes vom 14. März 1853 und den Erlaß des Kgl. Verwaltungsraths der Gebäudebrandversicherungsanstalt vom 7. Juli 1878, Minist.-Amtsblatt S. 195, beauftragt, die Feuerversi cherungsbücher nach Punkt 2 des gedachten Erlasses und nach vorherigem öffentlichen Ausruf an die Ge- bände-Eigenthümer zur Anmeldung von Veränderungen, soweit es nicht schon von einzelnen Gemeinden gesche­hen ist, einer Durchsicht zu unterwerfen und binnen 14 Tagen dem Oberamt zu berichten, ob und welche Ge­bäude einer neuen oder veränderten Schätzung oder Classen-Eintheilung zu unterwerfen sind.

Den 28. Oktober 1878.

K. Oberamt. Güntner.

Tages-Neuigkeiten.

Deutsches Reich.

Stuttgart, 26 Okt. Der ständische Ausschuß hat den mit Note des Kgl. Finanzministeriums vom 23. Okt. eingegangenen Entwurf, betreffend das Finanz­gesetz und den Hauptfinanzetat pro 18791881 der Finanzkommission der Kammer der Abgeordneten über­wiesen. Die Einzelreferenten derselben sind gegenwärtig mit der Prüfung der Steucrverwendung in den Jahren 187577 beschäftigt. Ueber Zivilliste, Apanagen, Renten, sowie über Grundstocksverwallung berichtet wie seither Egelhaaf, über Staatsschuld von Schmid, über Pensionen und über die Leistungen ans Reich Frhr. W. König, über das KapitelGeheimer Rath" Zip- perlen, über das Departement des Aeußern derselbe, über das Justizdepartement Vizepräs v. Schwandner, über das Departement des Innern v. Hofacker, über das Departement der Finanzen und über die Münz­verwaltung Frhr. v. Gültlingen, über das Kult- Departement Lenz, über den Ertrag der Eisenbahnen Baumgärtner, über die Post und über die Restverwaltung Vogel, über direkte und indirekte Steuern und die Forstverwaltung Beutler; über die Sustentatitonskasse und über Kameralämter Richter, über den Ertrag des Berg- und Hüttenwesens und der Salinen v. Morlock, über Telegraphen und Bodenseedampfschiff, fahrt Stälin. Wenn die Prüfung der Steuerverwen» düng beendigt ist, wird die Kommission an die Vor- berathung des Etats-Entwurfs gehen und die Referate über die verschiedenen Kapitel an ihr Mitglieder voraussichtlich in derselben Weise wie oben angegeben vertheilen.

Stuttgart, 28. Okt. Der Landtag wird, wie wir aus guter Quelle erfahren, auf Montag den 18. Nov, nicht den 12. Nov., cinberufen.

Stuttgart, 29. Okt. Am 23. d. W., Abends 6'/» Uhr, wollten zwei Skudirende in ihr Wohnzimmer, Alleenstraße 1 gehen, fanden aber die Thüre von innen verschlossen und bemerkten auch, daß Jemand im Zim mer war. Sie wendeten sich deßhalb an den Haus- eigenthümer, dieser ließ den Schlosser rufen, welcher sodann das Zimmer öffnete. Letzteres war aber leer, der Mann, welcher im Zimmer gewesen, hatte 2 im Zimmer befindliche Teppiche zusammengebunden, am Fenster befestigt und sich hinabgelassen; die Teppiche reichten aber vom 2. Stockwerk nicht auf den Boden und deßhalb mußte der Mann aus ziemlicher Höhe hinabspringen. Später wurde derselbe in der Rosen­straße ermittelt, wobei es sich herausstellte, daß er bei der Flucht den Fuß gebrochen hat. Er wurde in's Katharinenhospital verbracht. Bei den weiteren Nach­forschungen stellte es sich heraus, daß er sich aus dem

Arresthaus in Mainz geflüchtet und in Cannstatt einen Betrug verübt hat.

Stuttgart, 29. Okt. Am Sonntag haben im hiesigen Polizeiarrest sieben, am Montag sechs und heute Nacht drei Arrestanten sich die Kleider vom Leibe gerissen, um sich frische Kleider zu erzwingen.

Eßlingen, 27. Okt. Die schon seil einigen Jahren herrschenve Geschäslskrisis macht sich in hiesiger Stadl immer fühlbarer durch Entlassung von Ar­beitern in den Fabriken. Die Maschinenfabrik, welche früher ui ihrer Blülezeil 16001800 Arbeiter beschäftigte, hat im Laufe dieses Sommers eine große Anzahl rheils entlassen, lheits beurlaubt, so daß im jetzigen Augenblick wohl kaum über 1000 Arbeiter in derselben thälig sind. Die Kesselschmiede war einige Monate geschlossen und nun, da dieselbe das Geschäft wieder ausgenommen hat, wurde die Montirungswerk stätte vorgestern, nachdem die letzten 3 Lokomotiven für Italien dorthin adgegangen waren, ebenfalls geschlossen. Aber auch in den üvrigen Werkstätten, der Dreherei, dem Lokomoilvendau rc. habe» Einlassungen von Ar. beilern staltgefunde». Im Zeichenbureau wurde gestern 6 Zeichnern gekündigt. Wenn inzwischen nicht neue Bestellungen einlrcfjen, wird wohl auch bei dem Brückenbau beschäftigten Arbeitern in der nächsten Zeit theilweise gekündigt werden. Die Kesselschmiede hat gegenwärtig mit Änsertigen von Reseroekesseln für Rußland und Italien vollauf zu thun. Auch ist Aus­sicht vorhanden, daß weitere Bestellungen erfolgen. In andern Fabriken haben gleichfalls Entlassungen stall­gefunden, oder stehen solche bevor. Natürlich üben diese Verhältnisse auch eine Rückwirkung aus die hiesigen Häuserbesitzer und Gewerbetreibenden aus; viele Woh­nungen stehen leer, was bei den hohen Steuern doppelt schwer empfunden wird.

Aus O bers chw aben, 25. Okt Man schreibt so viel über Wucherjuden, meint aber damit nicht im mer Israeliten, sondern sog. gute Christen. An solchen fehlt es in Biberach auch nicht. Wie ich gestern nun gehört, soll aber in eben erwähnter Stadt ein wirklicher Zsraelite einem bedrängten Geschäftsmann für ein Darlehen von 100 <>A nur 60 gegeben und die 40 als Provision zurückbehalten habe. Gewiß auch ein reelles Geschäftchen. Es sollte eben alles seine Grenzen haben. (T. Ehr.)

Von der Hohenzollern'schen Grenze, 26. Okt. Die Untersuchung über die Entstehung des Bran­des in Steinhofen, welchem fünf große Bauernhäuser mit Scheunen und Stallungen zum Opfer fielen, hat zur Verhaftung einiger Personen aus diesem Orte Veranlassung gegeben.

In Edesheim und Rohrbach hat man Versuche mit dem Anbau der gemeinen Nessel und mit Erzeu­gung von Gespinnsten aus ihrer Faser gemacht, die so übel nicht ausgefallen sind. Die Gespinnste waren beim Oktoberfest in München ausgestellt, sie sind ganz weiß und scheinen haltbar zu sein.

Die Braut des Herzogs von Guiche, Fräulein Margarethe von Rothschild, tritt zur katholischen Kirche über, sie erhält seit einiger Zeit Religionsunterricht bei dem Stadtpfarrer von Frankfurt.

Eisenach, 27. Okt. Heute Nacht bei starkem Sturm ist die Stadt Lengs seid von schrecklichem Brande heimgesuchl worden. Die halbe Stadl mit Amtsgebäude, Rathhaus, Schule, Post, über 60 Wohn Häuser ohne die Nebengebäude liegen in Asche. Der Jammer ist gräßlich.

Als dieser Tage der Erbprinz von Mei­ningen mit seiner Gemahlin zum Diner zu den kronprinzlichen Schwiegereltern nach dem Neuen Palais fuhr, hatte das Gefährt das Mißgeschick, eine Frau zu überfahren. Das junge Paar stieg sofort aus, ließ die Uebersahrene in den Wagen setzen und nach dem St. Josephskrankenhause fahren und setzte seinen Weg zu Fuß fort.

Der verstorbene Freiherr Abraham von Oppen­heim hat seine Gattin, geb. Beifuß, zur Universaler­bin eingesetzt, jedoch Legate ausgesetzt: seiner Pflege­tochter, Gattin seines Neffen, Legationsrath v. Kusserow, eine Million Thaler, seiner alten Haushälterin hun­derttausend Thaler und jedem seiner drei Neffen: Eduard, Albert und Felix, Söhnen seines Bruders Simon,als Andenken" dreitausend Thaler.

(EinReichsseind.") DerMain,er Anzeiger" berichtet aus Mainz-.Gestern durchwanderte ein fremder Herr, angeblich aus «straßburg, die hiesigen Straßen, besah sich aufmerksam diejenigen Schaufenster, in denen er Land­karten wahrnahm, und kaufte überall dasdeutsche Reich." Mit einem ansehnlichen Packdeutscher Reiche" wanderte er dann zu den Römersteinen, wo er sämmtliche Karten ver­brannte und dabei französische Lieder sang.

Berlin, 26 Okt. In der Untersuchungshaft befindet sich augenblicklich ein Mann aus der höheren Gesellschaft, dessen Prozeß in nächster Zeit zur Ver­handlung kommen wird. Derselbe ist der Fälschung von Urkunden angeklagt, durch welche er sich in ten Besitz einer Erbschaft von 105000 Mark zu setzen gedachte. Wie das Urtheil ausfallen wird, können wir nicht sagen, hätte der Mann aber ahnen können, daß ihm während der Untersuchungshaft ein rechtmäßiges Echtheit von ca. 300000 M. zufallen würde, wie es in der That geschehen, dann säße er, wie das hiesige Fremdenbl. sehr treffend bemerkt, sicher nicht in Unter­suchungshaft.

Berlin, 26. Okt. Wie gerüchtweise verlautet, wird im Bundesralhe der direkte Antrag auf Erlaß eines Gesetzes vorbereitet behufs Wiedereinführung der Wuchergesetze. Der Maximalzinsfuß von 6°/o, die zivilrechtliche Unverbindlichkeitwucherischer" Geschäfte und deren strafrechtliche Verfolgbarkeit sollen wieder ausgesprochen und das Bundesgesetz vom 14. Novem­ber 1867 bezüglich der vertragsmäßigen Zinsen auf­gehoben werden.

Berlin, 28. Okt. DerReichsanzeiger" ver­öffentlicht wieder Bekanntmachungen von Verboten von 12- Vereinen und mehrerer Druckschriften.

Der vom staatskirchlichen Gerichtshof in Berlin seines Amtes für Preußen entsetzte Fürstbischof von Breslau, Dr. Förster, hat bei seiner auf dem Schlöffe Johannisberg in Oester. - Schlesien begangenen Jubi­läumsfeier, abgesehen von zahlreichen Ehrengaben und Gratulationen preußischer und östreichischer Diöcesan- Angehörigen, von der Kaiserin Augusta ein in Bril­lanten eingefaßtes Lees-liomo-Bild zum Geschenk er­halten. Die Herzogin von Ratibor war zur Beglück­wünschung des Jubilars selbst nach Johannisberg gereist.

Dem Finanzminister Ho brecht wird in einem Artikel derNat.-Ztg." nachgesagt, daß er in seiner Stellung mit ganz ungemeinen Schwierigkeiten zu kämpfen habe. Diese Schwierigkeiten sollen vornehm­lich in der dem neuen Finanzminister obliegenden Reform der Zölle und Steuern des Reiches ihren Grund haben, und es wird hinzugefügt, daß die Lösung der ihm gestellten Aufgabe Herrn Hobrecht allem Anscheine nach kaum gelingen werde. Auch sei man nicht umsonst beflissen, über die Heidelberger Finanzminister-Konferenzen ein so tiefes Schweigen zu beobachten, es sei vermuthlich nicht viel herausgekom­men und jedenfalls nicht so viel, wie man auf verschie­denen Seiten erwartet hatte. Diese Andeutungen werden Manchem nicht ganz unerwartet kommen. Wenn sie im Großen und Ganzen das Richtige treffen, so würde man sich hiernach auf einen abermaligen Wechsel in der Leitung des Finanzministeriums gefaßt halten müssen Möglich, daß dieses Ereigniß sich noch eine Weile hinzieht, aber unglaublich scheint es uns, daß Herr Hobrecht bei der Aussichtlosigkeit der angestrebten Reform sich längst schon selbst aus seiner jetzigen Stllung hinwegsehnt.

Nach einem Berliner Telegramm derA. Allg. Ztg." hätte der Emir von Afghanistan in einem Schrei-