Vom Brenzthal, 14. Aug. Der Segen der heurigen Ernte übt gchon auf die Schrannenpreise seinen Einfluß. Sämtliche Fruchtgattungen find an den beiden letzten Schrannentagen im Preise zurückgegangen, namentlich Kernen und Haber. Von elfterer Sorte wird schon viel zu Markt gebracht und es hält sich der neue Kernen, weil ausgezeichnet, dem alten im Preise gleich. Kernen gilt gegenwärtig 8—9 also 1 weniger als vor einigen Wochen, Haber 5,5 bis 6,5 ^6, Gerste 7—8
Neresheim. 16. Aug. Ueber die Abbauwürdigkeit des Marmorlagers bei Neresheim liegen 2 Gutachten vor. Das eine von Herrn Keller, Teilhaber des Marmorgeschäftes Melchior Porzelt in Stuttgart, spricht sich sehr günstig über Qualität, Politurfähigkeit, Korn und Farbe aus und bemerkt weiter, daß, da die Ausdehnung des Lagers eine große ist, auch die Ausbeute wahrscheinlich eine entsprechende werde. Das andere — von einem Geologen abgegeben — stützt sich auf Wahrnehmungen in früheren Jahren. Es ist darin die Ansicht ausgesprochen, daß es mit unserem Marmor nicht weiter her sei als mit den Marmorlagern sonst im obern weißen Jura. Das Schlimme an dem Juramarmor bleibe das geschichtete, lagerhafte Wesen, das ihn zwar für Platten, Tische u. s. w. sehr geeignet mache, aber niemals werde ein größeres massiges Vorkommen für Bildhauerzwecke zu erwarten fein. In den letzten Tagen waren Techniker zur Besichtigung des Lagers hier, die der Meinung waren, daß, da der Marmor sich an verschiedenen -Stellen auf der Höhe und der Seite des Berges, sowie auf der Thalsohle finde, die Mächtigkeit des Lagers eine große sein werde. Man ist hier der Ansicht, daß sich größere Blöcke finden werden, wie solche schon gebrochen worden sind, wovon 5 Taufsteine verarbeitet wurden. Der Gemeinderat Neresheim hat heute beschlossen, den Abbau des Marmorlagers selbst in die Hand zu nehmen und anfangs September mit den Arbeiten beginnen zu lassen.
Weingarten, 16. August. Gestern abend starb nach kurzem, aber schmerzlichem Krankenlager der auch in weiten Kreisen bekannte hiesige katholische Lehrer und Chordirektor Ottmar Dreßler, ein fruchtbarer Komponist auf dem Gebiete der kirchlichen Musik und besonders ein vortrefflicher Kenner des altkirchlichen Chorals. Die hiesige große Orgel, eine der größten der Welt, spielte er meisterhaft, und Einheimische wie Fremde haben oft seine Kunst bewundert. Dreßler wurde nicht ganz 51 Jahre alt. Er war Inhaber der goldenen Medaille für Kunst und Wissenschaft, der fürstlich hohen- zollernschen Medaille boao moronti und des Ritterkreuzes 2. Klaffe des sächsischen Albrechtsordens.
Frankfurt, 18. Aug. Im Meri ansaal hielt gestern Abend Frau Guillaume-Schack aus Berlin den angekündigten Vortrag über die wirtschaftliche Lage der Frauen. Der Saal war überfüllt, doch bildeten die Damen nur etwa ein Drittel des Auditoriums. In fließender Rede verbreitete sich die Vortragende über die Ausbeutung weiblicher Arbeitskraft unter Anführung statistischer Notizen, aus denen hervorging, daß weder in der Industrie, noch bei der Feldarbeit die Frau einen zum Leben hinreichenden Erwerb findet, und daß dies Verhältnis in der ganzen Welt ein gleiches ist. Die Zuchthausarbeit drückt ihrerseits noch auf die Löhne. Die Billigkeit der Frauenarbeit verdrängt die Männerarbeit. So arbeiten in der Schweiz 892,000 Männer und 423,000 Frauen, in den Industriezweigen 334,000 Männer und 216,000 Frauen, in der Textilindustrie 52,000 Männer und 103,000 Frauen, in der Kleidungs- und Putzbranche 45,000 Männer und 85.000 Frauen. Den Frauen einen geringeren Lohn als den Männern zu zahlen, dazu liegt gar kein Grund vor; daß sie kränklicher seien, ist durch die Statistik als Jrrthum bewiesen, dagegen ist die Frau zaghafter, kann nicht allen Stürmen trotzen und bedarf bei den bescheidensten Ansprüchen einer theureren Toilette und sollte deshalb höher bezahlt werden, als der Mann. Die Beschränkung der Frauenarbeit durch das Arbeiterschutzgesetz kann wenig Nutzen bringen; auf gewisse Zweige werden sich um so mehr Frauen werfen und den Lohn weiter Herabdrücken. Die Frauen müssen sich zusammenthun und von den Männern unterstützt werden,
an Jsmaels Thür Einlaß begehrte. Dieser empfand einen heftigen Schrecken, als er des Grafen ansichtig wurde, dessen Gesicht eine ungewöhnliche Befriedigung verriet. Mit lebhafter Unruhe sah er demselben zu, wie er sich gemächlich niederließ, und er konnte kaum abwarten, was derselbe mit diesem zweiten Besuche am gleichen Tage bezwecke.
»Ich hoffe, Ihr seid besseren Sinnes geworden, als Ihr heute Nachmittag wäret", hob der Graf an; ich bin so glücklich, Euch ein neues Gebot sür den leidigen Wechsel machen zu können. Ich habe achtzigtausend Franken bei mir, also das Doppelte des wirklichen Betrages. Das ist ein kolossaler Gewinn, den Ihr dabei einstreicht, und ich hoffe fest, daß Ihr Euch mit diesem Opfer begnügt."
Damit legte der Graf acht Rentenbriefe auf den Tisch nieder.
Jsmael rührte kein Glied; zwei Fragen beschäftigten ihn lebhaft: woher besaß der Graf so plötzlich diese Rentenbriefe, die nimmer ein Spielgewinn sein konnten, und warum diese jähe Eile, eine Sache zu erledigen, die demselben bis jetzt zwar Sorge gemacht haben mochte, aber doch immer noch einen Aufschub gestattet hätte?
Auf die zweite Frage wußte er sich sofort die Antwort zu geben; er durchschaute den Grafen, seit er wußte, was vergangene Nacht zwischen demselben und Baltimore vorgegangen war; um sich von demselben frei zu machen, mußte er von Jsmael unabhängig werden. Sogleich auch stand Jsmaels Entschluß fest, daß dem Grafen das Spiel um keinen Preis gelingen sollte; die andere Frage, die ihn nebensächlich interessierte, mußte der Graf selbst ihm beantworten; zu dem Zwecke that Jsmael, ohne auf des Grafen Vorschlag zu antworten, den bewundernden Ausruf:
„Immer Glück im Spiele, Herr Gras! Immer Glück! Das Glück wird nicht müde, Sie zu verfolgen! Noch etliche solche Partiechen, und der Herr Graf sind wieder so reich, wie früher!"
Der Graf machte eine ungeduldige Bewegung.
damit der Lohn für beide ein gleicher werde; wie in Amerika Arbeiter und Arbeiterinnen Hand in Hand gehen, so sollte es auch bei uns sein. Ein von Frauen in Berlin gegründeter Verein hat u. a. in der Nähgarnzollfrage durch Einreichung von Petitionen an den Reichstag den Erfolg erzielt, die Zollerhöhung zu Hintertreiben. Wie Rednerin erzählte, erwiderte Windthorst der Führerin einer Deputation von Näherinnen: „Was macht denn das, ob Sie 4 oder 6 Mark jährlich Steuer zu zahlen haben? Das merken Sie ja gar nicht!" worauf jene entgegnete: „Aber, Excellenz, was denken Sie denn? Dafür habe ich ja schon ein Paar Schuhe!" Langandauernder Beifall erscholl, als die Rednerin geendet hatte.
Marseille, 17. Aug. Gestern 17 Cholera-Tote; in To u- l o n keiner. In Valenzia einige Cholerine-Todesfälle.
WevnrifcHtes.
— Die Flamme, Organ für Feuerbestattung berichtet: Ende Juli hat der Schatzmeister des Feuerbestattungsvereins zu Cincinatti, Herr Hankius, eine Reise nach Europa angetreten, um in London, Paris, Mailand und Gotha Erkundigungen über Ofenbau einzuziehen. Derselbe gedenkt auch nach Hamburg und Berlin zu kommen. E. Klingenstierna, Oküoior e. cl. cku Oönis Suöäois, Präsident des schwedischen Vereins für Leichenverbrennung in Stockholm, macht zu gleichem Zwecke eine Reise durch Deutschland.
— Fortschritte der Lebensversicherung in Deutschland. In den „Hildebrand-Conrad'schen Jahrbüchern für Volkswirtschaft und Statistik" ist wie im vorigen, so auch in diesem Jahre wieder eine eingehende statistische Arbeit über „Zustand und Fortschritte der deutschen Lebensversicherungs-Anstalten im Jahre 1884" erschienen. Dieselbe ist im wesentlichen als zweite Fortsetzung der früher und seit langen Jahren im Bremer Handelsblatt alljährlich veröffentlichten Aufsätze über den nämlichen Gegenstand zu betrachten.
Wir entnehmen dem Berichte, daß den gegenwärtig im Deutschen Reiche bestehenden 34 Lebensversicherungs-Anstalten im Jahre 1884: 64,800 Personen beigetreten sind und ihren Angehörigen damit Erbschaften im Betrage von 280,545,699 begründet haben. Im ganzen waren am Schlüsse des vorigen Jahres bei den gedachten 34 Anstalten 699,950 Personen mit zusammen 2,658,233,223 »1L auf den Todesfall versichert, wovon auf die Lebens- versicherungsbank für Deutschland in Gotha 467,393,000 auf die „Germania" in Stettin 271,395,353 auf die Stuttgarter Lebensversicherungsund Ersparnisbank 217,573,991 auf die Leipziger Lebensversicherungs- Gesellschaft 206,871,600 auf die Karlsruher Allgemeine Versorgungsanstalt 157,492,219 ^, auf die „Concordia" in Köln 156,973,397 , auf die
Lübecker Gesellschaft 127,219,380 und auf die Berlinische Lebensversicherungs-Gesellschaft 108,120,881 entfielen. Bei den obengenannten 8 größten deutschen Lebensversicherungs-Anstalten, von denen jede mehr als 100 Millionen Versicherungsbestand hat, waren somit zusammen 1,713,039,821 ^ oder nahezu zwei Drittel des gesamten Bestandes versichert.
Nach Abzug der Sterbefälle und sonstigen Abgänge ergab sich bei den sämtlichen 34 Anstalten im vorigen Jahre eine reine Zunahme des Versicherungsbestandes um 162,149,564 ^6 Den stärksten Anteil an diesem Zuwachs hatte die Gothaer Lebensversicherungsbank mit 25,694,400 Reinzuwachs.
Für gestorbene Versicherte wurden im Laufe des vorigen Jahres 37,300,765 ^ anfällig und zur Auszahlung gebracht.
KarröeL L WevkeHv.
Stuttgart, 18. August. (Kartoffel-, Obst- und K.r a u t- Markt.) Leonhardsplatz: 500 Säcke Kartoffeln zu 2 bis 2 50
per Zentner. Wilhelmsplatz: 150 Säcke Mostobst (Fallobst) zu 2 ^ bis 2 30 ^ per Zentner. Marktplatz: 1000 Stück Filderkraut zu 15 bis
20 per 100 Stück.
„Ihr irrt, Jsmael; ich habe Euch gesagt, daß ich nicht mehr spielen will, und ich werde Wort Hallen. Damit ihr aber selbst Euch überzeugt, daß ich Euch heute das Aeußerste biete, was mir zu bieten möglich ist, will ich Euch sagen, daß ich diese Papiere von der Gräfin erhielt, welcher ich meine verzweifelte Lage bei Euch auseinandergesetzt habe, und die sich nach schwerem Kampfe erst bereit finden ließ, mir zu helfen. Also, macht endlich die Sache kurz; nehmt die achtzigtausend Franken, und gebt mir den Wechsel zurück." —
„Unmöglich, Herr Graf!" sagte kurz Jsmael mit bedauernder Miene.
„Unmöglich? Achtzigtausend für vierzigtausend? Das ist himmelschreiend!"
Jsmael zuckte die Achsel.
„Ich kann in Wahrheit nicht mehr beschaffen!" beteuerte der Graf.
„Es thut mir leid, Herr Graf; ich kann die achtzigtausend nicht gebrauchen; stecken Sie sie deshalb nur ruhig wieder zu sich."
Graf Villefleur sah, daß aus dem Handel definitiv nichts werden würde und verdrießlich legte er noch einen Rententitel zu den übrigen.
„Da habt Ihr Euern Willen! Ihr ruht nicht, bis Ihr mich bettelarm wißt!"
Ueber Jsmaels Gesicht zuckte ein spottvolles Lächeln und er begann zu husten.
„Neunzigtausend?" sagte er; „bedauere, Herr Graf!"
„Hol' Euch der Henker, vermaledeite Wucherseele!" rief der Graf wütend und warf den zehnten Rentenbries auf den Tisch, so daß jetzt die hunderttausend Franken voll waren.
Zu seiner Ueberraschung machte auch jetzt Jsmael Gantz noch keine Bewegung.
(Fortsetzung folgt.)