lunq durch ihren lebhaften Beifall wohl ihre Zustimmung ertheilte. Der Bille des Eandidaten um lebhafte Beteiligung an der Wahl schloß sich auch Hr. Oberamtmann Güntner an, indem er noch besonders betonte, daß wenn durch eine schwache Beteiligung eine Ergänzungswahl nölhig werden sollte, die säumigen Wähler durch eine Ganggebühr zur Wahl geladen werden würden.
Stuttgart, 9. Dez. Das heule publicirie Uriheil der Strafkammer des Kreisgerichlshofs gegen die Gründer der würt- tembergifchen Commissionsbank wegen Betruges und anderer Vergehen lautet: Director Friedrich Gras 13 Monate Gefängniß, wovon drei auf die Untersuchungshaft für verbüßt erachtet werden, Oscar Adam 6 Monate, wovon vrei Monate verbüßt; Prokurist Kühne, Aufsichtsralh Fischer je drei Wochen, die gleichfalls als durch die Untersuchungshaft für verbüßt ei klärt wurden. Die übrigen Angeklagten wurden st eigesprochen.
Neuenbürg, 30 Nov. Zur Rrichstagswahl. Gestern traten in Höfen eine Anzahl Wähler von Wildbad, Calmbach, Höfen und N e n e n b ü r g zusammen, um zunächst Kennt niß von dem schon telegraphisch angekündigten Briese aus Berlin, 24. Novbr. des Neichsragsabgeordnelen, Commerzienrath Chevalier, zu nehmen. Derselbe spricht sich Bezug nehmend an das, was in öffentlichen Blättern über die Erklärungen des Gegen Eandidaten Hrit. Slätin berichtet wurde, gegen einen Uebergang vom Gewichtszoll zum Werthzollsystem aus und glaubt gerade bei einer etwaigen Herrschaft des letzteren Systems eine ungünstige Wirkung auf die Industrie des Nagoldthales vorher sagen zu müssen. Der Brief fährt dann wörtlich fort: „Wie wenig ich politisch dem ceniralisiren'-en Einheitsstaat zu- steure, ist genugsam bekannt, es darf aber auch nur Jedermann den Gang der Geschäfte der Regierung und des Reichstags verfolgen, um zu erkennen, daß auch diese das nicht wollen; haben wir Württemberger doch erst in den letzten Tagen unsere alte Gcmeindejusti; als eine eigenthümliche bewilligt bekommen — in Summa mein Programm ist, möglichster Schutz für die Industrie und Autonomie der Provinz, der Gemeinde und des Hauses soweit dies mit dem Wohl des Ganzen vereinbar ist. Was nun meine persönliche Stellung zur Kandidatur betrifft, so kann ich nur wiederholen, was ich schon im Sommer das Vergnügen hatte, Ihnen persönlich zu sagen, daß ich mich den Parteigenossen, die vor sechs Jahren mich zu ihrem Candidaleu machten, zur Verfügung stelle, weil ich das Angesichts des allgemeinen Partei- Kampfs im ganzen Reich für Pflicht halte, dabei aber auf das Bestimmteste erkläre, daß es mir nach meinen persönlichen Neigungen viel lieber ist, wenn ein anderer im gleichen Geist wirkender Candidat berufen wild, ich hierin auch nicht im entferntesten eine Zurücksetzung erblicke. Ob ich, wenn Sic an meiner Candidalur festhalten, nicht sollte vom Reichstag mich beurlauben und schon jetzt Wahlversammlungen halten, habe ich mir ernstlich überlegt, bin aber zu dem Resultat gekommen, daß cs bet den sehr wichtigen Verhandlungen, die wir bis zum Schluß des Reichstags haben werden, Unrecht wäre und die Wähler alles Recht hätten, mich zu fragen, warum ich nicht auf meinem Posten bin " Nach Kenntnißnahme dieses Schreibens gaben die Anwesenden einmüthig ihre Ansicht dahin kund, daß sie die bisher von ihrem Vertreter im Reichstag im Interesse der nationalen Sache gebrachten Opfer dankbar anerkennen, mit seinem Verhalten in politischer Beziehung vollständig einverstanden seien, somit keine Veranlassung hätten, seine erneute Caudidatur nicht wieder kräftig zu unterstützen ; daß aber, da nun einmal die handelspolitischen Fragen bei der diesmaligen Wahlbewegung so sehr in den Vordergrund gestellt wurden, es von großem Werth erscheine, daß der großen Anzahl von Wählern-, welchen diese Fragen ferner liegen, Gelegenheit gegeben werde, sich Aufklärung aus dem Munde der beiden Eandidaten über ihre so sehr verschiedene Auffassung dieser Fragen zu verschaffen. Die Versammelten stimmten auch darin mit dem Hrn. Commerzienrath Chevalier überein, daß sie ein Verlangen, derselbe möchte schon jetzt wegen der Wahlreise den Reichstag verlassen, glaubten nicht äußern zu sollen, wenn auch daran erinnert wurde, daß dem Gegner dadurch das Feld noch ein paar Wochen länger allein gehöre; dagegen wurde der dringende Wunsch dahin ausgesprochen, es möchten die beiden Eandidaten in einer gemeinschaftlichen Versammlung etwa zunächst in Calw nach Schluß des Reichstags ihre politischen und handelspolitischen Ansichten gegenseitig entwickeln. Bei dieser Gelegenheit dürfte es dem bisherigen Abgeordneten nicht schwer werden, die wider ihn gemachten Angriffe zurückzuweisen. Jedenfalls dürste aber von dem Anstandsgefühl der Gegner erwartet werden, bis dahin mit abfälligem Urtheil über den Abwesenden um so mehr zurückzuhalten, als derselbe doch unzweifelhaft ein Mann von um fassenden Kenntnissen, großer Erfahrung, Achtung gebietender Lebensstellung und der nationalen Sache seit langen Jahren treu ergeben ist.
Berlin, 8. Dez. Von offiziöser Seite wird bestätigt, daß der Marschall Mac Mahon durch eine vielgenannte Persönlichkeit dem Kaiser Vorstellungen über die Nichlbeschickung der Pariser Weltausstellung machen ließ und eine mögliche Aenderung der diesfälligen Dispositionen der deutschen Regierungen im wohl
verstandenen Interesse der Kunst und Jndustrieerzeugnisse aller Nationen befürwortete Der Kaiser berief bekanntlich ein Mini» sterkonseil und nach einer ausgedehnten Diskussion, an welcher er selbst lebhaften Aniheil nahm, blieben die Minister bei ihren früheren Beschlüssen stehen, welche der Kaiser sanktionirle.
Man könnte wieder einmal die halbe Zeitung mit Nachrichten über schwere Verbrechen füllen. In Bomst vergiftete der Apotheker Schweigert auf Anstiften seiner bitterbösen und obendrein fanatischen Mutier, einer Polin, seine junge Frau, weil sie arm und — Protestantin war. Er wurde zum Tode verurtheilt. — In Wien erschoß ein Kellner seine Geliebte und dann sich; die Geliebte, die durchaus nicht mit ihm sterben, sondern leben wollte, hatte sich verzweifelt gewehrt.
Wien, 5. Dec. Die Krisis zwischen Oesterreich und Ungarn ist in ein Stadium getreten, wo es nur mehr heißen kann: Biegen oder Brechen! Die Intervention der Krone ist ohne Erfolg' geblieben; die beiderseitigen Minister konnten sich in dreitägigen Conferenzen unter dem Vorsitze des Kaisers in nichts verständigen ; die beiderseitigen Parlamente stehen sich contradicta- torisch gegenüber; hier absolute Verwerfung des dualistischen Bank-System Seitens des Reichstages, in Pest unbedingtes Festhalten an dem dualistischen System oder gänzliche Separirung. In Ungarn bilden Regierung und Parlament in der Negation des österreichischen Standpunktes eine geschlossene Phalanx; in Oesterreich ist blos das Parlament fest, während das Ministerium transactionslustig wäre. Diese Neigung ist jedoch diesmal unan- bringlich, und dcßhalb hat das Gesammt-Cabinet seine Demission eingereicht, die vom Kaiser aber znrückgewiesen wurde. Was jetzt geschehen wird, weiß Niemand, obgleich etwas geschehen muß: entweder allseilige Krise, bezw. Cabinets-Wechsel oder Parlaments- Auflösung oder Vertagung des ganzen Ausgleichs-Werkes. Inmitten der grenzenlosen Consusion ist die Haltung des ungarischen Episcopats bemerkenswerth Der Fürst Primas Simor hat !m Namen des ungarischen Klerus der Pcster Negierung großartige materielle Mittel zur Gründung einer ungarischen Bank im äußersten Falle angeboten.
Wien, 7. Dez. Mittheilungen ans Pest zufolge machten die jüngsten Aeußernngen Bismarcks im deutschen Reichstage in den gegenwärtig in Pest versammelten diplomatischen Kreisen einen sehr befriedigenden Eindruck und vermehrten die Hoffnung auf Erhaltung des Friedens.
Wien. 9. Dez Die „Neue freue Presse" berichtet übereinstimmend mit einer Meldung der „Politischen Correspondenz" vom 4. d. über die Auflage einer neuen Kriegssteuer in Constan- tinopel, wonach auf jedes männliche Mitglied der Bevölkerung vom 5. bis 60. Lebensjahre die Zahlung von >5 Piastern (— 2 70 ^>) entfällt.
Wien, 9. Dez Sauset Pascha erklärte mehreren Botschaftern, die Pforte würde einem Okkupations-Beschluß des gestimmten Europa's unbedingt weichen, aber offiziell anerkennen werde sie auch diesen nicht. — Die russische Krieqskasse wurde auf 17 Waggons von Petersburg nach Kischeneff geschafft, wäh renddem war der Gesammt-Verkehr sistirt.
Rom, 7. Dez. Der Kardinal SimeSni hatte gestern Abend eine lange Audienz beim Papste und wurde heule offiziell von demselben empfangen, worauf er den Eid leistete.
Pest, 7. Dez. Der Vertreter Oestreichs ist in Belgrad angewiesen worden, wegen Verletzung der diesseitigen Territorialhoheit durch von serbischer Polizei an Bord des Dampfers Radetzkys vorgenommener Handlungen energisch Genugthuung von Serbien zu begehrxn. Zur Unterstützung der Reklamation sind zwei Monitors nach Semlin entsendet worden.
Pest, 7. Dez. Die zuerst vom „Berliner Tageblatt" in die Oeffentlichkeit gebrachte Msicht der Mächte, eine Pärallel- Okkupation türkischen Gebietes zii veranlassen, tritt in der diplomatischen Welt mehr und mehr in den Vordergrund, so daß Rußland Bulgarien, Oestreich Bosnien und England Konstantinopel besetzen würde. Oestreich verlangt jedoch die Ermächtigung, eventuell auch serbische Gebietstheile okkupiren zu dürfen.
Florenz, 7. Dez. Prinz Louis Napoleon besuchte heute den König Victor Emmanuel, dieser machte sodann mit dem Prinzen der Kaiserin Eugenie einen Besuch.
Petersburg, 7. Dez. Die russische Regierung versandte eine Jnstruktionsdepesche an ihre diplomatischen Agenten bei den Großmächten, in welcher sie ihre Botschafter anweist, die Okkupation Bulgariens als unvermeidlich hinzustellen, nicht nur, um die Reformen für die christlichen Bevölkerungen zu garantiren, sondern auch, um neue Christen-Massacres wirksam zu verhüten. Separat-Verhandlungen zwischen Rußland und England führten dazu, daß das Kabinet von St. James versprach, der Pforte anzurathen, gegen eine in solcher Weise motivirte Okkupation jeden bewaffneten Widerstand aufzugeben.
Paris, 30. Nov. Der „Temps" macht aus Anlaß der letzten Rede des Prinzen Napoleon ohne Angabe seiner Quelle folgende merkwürdige Enthüllung: „Die Wahrheit ist, daß unter dem 10. Mai 1870 der Entwurf eines Schutz und Trutz-Bünd-