Der
Amtsblatt sür «e» Oberiüntsbezirk Nagold,
Nro. 30
Erscheint wöchentlich 3mal und kostet halbjährlich hier lohne Trägerlohn) 1 60 --l, für den Bezirk 2 -)L, außerhalb des Bezirks 2 2l> <rt.
Dienstag den 13. März,
Jnierativnsgebübr für die tspaltige Zeile aus ^ gewöhnlicher Schrill bei einmaliger Einrückung - 6 bei mehrmaliger je 6 -
1877.
Amtliches.
Nagold,
Zrrrückstellnng von Reservisten, Landwehrmännern u. Ersatz-Reservisten erster Claffe betreffend.
Die Mannschaften der Reserve, Landwehr, Seewehr und Ersatz Reserve erster Classe, welche im Falle einer Einberufung ans Zurückstellung aus Klassifieations- Gründcu Anspruch mache» wollen, haben ihre besuche vor Ende des Monats März, spätestens aber vor dein Musterungsterinin bei dein Ortsvorsteher ihres dauernden Aufenthaltsorts anzubringen. Die Gesuche sind in der Regel mündlich anzubringen.
Der Ortsvorsteher hat dieselben zu prüfen und alle zu Beurrtheilung des Gesuchs erforderlichen Verhältnisse, und zwar für jeden einzelnen Rainen besonders. zusammenzustellen.
Der Ortsvorsteher hat die eingegangeneu Gesuche mit einem tabellarischen Verzeichniß derselben der Ersatz Commission zu übergeben, in welchem Verzeichnis; zuerst
die Reservisten, hieraus die Landwehrmänuer, endlich die Ersotz-Rescrvisten erster Classe aufgeführt werden. Hinter jeder Abtheilung ist Raum zu etwaigen Nachträgen zu lassen
Die Einreichung dieses Verzeichnisses an den Civil-Vorsitzenden der Ersatzcommission hat spätestens bis zum 3l. März zu erfolgen.
Im Uebrigen wird auf die Verfügung der K. Ministerien des Innern und des Kriegswesens vom 8, April 1876, Minist. Amtsblatt Nr. 10, zur Nachachtung hingewiesen, mit dem Bemerken, daß die erforderlichen Formularien zu den Zusammenstellungen im Falle des §. 171 a u. b, sowie zu dem tabellarischen Verzeichniß bei der Unterzeichneten Stelle bezogen werden können.
Den 9. März 1877.
K. Oberamt. Güntner.
Nagold.
Aushebung von 1877.
Zum Beginn des Kreis Ersatz-Geschäfts wird hiemit der Geschästsplan im Bezirk des Landwehr- Commando's Calw bekannt gemacht.
6. April Musterung in Wildberg,
7. April Musterung in Altcnstaig,
9. April Musterung in Nagold,
10. April Loosung daselbst.
Am 11. April Musterung in Eutingen, 12 /13. April Musterung in Herrcnberg, 14. April Losung daselbst, 16. April Musterung in Gechingen, 17. April Musterung in Neuweiler, 18. April Musterung in Liebenzell, 19. April Musterung in Calw, 20. April Loosung daselbst, 21. April Musterung in Calmbach, 23. April Musterung in Herrenalb, 24. April Musterung in Neuenbürg, und am folgenden Tag Loosung daselbst.
Die Verhandlungen in den Musterungsstationrn des^Aushebungsbezirks Nagold beginnen je Morgens
Die Ortsvvlsteher werden aufgcfordert, daran Theil zu nehmen, in denjenigen Station, zu welchen ihre Gemeinden gehören, auch sind sie beauftragt, die Vorladung der Militärpflichtigen zum Musterungs- Termin zu deranlaffen und für deren rechtzeitige Gestellung vor die Kreis-Ersatz-Commission zu sorgen, auch die Militärstammrollen mitzubringen.
Es haben sich zur Musterung einzufinden: in Wildberg am Freitag den 6. April, Morgens 8 Uhr, die Pflichtigen von Wildberg, Effringen, Sulz, Gültlingen, Schönbronn, Nothfelden und Wenden; in Altenstaig am Samstag den 7. April, Morgens 8 Uhr, die Pflichtigen von Stadt Altenstaig, Dorf Altcnstaig, Ueberberg, Berneck, Walddorf, um 9 Uhr diejenigen von Ebershardt, Gaugenwald, Warth, Egen
hausen, Spieldcrg, Bösingen, Beuren, Enzthal,
Ettinannsweiler, Fünjbronn, Garrweiler und Sim- mersjcld;
in Nagold am Montag den 9. April, Morgens 8 Uhr, die Pflichtigen von Viagold, Jselshausen, Emmingen, Psrondorf, Mindersbach, Rohrdorf und Ebhausen, um
9 Uhr diejenige» von Haiterbach, Unterschwandorf, Oberschwandorf, Beihingen, Oberlhathcim, Unlerlhal- heim und Schietingen.
Alle zur Gestellung verpflichteten Mannschaften (zu welchen namentlich auch im vorige» Jahr aus irgend eurem Grunde znrückgestellten und die disponibel gebliebenen gehören) werden hiemit beordert, sich, Letztere mit ihren Loosungsschcinen und Gestellungs- Ältesten, beziehungsweise Rescrvescheincn rc., pünktlich im Musteiringsiermi» cinzufinden bei Vermeidung der gesetzlichen Strafen und weiteren Folgen.
Die Loosung findet am Dienstag den 10. April, Morgens 8 Uhr, ans dem Rathhaus in Nagold statt.
Las persönliche Erscheinen hiebei ist den Militärpflichtigen überlassen; ist der Aufgerusene abwesend, jo wird ern Civil-Mugtied der Kreis-Ersatz-Commission sür ihn Las Loos ziehen
Gesuche um Zurückstellung wegen häuslicher Verhältnisse sind wo möglich so zeitig gellend zu machen, daß sie noch vor dem Zusammentritt der zur Entscheidung hierüber berufenen Ersatz Commission vollständig krönen werden können.
Die Ortsvorstcher haben die Gesuche, welche bei ihnen schriftlich eingereicht oder mündlich zu Protokoll angegeben werden können, durch Erhebung aller zu ihrer Beurtheilung erforderlichen Umstände und Verhältnisse zu vervollständigen.
Formulare zu Gesuchen um Zurückstellung in den Fällen des §. 30, Zisf. 2, lit. a bis e, sowie in den Fällen des 8- 30, Zisf. 2, Ut. ä und a, können hier bezogen werden.
Den 10. März 1877.
Civil-Vors. der Ers-Comm.:
Güntner, Oberamimann.
Tages-Neuigkeiten.
Stuttgart, 9. März. Unsere erste Nachricht im gestrigen Blatte über die Lödtung der Frau Gr einer und ihrer vier Kinder durch den Ehemann ergänzen wir heute folgendermaßen: Der 34 Jahre alle Goltlieb Greiner aus Welzheim betrieb seil mehr als
10 Jahren bis vor 6 Wochen in Stuttgart das Schnci- dergewerbe verbunden mit einer Kleider- und Stoff Handlung (in der Schulstraße). Seit Juli 1871 war er mit der jetzt 30 Jahre alten Lea Zecher, Tochter eines »ermöglichen Weingartners aus Grunbach, OA Schorndorf, glücklich verheirathet; in der Ehe wurden 4 Kinder, ein Mädchen von jetzt fast d Jahren und 3 Knaben im Alter von fast 4, von 2'/r und 1 Jahre geboren. Die Greiner'schen Eheleute genossen überall das Lob braver, fleißiger und sparsamer Leute, und hingen, besonders der Vater, mit großer Liebe an ihren gesunden, wohlgestalteten Kindern. Wie es scheint, in den Vermögensverhättiiissen etwas zmnckgekommen, entschloß sich Greiner, den bis Anfang dieses Jahres allein noch betriebenen Klciderstosshandel aufzugeben und mit einem jüngeren Bruder, einem gelernten Metzger, die Schweinemetzgerei zu betreiben. Niemand hatte an den Leuten eine geistige Störung oder eine, lieferen melancholischen Leuten meist vorangehende Krankheit, bis zum Eintritt der Katastrophe bemerkt, doch scheinen Zweifel, ob das neu begonnene Geschäft die Familie ernähre und eine größere, für einen Verwandten ein- gcgaiigene Bürgschaft den Mann sehr gedrückt zu haben. Letzten Montag machte er der Frau den Vorschlag, sie Beide wollen sich mit den Kindern nms Leben bringen, um dem gefürchteten Vermögenszersall und Noth und Armuth zu entgehen. Die Frau, welche in einigen Monaten das fünfte Kind zu erwarten hatte,
habe nur schwer eingewilligt. Gestern nach Mitternacht habe er das jüngste Kind in seinem Korbwagen als erstes mittelst eines Bindfadens erwürgt; damit cs schneller gehe, habe er dem 2'/,jährigc» Knaben mit dem Haubeil den Kopf mit mehreren Hieben gespalten; auf den Ansschrei des Knaben erwacht das Mädchen, dem er sofort ein Taschentuch in den Mund stopft. Hierauf schnürt er dem Knaben, „damit er nicht tauge leide", und dann dem Mädchen mit Bindfaden die Hälse zu; der 4jährigc Knabe wird als letztes Opfer ebenfalls mit Bindfaden erdrosselt. Als die im Bette nebcnaniiegende Mutter jammert, sie könne es nicht mit ansehen, bittet er sie, sich nmznwenden, daß sie den Tod der Kinder nicht sehen müsse. Nun legt der Mann sich selbst und der Frau eine Doppel- schiinge von Bindfaden um de» Hals, befestigt, mit der Frau auf einem Kanapee stehend, die Schlinge in der Höhe des Fensters: was weiter geschehen ist, weiß Niemand. Am andern Morgen wird die Frau mit der Schlinge erdrosselt ans dem Kanapee liegend gesunden, ein Theil der abgerissenen Schlinge liegt daneben; der Mann mit einer starken Strangrinne um den Hals tritt um 6 Uhr in das neben dem Sterbe- zimmcr liegende Schlafzimmer seines Bruders, übel- hörig wie er ist, der seit 1 l Uhr Nachts dort schlafend von all' dem Grausigen nicht das geringste gehört hat, und sagt diesem, daß draußen Frau und Kind todt liegen! Im Schlafzimmer sind 2 frische Leintücher, vom Manne selbst Mittags zuvor erst zu diesem Zwecke gekauft, Kinderhemden, Kiltelen und Windeln hergerichtet, damit die Leichen anständig znm Begräbniß begleitet werden können. Abends 10 Uhr wirft Greis ncr noch einen Brief in die Postbrieslade, worin er einen befreundeten Wundarzt bittet, er möge am andern Morgen mit Gerichtspersonen in seine Wohnung kommen, wo er alle todt finde, und den Freund weiter ersucht, die Bereinigung einiger Verbindlichkeiten zu besorgen, damit Niemand um einen Kreuzer komme. Die äußeren Verhältnisse der unglücklichen Familie bieten keine Erklärung für die grausige That. Ob, wie vermuthet wird, tiefe Melancholie in Verbindung mit Wahnvorstellungen die Ursache derselben sind, wird wohl später festgestellt werden können. (St.-A.)
Stuttgart, 10. März. Der verhaftete Mörder Greiner befindet sich in seinem Gesängniß in Gesellschaft, damit er dem nahe liegenden Gedanken, sich ans dem Wege des Selbstmordes mit den vorangegan- gencn Angehörigen zu vereinigen, keine Folge geben kann. Er ißt und schläft (in der letzten Nacht weniger) und drückt seine Genugthuung darüber aus, das Frau und Kinder „versorgt" sind. Alles, was er zu beklagen hat, ist ein fröstelndes Gefühl, über welches er nicht Herr zu werden vermag. Zu sprechen liebt er nicht. Ueber seine Vermögensverhältnisse sind nähere Erhebungen erst anzustellen. Wie es scheint, hat sich derselbe in eine Lebensversicherung eingekauft; er gehörte zu denjenigen Versicherten, welche ihren Jahresbeitrag am Pünktlichsten entrichteten. Allem Anscheine nach macht Greiner die Angaben über die Vorgänge bei dem Morde ganz dem Thatbesnnde gemäß; nur über den letzten Akt, über den Tod seiner Frau ist noch einige Unklarheit verbreitet. Es gewinnt die Annahme immer mehr die Oberhand, daß die Frau nicht wie Greiner angibt, das letzte, sondern daß sie das erste Opfer der Mordnacht gewesen. Der objektive Thatbestand ist bis auf diesen Punkt vollständig fest- gestellt. Was den subjektiven Thatbestand betrifft, so ist derselbe »och keineswegs klarer, als am Tage, da der Mord begangen worden. Es liegt die Annahme nahe, daß der Mörder einer Anstalt übergeben werde, wo derselbe psychiatrisch beobachtet werden kann.
Stuttgart, 10. März. Gestern Nacht um 9'/, Uhr wurden wir durch Feuerlärm aufgeschreckt. Es war das Fabrikgebäude von Wizemaun am Ende der Nothebühlstraße in Brand gerathen, das trotz