60. Jahrgang.
Wro. 90.
Amts- unä IntekkigenzbkaLL für clen Aezir^.
Erscheint Dienstag, Donnerstag L Samstag. ! , er, AbonnementSpreis halbjährlich 1 <-« 80 durch
Die Einrückungsgebühr betragt 9 H p. Spalte Samstag, äeN 1. Rugllst 188L). die Pcht bezogen im Bezirk 2 30 ^ . sonst in
im Bezirk, sonst 12 ganz Württemberg 2 70
Zum Abonnement auf das
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für August und Septembers ladet Jedermann in Stadt und Land freundlichst ein öie Weöcrktiorr.
Sämmtliche die Jahresschätzung betreffende Vorlagen sind als portopflichtige D.-S. (also nicht mit Bezirkspostwerthzeichen) einzusenden.
Den 29. Juli 1885. K. Oberamt.
Flaxland.
K. Amtsgericht Calw.
Än l!ie Vormunä^cüastsbeklöräen.
Nach Art. 5 der neuen Statuten der württ. Sparkaffe dürfen nunmehr auch für solche Pflegschaften, deren Vermögen mehr als 600 beträgt, Einlagen gemacht werden, falls die Pfleglinge den ärmeren Volksklassen angehören.
Eine notarielle Urkunde über den Stand des Vermögens wird diesfalls von der Sparkaffe nicht verlangt, e» genügt vielmehr Vorlegung des Rapiats.
Vorstehendes ist den Pflegern bekannt zu machen.
Calw, den 28. Juli 1885. Oberamtsrichter:
Frommann.
AmtLiche Wekauntmuchurrgsrr.
Calw.
Ar» äie Oemeinl!ek>et,öräen.
Unter Hinweisung auf den Erlaß des K. Verwaltungsraths der Gebäude- Brandversicherungs-Anstalt vom 9. d. M. (Min.-Amtsblatt Nro. 12) werden die Gemeindebehörden beauftragt, nach Maßgabe des Art. 12 des Gesetzes vom 14. März 1853 (vergl. Klumpp's Handausgabe S. 18 lit. a.) die Betheiligten zu unverweilter Anmeldung etwaiger an Fabriken und anderen Gebanden mit werthvollen Zubehörde« eingetretenen Neubauten und Aenderungen aufzufordern und die Durchsicht der auf solche Gebäude bezüglichen Einträge des Feuerversicherungsbuchs vorzunehmen und das Ergebniß bi« zum
24. August d. Z.
hierher snzuzetgen.
Hiebei sind die zu schätzenden Gebäude und Zubehörden unter Angabe ihres muthmaßlichen Werthes einzeln zu bezeichnen, damit daraus entnommen werden kann, ob die Absendung des Brandversicher- ungs-Jnspektors nMhwendig ist; auch ist wegen der Feststellung des Reise- plans des Inspektors der für die betreffende Schätzung nothwendige Zeitaufwand soweit möglich anzugeben.
Von Gemeinden, in welchen sich Fabriken oder andere Gebäude mit werthvollen Zubehörden nicht befinden, sind Fehlanzeigen einzusenden.
Die beteiligten Gebäudebesitzer sind hiebei auf die genaue Einhaltung des gegebenen Termins unter dem Ansügen aufmerksam zu machen, daß spätere Anmeldungen entweder, wenn der Brandversicherungs-Jnspektor keine Zeit mehr dazu findet und bereits im betreffenden Ort oder Bezirk geschätzt hat, gar nicht berücksichtigt oder jedenfalls nur als außerordentliche, aus Rechnung der Fabrikbesitzer vorzunehmende Schätzungen behandelt werden könnten.
An die Gemeinderate.
Die Bestellung der Pfleger geschieht häufig nicht in Gemäßheit der gesetzlichen Bestimmungen.
Man sicht sich daher veranlaßt, Folgendes in Erinnerung zu bringen.
Die Bestellung und Verpflichtung eines Pflegers muß, wenn es sich um die allgemeine Vertretung des Pfleglings handelt, stets unmittelbar durch den Gemeinderat erfolgen; es ist unzulässig, daß in einem solchen Falle das Waisengericht die Bestellung vornimmt und der Gemeinderat sodann dieselbe bloß bestätigt.
Nur wenn die Bestellung des Pflegers für bestimmte, der waisengericht- lichen Behandlung unterworfene Rechtsgeschäfte d. i. Beibringens-Jnventare und Erbschaftsteilungen geschehen muß. kann dieselbe sowie die Verpflichtung vorläufig durch die waisengerichtliche Deputation von mindestens drei Mitgliedern mit Zuziehung des Bezirksnotars oder durch das vollbesetzte Waisen- gerichts-Kollegium ohne den Notar vorgenommen werden. Das darüber aufzunehmende Protokoll ist dem Gemeinderat zur Bestätigung vorzulegen.
Eine Hinweisung des Pflegers auf eine frühere Verpachtung — an Stelle des Handgelübdes an Eidesstatt — ist unstatthaft. Nur dann, wenn der Pfleger bloß zur Vornahme gewisser bestimmter Handlungen verpflichtet worden ist und ihm von dem Gemeinderat späterhin die allgemeine Ver-
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Feuilleton.
Zm Abgrnn-e.
Koman von Louis Hackenbroich. (Verfasser des RomanS: .Ein Vampyr.*)
(Fortsetzung.)
Graf Villefleur vermochte nicht, in dem dunkeln Hintergründe den Mann zu erkennen, besten Stimme er eben gehört hatte. Aergerlich trat er näher und fragte:
„Was bedeutet dieser Ueberfall? Warum schleppt mau mich in dieses Hau«? Wer sind Sie?
Er hatte sich unter diesen mit möglichster Ruhe und Energie gesprochenen Worten unmittelbar dem im Schatten hinter einem Tische sitzenden Baltimore genähert; da hob plötzlich dieser den Schirm der Lampe ab und das Licht siel voll auf sein Gesicht. Graf Villefleur mußte all seine Kraft zusammenraffen, um in diesem Augenblicke nicht zurückzutaumeln. Seine bewährte Geistesgegenwart ließ ihn im Nu die ganze Gefährlichkeit seiner Lage erkennen und er sagte sich, daß nur Entschiedenheit und Kühnheit ihn aus der kritischen Situation befreien könnten, in die er geraten war.
„Himmel, was sehe ich!" rief er aus. „Baltimore? Jnigo Torreguy? Der freche Bandit, den ich in sicherem Gewahrsam und in den Händen der Justiz wähnte ? — Also Ihr setzt Euer Wegelagerer-Gewerbe jetzt in den Straßen von Paris fort?" Nun, wenn ihr geglaubt habt, mich in Angst zu jagen, so enttäuscht Euch nur ! Oder was wollt Ihr von mir ?"
Der Graf hatte aus dem Klange seiner eigenen Stimme Mut gesogen und immer lauter geredet. Als er seine letzte Frage gestellt, gebot ihm eine ruhige Handbewegung Baltimores Schweigen.
„Sie sind nicht hier , um zu fragen", sagte derselbe mit eisiger Kälte, „sondern um gefragt zu werden; zu einem Verhör ließ ich Sie herbringen."
„Zu einem Verhöre!" versuchte der Graf zu spotten, „als wenn ich >
Lust haben könnte , mich Ihrem Verhör zu unterziehen , Ihre Fragen zu beantworten."
„Sie werden antworten, Graf, gutwillig oder gezwungen, ganz nach Ihrer Wahl! Verweigern Sie mir die freiwillige Antwort, dann liegt dort ein Instrument, das Sie zmn reden bewegen wird ; die zwei Männer, die Sie hierherbrachten, werden, wenn Sie nicht anders wollen, die Folter bei Ihnen zur Anwendung bringen."
Baltimore hatte des Grafen Blicke auf eine Daumenschraube gelenkt, die auf dem Tische lag und jetzt erst gewahrte Graf Villefleur mit Entsetzen neben dem Tische auf der Erde einen andern Gegenstand, den er bisher zu sehen keine Zeit gefunden hatte, von einem schwarzen Tuche halbüberdeckt stand auf zwei niäwigen Schemeln ein Sarg. Mit Grausen fragte sich der Graf, was diese Vorbereitungen und die ganze Scene bedeuten könnten, wenn nicht seine Ermordung. Angesichts solcher Eventualität war es nötiger, als je, daß er seine Kaltblütigkeit und seine Geistesgegenwart wahrte, um mit heiler Haut einem Abenteuer zu entrinnen, besten Grund und Zweck ihm unerfindlich war; denn daß es allein der Durst noch Rache wegen der neu- lichen Intervention des Grafen bei Jnigo Torreguyö Verhaftung sein könnte, was Jenen zu dem augenblicklichen Gewaltakte veranlaßte, wollte der Graf nicht zugeben. „Vielleicht", so sagte er sich zu seiner Beruhigung, „ist es ein Erpreffungsversuch, sei es wegen einer Geldsumme, fei es wegen anderer Angelegenheiten." Um sich nicht ohne Weiteres für überwunden zu erklären, antwortete er:
„Was verlangen Sie denn von mir zu erfahren? Ich bin wahrlich neugierig zu hören, was es zwischen einem Manne wie Sie, und einem Äanne wie ich, Gemeinsames geben kann."
„Haben Sie nicht vor fünfzehn Jahren den Sommer in der Nähe des Vignemake erlebt?" fragte langsam und scharf Baltimore.
Graf Villefleur wechselte die Farbe; nichtsdestoweniger antwortete er stolz:
„Vor fünfzehn Jahren! — Seit einer Reihe von Jahren ist das der