Seidenspinnerei, wurden In diesen Tagen die letzten noch dis dahin arbeitenden Anstalten geschlossen und in Como machen die Weber Streik und drohen mit Unordnungen. Die, auch in normalen Zeiten im Ver­gleich mit andern Ländern schlecht bezahlten Aibeiter bringen es, trotz der größten Sparsamkeit, selten so weit, für die Tage der Noth Etwas zu erübrigen, wes­halb der gegenwärtige Arbeitsmangel höchst fühlbar auf ganzen Provinzen lastet. Um dem immer wachsen­den Elende vorzubeugen, ließen einige Fabrikherru mit täglichem Verluste wenigstens lhellweise fortarbeilen, bis eigene Finanznoth zum Stillstand nöthigte. Bei der allgemeinen Stockung der meisten Jndnstlirzweige werden alle Verordnungen des KriegsininiiieiiumS mit ängstlichem Interesse verfolgt. Der mit Eifer beirie- bene Pserdeankauf zu hohen Preisen, die Nachricht von der Vermehrung der Artillerie, d h, daß jede Batterie aus vier Feldstücken mit 50 Pferden bestehend, auf 6 Stücke mit 75 Pferden gebracht werden sollte, oder mit anderen Worten, daß die Artillerie auf den Kriegs­fuß gestellt werde, vermehrte die Kriegsbefürchlungen, welche in den Vorgängen in Versailles ihre Hauptnah­rung finden, sowie in Englands Anstreben die Obmacht im Mittclmeer an sich zu ziehen. Die heutige Lage der Dinge scheint selbst dem friedlichsten Volke nicht mehr gestatten zu wollen, ruhig zu bleiben, wider Willen reißt sie mit sich fort in den Strudel der Zeilen. Der Diritto bringt einen wichtigen Artikel bezüglich der Vorgänge in Frankreich und nimmt besondere.Vor­merkung von Bcoglie's Erklärung im Senate, daß der Minister treu der Kirche ergeben sei. Das ministerielle Blatt sagt, es müsse auch jenseits der Alpen klar be­kannt werden, daß Italien jede Gemeinschaft mit dem ultramontanen Sieg in Versailles zurückweise, fügt bei, daß die Mehrzahl des italienischen Volkes zu Frank­reich unter Thiers, Gambelta und Chrisenl halte, und schließt damit, daß Nom und Berlin die Bedeutung der Erhebung der Klerikalen wohl verstehen. (Sch. M.)

Paris, 25. Juni. Die Vorstände der Linken des Senats haben heute ein Manifest aufgesetzt, in welchem das Land aufgefordert wird, die 363 re­publikanischen Abgeordneten der Linken wiederzuwählen und so eine ähnliche Kundgebung anszuführen, wie jene der 22 t. im Jahre 1830 war. In diesem Augen­blicke werden in den drei Gruppen der Linken die Unterschriften für diesen Aufruf gesammelt. (Fr. I.)

Paris, 26. Juni. DerMoniteur universel" versichert, Mac Mahon werde nach Berufung der Wähler ein Manifest an die Nation richten mit den Unterschriften der offiziellen Kandidaten unter derjenigen des Marschalls. Thiers wird ein Nundschreiven an die Wähler richten, welches in ganz Frankreich ver­breitet werden soll. (B. T.)

Wir geben unser» Lesern in Nachstehendem das Bild des französischen Ministerpräsidenten Herzog v. Broglie. Klein, schmächrig, unansehnlich, mit einer dünnen Eunuchen­stimme die bissigsten Worte um sich werfend, erweckt dieser Mann nicht den Glaube», daß er einer gröberen Idee fähig sei; einen Staatsmann wird Niemand in ihm erblicken, einen ausgefeimten Intriganten Jedermann in ihm ahnen. Von feinen Vorgängern in den Staatsstreichskünsten, v- Morny oder Poiignac, hat er weder die aristokratischen Manieren, noch den Stolz oder die angeborene Hoheit. In diesem Manns scheint alles zu schleichen,nur seine schneidende «stimme bekundet eine Entschkostenheit, die vor nichts zurückscheut und Niemanden fürchtet- Nichts von dem liebendwürdigen aristo­kratischen französischen Geist lebt in dieser Persönlichkeit, die zum zweiten Mat die öffentliche Meinung zu fälschen oder zu unterdrücken unternimmt."

Rußland springt mit Deutschland doch etwas zu sehr als Cavalier von oben herunter um. Es nimmt Deutschlands gute Dienste in jeder Weise in Anspruch und hat sogar seine neueste Kriegsanleihe fast aus­nahmslos auf den deutschen Geldmcukt geworfen: dazu find wir gut. Trotz alledem verschließt es nicht nur auch jetzt noch vollständig seine Grenzen dem deutschen Handel, sondern hat auch ganz neuerdings unsere In­dustrie von der Bewerbung um Lokomotiven bei den russischen Eisenbahnen ausgeschlossen. Neue Bestellun­gen dürfen nur noch bei russischen Fabriken gemacht werden. Klüglich hat es mit unserem Ausschluß ge wartet, bis es die letzte Krupp'sche Kanone bezogen halte. Wir Deutsche wissen ja, was wir Rußland für eine gewisse Rückendeckung in den Jahren 1866 und 1870 schuldig sind und daß wir auch für künftige Fälle einen Freund brauchen, wir haben aber auch schon wacker abbezahlt post- und pränumerando und vielfach mit Schmerzen; denn Kaiser Nikolaus war kein liebenswürdiger Gläubiger.

Petersburg, 26. Juni. (Offiziell.) Mazra, 26 Juni. General Tergukasoff meldet, daß seine Co- lonne am 21. d. bei Dajar von 20 Bataillonen mit 12 Geschützen und 4500 Mann Rciicrei angegriffen wurden. Der Kampf dauerte zehn Stunden. Die

Türken wurden, obwohl unter großem Verluste auf russischer Seite, zurückgeschlagen. Lobt blieben 15 Of­fiziere und 51 Soldaten, verwundet 363 Soldaten. Die russischen Truppen hielten sich auf ihrer 5 Werst langen Position aus's Glänzendste gegen den an der Zahl überlegenen Feind. Das Aitillerieseuer war vortrefflich. Am 22. ds. fand ein Scharmützel statt, nach welchem die Türken auf den russischen Positionen zugelassen ivuide», um ihre Leichen zu sammeln. Bei Kars wurden 9 neue Batterien mit 36 Geschützen er­richte!. Der russische Verlust betrug daselbst am 24. ds. 2 Todle und 14 Verwundete. (Fr. I.)

Petersburg, 27. Juni. Osficiell. Khatzu- ba»y, 25. Juni. Gestern griffen die Türken den rechten Flügel des Centruins der Sainebah-Posiliou an. Der Kamps dauerte 81, Stunden. Die Türken wurde» mtt großem Verlust zurückgefchlagen. Der Verlust der Rassen belrug 150 Todle und Verwundete. Oku m, 26. Juni. Gestern beschossen die türkischen Dampfer die Stellung der Russen bei Florych, wurde» jedoch durch Artillerie zurückgewiesen. (Fr. I.)

Durch die Ueberschreiinng der Dvnau zwischen Braila und Gatatz und in der Gegend von Hirfowa, sind die Russen mit einem Schlage Herren der Dobrud- icha geworden. Sie stanven am 21. d. Mts. mtt einer Armee-Division bei Jsman-Kilia mit einem kompletten Ar­meekorps dei Galatz und Braila, endlich mit einer Armee- Division gegen Hiriowa und verfügen demnach auf dieser Doiianstrecke über SO dis 70,0 >0 Mann. Ein weiteres Armeekorps, über dessen Bestimmung außer dem russischen Armee-Kommando wohl 'Niemand sonst Kennttrtß haben kann, >N aus dem Innern Rußlands im Anzüge, sollten es die Umstände erheischen, daß dieses Korps an die untere Donau­strecke dirigirl werbe, so würde die russische Truppenstärke daselbst aus circa >00,000 Mann steigen, eure Mach!, weicher die Tücken in vieler Gegend schwerlich eine ebenbürtige enigegensteUen können. Die Türken haben in der Dodrnvscha nur ca. >5,000 Mann, von denen ein großer Thett in den festen Plagen und Positionen an der Donau veriheilc war und der Rest in der Gegend von Babadag in Reserve stand. Ihre Hauplkrafi befinde! sich in den Festungen Runschuck, Silistria, Schumla, Varna und dem durcy diese Festun­gen begrenzten Raume (dem jogenannlen Festungs-Vierecke). Von den hier konzentrirlen Truppen wird aber kaum euvas gegen die Dobrudscha in Verwendung kommen können, da mittlerweile die russische Hauplkrast an anderen Punkten den Donau-Uebergang vewerlpeltigi und das Gros der tür­kischen Armee aus sich gezogen haven dürste, >aUs cs die Türken überhaupt angezeigl finden, dem Feinde in offener Aetoschlachl enlgegcnzulreten.

Loudon, 26. Juni. DieLünes" schildert die Kiiegsführung der Türke» als emen Hohn aus alle Zivilisation. Russische Verwundere werden schauerlich verstümmelt. Mouklhar behauplct miederhott, am 21. einen großen Sieg erfochten zu haben. Bei Souchizir wurde drei Tage gekämpft, und kostele der türkische Sieg den Russen 5000 Mann an Tobte» und Verwundeten. (L. T.)

Aus der Herzegowina und Montenegro hört mau nichts Zuverlässiges. Die Türken rechnen darauf, bald als Sieger in Cellinje einzuzieheu, und die Montenegriner behaupten die Türken neuerdings geschlagen zu haben. Wo ist die Wahrheit?

Rust sch uk, 28. Juni. Es gehl das Gerücht, 100,000 Russen hätten bei Sislowa die Donau über­schritten. (Fr. I.)

Ein Orkan von furchtbar verheerender Wirkung hat am 5. Juni Mount Carmei, ein an der Kairo Vincennes-Lahii liegendes, 3000 Einwohner zählendes Städtchen in Illinois, fast vollständig zerstört, und einen Su aden von 300,000500,000 Doll, curgerich- tel. Kirchen, össeutliche Gebäude, Geschäfts- unh Wohn­häuser wurden zu Hunderten von der Gewalt des Or­kans in einem einzigen Augenblick eingerissen, als wären sie aus dem gebrechlichsten Material. Nicht weniger als 20 Personen fanden den Tod unter den Trümmern, während Hunderte schwere Verletzungen davonlrugen. Gleich nach dem Einsturz der Gebäude brach an meh­reren Punkten gleichzeitig Feuer aus. Die Flammen vollendeten das Zerstörungswerk; viele Leichen Gelobts­ter verbrannten. Männer, Frauen und Kinder wurden in vielen Fällen 400 Fuß weit fortgeschleudert; bei­spielsweise wurde ein Knabe, der eben aus der Schule kam, hoch über die Häuser und über einen eben ein­stürzenden Kirchthurm hinweg entführt, kam aber un­verletzt (?) in der Nähe des elterlichen Hauses wieder zu Boden. Es sind nicht weniger als 70 Familien obdachlos.

Handel und Verkehr re.

Rottenburg, 27. Juni. Unsere Hopfcnpflanze steht bis jetzt sehr schön und gesund; nur hat das zwar mit wenigem Hagel aber heftigem Sturme und gewaltiger Wucht des Regens begleitete Gewitter am 13. d. der Pflanze inso­fern nicht unerheblichen Schaden zugefügt, als jetzt die Ar­beit an ihr zur doppelten geworden ist. Wie auf diese Pflanze, so sind auch die Aussichten auf die Halmfrüchte, auf einen ansehnlichen Theil Obst und Wein bis jetzt erfreu­lich, wie auch die Heuernte einen ungewöhnlich reichen Er­

trag liefert. Treten keine verderblichen Naturereignisse mehr ein. so werden wir dieses Jahr als ein sehr gesegnetes vor­übergehen sehen.

Vom Fuß der Achalm, 28. Juni. Die Heuernte ist in vollem Gang, aber von der Witterung nicht begünstigt. Das Winter seid steht so schön, wie noch selten, ebenso die Kartoffeln, unter welchen man schon blühende trifft. Kirschen gibt es sehr viele, aber sehr kleine, wabrscheinlich in Folge eines früheren unbedeutenden Hagels. Der Preis an Ort und Stelle ist 10-12 4. Am letzten Freitag kostete in Tübingen Vas Paar Milchschweins 2736 Es war sehr überfüllt. Bei der Hitze mußten viele Mutterschweine geschlachtet werden. (Schw. M.)

Frankfurt, 27. Juni. Der heutige Heu- und Stroh-Markt war gur besahren. Heu kostete je nach Qualität per Centner 5-5.40, Stroh 34, neues Heu 3. Butter im Großhandel das Pfund > Qual. ^ 1.10, 2. Qual. 95 4, im Kleinhandel I. Qual.L 1.20, 2. Qual.

110. Eier das Hundert gewöhnliche 4.50. Ochscn- fleisch per Pfund 70 4. Rindfleisch 5560 4, Kalbfleisch 60 bis 70 4, Schweinefleisch 75 - 80 4. Hammelfleisch 50 - 63 4.

Königsberg i. Pr-, 25. Juni. Der hiesige Woll- markt, welcher, nachdem 15,000 Etr. eingctrofsen. seinem Ende zueilt, verstaute nach Eintreffen der ungünstigen Berliner Nachrichten. Es mußten so in den letzten Tagen für gute Wäschen 12Thlr., schlechte Lieferungen 2-3 Thlr. billiger als zur höchsten Zeit des Marktes erlassen werden. Schmutz­wollen hier am Platz unverändert von 17 20 22 Thlr, einzeln darüber.

Der Haidehof.

Historische Erzählung aus der Zeit der deutschen Befreiungs­kriege, von

Friedrich Wilibald Wulfs.

(Fortsetzung.)

Das Frühmahl war seinem Ende nahe, als plötz­lich dir Thüre, welche nach dem Grunde führte, auf- gerrissen wurde und einer der beiden Knechte mit schreckensbleichem Gesichle in die Sinke stürzte. Als Faber den Knecht erblickte, den er vor einer halben Stunde fortgeschickt hatte, »m aus einem, kaum eine Stunde entfernt liegenden Torfgrnnde einen dort vor mehreren Tagen vergessenen Karren herbeizuholen, ahnte rr sofort, was sich ereignet hatte, aber ehe er noch eine Frage thuu konnte, stieß der Knecht die Worte hervor: Herr, die Franzosen kommen sie kommen i» Hellen Haufen dahergczogen, und jnst ans den Hof zu.

Diese »»erwartete Nachricht zerstörte mit Blitzes­schnelle die sorglose Ruhe, welche bis zu diesem Au­genblicke im Familienkreise des Haidebauers geherrscht halte. Die beiden Frauen wurden iodesbleich; wäh­rend Franz, Faber und Schill von ihren Sitzen auf- sprangen. Auch Bruno erhob sich bei dieser so plötz­lichen Botschaft, während der Schulmeister, von einem panischen Schrecken befallen, Messer und Gabel zur Erde fallen ließ Seine Kniee schlotterten so heftig, daß er nicht im Stande war, anfzustehen, und un­fähig, ein Wort über die Lippen zu bringen, saß er mit weit geöffneten Augen und halboffenem Munde in seinem Sessel und starrte de» Verkünder der Hiobs­botschaft an.

Der .Haidebauer faßte sich zuerst, seine kräftige Natur ließ ihn die momentane Schwäche leicht über­winden. Sich zur Ruhe zwingend, herrschte er den Knecht an:Du hast Gespenster geschaut. Es wird wohl nur ein Haufen räuberischen Gesindels gewesen sein, welches die Jenaer Schlacht hierher versprengt hat."

Nein, Herr," entgegnete der Knecht, welcher sich von seiner Bestürzung »och immer nicht erholen zu können schien,ich habe sie deutlich gesehen. Es ist eine ganze Armee, welche über die Haide daherzieht."

Während dessen hatte Bruno versucht, die er­schreckten Frauen zu beruhige», denen die Schilderung, welche Murat von dem General Sevigny entworfen hatte, nur zu gut im Gedächtnisse geblieben war. Schill und Franz waren, nachdem die erste Bestimmung vorüber, hinansgeeilt, um die im oberen Geschoß befindlichen Waffen herbeizuholen.

Diese Zeit benutzte Faber, um den Knecht über Alles, was derselbe gesehen, auszusragen. Die Ant­worten, welche Jener gab, trugen so sehr das Gepräge der Wahrheit, daß der Glaube an eine Täuschung im Innern des Haidebauers schwand. Die mit den Waffen Zurückkehrenden fanden ihn nachdenklich am Fenster stehend, den Blick in die Weite gerichtet. Es schien, als überlege er, was in dieser entscheidenden Stunde zu thun sei.

Habt Ihr einen Entschluß gefaßt?" redete er den Offizier an.

Das Beste wäre, so denke ich, wenn mein Ka­merad und ich versuchten, nach jener Hügelkette, welche die Haide in der entgegengesetzten Richtung umschießt, zu entkommen."

Das ist unmöglich," versetzte ernst der Haide- bauer;der Regen hat dem Lehmboden so sehr auf­geweicht, daß eine Flucht nach jener Seite ein tolles