Amtsblatt für den Meramts-Uezirk Magokd.

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Donnerstag den 11. Juli.

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Tages-Nenigkeiten.

Deutsches Reich.

Nagold, 9. Juli. Telegramm der Telegra­phendirektion Stuttgart : Berlin, 9. Juli 10 Uhr Vorm. D>e Kräfte Sr. Majestät des Kaisers und Königs sind in dem Grade fortgeschritten, das; Aller» höchst derselbe den Versuch des Treppensteigens heute mit gutem Erfolg unternehmen konnte.

Gez. Dr. v. Lauer. Dr. v. Langenbeck. Dr. Wilms.

. * N ag o ld , 9. Juli. In Mohn Hardt- Ge- meindebezirks Walddorf, ist heute in frühester Morgen­stunde ein größeres Bauernhaus mit Scheuer abge­brannt. Das Feuer kam in der Scheuer aus, auf welche Weise ist noch nicht sestgestellk.

I Im schönsten Sonnenglanze ist am 7. ds., Nachmittags, in Fünfbronn die Einweihung des neugeschaffenen Friedhofs von allen Bewohnern und benachbarten Freunden in feierlicher Weise begangen worden. Seit wohl 30 Jahren war diese Schöpfung von einem Theil der Bürgerschaft geplant, um des ortsüblichen, besonders in strengen Wintern nicht nur beschwerlichen, sondern auf den alten Wegen gefährlichen Tragens der Leichen nach dem Stun­den entfernten Mutterorte Simmersfeld überhoben zu werden. Wollte dies Iheils aus kleinlichen Sparsam­keitsrücksichten mancher weiland Bürger, theils aus Gründen der Gegenwirkung einer gewissen dahinge­gangenen Machtvollkommenheit so manches Jahr nicht gelingen, so steht nun doch Dank der Energie der Ortsbehörde der Friedhof vollendet da. Die große Menfchenmasse, welche am Sonntag den künftigen Ruheplatz der Tobten", zu welchem der Ortslehrer mit der Schuljugend geistliche Lieder singend der Ge­meinde voran hinausgezogen war, erfüllte, um den ernsten und feierlichen Einweihungsworten des Paro- chiegeistlichen offenes Ohr und Herz zu leihen, gab der pietälsvollen Gesinnung gegen den stillen Ort einen schönen Gesamtausdruck. Ein Grabhügel ist daselbst noch nicht aufgeworfen; wer der Erstling derRuhe dieses Friedhofs" werden mag, das weiß nur Gottes große Barmherzigkeit.

Nach einer Bekanntmachung des Stadtschulthei» ßenamts Calw hat sich auf dortiger Markung die so gefährliche Blutlaus, wenn auch bis jetzt noch in vermindertem Grade, gezeigt.

Stuttgart, 6. Juli. Heute Vormittag wurde in der Nähe der Kreuzung der Reinsburg- und Sil­berburgstraße bei der Villa Zorn das Pferd eines im Schritt fahrenden Kutschers in Folge von Musik scheu; dasselbe sprang auf die Seite, wobei 3 Kinder unter den Wagen kamen, von denen das eine lebensgefährlich verletzt wurde und inzwischen gestorben ist, während die beiden andern ganz leichte Verletzungen erhielten.

Stuttgart, AuS dem Bericht des Marktmei­steramts über die letzte Maimesse ist zu entnehmen, daß dieselbe nur als eine sehr mittelmäßige bezeichnet werden kann. Sowohl in her Gewerbeabtheilung, als heute wurde von Gemeinderath Stähle die Abschaffung der Messen, welche nach seiner Ansicht mehr und mehr zu Krämermärkten herabsinken und ohne der Stadt einen erheblichen Ertrag abzuwersen, die ständigen Geschäftsleute der Stadt schädigen, in Anregung ge­bracht, derselbe fand ipdeß damit nirgends Anklang. Es wird von dem Gemeinderath entschieden bestritten, daß die Messen im Allgemeinen die behauptete schäd­liche Wirkung haben, und weiterhin wird geltend ge­macht, daß ,die Reineinnahme von ca. 14,000 -A>, welche die Messen abwerfen, der Stadtkasse sehr gut

thue, daß einige Theile der Messe sehr lebensfähig seien, und ei»em wirklichen Bedürfnisse entsprechen, daß es endlich richtiger sein werde, diejenigen Theile, welche sich nicht lebensfähig erweisen, eines natürlichen Todes absterben zu lasse», als sie gewaltsam zu beseitigen.

Ludwigsburg, 6. Juli. Die Anekdote von dem bayerischen Wirthzu den drei Ohrfeigen" macht überall die Runde. Aber auch Schwaben hat noch derartige Originale von altem Schrot und Korn, die reel und prompt unange­nehme Gäste bedienen. ES war an einem schönen Sonntag­nachmittag in Kornwestheim: kehrten da vier junge, flottge­wichste, kühnlich breinschauende Herrlein vom Arbeiterstand aus -Stuttgart im Alter von etwa 20 Jahren in den Wirths- häusern ein, in der Absicht, ihre frischeingesogene Weisheit in die Herzen der Bauern auszusäen. Doch vergeblich ver­suchten sie den harten Boden zu schürfen und zu lockern; die dummen" Bauern blieben taub für den Sirenengesang der jugendlichen Weltbeglücker. Mißmulhig zogen sie von dannen und traten den Heimweg an. Aber halt! was glänzt und gleißt da droben noch für ein edler Schild, zur gastlichen Einkehr ladend? Hurrah, zum Schwanenwirth! O die Arg­losen, sie ahnten nicht, welch' aristokratische Lust hier weht, sie kannten nicht das Dichterwort Carl Schönhardts an Fürst Bismarck vor dem Friedensschluß 1871 im Schwanen zu Frankfurt:Sei grob, sei ganz unmenschlich grob, nur sei kein Diplomat." Man diskutirt und disputirt, schimpft über die Bauernkneipe - und einer der Viere meint, die hiesigen Bauern seien noch um fünfzig Jahre gegen andere zurück: die kennen nicht einmal daS Wort SocialiSmus, viel weniger die Ideen, welche es enthalte.Was saget Sie do?" erscholl plötzlich die Stimme des Donnerers aus dem Hinter­grundsend Sie au einer von dene Fezzeberger, die guet jede und nex schaffe wollet; solche Kerle brauch' i net in meiner Wirthschast!" Sprachs, ergriff ihn mit nerviger Faust und beförderte ihn zur Tbüre hinaus, die drei Genoffen flogen nach. Und die Moral von der Geschicht: Schimpft über unsere Bauern nicht! (Neue Ztg.)

Vom Gäu, 5. Juli. In Weitingen wurden heute Nacht von ruchloser Hand 88 Hopfenstöcke ab­geschnitten. Der Thäter ist noch nicht ermittelt.

.Mergentheim, 7. Juli Das gefürchtete Kindbettfieber hat hier und in der Umgegend schon in 12 Fällen Mutter und Kind weggerafft. Die Trauben haben unter ziemlich günstigen Verhältnissen verblüht, und man hofft, wenn nichts außerordentliches dazwischen tritt, auf einen guten Ertrag. (Neue Ztg )

In Breme lau, OA. Münstngen, brach am 5. Juli, Nachm. 2 Uhr Feuer aus, in Folge dessen ein Wohnhaus stark beschädigt wurde. Das Feuer ent­stand durch Spielen von Kindern mit Zündhölzchen. In Alfdorf, OA. Welzheim, ist am 6. Juli ein Wohnhaus samt Scheuer ganz abgebrannt und zwei weitere Wohnhäuser mehr oder weniger beschädigt wor­den. In Miesenbach, OA. Gaildorf, ist den 7. Juli ein Wohnhaus samt Scheuer gänzlich abgebrannt.

Berl i n, 6. Juli. DerNationalzeitung" wird mitgetheilt, der östreichischen Polizei wäre es gelungen, Fäden nachzuweisen, welche von dem Nobiling'schen Attentate nach der Sekte der russischen Nihilisten hin­überreichen. Die Entsendung eines hiesigen Polizei­beamten stehe damit in Verbindung. DieNational» zeitung" gibt diese Nachricht mit allem Vorbehalt wieder, glaubt aber bei der Zuverlässigkeit ihrer Quelle solche nicht vorenthalten zu sollen. (Neue Ztg.)

Berlin, 6. Juli. Ueber die gestrige Kongreß- sitzung verlautet noch, daß einige Mächte für die Ab­tretung von ganz Thessalien und Epirus, sowie von Kreta an Griechenland sich ausgesprochen haben. Ueber» einstimmend wurde seitens aller Mächte im Prinzips die Nolhwendtgkeit der Reklifizirung der Grenzen Griechenlands anerkannt und die Meinung ausgespro­chen, daß die Linie Kalamas-Salambria die Griechenland zuzusprechende Grenze sei. Ferner wurde Griechenland überlassen, über die Details der Grenzrcktifizirung mit der Pforte in Unterhandlung zu treten, wobei die Mächte im Falle eintretender Schwierigkeiten ihre guten Dienste in Aussicht stellen. Die Vertreter der Pforte, welche ohne Instruktionen waren, konnten die Anschau­ungen des Kongresses nur »ck reksrenäum nehmen. Uebrigens sind noch Nachrichten von neuen Kämpfen auf Kreta eingegangen. Nach den bezüglichen Mel­

dungen sollen die Türken bei Kanea von 5000 Mann 500 verloren haben. Man sagt, daß England bei der Vertretung griechischer Interessen ziemlich flau gewe­sen sei. «Neue Zig.)

Berlin, 6 Juli. Niemand glaubt hier daran, daß es wegen der Besetzung Bosniens und der Her­zegowina zu einem ernsten Conflict zwischen Oestreich- Ungarn und der Türkei kommen werde; aber noch viel weniger daran, daß jenes die einmal besetzten Land­striche jemals wieder der letzteren zurückgeben werde, in weiser Erinnerung an die Mahnung Bismarck's, daßOestreich seinen Schwerpunkt nach dem Osten verlegen müsse".Das ist der Anfang dazu", meinte gestern ein hochgestellter, deutschfreundlich gesinnter Diplomat, und ließ gleichzeitig durchblicken, daß das Donaureich sich wohl in nicht allzuferner Zeit bis zum Aegäischen Meere ausdehnen dürfte, so daß Griechen­lands Chancen in dieser Beziehung nach wie vor sehr schlecht bestellt sind. Ueberhaupt betrachtet man in den vorgenannten Kreisen die ganze Arbeit des Conglesses und dessen Neuregelung der Verhältnisse eigentlich nur als ei» Provisorium für die Türkei, das früher oder später dem Definitivum ihrer gänzlichen Vertreibung aus Europa Platz machen muß. (Fr. I.)

Berlin, 6. Juli. Die ersten verantwortlichen Vernehmungen Nobiling's haben nach demBerl. Tagbl." am Mittwoch, Donnerstag und Freitag durch den Untersuchungsrichter Stadtgerichtsarzt Johl in Ge­genwart des Stadtgerichts-Präsidenten Krüger und des Staatsanwalts Lessendorff stattgefunden. Bevor zu denselben geschritten wurde, hatten die Aerzte den Zu­stand ihres Patienten sorgfältig untersucht und wa-en dieselben dahin übereingekommen, daß kurze, die Dauer von täglich zwei Stunden nicht überschreitende Ver­nehmungen innerhalb von vier Tagen zulässig seien. Nobiling gab über seine Person und seine Familien- Verhältnisse die weitgehendste Auskunft; er nannte alle seine Familien-Mitglieder und erklärte sich nach ein­dringlichen Vorstellungen bereit, die volle Wahrheit zu sagen, um sich dereinst der Milde seiner Richter zu empfehlen. Auf die Frage, ob er Mitschuldige gehabt habe, erklärte Nobiling:Ich habe die That allerdings allein ausgeführt und mir zu dem Behuf die Waffen selbst in Stand gesetzt. Von Anfang an war es meine Absicht, die That allein auszuführen und sodann mei­nem Leben selbst durch einen Schuß in den Kopf ein Ende zu machen. Bevor ich jedoch mein Vorhaben ausführte, habe ich mehreren Personen von demselben Kenntniß gegeben und bei diesen keinen Widerspruch gefunden, mithin könnte ich wohl annehmen, daß die­selben mein Vorhaben gebilligt haben. Ich kann und werde indessen ihre Namen nicht nennen." Das ist das Gesammtresultat der Nobiling'schen Aussage aus den bezeichnten drei Vernehmungen, von denen jede etwa l' Stunde gedauert haben mag. Nach dem letzten Vernehmungstage hielten die Aerzte abermals unter einander Berathungen; in diesen gelangten sie zu dem Resultat, daß eine weitere Vernehmung des Dr. Nobiling nicht mehr angänglich sei, da sein Zu­stand sich in Folge der staltgehabten Anstrengung merk­lich verschlimmert habe. (Das Merkwürdigste an die­sen Mittheilungen ist aber, daß dieselben nach der Nat.-Ztg. vollständig aus der Luft gegriffen sein sollen.)

Berlin, 6. Juli. Gegen dieFrauen" Can- zius und Staegemann, welche zur Verherrlichung social­demokratischer Ziele in einer von ihnen einberufenen Frauenversammlung sich in aufreizenden Lästerungen der Gottesfurcht, der Religion und der Kirchen- und Schul-Einrichtungen ergangen haben sollen, ist, wie die Post" hört, jetzt wegen dieses ihres Auftretens die Untersuchung eröffnet worden.

Berlin, 8. Juli. Die Frage betreffs Datum ist geordnet. Dasselbe wird russischer, den Flaggen aller Nationen geöffneter Hafen. Die Befestigungen werden geschleift. Fürst Bismarck schlägt vor, die