und bedeutungsvollen Welke mußten in der elften Beurlheilung die Meinungen über viele und wichtige Punkte nothwendig in dem Maße auseinandergehen, wie es der Verbreitung und der Vielseitigkeit juristischer Durchbildung in allen Lheilen unseres Vaterlandes entspricht. Dennoch ist es zu meiner aufrichtigen Freude gelungen, alle Meinungs Verschiedenheiten im Wege der Verständigung unter Ihnen und mit oen verbündeten Negierungen auszugleichen und die Verhandlungen zu einem befriedigenden Abschluß zu bringen. Das Gefühl des Dankes für die Bereitwilligkeit, mit welcher Sie, geehrte Herren, den verbündeten Negierungen zu dieser Verständigung enlgegengekommen sind, ist in mir nm so lebhafter, je höher ich den Gewinn unschtage, weicher aus dem Gelingen dieses Werkes für unser nalionaies Leben erwachsen muß. ?urch die stattgehadte Verabschiedung der Juniz- Gesetze ist die Sicherheit gegeven, daß in naher Zutun,i die Rechtspflege in ganz Deutschland nach gleichen Normen gehandhabl, daß vor allen deutschen Gerichten nach densetben Vorschriften verfahren werden wird. Wir sind dadurch dem Ziel der nationalen Rechtseinheit wesentlich näher gerückt. Die gemeinsame Nechts- entwicklung aber wird in der Nation das Bewußtsein der Zusammengehörigkeit stärken und der politischen Einheit Deutschlands einen inneren Halt geben, wie ihn keine frühere Periode unserer Geschichte aufweist. Die Reichseinheil auf dem Gebiete des gesummten bürgerlichen Rechts herbeiznführen, wird der Beruf der kommende» Sessionen sein. Ich entlasse Sie, geeyrie Herren, indem ich Ihnen für Ihre angestrengte und erfolgreiche Arbeit wiederholt im Namen der verbündeten Regierungen den wärmsten Dank ausspreche in dem festen Vertrauen, daß, auch wenn der Reichstag sich wiederum hier versammelt, es uns vergönnt sein wird, unsere Arbeiten ausschließlich den friedlichen Aufgaben der inneren Entwicklung des Reiches zuzuwendeu. Der bisherige Fortgang der Verhandlungen der europäischen Mächte über die im Orient schwebenden Fragen berechtig! mich zu der Hoffnung, daß es meinen Bemühungen und den einander entgegenkommenden friedlichen Intentionen der an der Entwickelung der Dinge im Orient unmittelbar betheiligten Mächte gelingen werde, die schwebenden Fragen ohne Beeinträchtigung der guten Beziehungen zu lösen, welche gegenwärtig unter ihnen obwalten. Ich werde, gestützt von dem Vertrauen, welches Deutschlands friedliebende Politik sich erworben hat, im Wege freundschaftlicher und selbstloser Vermittelung mit Gottes Hülfe auch ferner dazu Mitwirken.
Berlin, 23. Dez. In der Provinz Posen sind in den letzten Tagen französische Händler aufgetaucht, welche ziemlich bedeutende Pferdeankäufe für die französische Regierung abschließen. In Oestreich, wo ebenfalls eine größere Anzahl von Pferden angekauft worden, ist dieIusfuhr in Folge des vor längerer Zeit ergangenen Verbots nicht gestattef worden. Einer der Händler ist, wie er erzählte, kontraktlich verpflichtet, bis zum 29. d. M. 1500 Pferde in Paris abzuliefern.
Im nächsten Reichstag wird Graf Moltke fehlen. Er hat in diesen Tagen seinem bisherigen Wahlkreise, sowie anderen Bezirken, die bei ihm angefragt hatten, auf das Bestimmteste erklärt, daß er keine Wahl mehr annehmen werde.
Es heißt, der Justizminister Leon Hardt würde seinen Abschied nehmen, weil seine überaus angegriffene Gesundheit (er soll namentlich an gichtischen Schmerzen leiden) ihm nicht gestatte, sein arbeitsvolles Amt noch länger zu versehen. Man fügt sogar hinzu, er würde seine Entlassung bereits beantragt haben, und nur der Wunsch, die Justizresorm zum definitiven Abschluß bringen zu helfen, habe ihn bewogen, sich nicht schon früher ins Privatleben zurückzuziehen. Uebrigens ist auch viefach die Meinung verbreitet, er werde bei der Einrichtung der neuen Organisation noch einmal eine hohe Stelle einnehmen. Man wollte serner wissen, der Nachfolger aus dem Posten des Justizministers werde der Kultusminister Dr. Falk werden, und dessen Ministerium werde — der Abgeordnete Dr. Gneist übernehmen. Ob etwas und wie viel Wahres daran ist, läßt sich im Augenblicke mit Bestimmtheit weder behaupten noch bestreiten. (Berl. Tgbl.)
Auch dem Fürsten Bismarck ist die Erfahrung nicht erspart geblieben, wie es Leuten zu Muthe ist, welche sich unfreiwillig zwischen vier Wänden sich befinden. Damals war er freilich noch nicht Fürst und Reichskanzler, sondern als einfacher Gutsbesitzer mußte er in der Citadelle von Magdeburg eine Freiheitsstrafe verbüßen, weil er einen widerspenstigen Knecht höchsteigenhändig durchgeprügelt hatte.
Elberfeld, 14. Dez. Zum Tode verurtheilt wurde heute von dem Assisenhofe der 32 Jahre alte Fabrik-Arbeiter Julius Frauenzimmer aus Wald. Der Verbrecher hatte seinem elf Wochen zählenden Kinde den Schädel an der Wand zerschmettert.
--Die ministerielle Prov. Korr, sagt über die Sicherung der Justizgesetze: »Seit der Errichtung des deutschen Reiches ist die Gesetzgebung, um deren Abschluß es sich handelt, die größte und erhabenste nationale That, welche überhaupt vollbracht worden, und es werden kaum Monate vergehen, daß die Fortschrittspartei, welche jetzt die Urheber der Vereinbarung verlästert und schmäht, nachträglich in hergebrachter Weise ihren Antheil
an den Ehren dieser Schöpfung in Anspruch nehmen wird. Diejenigen Männer innerhalb der Regierungen und des Reichstages aber, deren redlichen Mühen es gelungen ist, dem deutschen Volke die einheitliche nationale.Gerichtsverfassung und das gemeinsame Rechtsverfahren als Wcihnachtsgnbe zu sichern, dürfen trotz aller Parteiwühlereicn des Dankes und der Anerkennung der Nation gewiß sein."
Die Marktpolizei in Weimar untersucht nicht nur das Gewicht und die innere Beschaffenheit der Butler und Milch durch Nachwiegen, bezüglich mit Mikroscop und Milchmesser, sondern überwacht auch den Zustand der zum Verkauf gebrachten Eier. Die Verkäufer verdorbener Eier werden ebenfalls zur Strafe gezogen, weil sie ihre Maare selbst prüfen sollen, ehe sie dieselbe zu Markte bringen.
Wien, den 20. Dez. Der Papst sprach die große Ex- communicatio» gegen den Schweizer altkatholischen Bischof Herzog aus.
Wie», 24. Dez. Das „Telegr. Corresp.-Bureau" meldet aus Konstantinopel vom 23. ds.: die Verfassung wurde heute Mittag ln Gegenwart der Minister, Würdenträger und einer großen Volksmenge unter Abfeuern von Kanonensalven verlesen. Die Verfassung jetzt die Wahl mit geheimer Abstimmung fest. Auf je 50,000 Menschen entfällt ein Deputirtcr. Ein besonderes Gesetz wird den Wahlmodus sestsetzen. Die Annahme eines De- putirlen-Mandats ist mit der «Stellung eines öffentlichen Beamten, die Minister ausgenommen, unvereinbar. Die Legislatur-Periode wird 4 Jahre dauern. Die Deputirten erhalten per Session von 'November bis März je 4600 Frcs., während die von dem Sultan aus Lebensdauer ernannten Senatoren monatlich 2300 Frcs. erhalten.
Kopenhagen, 23. Dez. Das mit Kohlen beladene deutsche Barkschifs „Hiram" ist bei Fornacs an der Nordostspitze von Jütland, total unlergegangen, die Mannschaft ist in den Wellen umgekommen.
Reisende, die aus Rußland eintreffen, schildern die dort herrschende Nolh. Die Geschästsklemme hat einen Grad erreicht, der alle Wett an der Möglichkeit eines Krieges zweifeln läßt.
Rußland kämpft mit großer Finan ; noth. Man berichtet hierüber der „P. Eorr." aus St. Petersburg unter Anderem Folgendes: „Die Mobilisirnng kostet 42^/s Millionen, und somit ist unser finanzieller Tausendkünstler, Mr. Reutern, mit seinem Latein zu Ende. Die Kassareste sind auch schon ausgezehrt. Die neue Ordnung der Dinge, die der Czac begründet, hat die alteingewurzelten Uebel nicht beseitigt. In den Magazinen des Odessaer Militärbezirkes allein wurden diverse Unterschleife entdeckt, die 28 Millionen übersteigen. Man muß jetzt Dinge anschaffen, deren Vorhandensein im Ueberflnß als Thatsache angenommen wurde. Einigen Generälen soll der Prozeß gemacht werden, «sechs Jndentantnrsbeamte sind „mors patrlo" bei Nacht und Nebel in „Klieitkas" nach Archangel deportirt worden. In Jekaterienosiaw fehlten 225,000 Leinwandhemden und 122,000 Paar Stiefel, für die über 700,000 fl. verausgabt wurden. Selbst Munition soll nicht in annähernd zufriedenstellender Qualität vorhanden sein! Das heilige Rußland bleibt sich stets treu! Der Czar sagte zu Miljutin: „Ich glaubte das Erbe meines Vaters umgestaltet zu haben, ich habe mich geirrt."
Paris, 24. Dez. Man befürchtet, die öffentliche Bekanntmachung der türkischen Constitution wird die Situation verwickeln.
London, 23. Dez. Der „Morningpost" zufolge lehnte die belgische Regierung es ab, Truppen zur Besetzung Bulgariens zur Verfügung zu stellen.
In Philipp opolis sind zwei französische Unterthanen ermordet worden, deßgleichen die Mordzeugen.
Konstantinopel, 23. Dez. Heule Nachmittag 2 Uhr fand die erste Conferenzsitzung statt; als Präsident fungirte Saufet Pascha, als Sekretäre Kara Theodory, Serkis Effendi und Graf Mony. Die Bevollmächtigten tauschten ihre Vollmachten aus. Nach der Eröffnung sagte Savfet Pascha, die eben vernommenen Artilleriesalven kündigten die Veröffentlichung der Verfassung an, welche den türkischen Staat ändern werde. Hierauf wurde ein Resums über die Ergebnisse der Arbeiten der Vorkonferenz verlesen und Savfet Pascha überreicht. Dieser verlangte eine Frist zur Prüfung desselben. Die zweite Sitzung der Con- ferenz wird wahrscheinlich am Dienstag statifinden und hierauf wegen des „Kurban-Beirams" eine Vertagung Antreten. In der nächsten Sitzung wird die Frage über die Verlängerung des Waffenstillstandes geprüft werden und ist eine 14tägige Verlängerung wahrscheinlich. Die Ephorie der Börse begab sich nach dem Palais zur Acclamirung des Sultans anläßlich der Verfassung. _
Allerlei.
— „Sag' liebe Marie, wie verheimlichen wir nur — der Erb- schastsgeschichtc halber — Deinem alten Onkel, daß wir schon verheira- thet sind?" „„Sehr einfach! Du bist in seiner Gegenwart wieder so liebenswürdig und aufmerksam, wie als Bräutigam. Dann wird s dem Alten nicht im Traume einsallen, Dich sür einen Ehemann zu hatten.
Auflösung des Logogryphs in Nr. 152: Herz. Scherz. Schmerz.
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