opportun, mit dem Bemerken abzulehnen, daß ihre gesellschaftlichen Gewohnheiten es ihnen verbieten, an dem Feste theilzunehmen. — Eine achtbare Selbsterkenntnis;, welche durch das der Ablehnung beigesügte Ersuchen, „den auf die sozialdemokratischen Abgeordneten entfallenden Weinaiuheil an die Diener des Hauses zu vertheilen", noch ein ganz besonderes Relief erhält.
Berlin, 19. Dez. Die bulgarischen Abgesandten Zankoff und Balabanosf wurden vor ihrer gestern Abend erfolgten Abreise nach Petersburg vom Fürsten Bismarck empfangen. Sie theilten der „Nationalzeitung" brieflich mit, sie seien von der Unterredung mit Bismarck entzückt und überzeugt, daß Deutschland ihrer Sache günstig sei.
Berlin, 2t. Dez. Der Reichstag setzte heule die dritte Lesung der Strasproceß Ordnung fort und nahm dieselbe durchweg nach den Kompromiß Vorschlägen an; zu § 207 auch den vom Abg. Schwarze beantragten Zusatz, der das Vertheidiguugs- Recht des Angeklagten erweitert. Von einer durch die Commission beantragten Resolution, durch welche der Reichskanzler aufzufordern sei, eine Militär-Strafproceß Ordnung vorzulegen, in der das Mililär-Straf-Verfahren mit den wesentlichsten Formen des ordentlichen Strafprocesses umgeben und die Zuständigkeit der Militär- Gerichte im Frieden auf militärische Dienst-Vergehen beschränkt wird, wird der zweite Theil nach längerer Debatte, an welcher sich .auch der Kriegsminister v. Kamecke betheiligt, abgelehnt. Eine Resolution, den Reichskanzler zur Vorlegung eines Gesetzes wegen der einheitlichen Regelung der Gefäugniß Einrichtung, Verpflegung, Beköstigung und Behandlung der Strafgefangenen auffordernd, wird dagegen angenommen. Die Civilproceß-Ordnung wird auf Antrag Miquel's an bloo angenommen, ebenso die Con- curs-Oronung. Eine zum Einführungs-Gesetz der Civilproceß- Ordnung von Miguel und Genossen beantragte Resolution wegen Regelung des Kostenwesens durch die Gebühren Ordnung und eine weitere zur Concurs-Ordnung beaulragte Resolution werden angenommen. Die zu den Justiz-Gesetzen eingelangten Petitionen werden durch die betreffenden Beschlüsse für erledigt erklärt. Hierauf folgt eine namentliche Gesammt-Abstimmung über das Ge- richts-Gerfassungs Gesetz mit dem dazu gehörigen Einführungs- Gesetz. Beide werden mit l94 gegen 100 Stimmen angenommen, die übrigen Gesetze nebst den Einführungs-Gesetzen werden, da der Antrag auf namentliche Abstimmung zurückgezogen wird, gleichfalls und zwar anscheinend mit derselben Majorität angenommen. Der Reichskanzler Amts-Präsident Hofmann verliest eine kaiserliche Botschaft, nach welcher der Kaiser morgen Nachmittag um 2'/» Uhr die Session feierlich zu schließen beabsichtigt. Hierauf gibt der Präsident v. Forckenbeck die gewöhnliche GeschäftS-Ueber- sicht, worauf ihm der Abg. v Bonin den Dank des Hauses für die Geschäfts-Leitung ausspricht. Der Präsident schließt die Sitzung mit einem dreifachen Hoch auf den Kaiser.
Wien, 20. Dez. Das „Telegr. Korresp.-Bureau" meldet aus Belgrad: In Folge eines gestern stattgefundenen bedauerlichen Vorfalls zwischen einer Festungsschildwache und dem auf der Donau kreuzenden österreichisch-ungarischen Monitor gab das Ministerium seine Demission.
Rom, 11. Dez. Man schreibt der „Allg. Ztg.": Der einzige interessante Zwischenfall, welcher in der letzten Woche im Abgeordnetenhause vorfiel, bezog sich auf den Zustand der öffentlichen Sicherheit in Sicilien. Namentlich in der Provinz Palermo herrschen augenblicklich wahrhaft erschreckliche Zustände. Die Frechheit der Briganten übersteigt jedes Maß. und die Attentate auf die öffentliche Sicherheit sind nicht mehr zu zählen.
In Italien feiert der Staat einen Triumph nach dem andern über die Kirche. So wird telegraphisch aus Rom gemeldet, daß mehrere Bischöfe neuerdings unter Beobachtung der erforderlichen Formalitäten bei dem italienischen Ministerium direkt die Verleihung des Exequatur nachgesucht haben. Bei uns in Deutschland erklärt man solche Forderungen des Staates für „diokletianische Kirchenverfolgung." In Italien bequemt man sich ihnen ohne Weiteres an. Ländlich, sittlich. (Bert. Tgbl.)
Im Basler Großen Rath ist die Eidesleistung abgeschafft worden.
Petersburg, 20. Dez. In offiziellen Kreisen verlautet, daß der Waffenstillstand auf vier Wochen verlängert wird und erwartet man von der Conferenz einen friedlichen Ausgang; die Rüstungen werden dennoch fortgesetzt. Die Nachricht auswärtiger Zeitungen, daß die Pest in Warschau und Odessa ausgebrochen, wird als unwahr bezeichnet.
Daly Telegraph" meldet aus Konstantinopel: „Rußland gab jedwede Absicht einer russischen Okkupation der Bulgare! auf und schlug dafür eine zeitweilige belgische vor. Sämmt- liche Gesandte billigten letzteren Vorschlag, auch Salisbury, jedoch vorbehaltlich der Zustimmung des britischen Kabinets. Die Pforte will angeblich alle Forderungen, ausgenommen irgendwelche Okkupation, bewilligen." Die Brüsseler Reise Schnwaloff's hängt 'muthmaßlich mit dem erwähnten Vorschlag zusammen. Der gestrige Kabinetsrath nahm diesen angeblich an und sandte an Salisbury entsprechende Weisungen. (Diese Nachricht mit Vorsicht aufzunehmen.)
Konstantinopel, 18. Dezbr. Ueber die Verlängerung des Waffenstillstandes entscheidet erst die am nächsten Sonnabend zusammentretende Konferenz. (Berl. Tgbl.)
Allerlei.
— Als bewährtes Vorbeugungsmittel gegen Entzündung des Halses und der Athmungsorgane, mit denen gewöhnlich die für Kinder so lebensgefährliche Halsbräune ihren Anfang nimmt, empfiehlt eine Mutter tägliche Ausspülungen des Mundes und des Halses und zwar Morgens und Abends mit Salzwasser. Seitdem dieses Mittel, das unstreitig sehr billig ist, angewendet wird, hat die Familie Ruhe vor katharralischen Affectionen der Kinder.
— In dem literarischen Nachlaß von David Friedrich Strauß haben sich einige hundert Gedichte vorgefunden, schlichte kleine Lieder, stille Seufzer feines Herzens, Spiegelungen seines Schicksals. Für viele Freunde und wenige Vertraute hatte er sie zunächst niedergeschrieben, nicht für die Menge, und auch sollen sie, für die Freunde ausgewählt, nur als Manuscript ausgegeben werden. So vollzieht in ängstlicher Pietät des Vaters Testament der Sohn, vr. F. Strauß. Aus dem poetischen Gedenkbuche theilt die „Pr." Einiges mit, worunter wir einige Verse an seinen Sohn Fritz auswählen. Hier sind sie:
Eines Knäblein ward entbunden Gestern meine liebe Frau.
Nun betracht' ich schon sei Stunden Seines kleinen Schädels Bau,
Möchte wissen, was auf Erden Aus dem Kindlein noch mag werden.
Diese Stirn macht mich betroffen:
Sie ist breit und allerliebst;
Aber Kind, ich will nicht hoffen,
Daß Du einen Denker gibst!!
Denken, Kindchen, ist beschwerlich,
Heut' zutage selbst gefährlich.
Längst erwäg' ich auch im Stillen,
Ob die Nase nicht zu spitz?
Lieber Sohn, ums Himmelswillen Mäßige doch Deinen Witz!
Mancher wäre doch gestiegen,
Hätt' er einen Witz verschwiegen.
Gern' entdeckt' ich noch hier oben Das Organ der Frömmigkeit:
Denn damit, mach vielen Proben,
Kommt man heutzutage weit.
Doch zur Strafe meiner Sünden Ist davon nicht viel zu finden.
Diese Haube, liebes Weibchen,
Läßt dem Kopse zu viel Raum.
Halte doch durch eng're Häubchen Bester sein Talent im Zaum.
Aussicht ist in diesen Zeiten Nur für Mittelmäßigkeiten.
Staatsfreunde. Frage: Wer sind die treuesten Untertanen? Antwort: Alle putzsüchtigen Damen, weil sie den Staat über Alles lieben.
Logogryph.
Ich bin ein unscheinbares Ding,
Mein Fühlen ist so reich,
Doch schätzt der Kopf mich oft gering,
Wenn ich mich füg' nicht gleich.
Setz'st für das Haupt was Andres hin,
Zeig' ich ein froh Gesicht,
Und hast du kindlich heitern Sinn,
Willst du mich missen nicht.
Setz'st du zum Haupt noch etwas hin,
Raub' ich dir Freud' und Ruh',
Und führe doch gar viel Gewinn Fürs Erste dir oft zu.
Im allgemeinen Interesse finden wir uns veranlaßt, aus die im heutigen Blatte enthaltene Annonce des „kkonol", welcher von den bedeutendsten medizinischen Autoritäten geprüft und empfohlen, ganz besonders hinzuweisen.
(Brief-undFahrposttaxen.) Die Herren Oberpost« revisor Bacmeister, Postmeister Niederhöfer und Postmeister Bareiß haben eine in tabellarischer Form bearbeitete „Zusammenstellung der Brief- und Fahrposttaxen für den Verkehr innerhalb Württembergs sowohl als mit dem deutschen Reichspostgebiet und Baiern, sowie mit außerdeutschen Ländern, nebst Telegraphen- und Wechselstempelsteuer Tarif" herausgegeben. Nachdem im verflossenen Jahre in den Bestimmungen über den Postanweisungsverkehr mit fremden Ländern verschiedene Aende« rungen eingetreten, die Postaufträge für Accepteinholung neu eingeführt und die Telegraphentaxen ganz umgestaltet worden sind, auch das Gebiet des allgemeinen Postvereins eine beträchtliche Ausdehnung erfahren hat, dürfte diese tabellarische Ueberstcht, welche den die Post Benützenden jede wünschenswerthe Auskunft in bündiger Weise gibt, einem Bedürfniß entsprechen. Die Tabelle kann um den Preis von 80 ^ durch sämmtliche Poststellen bezogen werden.