Amtsblatt sür den Oberamtsbezirk Nagold.
Nr. 132
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Dienstag den 7. UovembeO
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1876.
MU- Für die Monate November und Dezember nehmen alle Postämter und Postboten Bestellungen aus den „Gesellschafter" an. Der Preis für diese beide Monate beträ gt ^ des Quartalbetrags. _
Amtliches.
Tübingen.
Bekanntmachung,
des Ergebnisses der Wahl der Schöffen bei der Civil-Kammer des KreiSgerichtShofs.
Bei der am 30. d. M. vorgenommenen Wahl der Schöffe» sür die Civil-Kammer des Kreisgcrichtshofs in Tübingen haben am meisten Stimmen erhallen und sind demnach als gewählt zu betrachten:
als Schöffen:
1) Pregizer, Wilhelm, Kaufmann in Tübingen, f 2) Finckle, Georg, Kaufmann in Tübingen,
3) Schneider, C. H., Kaufmann in Tübingen,
4) Bantlin, Louis, Kaufmann in Reutlingen,
5) Knapp, August, Kaufmann in Reutlingen,
6) Den sch, Karl, Kaufmann in Reutlingen,
7) Krauß, Josef, Fabrikant in Pfullingen,
8) Stählin, Julius, Fabrikant in Calw,
9) Pichler, Hermann, Kaufmann in Urach;
8) als Ersatzmänner:
1) Bauer, Louis, Kaufmann in Tübingen,
2) Gunßer, Christian, Kaufmann in Tübingen,
3) Engel, Carl, Banquier in Rottenburg.
Dieß wird mit dem Anfügen bekannt gemacht, daß etwaige Einsprachen gegen die Gültigkeit der Wahl spätestens binnen 3 Tagen von der Bekanntmachung an auf der Kanzlei des Kreisgerichtshofs dahier mündlich oder schriftlich anzubringen und gehörig zu bescheinigen sind.
Tübingen, den 31. Oktober 1876.
Der Direktor des Kreisgerichtshoss:
Präsident Schäfer.
L a g e S « N e u i g k e i t e n.
Von der K- Regierung des Schwarzwaldkreises wurden unterm 3- November zu Schultheißen ernannt: 1) jung Johann Georg Strehler, Küfer, für die Gemeinde Neuweiler, OA. Calw. 2) Jakob Bäuerle, Bauer, in der Gemeinde Unterhaugstett, OA. Calw.
Bei der adgehaltenen Dienstprüfung für philologische Lehrämter ist u. a. für Prosessorate befähigt erklärt worden: Engelbert Günth- ner, Lehramtskandidat aus Unterthalheim.
Nagold, 2. Nov. Gestern hielt der Schwarzwälder Aweigverein für vaterländische Naturkunde seine Generalversammlung. Der Vereinsoorstand Dr. Schütz aus Calw begrüßte die zahlreich aus Stuttgart, Tübingen, Reutlingen und Calw herbeigekommene Versammlung und gab eine Uebersicht über die im verflossenen Jahr entwickelte Thätigkeit des Vereins. Als erster Redner sprach Professor Dr. O. Fraas über Gletscherbildung in unserem Lande. Vor 2.0 Jahren noch habe man das bunte Material der Alpinensteine in Oberschwaben den Sturmund Hochfluthen des Rheins zugeschrieben. Jetzt sei die Ansicht festgestellt, daß ganz Oberschwaben bis zur Alb übergletschert gewesen sei. Es' sei anzunehmen, daß die ganz Oberschwaben bedeckenden Gletscher über den Nordrand der Alb in das Neckarthal herüberhingen. Dadurch sei zu erklären das vereinzelte 300' über der rechten Seite des Neckars bei Tübingen liegende, rein gewaschene Jurakies, das Weißjurageschiebe bei Reutlingen, eine 30—40' mächtige Kieslage bei Eßlingen. Im Schwarzwald seren die zahlreichen Steinmeere als Reste von Moränenschutt anzusehen. Die vielen Steine, welche Spuren von Erosion an sich tragen, die Steinblöcke auf dem Kniebis, die Aehnlichkeit der Schwarzwälderflora mit der Alpinenflora, die prähistorische Thierwelt, Elen, Mammuth, Bären, Riesenhirsch, die nach Norden weisen, das Hochmoor beim wilden See, eine Conglomeratschichte, die blos als Moränenschutt zu erklären sei; alle diese Erscheinungen wessen nicht auf diluviale, sondern auf glaciake Bildungen hin, Dem geehrten Redner folgte Dr. Hedinger aas Stuttgart, welcher höchst anziehende Schilderungen aus'seiner-Reise nach Italien vorführte und durch Photographien illnstrirte. Besonders
interessant waren die Parallelen, welche er in botanischer und geoguostischer Beziehung zwischen den Apenninen und dem Schwarzwald und der Alb zog. Unser nalurknndiger Apotheker Kober lheille interessante Beobachtungen über den Maulwurf mit, welcher noch immer vom Lanbwirlh verkannt werde, verwech elt mit der dieselben Höhlen bewohnenden grauen Schecrmaus, welche allerdings den größten Schaden anrichte. Der Redner erfreute die Versammlung »och mit einem Vortrag über die historische Entwicklung der Schwurzwaldflora von ihren ersten Anfängen durch die verschiedenen Epochen hindurch. Ein heiteres Mahl schloß den genußreichen Nachmittag. lN. T.)
Stuttgart, 4. Nov. Der feierliche Schluß des Landtages fand heule Vonnittag um 10 Uhr statt.
Preuße». Berlin, 2. Nov. (Civilstanvsaesetz inPreußen) Gelegentlich der Jahresfeier des Sächsischen Provinzialvereins für innere Mission zu Halle a/2, berichtete ein Berliner GeijUicher über die Folgen des Civilstandsgesetzes und deren Abhilfe durch die Arbeit der rnnern Mission. Von 100 neugebornen Kindern sind hiernach in Berlin 65 und'in den beiden bedeutendsten Stätden der Provinz Sachsen, Magdeburg und Halle, 72 resp. 85 getauft worden: von 100 bürgerlich getrauten Paaren haben in Berlin 24, in Magdeburg 31, in Halle 57 die kirchliche Trauung nachgesucht. Die Wirkungen des Civiistandsgesetzcs äußern sich in den acht älteren preußischen Provinzen am meisten in den Städten Berlin, Stettin und Magdeburg. In Berlin gibt es bereits 10,000 ungetaufte Kinder und 15,000 nur bürgerlich geschloffene Ehen.
Berlin, den 5. Nov. Reichstag. In der heutigen Sitzung ergab der Namensaufruf 220 Anwesende. Zum ersten Präsidenten wurde v. Forckenbeck mit 216 von 218, zum ersten Vicepräsidenten von Staufsenberg mit 187 von 217 St. wiedergewählt. Bei der Wahl des zweiten Vizepräsidenten erhielt von 212 St. Löwe 118, Hänel 89. Nachdem Löwe abgelehnt hatte und ein Antrag auf Vertagung verworfen war, wurde die Wahl wiederholt, -wobei 207 Stimmzettel abgegeben wurden; hiervon erhielt Hänel 111, Schwarze 38, unbeschrieben waren 31, die übrigen zersplitterten sich. Nachdem Hänel ebenfalls ab- gelehnt hatte, ward die Vertagung auf morgen beschlossen.
Berlin, 3. Nov. Reichstag. Zum zweiten Bice-Präsidenten wurde der Deputirle v. Benva mit 156 von 227 Stimmen gewählt, 68 Stimmzettel blieben unbeschrieben. Die bisherigen Schriftführer wurden durch Acciamätion wiedergewählt. Hierauf genehmigte das Haus die Aussetzung des gegen die Abgg. Liebknecht und Franz anhängigen Strafverfahrens. Der Auslieferungs-Vertrag mit Luxemburg wurde in erster und zweiter Lesung genehmigt. Demnächst folgte die erste Lesung des Reichs-Etats. Bei der Debatte gab der Präsident des Reichskanzler-Amts Hofmann eine Uebersicht über das muthmaßliche Finanz-Ergebniß dieses Jahres und bezifferte den muthmaßlichen Ueberschuß auf 8 Millionen: die Mehrausgaben bei der Militär-Verwaltung und dem Reichskanzler- Amt, sowie die Minder-Einnahmen bei Post und Telegraphie (2'/- Mill.) und beim Wechselstempel E/io Mill.) würden durch Ersparnisse bei der Marine und bei den Zinsen für die Reichsschuld gedeckt.
Dieser Tage erschien in Berlin auf der Anklagebank des königi. Stadtgerichts ein kleiner hübscher Schulknabe mit der Büchermappe unterm Arm, der 13jährige Herrmann Schmidt, der keines geringeren Verbrechens als der vorsätzlichen schweren Körperverletzung beschuldigt war. Am 24. April d. I. hatte er die mit ihm in demselben Hause wohnende 16jährige Marie Dühring mit wiederholten unmanirlichen Belästigungen, die man bei einem solchen Jungen allerdings nicht erwarten sollte, bis in den Hof verfolgt. Ais nun das Mädchen den Angreifer von sich adwehren wollte, tauchte er einen Stock in die dort befindliche Kalkgrube und bespritzte damit das Gesicht der Verfolgten. Unglücklicherweise flog dem bildschönen Mädchen eine große Menge Kalk ins linke Auge'und verbrannte es derartig, daß die Aerzte im Interesse der Erhaltung, des rechten Auges sich genöthigt sahen, das im klebrigen bereits vollständig,erblindete Auge nach einigen Wochen herauszunehmcn. Wie Herr Oberstabsarzt vr. Hahn bekundet, sind dem Mädchen auch die Augenlider vollständig verbrannt, jo daß es nur mit Mühe ein künstliches Auge wird tragen können unv eine lebenslängliche Entstellung bleiben wird. Der Staatsanwalt beantragte gegen den kleinen Verbrecher eine sechsmonatliche Gefängnißstrase, der Gerichtshof verurtheilte jedoch den -Angeklagten mit Rücksicht aus seine große Jugend nur zu 2 Monaten Gesängniß.
Frankfurt. Als,Zeichen der Zeit verdient registrirt zu werden,
- haß, sich, unter, den dienstsuchenden Mägden eine erhebliche Zahl ver- j heiratheter Frauen'befindet. (F- I.)
Köln, den 2-, Nov. Nach langem Schweigen hat die' Kaiserglocke-Heute wieder einmal ihre eherne Stimme erschallen lassen- Dieses Mai galt es , den neuen Klöppel zu probiren. Der Klang entwickelte -sich schöner und runder wie früher, allein der Anschlag geschah nur auf einer/Keile.
. . .. Wirs.bädeN; 2..Nov.. Als bei der letzten Einstellung der Ein
jährigen Mp. Cidschwur/geschritten wurde, fiel Einer dadurch aus, daß ' et die Eidesleistuttg/mit der Erklärung ablehnte, daß. die Religion für sihn ein-„überwundener-Standpunkt" sei. Auf die Frage des eidabneh-