Dn GestüMer-
Amtsblatt sür den Oberamtsbezirk Nagold.
Nr. 14L.
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Aienstag den 28 . Wovember,
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A m t t i <h e s.
Nagold.
LandtagS-Abgeordneten-Wahl betreffend.
Es wird in Erinnerung gebracht, daß spätestens am 4. Dezember d. I die Wählerliste» sammt den Aclcn über beanstandele Wahlberechligungen dem Obcramt einzusenden sind mit der vorgeschriebenen Bescheinigung von Seiten der Orts Wahlkommission am Schlüsse der Wählerliste:
daß die Wählerliste 6 Tage lang vom 24. bis 29. November, beide Tage einschließlich, zu allgemeiner Einsichtnahme aufgelegt und daß dieses Auflegen zuvor öffentlich bekannt gemacht worden ist.
Den 27. November l876.
K. Oderamt. Gnu tu er.
Wählet Moriz Mohl!
Eine wichtige nationalökonomische Reminisecnz für die Wähler.
„Wählet Moriz Mo hl!" so war an einem schönen Morgen vor einer Reihe von Jahren an fast allen Eckhäusern Stuttgarts mit schwarzer Farbe mittelst einer Patrone gedruckt zu lesen. Und diese schwarze Farbe hatte eine so äzcnde klebrige Eigenschaft, daß die Wahlaufforderung noch lange Zeit mit aller Mühe von viele» Häusern nicht wegzubringen war und sich an einzelnen Jahr und Tag erhielt. Es geschah das zu einer Zeit, wo Moriz Mohl, der Veteran unserer Abgeordnetenkammer, noch allgemein und unbestritten für eine naüonalökonomische Autorität galt. Seither ist das anders geworden. Man warf M. Mohl vor, er huldige veraltete» Idee«, seine Theorien über Schutzzoll und dgl. seien mit der fortschreitenden Zeit hinfällig geworden und man dürfe den damals in Norddeutschland im Zollverein sich immer mehr breit machenden Freihändlern nicht länger ent- gegentreten, sonst sprenge man den Zollverein, diese segensreichste Einrichtung jener Zeit in Deutschland. Nun, und was kam? Bald darauf, ich glaube, es war im Jahr 1862, der National- liberalismns war eben in volle Blüthe geschossen, es handelte sich um den deutsch-französischen Handelsvertrag und um dessen Genehmigung in der wücllembergischen Kammer der Abgeordneten. Moriz Mohl, der entschiedenste Gegner des eben erwähnten Vertrags, hatte als Berichterstatter einen Bericht zu erstatten. Er arbeitete einen weitläufigen — leider nur zu weitläufigen — einen mit Bienenfleiß zusammengetragenen Bericht aus, worin er mit Zahlen nachzuweisen sich bemühte, daß dieser Vertrag sür Deutschland und seine Industrie verderbenbringend seie und uns mit gebundenen Händen der französischen und englischen Industrie überliefern werde. Aber Hr. M. Mohl brauchte so lange zu seinem dickleibigen Bericht, daß inzwischen die beste Zeit verstrich, daß mittlerweile die National-Liberalen den National - Oekonoine» über den Kopf gewachsen waren und da man preußischerseits Himmel und Erde in Bewegung setzte, den sehr gefährdeten deutsch-französischen Handelsvertrag zur Annahme zu bringen, so wurde derselbe plötzlich über Hals und Kops in der Kammer in Berathung genommen, noch ehe Mohls Bericht erschienen war. Mohl beschwor die Kammer, den Vertrag abzulehnen und prophezeihte ans demselben die schlimmsten Folgen, die größte Schädigung der deutschen Industrie. Er warnte namentlich davor, daß man in diesem unseligen Vertrag nicht blos den einem großen Theil unserer Industrie noch so nothwendigen und zu ihrem Gedeihen unentbehrlichen Zollschutz entziehe, sondern gar in die — wie er es prophetisch nannte — Abjurdidäl verfalle, den Franzosen mehr zu gewähren als sie uns zugestehen wollen. Aber der Freihandel feierte eben damals seine Triumphe, der Nationalliberalismus war Trumph geworden und so wurde eben trotz aller Warnungen der Vertrag angenommen. Einer großen Majorität durfte er sich nicht rühmen, aber er war angenommen und der Zweck Preußens und der Freihändler erreicht.
Seither sind kaum 14 Jahre verflossen, der Zollverein ist
nicht gesprengt worden, vielmehr ist cr seither im Deutschen Reiche aufgcgcmgcn. Wir Alle haben diese Wendung der Dinge mit Freuden begrüßt, wir sind endlich zu der so lange erstrebten Deutschen Einheit gelangt. Aber die Folgen der damaligen Schwäche in Betreff des deuisch-französischcn Handelsvertrags haben sich seither nur zu sehr fühlbar gemacht; Moriz Mohl hat recht behalten und in diesen Tagen einen großen Triumph gefeiert, indem uns der Telegraph die Kunde brachte, daß die Deutsche Reichsregierung selbst dahin gelangt sei, daß nur Gegenseitigkeit in Zoll- und Handelssachen das Richtige sei und ein wenn auch mäßiger Zollschutz vorerst noch nicht entbehrt werden könne. Aber unsre Industrie ist dabei an dem Rand des Abgrunds gekommen. Darum wählet Ihr Wähler Württembergs. Männer, nicht blos in den Landtag, sondern auch in den Deutschen Reichstag von der nationalökouomischen Einsicht Moriz Mohls, diesen selbst zuerst, und werfet die Freihändler über Bord, wie es die Calwer mit ihrem Chevalier machen.
(St. N. B -Ztg)
Lag-S-Neuigkeir-n.
Von den württeinbergischcn Abgeordneten stimmten bei der Frage der Verweisung der Prestvergehen an die Schwurgerichte 9 mit Ja, 7 mit Nein: einer (Bayrhammer) fehlte. Jene 9 sind: Gras v. Bissingen, Eiben, v. Frisch, Gaupp, Hinlrager, v. Holder. Lenz, Schwarz, Gras v. Waldvurg Zeit: die dagegen Stimmenden sind: Chevalier, Fürst v. Hohenlobe-Langenbnrg, v. Huber. Römer, v. Sarwey, v. Schund, Frhr. v. Varnbüler.
streuen bürg, 24. Nov. Der Enzth. veröffentlicht folg. Tel : Berlin, 24. Nov. 1876 „Fortgesetzte gewerbliche Agitation nicht unerwartet, trotzdem die Betreffenden wissen müssen, daß ich niemals zur Schule der ausgesprochenen Freihändler gehörte; brieflich heute mehr. Chevalier."
In Freudenstadt hat eine Wahlversammlung, welche auch von Auswärtigen besucht war, den 23. Novbr. beschlossen, den Apotheker Hang von Frcudenstadt zum Abgeordneten sür den Bezirk zu wählen.
Tübingen, 24. Nov. Ein Zögling des „Stifts" wurde heute früh, gräßlich verilümmelt, auf der Stockmauer gegen den Neckar hin ansgsfnnden und ist seinen schweren Verletzungen um 10 Uhr erlegen. Derselbe wohnte in einem Zimmer des oberen Stockwerks, und ist gestern Abend mit einem Freunde ausgegangen. Anzeichen, welche dieses Unglück erklären, liegen bis jetzt keine vor, doch ist darüber kein Zweisei, daß er vom Fenster herabgestürzt sei.
Ulm, IS. Nov. Hier leben drei rüstige Bäckermeister, von welchen der eine 90, der andere 85, der dritte 84 Jahre alt ist. Der erste hat das Meisterltück im Jahr 1810 gemacht. Der zweite steht jeden Morgen um 4 Uhr auf und hilft im Geschäft seines Sohnes, der ebenfalls Bäcker ist. Er hat unter Kronprinz Wilhelm den Feldzug von 1815 gegen Frankreich mitgemacht und wurde bei Hagenau durch einen Schuß am Fuße verwundet Der dritte der alten Herren ist ebenfalls immer noch bestrebt, sich im Geschäfte seines Sohnes, der Wirrh ist, nützlich zu erweisen. Alle drei zählen zusammen 259 Jahre.
In Heiden heim wird von nationaler Seite neuerdings nun doch Hr. Oberregierungsralh Lutz, früherer Bezirksbeamier dort, als Landtagskandidai ausgestellt.
München, 21. Nov. Der erste Gewinnst der Münchener Jubiläumslotteric im Werthe von 15,000 wurde bekanntlich noch nicht erhoben; dem Besitzer des Glückslooses, einem Maschinenmonteur, fiel nun ein, daß er vor einiger Zeit mit anderen Papieren das Loos in einem Aborte zu Pullach liegen ließ, woselbst es ein Mann vorfand und, weil er cs in Anbetracht dieses Fundortes für werihlos hielt, kurzweg hinunterwarf. Es sind nun die umfassendsten Nachforschungen im Gange.
Im Reichstage trat am 23. eine freie Kommission, beschickt von Delegirten aller Fraktionen, behufs Besprechung über die Pariser Ausstellung zusammen. Die eine Hälfte sprach sich für, die andere gegen die Beschickung aus. Stellung einer Interpellation wurde vorerst nicht beliebt.
Berlin, 24. Nov. Gestern erschien Fürst Bismarck zum ersten Mal wieder im Reichstage. Der Reichskanzler verweilte nur kurze Zeit. Kaum, daß er einige Worte der Begrüßung an Herrn von Forckenbeck gerichtet hatte, als ihm ein Billet überreicht wurde, welches ihn, wie es schien, zu dringenderen Geschäften abrief. (B. T.)
Berlin, 24. Nov. Salisbury, der heute früh mit Extrazug nach Wien abgereist ist, geht am Montag nach Rom. Er nimmt die Ueberzeugnng mit, Deutschland werde alle fried-