348

deutschen Partei und ihrer Freunde in Württemberg abgeholfen; möge dem­selben Glück auf den Weg, zunächst recht reiche und rasche Verbreitung beschie- den sein. Schw. M.

Gaildorf, 16. Juli. Gestern abend fuhren einige Lateinschüler in einem Kahne den Kocherfluß von hier aus eine Strecke aufwärts, um zu baden. Als sie zu ihren Kleidern, um sie anzuziehen, zurückkehren wollten, kam der eine in eine stärkere Strömung, wodurch er unter die Oberfläche des Wassers gezogen wurde. Ein stärkerer Kamerad wollte zu Hilfe eilen, wurde jedoch von dem sinkenden Knaben erfaßt und beide fanden miteinander den Tod in den Wellen. Erst nach einer halben Stunde konnten die Gesunke­nen aus dem Wasser gezogen werden. Die Knaben standen im Alter von 12 und 13 Jahren; der eine war der Sohn des Kaufmanns Markert von hier, der andere der Sohn des Pfarrers Jmmendörfer von Ober­sontheim.

Aus Ems, 14. Juli, wird dem Nürnb. Korr, geschrieben: Der deutsche Kaiser hat unser Bad verlassen. Mit großem Interesse hat man hier das Befinden des Kaisers verfolgt. In den ersten Tagen nach seiner Hieherkunft hörte man mannigfache Besorgnisse, namentlich hieß es, der Kaiser leide an Mangel an Appetit, ein gerade bei dem bekannten Leiden des Kaisers sehr schwerwiegender Umstand, und an geschwollenen Füßen. Bald lauteten aber die Nachrichten bester, der Kaiser begann die Spaziergänge wieder und zwar mit täglich mehr bemerkbarer Kraft. Geistig frisch zeigte sich der Kaiser bei jeder Gelegenheit, und namentlich können die Herren, welche zur Tafel gezogen wurden, nicht genug rühmen, mit welcher Lebendigkeit sich der Kaiser stets mit sämtlichen zur Tafel Geladenen unterhielt. Im Uebrigen werden die Einwirkungen der hohen Jahre in Folge des jüngst vom Kaiser über­standenen schweren Anfalls rascher als vordem sichtbar. Ich habe den Kaiser Voriges Jahr in Berlin gesehen, und den Unterschied gegen damals finde ich ziemlich bemerkbar.

Ueber die Ernte in Deutschland veröffentlichte das landw. Mi­nisterium im Reichsanz. die folgenden offiziellen Berichte:In Ostpreußen versprechen Weizen und Rübsen eine gute Ernte; Roggen hat in der Blüte­zeit an Frost gelitten und steht schlecht. In Posen haben Nachtfröste die Kartoffeln, Rüben und Roggen geschädigt; Roggen verspricht eine dürftige, Weizen eine befriedigende Ernte; Gerste unter Mittel. In Pommern stehen Weizen und Winterroggen nur auf gutem Boden günstig, Sommergetreide ist durch die Dürre empfindlich geschädigt. In Brandenburg haben Winter­getreide und Wiesen durch den Frost gelitten, Sommerweizen hat sich gut erholt, für Rüben und Kartoffeln eröffnen sich günstigere Aussichten. In Sachsen sind die Ernteaussichten zufriedenstellend; Reps steht gut, Weizen verspricht eine Mittelernte, Roggen steht gut. In Schlesien steht die Ernte je nach der Bodenbeschaffenheit verschieden; Hackfrüchte stehen ungünstig. In Schleswig-Holstein stehen die Saaten gut; Roggen befriedigend, Weizen auf Marschboden sehr gut. Aus Hannover berichtet man Ungünstiges über Weizen, bester steht Roggen, Gerste befriedigt. In Westphalen stehen Weizen und Roggen vielversprechend, Hafer und Gerste günstig. In Nassau berechtigt der Saatenstand zur Annahme einer guten Ernte, sowohl in Körnern als in Stroh. In der Rheinprovinz wird ein guter Ertrag erwartet. Kartoffeln sind überall gesund.

gleichzeitig das Jäger-Bataillon und sein Offizierkorps die Erziehung und das Gedeihen des jungenSedan" sorgsam überwachte. Durch den Kronprinzen ist jetzt, nach einem Vorschläge des Bataillons-Commandeurs, angeordnet worden, daß der Knabe am 29. September dieses Jahres in die Militärschule zu Weilburg ausgenommen werden soll.

Bauernregeln. Verkauf' Dein Futter oder Vieh niemals an eine Kompagnie. Der's kauft ist stets ein armer Wicht der Kom­pagnon bezahlt Dich nicht. Kommt Wer zu kaufen für n'en Andern Den laß nur ruhig fürbaß wandern. Kaufst Du ein Haus, Vieh oder Feld, So zahle nie im Voraus Geld. Oft liegen Hypotheken drauf, dann reut zu spät Dich wohl der Kauf. Mußt Geld Du borgen, schreib nicht quer Auf Wechsel gibt's der Wuchrer her, Gar Mancher, der aus falscher Scham zum Wuchrer ging, ein Ende nahm. Geh' zur Kreditbank, scheue nicht, den Weg zum Borgen ins Gericht.

Die rote Nase. Ein namhafter Hamburger Arzt hat in dem sulphoichthyolsauren Ammonium (einem Teer und Schwefel enthaltenden Salz aus bituminösen Gesteinen) ein Mittel gefunden, die rote Nase vom Erd­boden zu vertilgen, wenn von dem Inhaber derselben nicht mehr ge­trunken wird. Auch wieder eine schöne Erfindung, die pro nibilo sein wird. Ein anderes besseres Mittel wäre folgendes: falls es nicht zu spät ist, müßten die Inhaber gleich jetzt zur Branntwein nach Versteuerung herbeigezogen werden und nach dem jede rote Nase nach Nüance und Größe besteuert werden. Nasen, die kein Alkohol gefärbt hat, würden unnachsichtlich ebenfalls und zwar als Luxusnasen besteuert.

KcrnöeL L Wevk.eHv.

Der Wollmarkt in Kirchheim u. T., 22.-27. Juni. Nach den nunmehr abgeschloffenen amtlichen Wagregistern kamen auf den Markt 10,130 Ztr., und zwar wurden zugeführt aus Württemberg 9,116 Ztr-, Baden 173 Ztr., Bayern 739 Ztr., Hohenzollern 97 Ztr., Elsaß 15 Ztr., zusammen von auswärts 1024 Ztr. Darunter waren von Produzenten 9,229 Ztr., von Händlern 801 Ztr. zugeführt. Die gesamte Zufuhr wurde verkauft und es blieben in Württemberg 4,610 Ztr., und kamen nach Bayern, einschl. der Pfalz 2,138 Ztr., dem Elsaß 2,155 Ztr., der Schweiz 1,227 Ztr., zusammen nach auswärts 5,520 Ztr. Die reine Ausfuhr aus Württemberg, die vom vorjährigen Markt ab 6,040 Ztr. betrug, ist auf dem heurigen Markt auf 4,506 Ztr. zurückgegangen. Der Qualität nach bestand die Zu­fuhr in hochfein 74 Ztr., fein und mittelfein 9,120 Ztr., rauh und gemischt 936 Ztr. Die hiesigen Durchschnittspreise sind für:

1881. 1882. 1883. 1884. 1885. hochfein: 243. 236. 212. 205. 169.

fein, mittelfein 170. 171. 161. 146.85.121.27. gemischt, rauh 144. 138. 125. 121.55.110.25, also war auch Heuer wieder die geringe Ware von dem Preisrückgang am wenigsten betroffen. Die trostlose Lage, in der sich die meisten, namentlich kleineren Schäfereibesitzer durch das fortwährende Sinken der Wollpreise be­finden und die noch erhöht wird durch ein? von Jahr zu Jahr sich steigernde Einschränkung der Schäferei und Erhöhung der Futter- und Weidepreise kam in einer am Abend des ersten Markttags veranstalteten Versammlung mehrerer hundert Schäfer zur Besprechung. Es wurde einstimmig eine Petition an die Reichsregierung um Einführung eines Schutzzolles auf Wolle beschlossen.

WevrnischLes.

Ein Soldatenkind. Das in Görlitz in Garnison stehende

1. Schlesische Jäger-Bataillon Nr. 5 hat seit dem französischen Kriege einen besonderen Schützling in seine Obhut genommen: einen Knaben, welcher während der Schlacht bei Sedan auf dem Schlachtfelds von einer Marketenderin des Bataillons geboren worden ist. Der kleine unter so seltsamen Umständen und mitten im ärgsten Schlachtgetümmel geborene Weltbürger erhielt als Vor­namen den NamenSedan"; er heißt Sedan Böhme. Der Kronprinz hat als Pathe fungiert und sich seitdem wiederholt für ihn interessiert, während

Kgl. Standesamt ßalm.

Vom 10. bis 15. Juli 1885.

Geborene.

10. Juli. Karl Bernhard, S. d. Johann Jakob Fühler, Zimmmermanns hier.

11. , Anna Auguste, T. d. Karl Sei z , Hafners hier.

12. . Erwin Theodor, S. d- Emil Staudenmeyer, Verwaltungsaktuars hier.

13. , Philipp Friedrich, S. d. Georg Steiner, Steinbrechers hier.

15. , Emma Mathilde, T. d. Gottlieb Großmann, Schuhmachers hier.

Gestorbene.

12. . Michael Friedrich Rents ch Ier, Schuhmacher hier, 54 Jahre alt.

14. . August Ay, Steinhaner hier, 50 Jahre alt.

des Fiebers andeutete. Den sonst so starken Mann verließen die Kräfte, und er sank neben dem Bette seines Kindes in die Knie, während seine Thrä- nen die weiße Hand Theresens netzten.

O, ich habe sie getötet! Mich trifft die Schuld!" stöhnte er ver­zweifelnd.

Wie lange er da saß und seine Thränen rinnen ließ, wußte er selbst nicht; erst Juan weckte ihn aus seinen schmerzvollen Gedanken mit der Frage, was sie thun sollten.

Bindet aus Brettern und Latten eine Bahre zurecht, worauf wir die beiden Frauen wegtragen können", befahl Baltimore.

Schnell war dieser Befehl ausgeführt, und mit Hilfe Katharinas richtete Baltimore ein möglichst weiches Lager auf der Tragbahre ein, um Therese darauf zu betten und die Irre neben sie zu setzen. Acht Mann faßten zugleich die nicht allzuschwere Last auf, acht gingen zum Abwechseln neben her, einige zwanzig Mann zogen vorauf als Avantgarde, und die Uebrigen folgten zur Deckung; so traten die Banditen den Weg ins Gebirge wieder an, um die beiden Frauen, denen Katharina folgte, in Sicherheit zu bringen. Als sie bereits das Gavarnilthal im Rücken hatten, wurden sie von den etlichen Mann unter Biaritz Führung eingeholt, welche bis zum Ossonethal gegangen waren, um dort Wache gegen etwa anrückende Soldaten zu halten; dieselben brachten die Meldung, daß eben eine starke Truppe Infanterie mit einer Reiterpatrouille an der Spitze, gegen das Gavarnilthal anziehe, das sie selbst­verständlich zu spät erreichten.

Ohne Aufenthalt und Rast ließ Baltimore die Seinen bis über die spa­nische Grenze tragen, und erst in der Nähe eines kleinen Gebirgsdorfes wurde Halt gemacht. Er sandte einen Mann voraus, der in dem Dorfe Kundschaft ballen, und sich nach einer Herberge Umsehen sollte, in welcher Baltimore für das kranke Mädchen und die Irre ein Unterkommen finden könnte. Der Bote kam mit guter Nachricht zurück, und Baltimore betrat nun in Beglei-

tung von vier Mann, darunter Biaritz und Juan, sowie Katharina, die ge­meinschaftlich die Tragbahre auf ihre Schultern nahmen, das Dorf, während die übrigen Banditen in die Berge zurückkehrten und sich zerstreuten.

Baltimore sandte, sobald Therese unter seiner und Katharinas Obhut in einem reinlichen Zimmer der Herberge untergebracht war, Biaritz zu Pferde in die nächste Stadt, um einen Arzt zu Therese zu rufen; vor abend traf dieser ein und stellte ein schweres Gehirnfieber fest, welches das arme Mäd­chen befallen hatte. Tage der qualvollsten Aufregung verlebte Baltimore am Krankenbette seiner Tochter, die nicht zum Bewußtsein kommen konnte.Das ist mein Fluch", jammerte er,das ist meine Strafe!" Kaum kam in seltenen Momenten der Name des Grafen Villefleur in seinen Sinn; er war ganz und ausschließlich Vaterliebe; mit Angst lauschte er den Atemzügen und zählte die Pulsschläge Theresens, wenn er nächtlicher Weile an deren Lager saß und in Unruhe den Morgen erwartete, von dem er Linderung und Aenderung des Zustandes erhoffte.

Zwei volle Wochen vergingen, ehe der Arzt das erlösende Wort sprechen konnte, daß alle Gefahr vorüber sei, und als am Abend des Tages Therese, bleich und schwach, ihrem Vater dankbar zulächelte, da fühlte er sich über­wältigt von schmerzlichem Glück und hielt sie lange in stummer Umhalsung fest an seiner Brust. Verwundert schaute sich Therese in dem fremden Raume um, und sichtlich strengte sie ihr Gedächtnis an, um sich zu vergegenwärtigen, wo sie sei. Baltimore bemerkte es, und eine schreckliche Angst zog ihm das Herz zusammen.

Ach, Vater!" sagte plötzlich Therese und sank mit einem schmerzlichen Seufzer ins Kiffen zurück. Sie erinnerte sich, und Helle Thränen traten in ihre Augen. Baltimore verbarg sein Gesicht in beiden Händen. Nach einer Weile fühlte er, wie Theresens schwache Hand die seine ergriff und leise zu sich zog.

(Fortsetzung folgt.)