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ungewöhnlich starke, und kündigte schon die Masse der auf dem großen Marktplatz herum aufgestellten Schaubuden, Karussels rc. die Bedeutung des Tages an. Vormittags wurde das Preisvieh, vorzüglicher Bestand, vorgeführt im Anschluß hieran erfolgte die Verlosung der Gewinne. Beim Festesten im Gasthof „zur Linde" brachte der Vorstand des landwirtschaftlichen Vereins Oberamtmann Bames, den Toast auf den König aus. Das Fest verlief in schönster Ordnung. — Die verschiedenen hiesigen Vergnügungsgesellschaften veranstalteten vorgestern abend auf dem Marktplatz eine gelungene Serenade mit bengalischer Beleuchtung der Fontaine und Feuerwerk.
Crailsheim, 25. Juli. In der heute dahier gehaltenen Plenarversammlung des lan dw irtfchaftl. Bezirksvereins wurde die Veranstaltung eines Bezirksfestes im Sept d. I. beschlossen. Mit demselben soll vorbehaltlich der Genehmigung des Ministeriums eine Lotterie verbunden werden, auch soll wieder ein Einkauf von Originalzuchtvieh in der Schweiz vorgenommen und das Vieh am Tage des Festes unter Bezirksangehörige versteigert werden. Nach Erledigung des geschäftlichen Teils hielt Pomologe Schultheiß Roll von Amlishagen einen sehr interessanten Vortrag über Obstbaumzucht, an den sich eine Debatte über den Zustand der Baumzucht im Bezirk Crailsheim knüpfte. Der Vereinsvorstand, O.A.Mann Gambs, drückte dem Redner den Dank der Versammlung unter lebhafter Zustimmung derselben aus.
Gmünd, 27. Juli. Heute morgen fand man in den beiden Kapellen auf unserem schönen Salvator zwei Opferstöcke erbrochen und ihres Inhalts von ca. 20 beraubt. Heute wären dieselben geleert worden. Die starken Opferstöcke wurden mit Meißel und Hammer geöffnet, und es ist auffallend, daß niemand in den nahegelegenen Wohnhäusern von dem jedenfalls starken Geräusch etwas gehört hat. Die Polizei ist in großer Thätigkeit, die Diebe zu erwischen.
Geislingen, 27. Juli. Letzten Samstag begegnete nach der Geisl. Z. einem Bauern von StuberSheim, welcher mit 3 Pferden Bauholz führte, auf der Waldhauser Staige das Unglück, daß der eingelegte Radschuh sich auslöste, wodurch der Wagen samt Pferden über die Böschung stürzte, 2 Pferde tot auf dem Platze blieben und der Wagen zertrümmert wurde.
Spiegelberg, OA. Backnang, 27. Juli. Am Waldabhange Konze- buckel (Staatswald) hier hat nach dem Murrth.-B. der Schultheiß eine Höhlung in Felsen wahrgenommen und nach näherer Untersuchung ein Verließ, das wohl von einem vor Hunderten von Jahren bestehenden Turm oder dergleichen herrühren mag, gefunden. Es sind bis jetzt etwa 20 steinerne Treppen aufgedeckt, kommen aber noch mehr zum Vorschein, so daß man den Schluß noch nicht erreicht hat. Man wird sich forstamtliche Genehmigung verschaffen, um Nachgrabungen anstellen zu können. Interessant ist die Sache da das Rätsel, wozu dieser Gang ins Unterirdische seiner Zeit gedient haben mag, noch nicht gelöst ist, und es wäre wünschenswert, wenn von sachkundiger Seite davon Einsicht genommen würde, zumal der Punkt von der Station Sulzbach aus durch das nette Lauterthal in einer Stunde erreicht werden kann.
Hall, 25. Juli. Zur Warnung für andere mag folgender Fall hier seine Stelle finden: Ein hiesiger junger Mann wurde durch Annoncen auf das „Agentur, und Kommissionsgeschäft" eines Philipp Schwarz in Budapest, welcher sich zur Stellenvermittlung anbot, aufmerksam. Auf erstmalige Anfrage wurde ihm gegen Einsendung von Zeugnissen eine Sekretärsstelle in einer kosmetischen Fabrik in Budapest mit einem Jahreseinkommen von 800 bis 1000 fl. in Aussicht gestellt. Als Honorar wurden 5 °/g des ersten Jahresgehaltes, nach erfolgter Anstellung zahlbar, verlangt, daneben auch um Einsendung von 10 „als Vorspesen" ersucht. Die Zeugnisse nebst 10 wurden eingesandt, worauf die Mitteilung erfolgte, daß der (mit Namen bezeichnet«) Inhaber eines kosmetischen Fabrikgeschäfts in B. den jungen Mann als Sekretär mit einem Jahresgehalt von vorerst 1000 fl. anzustellen geneigt sei, es könne auch der Dienstantritt nach Uebereinkommen festgestellt werden; bei Antritt der Stelle sei jedoch eine Kaution von gleicher Höhe wie der
Jahresgehalt, welche sicher gestellt und verzinst werde, zu erlegen. Darauf hin schrieb der junge Mann dem Agenten , daß er zunächst einen Vertrag mit dem betr. Fabrikinhaber in Händen haben möchte; die verlangte Kaution werde er in Wien bei einem Bankhause oder der Hofbank deponieren. Die Antwort war, der Vertrag sei in B. vor einem k. k. Notar abzufassen und die Kaution in baar beim Abschluß des Vertrags zu erlegen; der Antrag, die Kaution bei einem Bankhause oder der Hofbank in Wien zu deponieren, werde nicht angenommen. Werde auf diese Bedingungen eingegangen, so könne der junge Mann die Reise nach B. antreten. Der letztere witterte nunmehr Unrat und verlangte Zeugnisse und Geld zurück. Darauf entpuppte sich der Stellenvermittler in seiner wahren Gestalt. Unter heftigen Vorwürfen verlangte er Entschädigung für den erlittenen Schaden, worunter Auslagen für eine im voraus gemietete Wohnung, und drohte, falls nicht die Angelegenheit auf gütlichem Wege geordnet werde, sich an das Gericht zu wenden mit dem Anfügen, daß er ein solches Vorgehen von einem Deutschen nie erwartet hätte. Bei diesem Stand der Sache traf eine amtliche Requisition von B. ein, worin zur Ermöglichung strafgerichtlicher Verfolgung des Schwarz wegen Betrugs um die Vernehmung des betr. jungen Mannes nachgesucht wurde, welcher gelegentlich der Vornahme einer polizeilichen Hausdurchsuchung bei Schw. nebst andern Opfern des Schwindlers, als welcher dieser bezeichnet war, eruiert wurde.
Ulm, 26. Juli. Vom Jnf.-Reg. Nr. 124 gingen gestern etwa 250 Mann in Ernteurlaub bis zum 7. August. Auf dem Karlsplatze ist gegenwärtig ein Holzgerüste aufgeschlagen, auf welchem von der Firma Gebr. Eberhardt die Menteile zum neuen Dachstuhl des Münsters zusammengefügt werden, um demnächst an Ort und Stelle aufgestellt zu werden. Auf dem Münster werden hiezu an den Längsseiten die Fundamente hergerichtet. — Morgen wird mit dem Bau für die Erweiterung der Stadt- post in der Frauenstraße begonnen. Die Vergrößerung der betreffenden Lokalitäten ist ein längst gefühltes Bedürfnis. — So oft auch zu Vorsicht beim Baden in der Donau gewarnt wird, immer finden sich wieder Leute, die an unerlaubten Stellen baden. Vorgestern schwamm ein junger Mensch oberhalb der Gänswiese über die Donau und bekam beim Zurückschwimmen den Krampf. Er vermochte zwar noch um Hilfe zu rufen , sank aber unter und konnte nur mit knapper Not herausgezogen werden.
Friedrichshafen, 25. Juli. Gestern hatte der auf einige Tage hier anwesende Kgl. außerordentliche Gesandte und bevollmächtigte Minister in Wien. Geheimer Legationsrat Freiherr von Mauclerdie Ehre von Ihren Königlichen Majestäten zur Tafel gezogen zu werden; ebenso sind die Herren Stabsoffiziere und die ältesten Offiziere jeder Charge der Garnison Weingarten mit einer Einladung zur K. Tafel auf heute beehrt worden.
— Köln, 27. Juli. Für die Hinterbliebenen und Hilfsbedürftigen bei der Holzmarkt-Katastrophe sind seit Samstag Mittag 19,000 eingegangen. Freifrau Abr. von Oppenheim spendete allein 2000 andere Capitalisten meistens 300 Mit den bis heute im Hospital gestorbenen beträgt die Zahl der Toden 10. Allem Anscheine werden noch 4 Schwer-
WevmifcHtes.
— Lebensversicherungs-L Ersparnis-Bank Stuttgart. Zu der ersten Jahreshälfte von 1885 sind bei dieser Bank 2459 Anträge mit ^ 14,100,000. eingereicht worden, und der reine Versicherungsstand hat sich von ^ 224,383,000. auf »1L 232,000. gehoben. Die Sterblichkeit erforderte bis jetzt ca. -/-L 1.444.000., während die Prämien-Einnahmen ca. 5 Millionen Mark betragen; das Verhältnis ist hiernach als sehr günstig zu bezeichnen, besonders wenn in Betracht gezogen wird, daß bei dem Alter der Anstalt für Viele der Verstorbenen sehr erkleckliche Reserven angesammelt waren. Die Ueberschüsse werden den Versicherten unverkürzt zurück vergütet und können solche je nach der Wahl der Versicherten von Anfang an in vollem Maße oder in steigender Weife bezogen werden. Die
weit von dessen Wohnung verließ Juan seinen Sitz, um sich gegenüber der Hausthür des Grafen zu postieren und dessen Erscheinen abzuwarten. Es war eine milde, aber ziemlich dunkle Nacht, und bei der damaligen noch mangelhaften Straßenbeleuchtung war es unmöglich, auf zwanzig Schritte Entfernung die Straße zu überschauen. Juan hatte nicht übermäßig lange zu warten; denn bald erschien der Graf in der leise sich öffnenden Hausthür und schlug den Weg in der dem Halteorte des Wagens entgegengesetzte Richtung ein. Wie ein Wiesel, so schnell und leise erreichte Juan den Wagen und langte wieder an seines Genossen Seite Platz, um in langsamem Trabe dem Grafen zu folgen. Dieser schlenkerte sorglos seines Weges und ließ sich arglos von dem Wagen überholen.
Als dieser einige zwanzig Schritte weit gegangen war, sprang Biaritz schnell vom Bock ab, und der Wagen hielt inne. Die Straße war zum großen Teile unangebaut und nach beiden Seiten war eine geraume Strecke vis zur nächsten Wohnung; Juan redete laut in den Wagen hinein, als ob er einen Befehl oder eine Mitteilung von einer darin befindlichen Person erhalten hätte und darauf antworte. Im nächsten Moment hatte Graf Villefleur den Halteplatz des Wagens erreicht; er wollte dicht an dem Gefährt vorüberschreiten, um einen Blick in dasselbe zu werfen und zu sehen, wer darin säße. Da fühlte er sich im Nu von hinten überfallen und zugleich schon zu Boden gerissen; ein Mensch mit herkulischen Kräften hielt ihn mit der einen Faust und mit dem Drucke seines Knies zu Boden und verschloß ihm mit der anderen Hand gewaltsam den Mund, um ihm am Hilferufen zu verhindern. Alsogleich befand sich auch Juan an seiner Seüe und in weniger als einer Minute war Graf Villefleur geknebelt und gefesselt. Ehe sie ihn vonZder Erde in den Wagen hoben, hielt Biaritz ihm eine Schußwaffe vors Gesicht und sagte: „Bei der ersten Bewegung, die Sie machen, Graf Villefleur, um sich zu befreien oder um nach Hilfe zu schreien, sind Sie ein Kind des Todes." In der nächsten Sekunde saß der Graf im Wagen und
Biaritz, das Doppelpistol in der Hand, setzte sich ihm gegenüber, um ihn beim Lichte der Wagenlaternen nicht einen Moment aus dem Auge zu verlieren.
Der Wagen flog dem Winde gleich davon.
Graf Villefleur war völlig betäubt von diesem jähen Abenteuer. Als er sich vom ersten Eindrücke dieser Ueberfallsscene erholt hatte, suchte er sich die Frage zu beantworten, was diese seltsame unheimliche Geschichte bedeuten könne. Seine Unruhe schwand erst einigermaßen, als er durch die Wagenfenster gewahrte, daß die Fahrt durchaus nicht eines der zweifelhaften und gefährlichen Viertel der Stadt zum Ziele habe, sondern sich innerhalb des von herrschaftlichen Straßen und Boulevards durchzogenen Stadtteils hielt, den er selbst bewohnte. Ja, es kam ihm sogar der lächelnde Gedanke, es handele sich vielleicht um ein galantes Abenteuer, und irgend eine Schone seiner vielfältigen Bekanntschaften habe die Hand in dem eigenartigen Spiele. Aber diese Illusion hielt nicht lange Stand. Der Wagen hielt und sein Genosse hob ihn mit starken Armen, einem Kinde gleich, aus den Kissen. Er ward in ein elegantes alleinstehendes Haus geführt, und erst als die Hausthür sich hinter ihm geschlossen, durchschnitt ihm Biantz die Fußfesseln und befreite ihn von dem Mundknebel. Ehe er eine Frage an Blaritz zn richten im Stande war, hatte dieser ihn zur Seite durch eine halboffene Thür m ein Gemach geschoben, dessen Beleuchtung in Folge eines großen dunklen Lampenschirms eine sehr mangelhafte war, und in welchem er einen Augen- blick lang gar nichts zu unterscheiden vermochte.
„Löse ihm die Handfesseln, Biaritz", befahl eine Stimme, bei welcher der Graf heilig zusammenzuckte. „Und nun laß uns allein" , fuhr dieselbe Stimme fort, als der erste Befehl ausgeführt war.
(Fortsetzung folgt.)