Botschafter-Posten beim Sultan in Legationen umzu» wandeln. Deutschland beginnt damit, indem es Lim- burg-Stirnm, bisheriger weimarischer Gesandte, zum Gesandten in Konstantinopel ernennt. Ueber Armenien fand folgende Einigung statt: Die Verwaltung leitet ein von der Pforte ernannter General-Gouverneur. 75 pCt. der Einnahmen werden für die Verwaltung der Provinz verwendet, 25 pCt. gehören der Pforte als Tribut. 20 pCt. Einnahme müsse» für Schulen verwendet werden. Die Pforte behält das Besetzuugs- recht. Die Provinz darf nur 4000 Milizen unterhalten. Religionsfreiheit wird garantirt; während eines Iah res überwacht eine internationale Commission die Aus­führung. (Fr I )

Berlin, 8. Juli. Beaconsfield theilte heute im Congreß mit: England werde mit der Pforte Er- laubniß Cypern besehen, wofür es einen Theil der türkischen Kriegsschuld an Rußland übernehme und die Zinszahlung für jene türkischen Anleihen übernehme, für welche die Einkünfte Cyperns verpfändet wurden.

Berlin. Einen heilsamen Schrecken dürfte allen den Denunziationsjägcrn, die, wie dies schon mehrfach leider konstatirt werde» konnte, lediglich aus persön­lichem Rachedurst mit Denunziationen wegen Majestäts- Leleidigung Vorgehen, eine Verhandlung einflößen, welche die VI. Kriminaldeputatio» gestern gegen den Tischler­meister Hermann Friede. Emil Rud. Müller wegen wissentlich falscher Anschuldigung zu verhandeln hatte. Derselbe ließ sich am 6. Juli d. I im Kriminalkom­missariat bei dem Kommissarius Feige vor-uelden und zeigte an, daß der Materialwaarenhäudler Klein in der Kastanienallee 75 ihm gegenüber, als er sich bei ihm Zigarren kaufte, sein Bedauern über das Mißlingen des Attentats ausgedrückt habe. Da Müller auf wie­derholtes Befragen versicherte, in keinerlei feindlicher Bezieh»»»-; zu Klein zu stehen, trotz der Versicherung des Müller, daß er den Denunzianten überhaupt nicht kenne, aber dabei blieb, daß er sich nicht irre, so erfolgte die Verhaftung des Klein, der jedoch sehr bald wieder auf freien Fuß gesetzt wurde, da er durch viele Zeugen nachwies, daß er ein gut königlich und patriotisch ge­sinnter Mann sei. Der so schwächlich Verdächtigte suchte nun nähere Details über die Persönlichkeit des Denunzianten zu ermitteln und eruirte, daß es der Mann einer Person sei, die wegen eines in der Hand­lung des Denunzirten verübten Butterdiebstahls zu längerer Gesängnißstrase verurtheilt worden war. Ge­rade an dem Tage, an welchem die Frau ins Gesänge niß überführt wurde, reichte der Mann die Denunziation ein. Das ganze Ergebniß der Beweisaufnahme ließ kaum einen Zweifel darüber, daß die Denunziation in der That wider besseres Wissen erfolgt war und so verurteilte der Gerichtshof den Angeklagten zu 1'/, Jahren Gefängniß. (Neue Ztg.)

Der Kongreß hat seine Aufgabe im Wesent­lichen beendet. Die noch zu regelnden Einzelfragen sollen Gegenstand von einzelnen Handlungen der be­treffenden Mächte und einer in Berlin verbleibenden Konferenz" sein, die aus den dort akkreditirten Bot­schaftern sich zusammensetzen wird. Nicht übel bemerkt ein Blatt, der Kongreß gleiche einestheils dem Schiller'- fchenMädchen aus der Fremde", anderntheils dem heiligen Krispinus. Von ersterem heißt es bekanntlich:

..Sie tbeilte jedem eine Gabe.

Dem Blumen, jenem Früchte aus;

Der Jüngling wie der Greis am Stabe

Ein jeder ging beschenkt nach Haus."

So hat auch der Kongreß mit seinen Gaben an Län­dern und Städten nicht gegeizt, aber bekanntlich freilich nur auf Kosten der Türkei und insofern gleicht er dem Krispinus, welcher das Leder gestohlen hat, um den armen Leuten Schuhe zu machen. (Neue Ztg.)

Hödel benimmt sich so störrisch und roh, daß er immer noch Fesseln tragen muß.

Hamburg, 5. Juli. Abermals ist unsre Stadt durch eine grauenvolle Mordthat in Aufregung versetzt wor­den. Heute früh um 4 Uhr fanden patroullirende Constabler in einem nahe der Stadt (in Halmi belegenen Park die Leiche eines seit einigen Tagen vermißten lljährigen Knaben, Sohn eines hiesigen geachteten Kaufmanns (Blom), in einem Schrecken erregenden Zustande. Dem Knaben war nämlich der Bauch aufgeschlitzt, aus welchem die Gedärme heraus- hiengen. Der Mund war mit einem Taschentuche verstopft, und verschiedene Anzeichen deuten darauf hin, daß an dem­selben noch ein weiteres bestialisches Verbrechen verübt wor­den ist. Glücklicherweise ertappte man bald nach der Auf­findung der Leiche das Verbrecher-Monstrum, denn so darf man den Thäter wohl nennen, weil die Bermuthung nahe liegt, daß dieser auch zwei früher in unserer Stadt vorge­kommene ähnliche Verbrechen verübt hat, von deren Urheber bisher eine Spur noch nicht ausgesunden worden ist. Das Scheusal ist ein Bäckergeselle in den Mer Jahren: man faßte ihn in der Nähe seines Opfers, wo er sich versteckt hielt, um, wie man meint, das Taschentuch und ein bei der Leiche zu­rückgelassenes Taschenmesser in Sicherheit zu bringen.

In Posen ist in der Nacht vom 3. auf den

4. Juli eine 70 Jahre alle Frau mit ihrer Nichte durch Erdrosselung ermordet worden. Nach den Vor­gefundenen erbrochenen Kommoden liegt hier ein Raub­mord vor. Ein Arbeiter, früherer Kutscher im Hause, ist verhaftet worden.

OesterreichUngarn.

Wien, 6. Juli. Der Schah von Persien ist gestern Abends, auf dem Bahnhofe vom Kaiser em­pfangen, in Wien angekommen und in der Hofburg avgestiegen, wo ihm 40 Zimmer eingeiäumt wurden. Seitens des Publikums war der Empfang des Schah nur ein sehr kühler. Sein Aufenthalt in Wien soll acht Tage dauern. (Fr. I.)

Wien, 7. Juli. Der Einmarsch in Bosnien wird zwischen dem 15. und 20. Juli erfolgen. Der die Okkupationsarmee kommandirendc General-Feldzeug- meister Philippooics, der zur Zeit in Wien verweilt, hat Instruktionen erhalten, mit der größten Strenge vorzugehen, im Falle Jnsurgentendanden die k. k. Trup­pen zu belästigen versuchen sollten. Man glaubt hier allgemein, daß die Besetzung der türkischen Provinzen trotz dem halbwegs erzielten Einverstäudniß mit der Pforte nicht ohne blutige Zwischenfälle vor sich gehen wird. Die Zahl der Truppen, die zum Einmärsche bestimmt sind, schwankt zwischen 100- dis 150000 Mann. Es werden übrigens alle Vorkehrungen ge­troffen, um, wenn nöthig, weitere Mannschaften sofort nachfenden zu können. (Neue Ztg.)

Wien, 8. Juli. Der Congreß hat die Freiheit der Donau beschlossen. Die Schifffahrt vom Eisernen Thore abwärts wird vollständig frei, alle Donau­festungen werden geschleift, neue zu errichten, ist unter­sagt. Keinerlei Kriegsschiffe dürfen einsahren, ausge­nommen die leichten Fahrzeuge für die Strom-Polizei und denZolldienst. Zum Schutze der Donau-Mündungen bleibt die europäische Commission bestehen, deren Function vollständig unabhängig von jenem Staate ist, welchem das Donau-Delta gehört. Die Negulirung des Eisernen Thores wird ansjchließiich Oesterreich übertragen, welches zur Deckung der Kosten eine pro­visorische Laxe erheben darf.

Wien, 8. Juli. Die N. Fr. Presse meldet aus Serajevo: Beim Bekanutwerden des bevorstehenden Einmarsches der Oestreicher wurde der Bazar geschlossen. Die Türken versammelten sich bewaffnet. Unter den Christen herrschte Anfangs Panik, später fralernisirten sie mit den Türken. Gegen die Okkupation wurde telegraphisch beim Kongreß protestier. Von der Ka­serne hat eine Demonstration stattgesunden, die Ab­setzung des Militärkommandanten Bosniens wurde verlangt und erwirkt. Kein Exzeß wurde verübt, je­doch ist die Lage bedrohlich. (D. M.)

Frankreich.

Paris, 7. Juli. Die Lage in Marseille hat sich wieder verschlimmert: nicht als ob neue Schlägereien auf der Straße vorgekommen wären, aber der Ge­meinderath von Marseille, der sich durch seine stark radikale Gesinnung auszetchnet, wie diejenigen von Paris und Lyon, scheint es jetzt zu einem Konflikt mit der Regierung treiben zu wollen. Einmal hält er die Forderung aufrecht, daß die Statue des Bischofs Bel- zunce von dem gleichnamigen Platze entfernt werden müsse. Es hieß anfangs, die Regierungs-Behörden wollten diesem Verlangen nachgeden, aber dem ist nicht so, und man kann das der Reg. in Wahrheit nicht übel nehmen. Wenn in Frankreich jede Partei, die augenblicklich die Gewalt hat, alle Statuen ihrer poli­tischen Gegner umzuwerfen sich herausnimmt, wie die Kommune es mit der Vendomesäule gemacht hat, so würden in nicht langer Zeit keine Bildsäulen mehr im Lande zu finden sein. Die Reg. ist jedenfalls nur darum zu loben, daß sie eine solche Bilderstürmerei nicht gutheißen will. (Sch. M.)

England.

London, 7. Juli. Die conservativen Vereine von London haben beschlossen, dem Lord Beaconsfield einen festlichen Empfang bei seiner Rückkehr von Ber­lin zu bereiten und ihm eine Adresse zu überreichen.

London, 8. Juli. Im Unterhause gab der Staatssekretär des Innern Croß auf Befragen Hartingtons folgende Erklärung ab: Im Hinblick auf den Umstand, daß Rußland einen Theil des astatischen Gebiets des Sultans behalten werde, gingen die Königin und der Sultan am 4. Juni eine Konvention folgenden Inhalts ein:Falls Rußland Batum, Arda- han oder Kars oder einen dieser Plätze erhält und falls Rußland irgend zukünftig versuchen sollte, in den Besitz eines weiteren Theiles als des durch den defini­tiven Friedensvertrag festgesetzten astatischen Gebietes des Sultans zu gelangen, verpflichtet sich England dem Sultan zur Vertheidigung beizustehen. Der Sultan

verpflichtet sich, die Besetzung CypernS durch England zu gestatten. Falls Rußland je der Pforte das durch den jüngsten Krieg in Asien erworbene Gebiet zurück­gibt, hört die Konvention auf und England räumt die Insel." Da die Bedingungen, worauf die Konvention basirt ist. jetzt eingetreten sind, hat die Pforte einen Firman erlassen, welcher England zur Besetzung von Cypern ermächtigt. England wird sofort Besitz von der Insel ergreifen. General Wolseley ist zum Statthalter der Insel ernannt. Die betreffenden Schriftstücke werden heute vorgelegt werden. (Beifall der Konservativen.)

Amerika.

New-Aork, 7. Juli. Die Nachrichten über den Krieg mit den Indianern sind ernster Natur. Die Indianer dringen nach Norden vor. Eine starke Ko­lonne versuchte den Columbia zu überschreiten. Die Stadt Canyon City ist von Indianern umzingelt, das ganze Gebiet in größter Erregung.

Handel und Verkehr re.

Stuttgart, 8. Juii. Im Saale des Schützenhoss fand gestern Vormittag von 10 Ubr an bis Nachmittags 2>/» Uhr eine Versammlung von Vertretern württembergischer Vorschuß- und Gewerbebanken, unter dem Vorsitze des Rechts­anwalt Zeller, statt. Vertreten waren von 107 Genosten- schastsbanken 4t durch 78 Delegirte: Nagold durch 2. Der Versammlung wohnte auch der berühmte Gründer der Ge- nonenschaftsbanken, Herr Schulze-Delitzsch, welcher Tags zuvor angekommen war, an; derselbe nahm an den umfas­senden Verhandlungen, bei welchen sich eine größere Zahl Redner betheiligten, Antheil und mahnte namentlich daran, die Vorschläge der Reichsbank nur soweit sie annehmbar durchzuführen, allein den Antrag derselben, jeder Zeit die Einsicht der Bücher vornehmen zu können, abzulehnen, ja sogar die Anstellung von Revisoren durch den Staat halte er nicht für geboten, die Vereine sollen ihre Revisoren selbst wählen. Nachdem noch mehrere Redner in diesem Sinne gesprochen, wurde beschlossen, die Vorschläge der Reichsbank soweit annehmbar durchzuführen, allein der Antrag derselben, die Revision von Seiten der Reichsdank besorgen zu lasten, wurde abgelehnt. Vor Schluß der Tagesordnung wurde noch der Antrag:Die württemb. Vereine sollen sich dem allgemeinen deutschen Verbände anschließen", wiederholt ge­stellt. und wie es scheint, diesmal mit Erfolg. Nach den Berathungen versammelten sich die Vertreter der auswärtigen Banken, denen sich hiesige Mitglieder deigesellt hatten, bei einem Mahle im Schützendes, wobei Herr Schaupert als Wirth das Möglichste that, um der Gesellschaft seinen Gast- Hof in empfehlende Erinnerung zu bringen. Nach dem Esten begaben sich die Gäste theils aus das Schießhaus, theiis in den Stadtgarten, welcher gegenwärtig durch seine wundervolle Flora berühmt ist. Abends kehrten die meisten der auswär­tigen Theilnebmer nach Hause zurück. (Neue Ztg.)

Stuttgart, 8. Juli. (Landesproduktenbörse.) Die heutige Börse war in Folge der weniger günstigen Witterung etwas belebter als vor 8 Tagen, doch haben sich die Preise nicht wesentlich verändert. Wir notiren per 100 Kilogr.: Weizen, rust. 22 23 ^l 75 «<. dto. Ungar. 23

70 -4. dto. amerik. 23 50 «I. Kernen 24 90 «< dis

25 ^ Dinkel 16 Haber 14 50 «<15 «L Kohlreps

2831 Mehlpreise pro 100 Kilogr. inkl. Sack. Mehl Nro. 1: 36 50 -4-37 dto. Nro. 2: 33 50 «< bis

34 dto-

Nro

3: 29

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30 ^ dto. Nro. 4: 26

50 «<-27

Mittlere Fruchtpreise per Ceutner

vom 26. Juni bis 2. Juli.

Kernen. Roszen. Gerste.

^< «< «-st: «<

Backnang . ......-

Haber.

«1

7. 52.

Biberach

12. 27.

9. 12

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7. 35.

Winnenden

11. 75.

.

..

7. 82.

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12. 78.

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8. 12.

Bopfingen

11. 60.

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7. 30.

Giengen

12. 50.

9. 20

..

7. 20.

Rottweil

12. 71.

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7- 70.

Ebingen .

13. 9.

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7. 12.

Geislingen

12. 34.

9. 58

..

..

Hall . .

12. 28.

9.

..

..

Heidenheim

12. 45.

9. 50

9. 10.

7. 31.

Nagold .

..

10. 2

10. 32.

7. 99.

Ulm . .

12. -.

9. 80

8. 10.

7. 41.

Urach

..

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7. 40.

Kirchheim

12. 85.

.

9. 93.

7. 40.

Leutkirch :

12. 30.

.

..

7. 21.

Riedlingen

12. 4.

.

8. 50.

6. 95.

Tuttlingen

12. 20.

.

..

7. 39.

Waldsee

11. 89.

.

..

7. 35.

Ulm,

6.

Juli.

,Si.-Anz.)

Reps preise.) Zufuhr 275 Ctr.,

mittlerer 13 84 <4, niederster 12 50 -4. Erlös 3806

Nürnberg, 6. Juli. (Hopsen.) Während in den ersten Tagen des Juli die warme sonnige Witterung allge­mein befriedigte, haben seitdem Winde und naßkalte Tem­peratur wegen Benachteiligung der Hopfenpflanze zu viel­seitigen Klagen Anlaß gegeben, weil dieselben nicht blos auf die Blütheu-Entwicklung des Frühhopsens, sondern auch aus das Wachsthum der sehr zurückgebliebenen schwachen Rebe nachthsiligen Einfluß übten. Etwas günstiger als in der Woche lauten die Berichte aus England und Amerika, weil sie bekanntlich früheren Datums sind, doch bestätigen diesel­ben, daß man nirgends die Höhe des vorjährigen Ertrags, in Amerika günstigsten Falles nur drei Viertel desselben er­wartet. Ueberall bleibt das fernere Gedeihen der Pflanze von der Witterung abhängig, welche entschieden gelinder sein und wärmere Nächte bringen muß, als die seitherigen, soll die Ernte sich günstiger gestalten. Vom Markte ist wenig Neues zu berichten.