60. Jahrgang.
Mo. 87.
Amts- unä InteMgenMatt für äen ^ezirlr.
Erscheint Dienstag, Donnerstag L Samstag. ^
Die Einrückungsgebühr beträgt 9 H p. Spalte!, im Bezirk, sonst 12 H. !i
§am8tag, äen 25. Juki 1885.
! AbonnementZpreis halbjährlich 1 80L, durch
, die Post bezogen im Bezirk 2 30 H, sonst in
ganz Württemberg 2 *<L 70 H.
Zum Abonnement auf das
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für August unö SepLernöev ladet Jedermann in Stadt und Land freundlichst ein öie Weöcrktron.
ArnLkicHe WekannLrncrchungerr.
Calw.
Grgeömß der Höeramtsfarrenschau von 1885.
Die pro 1885 im Bezirk Calw vorgenommene Farrenfchau hat folgendes Ergebnis geliefert:
Von den aufgestellten 100 Fairen stehen in Clafle I (sehr gut) ,54, in Clafse ll (gut) 29, in Clafse III Zureichend oder mittelmäßig) 14, in Classe IV (gering) 3 Stuck.
Für die einzelnen Gemeinden ergibt sich nachstehende Klassifikation, wobei zu bemerken ist, daß in ollen Gemeinden, mit Ausnahme von Teinach, Zucht» stiere sich befinden und daß in Folgendem jede Claffen-Ziffer auf ein einzelnes Thier sich bezieht.
Die Farren kommen nämlich:
1. 1. 1. 1. 2. Stammheim,
1. 1. 1. 1. Gechingen,
1. 1. 1. 2. Deckenpfronn, Ostelsheim,
* 1. 1. 1. Althengstett,
1. 1. 2. 2. Simmozheim,
1. 1. 2. Möttlingen,
1. 1. 3. Neuweiler,
1. 1. Calw, Liebenzell, Martinsmoos, Neubulach, Neuhengstett, Oberhaugstett, Oberkollwangen, Sommenhardt,
1. 2. 2. Speßhardt,
1. 2. 3. Aichhalden, Würzbach,
1. 2. Hornberg, Liebelsberg, Unterhaugstett, Zwerenberg,
1. 3. Monakam, Oberkollbach, Röthenbach, Unterreichenbach, 1. 4. Holzbronn,
1. Agenbach, Dennjächt, Zavelstein,
2. 2. 2. Altbulach,
2. 2. 3. 4. Bergorle,
2. 2. 3. Altbnrg,
2. 2. Breitenberg, Dachtel,
2. 3. Hirsau. Oberreichenbach, Ottenbronn,
3. 4. Schmieh,
2. Ernstmühl,
3. Emberg.
Die Ortsvorsteher, welchen die Visitations-Protokolle zugegangen sind, erhalten die Weisung, die Anordnungen der Schaubehörde gewissenhaft zu befolgen und die von hier aus getroffenen Verfügungen rechtzeitig zu vollziehen und den Vollzug je binnen der anberaumten Frist nachzuweisen.
Die Protokolle selbst sind von sämmtlichen Orten, auch von solchen, in welchen keine besonderen Verfügungen zu treffen sind. mit der Beurkundung der Einsichtnahme von Seite des Gemeinderaths versehen, hieher zurückzusenden.
Den 17. Juli 1885. K. Oberamt.
Flaxland.
H*oLiLrsche WcrcHvicHten.
Deutsches Reich.
— In der TEUresse werden fortgesetzt die mannigfachsten Versionen über bevorstehende M o narchen-Begegnungen verbreitet. Man läßt den Kaiser von Oesterreich und den Czar von Rußland in Reichstadt, Breslau, Königsberg, ja selbst in Pilsen zusammentreffen und berichtet Details über die diesjährige Begegnung, welche vorläufig noch nicht bestimmt sein können. Was die vielerörterte Begegnung des elfteren mit dem Czar betrifft, so ist es — wie das Wiener „Fremdenblatt" berichtet — allerdings bekannt, daß die Absicht eines Gegenbesuches Kaiser Alexanders ltl. in Oesterreich besteht und auch angedeutet wurde, doch ist über den Zeitpunkt und den Ort einer solchen Entrevue noch nichts festgesetzt worden. Die Feststellung des genauen Programms für die voraussichtliche Begegnung der Kaiser Wilhelm und Franz Joseph hinwieder ist begreiflicher Weise von den gebotenen Rücksichten auf das Befinden des greisen deutschen Monarchen abhängig. Daß im Uebrigen diese Zusammenkunft ebenso wie in den letzten Jahren stattfinden wird, darf nicht in Zweifel gezogen werden.
Aeuillclo«.
Im Abgründe.
Roman von LouiS Hackenbroich. (Versager des Romans: .SinVampy r.')
(Fortsetzung.)
Ich ritt in scharfem Laufe volle drei Stunden und war längst über St. Jean de Luz hinaus und nicht mehr fern von der spanischen Grenze; bereits war es Spätnachmittag geworden, da erblickte ich in der Ferne ein Gefährt, das der Wagen Bougarts sein mußte, der in einer Herberge an der Landstraße , wo ich Erkundigungen eingezogen, eine halbe Stunde Rast gemacht und seine Tiere getränkt und gefüttert hatte. Obwohl mein Pferd fast erschöpft war von dem angestrengten Ritte, so setzte ich doch seine letzte Kraft daran, den Schurken zu erreichen. Dieser bemerkte mich, seinen Verfolger, erst unmittelbar vor dem Grenzdorfe, als ich kaum noch fünfhundert Schritte von ihm entfernt war; er hieb auf seine Pferde ein, ich setzte dem weinigen wütend die Sporen in die Seiten, und eine rasende Jagd begann, in der ich zwar ihm immer näher rückte, er sich aber immer bedenklicher der Grenze näherte. Plötzlich machte eines seiner Pferde, durch seine wütenden Peitschenhiebe scheu gemacht, eine Bewegung zur Seite, der Wagen folgte, stieß gegen einen Meilenstein, ein Wagenrad zerbarst und das Gefährt kollerte in den Chauffeegraben, so daß Bougart i n einem Bogen über den Graben hin ins Feld geschleudert ward. Sein Sturz war so unglücklich, daß er sich den Kopf in der Gewalt des Falles an einen Feldmarkstein zerschellte, so daß ich sein Blut hoch aufspritzen sah. Er blieb regungslos liegen, und als ich nach ihm sah, war er tot. Mich überkam ein solches Gefühl der Erbitterung gegen den Urheber meines Unglückes, daß ich nicht einmal Mitleid mit diesem schrecklichen jähen Ende desselben empfand. Ohne mich des Weitern um ihn zu bekümmern, stürzte ich nach dem im Graben liegenden Wagen, um mich zu vergewissern, ob derselbe das gestohlene Geld enthalte; dort lag es in der That in einer ledernen Tasche; kein Goldstück, keine Banknote fehlte an den sechzigtausend Franken. Wie toll vor Freude bemächtigte ich mich des Schatzes, band mein
müdes Pferd an einen Baum, so daß es das umstehende Gras abweiden konnte, und warf mich ermattet und kraftlos daneben auf den Boden. Obwohl es bis zum Grenzdorfe, einem armen, kleinen Orte, kaum eine halbe Stunde Weges war, so war doch die Landstraße verödet, als hätte ich mich meilenweit von Menschenwohnnngen befunden. Die Rast that mir wdhl, und da ich seit Tags zuvor nichts mehr genoffen hatte, so begrüßte ich mit Freuden einen Fund von Wein und kleinen Speisevorräten, den ich in dem zerbrochenen Wagen Bougarts machte ; die drei Pferde hatten der Rast eben so sehr bedurft, als ich, und da der Heimweg eben so lang, wenn auch weniger anstrengend sein würde, ich vielmehr mir Zeit für meine Ankunft zu Hause bis zum nächsten Morgen gönnen durste, so beschloß ich, noch eine fernere Stunde zu warten, und dann mit den drei Tieren, die ich als zur Fallilmaffe gehörig betrachten mußte, die Heimkehr anzutreten. In St. Jean de Luz wollte ich Anzeige von dem Vorgefallenen erstatten und die Behörden vom Tode Bougarts in Kenntnis setzen. In meine Gedanken versunken saß ich noch da, während längst der Mond aufgegangen war und mit seinem vollen glänzenden Lichte die Landschaft versilberte, als plötzlich aus der Ferne Hufschläge mehrerer scharf lausender Pferde an mein Ohr drangen. Auch die drei Pferde spitzten die Ohren; das Getrappel kam näher, und bald erkannte ich eine kleine Truppe von Reitern, die die Landstraße herabsprengten. Ich stand auf, und einige Minuten später hielten mit einem lauten Ruse unmittelbar vor mir sechs Gendarmen ihre Pferde an.
„Da hätten wir sie ja!" rief der erste abspringende Gendarm seinen Kameraden zu. „Im Namen des Gesetzes, Sie sind arretiert!" wandte er sich an mich und legte die Hand auf meinen Arm, während die anderen Reiter gleichfalls absprangen.
„Wer arretiert? ich? rief ich erschreckt. „Sie irren! Sie suchen Bougart!"
„Und Sie! Hoffentlich finden wir Ihren Komplicen gleichfalls in der Nähe; wo ist er ?"
Ich war betäubt; ich verstand nicht, was der Mensch meinen konnte; stumm deutete ich mit der Hand nach der in der Nähe am Boden liegenden Leiche Bougarts. Schnell umstanden die Gendarmen dieselbe, und der Wachtmeister befahl einem derselben nach St. Jean de Luz zurückzureitcn und das