Amtsblatt für den Kberamts-Mezirk Hlagold.
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Samstag den 16. Februar.
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1878.
Tages-Neuigkeiten.
Deutsches Reich.
In Calw wird die Frage einer bcsscren Wasserversorgung ernstlich besprochen, indem ein Tkeil der städtischen Brunnen nach jedem Regen so nübe und lehmig läuft, daß ihr Wasser kaum zu genießen ist. Der Aufwand hiesür wird zu 80000 veranschlagt. Die billigen Eisenpreise und Arbeitskräfte scheinen die Inangriffnahme der Sache zu beschleunigen.
Breitend erg, O.A. Calw, 11. Febr. Nach dem im Zeitraum von 1 Monat 2 Brandnnfälle zu rechter Zeit entdeckt und unterdrückt wurden, gehl heute Abend die Schreckcnskunde durch's Dorf, daß sich eine Frau, Mutter von 2 Kindern, ans dem Scheunenboden mit dem Rasirmesser den Hals gräßlich durchschnitten habe, woselbst sie von ihrem Manne ausgefunden wurve. Sie war vor Kurzem bedenklich krank und ist die Thal wohl der Krankheit zuzuschreiben, obwohl sie dem Anscheine nach ordentlich genesen war.
Eßlingen, 11. Febr. Das Scharlachfieber und die Halsbräune wüihen immer noch in der Kinder- wett fort, so daß manche Eltern mehrere Kinder ver loren haben. Gestern wurde einer Familie innerhalb 6 Wochen das dritte Kind beerdigt, so daß die Eltern von 10 Kindern kein einziges mehr besitzen, und heule wurde das einzige Kind des Herrn Direktors von Keßler, ein hoffnungsvoller Knabe von 9'/- Zähren unter großer Theilnayme der Einwohnerschaft zu Grabe getragen. Der imposame Leichenzng legte beredtes Zeugniß dafür ab, in welch hoher Achtung die Familie des Geschiedenen bei der hiesigen Einwohnerschaft steht.
Bopftugen, 11 Febr Grstern Abend in der Dämmerung schoß sich der 15jährige Lohn hiesiger rechtschaffener Bürgersleute im Wohnzimmer mit einer Pistole in den Kopf und ward bald darauf eine Lerche.
Riedlingen, 12 Febr. Heute Nacht wurde in Buchau ein lediger Bursche während des Besuchs bei einer Frau vom Ehemann der letzteren getödtet.
Die Crailsheimer werden nunmehr auch mit einer örtlichen Bierstcuer beglückt werden.
In Oberkessach hatte der geisteskranke I. I. Weber seine Frau mit dem Holzbeil todtgeschlagen.
In Jagstheim schon wieder ein Braüd, und zwar ist das Haus, Scheuer und Stall des dortigen Schultheißen fast vollständig zerstört worden. Die Ortsbewohner leben in größter Furcht, da Brandstiftung sicher anzunehmen.
Ner es he im, 13. Febr. Gestern Abend brach auf dem 2 Stunden von hier entfernten Baumgrieser Hof Feuer aus, das 2 reichlich mit Heu, Futter und Fruchtvorräthen gefüllte Scheunen in Asche legte, wobei ca. 80 Stück Schafe mitverbrannten.
Am 13. Februar wurde in nächster Nähe von Weissenstein ein Mann von Treffelhausen erfroren gefunden.
Bezingen. Wie weit heut zu Tage der Ge- schäfksneid reicht und wie weit herunter die Geschäfte kommen müssen, davon wird folgende Notiz den besten Beweis liefern. In hiesigem Orte sind 5 Krämer, die so miteinander wetteifern, daß das sogenannte Dreingcben geradezu an das Unglaubliche grenzt. An statt, daß man den Kindern wie es gewöhnlich üblich ist, ein paar Bonbons, welche man vom Conditor auch nicht geschenkt bekommt, dreingibt, werden jetzt Stecknadeln, Fingerringe, Vogelpfeifchen gekauft und dreingegeben und zwar solche, die den Krämer oft selbst 3 kosten. Wenn man nun bedenkt, mit was für einem geringen Nutzen der Krämer arbeiten muß, das Dreingeben aber bei jeder geringen Einnahme den Nutzen übersteigt, so muß jedem denkenden Menschen unwillkürlich der Gedanke aufsteigen, entweder gibt der Krämer Gewicht und Maas nicht her, oder aber, er muß aus seiner eigenen Tasche daraufbezahlen, und somit seinen Ruin herbeiführen. Dieß zur Charakteristik des Geschäftsneides.
Ulm, 11. Febr. Die „U. S-" berichtet: Auf
der Station Ailrang, zwischen Kaufbeuren und Gün- zach, cxplodirte der Kessel einer Güterzugsmaschine. Der Führer und die beiden Heizer wurden hinausgeschleudert. Einer war todt, die beiden anderen sind so verbrüht, daß an ihrem Aufkommen gezweifelt wird.
Baden-Baden, 11. Febr. Manschreibt der „Allg. Zlg.": Der „Franks. Ztg " wird aus Wien, übereinstimmend mit der -Nachricht des Pariser Temps, berichtet, daß Rußland als Konferenzort Baden-Baden Vorschläge und die Berliner Regierung diesen Vorschlag unterstütze. Wir können aus zuverlässiiger Quelle bestätigen, daß die Nachricht eine wohlbegründete ist. Fürst Goitfchakofs hat eine Vorliebe für Baden-Baden, woselbst er schon wiederholt einen längeern Aufenhalt genommen hat.
Würzburg, 11. Febr. Ein Münzfälscher, der 10-Pfennigstücke fabrizirte und i» ziemlicher Menge in Umlauf brachte, wurde vom Schwurgerichte zu 3 Jahren Zuchthaus verurtheilt. — Aus Anlaß des Todes des Papstes werden in den hiesigen Kirchen Lrauerfeieclichkeiten veranstaltet, die ultramontanen Vereine und Gesellschaften haben ihre beabsichtigten karnevalistischen Vergnügungen eingestellt, der ultra- montane Adel Würzburgs hält sich vou allen Bällen fern und die Damen der Aristokratie haben zum Theil Trauerkleider angelegt.
In der Gegend von Würzburg treibt sich ein junger kräftiger Mann herum, der auf „kräftige Gebete" reist und seine Heilkraft trefflich heraus- zustreichen versteht, natürlich gegen baare Bezahlung. Ungläubige und Widerborstige behandelt er mit Grobheit. Für beiderlei Kurarlen findet er Kunden.
In Lechhausen bei Augsburg haben die daselbst in großer Anzahl beschäftigten Metallschlägergehilfen die Arbeit eingestellt.
Am 10. d. M. Abends wurde in Bebra eine Frau, von Eisenach kommend, todt aus einem Eisenbahncoup« getragen, allem Anschein nach „erdrosselt", da ein Tuch fest um die Kehle gezogen war. Eine Beraubung hat nicht stattgefunden, da in der Reisetasche sich 2000 Thlr. vorfanden. Die Reisende wollte nach Amerika answandern, nähere Umstände sind jedoch noch nicht angegeben.
Mainz, ll. Febr. Der von Ihnen bereits gemeldete Brand hat gestern Abend noch seine Opfer gefordert. Beim Zusammenstürzen einer Brandmauer wurden eine Anzahl Leute verschüttet, von denen zwei todt und einer lebensgefährlich verletzt unter dem Schutt hervorgezogen wurden. (Fr. Pr.)
Berlin, 12. Febr. Zu den Vorstädten hat die Noth eine Höhe erreicht, welche von einem soeben erlassenen Aufrufe zur Privatwohlthätigkeit als wahrhaft erschreckend bezeichnet wird. Viele Haushaltungen, so wird gesagt, hätten fast den ganzen Hausrath und alle nur entbehrlich erscheinende Kleidung zum Pfandleiher wandern lassen, die Männer seien ohne Arbeit, die Zahl der eheverlasfenen Frauen vermehre sich in bedenklicher Weise u f. w. An der Spitze des Aufrufes findet sich der Name der Frau Minister Falk.
Berlin, 13. Febr. Die „Provinzial-Corresp." meldet: Beim Empfang des Reichstags-Präsidiums habe Se. Majestät der Kaiser im Hinblick auf die augenblicklich ernste Lage der äußeren Verhältnisse die bestimmte Hoffnung ausgesprochen, daß es trotzdem gelingen werde, den Frieden Europas zu erhalten.
Berlin, 14. Febr. Die Türken und Russen sollen gemeinschaftlich die Erzwingung der Dardanellen- Durchfahrt durch die englische Flotte Widerstand geleistet und am Dienstag das Kriegsschiff „Temerairc" mit 9000 Mann durch Torpedo's in die Luft gesprengt zu haben. (?) Noch bedarf diese Meldung der Bestätigung. (Fr. I.)
Berlin. Die Zahl der aus der Landeskirche Scheidenden ist sehr groß; die Beamten des Stadtgerichts
haben alle Hände voll zu thnn, von den Erklärungen Akt zu nehme».
In Berlin hatte ein in seinen Vermögensver- hältaisfeu herunlergekommener Restaurateur zuerst seine ! beiden 4 Monate und l'/r Jahre alten Kinder und > dann sich selbst erhängt. Die Frau, die während des i grausen Aktes noch schlief, fiel Keim Anblick der Leichen von einer Ohnmacht in die andere, s Der „NNchsanz." schreibt: „Der Nothstand hat j unter der Bevölkerung von Konstantinopel eine uner- i hörte Höhe erreicht. An hunderttausend Flüchtlinge, meist Weiber und Kinder, obdach- und mittellos in der j türkischen Hauptstadt zusammengeströmt, sind bei der winterlichen Jahreszeit den härtesten Entbehrungen preisgegeben. Se. Maj, der Kaiser hat auf die Kunde von diesem Elend der Botschaft in Konstaittinopel die Summe von 10,000 Frcs. zur Verfügung gestellt, mit der Bestimmung, daß dieselbe zur Unterstützung der Nothleidcnden ohne Unterschied des Glaubens und der Rationalität verwendet werden soll.
Am Sonntag vollendete Prinz Joachim Friedrich Ernst Waldemar, dritter Sohn des Kronprinzen, sein 10. Lebensjahr. Dem Herkommen in der prcuß. Herrscherfamtlie gemäß wurde der Prinz an diesem Lage als Lieutenant eingekleidet.
Oesterreich—Ungarn.
Wien, 12. Febr. Die Pforte ist bereit, dem Wunsche der Großmächte entsprechend einen Ferman behufs sreier Einfahrt in die Meerengen auszustellen. Daraus wird geschlossen, daß der Einmarsch der Rüssen in Konstaniinopel entweder bereits erfolgt sei oder unmittelbar bevorstehe. — Rußland steht im Begriff, eine neue Anleihe von 300 Millionen Rubel aufzu- nehmen. — Die vorgestern eingetroffene formelle Antwort Rußlands auf Andrassy's Conferenz-Aittrag hat hier einen peinlichen Eindruck gemacht. — Die Londoner Blätter führen ausnahmslos eine kriegerische Sprache. Der „»Standard" erklärt, England sei überlistet, aber Rußland werde seine Superklugheit bereuen. Die „Morning Post" nennt den Lord Derby einen Schwachkopf, welcher Englands Ehre sehr compromittirt habe.
Wien, 13. Febr. Die „Polit. Korrespond." erhält ein Telegramm aus Konstantinopel, 12. Febr., über Athen: Ein türkisch-russischer Separatvertrag wurde abgeschlossen, welcher neben den Stipulationen bezüglich des künftigen Verhältnisses der Pforte zu Rußland auch die Abtretung gewisser Theile der türkischen Kriegsmarine als theilweise Kriegsentschädigung, ferner die Zustimmung der Pforte zur eventuellen Cesston der Dobrudscha an Rumänien enthalten sollte.
W i e u, 13. Febr. Es verlautet, der Kaiser habe ein Handschreiben an den Zaren gerichtet. Die Situation wird allseitig als höchst ernst dargestellt. An- drassy hatte gestern eine lange Audienz beim Kaiser. Erzherzog Albrecht wurde telegraphisch nach Wien berufen Beides wird mit den ernstesten Entschlüssen in Zusammenhang gebracht. Die ungarischen Blätter drängen stürmisch nach einer entscheidenden Actio». Der „Pester Lloyd" bringt einen Leitartikel mit osficiösem Zeichen, in dem erklärt wird, Konstaniinopel sei unantastbar. Oestreich werde eine dauernde Besetzung Bulgariens und die räumliche Ausdehnung desselben niemals zugeben. Die,,N. Fr. Pr." glaubt, Deutschland würde nicht neutral bleiben, daher wäre Oestreichs jetzige Action purer Wahnsinn. Die europäische Flotien- Sendung nach Konstantinopel wird als gescheitert betrachtet. Da Deutschland sich nicht angeschlossen, seien die anderen Mächte zurückgetreten.
Wien, 14. Febr. Es verlautet bestimmt, daß Rußland die wichtigsten Friedenspunkte positiv für unabänderlich und undiscutirbar erkläre. Oestreich steht mit England im intimsten Ideenaustausch. — Das ,,Fremdenblatt" berichtet: England erklärte in Konstantinopel, die britische Flotte werde vorläufig theils vor Gallipoli, theils vor den Prinzen-Inseln stationiren.