Der

Amtsblatt für den Oberamtsbezirk Nagold.

Nr. 143.

Erscheint wöchentlich 3mal u»b kosiel halbjährlich hier (ohne Trägerlohn» 1 M. 60 Psg., für den Bezirk 2 Li.! außerhalb des Bezirks 2 M. 45 Psg.

Samstag den 2. Dezember.

Inserationsgebühr für die 3spaltige

Zeile aus gewöhnlicher Scbrist bei 1127^ einmaliger Einrückung 9 Psg-, best mehrmaliger je 0 Psg.

AM- Für den Monat Dezember nehmen alle Postämter und Postboten Bestellungen auf denGe­sellschafter" an. _ ,

- n j i ch e s.

Bekanntmachung der Centralftelle für die Land- wirthschaft, betreffend die Abgabe von Forellen­eiern an inländische Besitzer von Fischbrutaufialten.

Wir werden auch in diesem Jahre wieder eine entsprechende Quantität angebrületer Forelleneier von renommirten Brutanstalten beziehen und an inländische Fischzüchter theils unentgeltlich, theils gegen Ersatz der Selbstkosten adgeben. Gesuche mit Angabe der gewünschten Zahl von Eiern nebst kurzer Beschreibung der Brutvorrichlnng, deren Lage und Größe sind längstens bis 15. Dezember d. I. a» Direktor Dr. v. Ruefs in Stuttgart zu richten.

Stuttgart, den 8. November 1876

Für den Borstand:

Schiltenhel m.

LageS« Neuigkeiten.

Die Schulstelle iu Pfrondorf, Bez. Nagold, wurde dem Schul­amtsverweser Ruoß daselbst gnädigst übertragen.

Aus der R e i ch s h a u p t st a d t, 28. Nov. Das von Preußen dem Bundesrath vorgelegle Zollgesetz, unterschrieben von Camphausen und Achenbach, lautet:Gegenstände, deren Ausfuhr in einem anderen Lande durch eine Ausfuhrprämie be­günstigt wird, können bei deren Einfuhr nach Deutschland mit einer Abgabe belegt werden. Die Ansgleichsabgabe darf den Betrag der Ausfuhrprämie nicht übersteigen. Dieselbe kann ent­weder für Erzeugnisse eines bestimmten Landes oder für alle oder bestimmte Grenzstrecken angeordnet werden. Die Ausgleichsgabe fällt fort, sobald ein Anlaß dazu nicht mehr vorhanden ist." Die sehr kurzen Motive nehmen Bezug auf den Wortlaut der Thronrede.

Die neuen deutschen Justiz ge setze (im Reichstage) theilen die strafbaren Handlungen in drei Gruppen ein. Für sämmtliche Uebertretungen und eine größere Anzahl leichter Vorgehen, wie kleinere Diebstähle, leichte Körperverletzungen u. s w-, sind die Schöffengerichte, bestehend aus 1 Richter und 2 Schöffen, zuständig. Die übrigen Ver­gehen, sowie alle Verbrechen, welche mit höchstens 5 Jahren Zuchthaus bedroht sind, unterstehen den Strafkammern der Landgerichte, aus wel­chen 5 Berufsrichter zu je einem Collegium zusammengesetzt sind. Alle mit einer höhern Strafe bedrohten Verbrechen gehören vor die Schwur­gerichte und cs ist von diesen nur das Verbrechen des Hoch- und Lan- desverraths gegen Kaiser und Reich ausgenommen, über welches aus­schließlich das Reichsgericht zuständig ist. Der liebste Titel ist den deutschen Juristen der Titel 16 des neuen Gsrichtsverfassungsgesetzes I denn dieser Titel sichert ihnen volle 2 Monate Gerichtsferien jährlich zu. In dieser Ferienzeit werden, damit kein lustitium oder solstitium ^Ge­richts- oder Sonnen-Stillstand) Antritt, die wichtigsten Geschäfte von Feriendeputationen versehen. Der Justizminister Leonhardt sträubte sich zwar anfangs gegen 8 Wochen Ferien, meinte dann aber selbst ungefähr so: er schicke am liebsten jeden Juristen d. h. Beamten jährlich 8 Wochen auf Ferien, damit er den Aktcnstaub adschültele, Land und Leute kennen lerne und sich überzeuge daß es nicht wohlgethan sei, nach dem alten Juristensprüchlein zu verfahren, quoll non in actis non sst in munllo (was nicht in den Akten steht, ist für mich nicht in der Welt vorhanden). Die Juristen wollen übrigens, was den ungemeinen Nutzen von Ferien betrifft, ihren Justizminister beim Wort halten und sich nur zu dem Titel 16 die dazu gehörigen Mittel ausbltten, weil Jemand, der viel Ferien und nichts zu thun hat, viel mehr Gelb braucht als Einer, der viel zu thun und keine Ferien hat. Wir haben nichts dagegen und protestiren nur gegen die Anwendung dieses Grundsatzes auf andere Leute, weil sonst Leute, die sehr viel zu thun und sehr wenig Ferien haben, am > wenigsten Geld kriegen müßten. (Df.-Ztg.)

DieEss. Bolksztg." schreibt:Auf der Krupp'schen Fa­brik werden augenblicklich alle Anstrengungen gemacht, um den Rest des für die Türkei bestimmten Geschützmaterials an Kanonen und Lafetten in kürzester Frist fertig herzustellen. Wie eilig es plötzlich der Sultan Abdul Hamid hat, nun auch in den Besitz des letzten Mertels der bei Krupp vor etwa drei Jahren in Auf­trag gegebenen Feuerwaffen zu kommen, mag daraus hervorgehen, daß in den Kanonenwerkstätten des Etablissements Tag und Nacht gearbeitet wirb.

Wien, 28. Nov. Lord Salisbury ist mit der festen Ueberzeugung abgereist, daß England nicht auf eine Allianz Oest- reichs rechnen könne, dagegen wird es immer gewisser, daß Oest- reich im entscheidenden Augenblicke an der. Seite Rußlands zu finden sein werde , eine Thatsache, die sich auch in der inneren

Politik widerspiegelt. Man brauch! nur auf die vorsichtigen Erklärungen hinzuweiscn, welche der ungarische Ministerpräsident Tisza jüngst im ungarischen Parlamente abgegeben hat, Erklärun­gen , welche dem magyarischen Chauvinismus gegenüber in auf­fälliger Weise das östrcichische Interesse bcioneu.

Wien, 28. Nov. Gras Andrassy und Maiquis v. Sa­lisbury haben sich über den strittigen Begriffadministrative Autonomie" verständigt. Die Mächte empfehlen Montenegro, die Berprooiantirung der blokirten türkischen Festungen zu gestatten.

Rumänien konzentrirl seine Truppen an der russischen Grenze.

Die türkische Flotte erhielt 79 englische Seeoffiziere.

Wien, 28. Nov. Der Pester Lloyd schreibt:Da nicht alle Mächte ein Veto gegen die Okkupation einlegen, so beharrt Rußland auf derselben. Das Scheitern der Konferenz ist sonach als sicher zu betrachten."

Aas Rimbach (Oesterreich) wird ein vierfacher Mord gemeldet. In einem Gasthaus der Ortschaft Rimbach,zur Schiffau» genannt, kam -sonntag Mitternacht ein italienischer Estcnbahnarbeiter und verlangte mit Ungestüm, man möge ihm einschenken. Als man ihm beoentete, es könne nichts mehr verabreicht werden, da die Sperrstunde bereits geschla­gen habe, begab sich der Arbeiter in die Küche und verlangte von der daselbst mit ihren Kindern verweilenden Wirthin ein Glas Kaffee. Die Wirlhin erklärte, ksinen Kaffee za habe», sie sei jedoch bereit, wenn der Arbeiter ihr die Bohnen dringe, den Kaffee zu kochen. Kaum hatte die Wirthin diese Worte gesprochen, ats der Arbeiter ein Dolchmeffer zog und der Wirthin rasch nacheinander süns Stiche in den Unterleib versetzte. Nur der dichten Wrnterkleidung und dem raschen Zurückweichen war es zu danken, baß die Stiche bis auf einen, der eine Verletzung zurückließ, ziemlicv wirkungslos blieben. Da die Kinder sich um die gefährdete Mutter drängten und dies« im Zurückweichen zusammenstürzte. stand der Mörder, in der Meinung, sein Opfer getroffen zu haben, von der Wir- lhln ad und ging in das Gastzimmer zurück. Der daselbst anwesende Wirth, durch den Lärm erschreckt, wollte sich eben in die Küche begeben und tras mit dem Arbeiter an der Thür zusammen. Ehe noch ein Wort zwischen Beiden gewechselt worden war, versetzte ihm der Arbeiter einen lucchlbacen Stich in den Unterleib, der bald daraus den Tod des Wir- thes zur Folge hatte. Zwei der anwesenden Gäste sprangen auf, um dem Wirth beizustehen, ver Mörder drang auf sie ein und versetzte auch ihnen tödttiche Stiche, warf sich dann auf den seinem Vater beispringen- ben Sohn und stach auch diesen zusammen,, worauf er den Dolch wegwarf und entfloh. Der Tod des Wirtdes trat einige Minuten nach der Flucht des Mörders ein: den zwei Gästen hatte der Arbeiter den Bauch so fürchterlich aufgeschlitzt, daß die Gedärme heraustraten. Der Tod dieser beiden Opfer ist stündlich zu erwarten. Für den Sohn des Wirtdes ist Hoffnung vorhanden, ihn am Leben zu erhalten. Die arme Wirthin steht nun mit sechs unmündigen Kindern allein da und den Jammer derselben zu beschreiben ist säst unmöglich. Der Mörder, ein junger Bursche von 20 bis 23 Jahren, ist ein geborner Wälschtiroler, und stand als Steinbrecher bei einem Eisenbahnvau-Unternehmer in Arbeit. Er halte die beispiellose Keckheit, am nächsten Tage in seine Wohnung zu kommen, um seine Sachen zu holen. Die Bewohner von Rimbach, welche von der Anwesenheit des Verbrechers Kenntniß erhielten, bewaffneten sich mit allen möglichen Waffen und belagerten das Haus, der Italiener aber sprang durch ein nicht bewachtes Fenster und ergriff die Flucht, ohne von zweien seiner Genoffen, welche in der Stube anwesend waren, an der Flucht gehindert zu werden. Es ist dieser schauerliche Mord der vierte Fall, welcher in kürzester Zeit in dieser Gemeinde vorgekommen ist. An dieses schauerliche Nachtstück schließen wir ein zweites aus Rothenstein in Bayern an. Da machte der Schuhmacher Wellmüller im Wochenblatt bekannt, daß ihm seine Frau schon vor Wochen entlaufen sei und daß er dem, der ihm sichere Nachricht über ihren Aufenthalt dringe, 36 Mark Belohnung zusichere. Sein Wunsch ging schneller in Erfüllung, als ihm lieb sein konnte; denn die Gendarmerie fand die Frau verscharrt in dem Acker ihres Mannes und Mörders. Well­müller hatte sie ermordet und auf einem Mistwagen auf den Acker ge­fahren und vergraben- Das Gericht brachte ihn bald zum Geständniß.

In Slawe bei Treuenbristzen zählte der Bauer Ruhle 300 Thaler, die er auf dem Markte eingenommen; da kommt seine Tochter mit ihrem Manne, verlangt das Geld, fängt Streit mit ihm an und beide erschla­gen den alten Mann. Der Leichnam wird zerstückelt, verbrannt und die Knochen und die Brille, die der Alte beim Zählen getragen, in den Mühl­graben geworfen. Der Alte ist über Hamburg nach Amerika, sagte die Vatermörderiu. Man findet aber bald die Brille und mit ihrer Hülfe die Verbrecher, die geständig find. Man fand sogar noch mehr die Reste eines neugebornen Kindes, das die entsetzliche Tochter vor ihrer Ehe heimlich geboren, ermordet und im Kuhstall vergraben hatte. In Kroppenstedt bei Oschersleden brannte vor Jahren die Windmühle ab. Die zur Hülse Herbeieilenden fanden den Gesellen Günther am Fuße der Mühle liegen, gebunden an Händen und Füßen und einen Knebel im Munde- Er sagte aus, zwei vermummte Männer, deren einer der Knappe Schröder aus Kroppenstedt gewesen, hätten ihn überfallen, ge­knebelt und die Mühle angezündet, er habe sich, um sich zu retten, die Treppe hinuntergewälzt. Schräder wurde vom Schwurgericht zu 15 Jahr Zuchthaus verurtheilt. Nach 7 Jahren VagadundirenS in der Welt kam Günther zurück und gestand dem Gerichte freiwillig, er habe die Mühle angesteckt, um allerlei Diebstähle zu verbergen, Schräder sei vollständig