Stimmen gegen die Beschränkung der geistlichen Schulschwestern ic., heut warnt der bonaparlistischeConstitulionnel" in Kassandratönen vor der Einführung des Schulzwangs in Frankreich. Seine Klagen sind auch für Deutschland interessant, gilt doch das deutsche Reich in aller Welt als das Reich der Schulmeister. ... Der Schulzwang, sagt dieses Blatt, ist der Ansang der Zerstörung der Familie, der einzigen noch ausrecht stehenden, obwohl ebenfalls schon geschwächten und verstümmelten Auto­rität l es ist die Expropriirung des Kindes aus Nützlichkeitsgründen. Wir sollten nicht von Nutzen sprechen. Over denkt man etwa, diese Schüler- kontingente, die mit Gewalt in die grammatikalischen Studien, unter die Knute irgendwelcher Strafbestimmungen geworfen werden, seien für die Gesellschaft ein Gewinn? Wir sind jetzt schon zu sehr geneigt, uns ein­zubilden, daß die Gesellschaft uns für jedes Zeugnitz oder Diplom einen Platz schuldig ist: wie wird das aber erst sein, wenn die Gesellschaft selbst uns zwingt, dieses Zeugniß, dieses Diplom zu erringen? Der Schulzwang wird eine Saugepumpe sei», die unsere Landbevölkerungen erschöpft. Jetzt ist die Schulbildung noch frei und stiftet doch schon ge­nug Unheil. Sie benimmt denen, die ihrer theilbaftig werben, alle Lust zum Ackerbau und zum ländlichen Leben. Man bat Beweise dajüc. datz Kinder, welche vor ihrem Eiulrill in bis Schule nicht den geringsten Widerwillen gegen die Umgebung hegten, in der sie geboren waren, ganz verändert aus der Schule koinmen und die Landarbeit sowie die bescheidene Lage der Ihrigen verabscheuen. Das- Problem in mit nicht geringen Folgen verbunden. Zs hängt eng mit allen ernsten Fragen zusammen, welche die Nationalötonomen beschäftigen. Entvölkerung des flachen Landes, Steigerung der Löhne, BeLrängniß des Ackerbaus. Und wo werden diese Anmaßungen und dieses Meistern der Gesellschaft, die den häuslichen Heerd unsicher machen, aufhöcen? Und ist überhaupt ein Grund vorhanden, daß sie aushöreu werden? .... (B.- T.)

Paris, 20. Okt. DasParis-Journal" erfährt, die Königin Victoria habe an den deutschen Kaiser ein Schreiben gerichtet, worin sie ihn auffordere, dazwischenzulreten, damit Europa ein Krieg erspart bleibe. Kaiser Wilhelm habe dieses Schreiben an Bismarck gesandt. (F. I.)

London, 19. Ok. DieTimes" glaubt, die bloße Ge­fahr für die Türkei sei uichl dazu angethan, Englands Vorsichts­maßregeln zu beschleunigen. Das Parlament und Land wollen keinen Krieg für die Unterstützung der Türken, es wäre eine strafbare Thorheit, Blut und Geld dafür zu verwenden.

London, 20. Okt. Gestern hat ein Ministerrath statt- gesunden. Das Erqebniß desselben ist nach derTimes" folgendes: Das Eabinet ist nur zusammengetretcu, um die Beschlüsse des Landes zu bestätigen. Ein Krieg zwischen Rußland und der Türkei wird als unvermeidlich erachtet; aber das Eabinet hat Nichts gethan, was die Befürchtung einer Theiluahme Englands recht fertigen könnte. Weder ein Ultimatum, noch eine iudirecte Kriegs- Erklärung, noch auch eine Herbst-Session des Parlaments wird beabsichtigt. Das Ergebniß involvirt natürlich keine bestimmte Entscheidung in Betreff noch ungewisser Ereignisse; aber der Krieg zwischen Rußland und der Pforte erzeugt an sich keine Eventualität, die unsere Einmischung erheischt. England ist weder durch Ver­träge noch durch eine moralische Verbindlichkeit berufen, eines der zwei Reiche gegen das andere zn schützen. Die Regierung reservirt sich volle Freiheit des Handelns, sollten gefährdete Han­dels-Interessen jemals eine Intervention erheischen.

Ragusa, 21. Okt. Die türkische Festung Medun hat capitulirt; die Besatzung in der Stärke von 400 Mann wurde gefangen, den Montenegrinern fielen auch Geschütze und Munition in die Hände.

Konstantinopel, 19. Oktober. General Jgnatiefs soll morgen in feierlicher Audienz dem Sultan seine neuen Beglau­bigungsschreiben überreichen; man glaubt, die Friedensunterhand- lungen werden alsbald Seitens der Mächte aus der Grundlage der Vorschläge Englands wieder ausgenommen.

Kon st a n t i n o p e l, 21. Dkt. Oie Türken haben am Donnerstag bei Alexinatz die Offensive ergriffen und dreizehn befestigte Positionen der Serben besetzt, die vollständig geschla­gen wurden.

Athen, 18. Okt. Der Ministerpräsident wird morgen der Kammer Gesetzentwürfe vorlegen, betreffend die obligatorische Militärpflicht, Einberufung von 60,000 Mann, Bewilligung der Steuer», über einen gedeckten außerordentlichen Credit von 50 Millionen, über eine Anleihe von 10 Millionen Drachmen behufs Waffenankaufs, Straßenbauten und Auslagen für Mittelschulen. Der Kaiser von Brasilien ist hier eingetroffen.

Stuttgart, Markt am 26. Okt. Leonhardsplatz: Kartofselzu« fuhr 180 Säcke ä 2 50 ^ pro 50 Kilo. Wilhelmsplatz, Obstmarkt:

84 Säcke Hess. Obst » 8 60 -4 per SO Kilo, 10 Säcke Luiken » 10

50 ^ per 50 Kilo. Bahnhof, Mostobst: 18 Wagenladungen ä 8 ^50^> per 50 Kilo.

Reutlingen, 21. Okt. Weinverkauf: 100 per 3 Hektol.

» Ravensburg, 20. Okt. Weinlese bei recht günstiger Witte­rung im Gange. Qualität 70 Grad. Quantität erreicht Schätzung und Ergebniß vom vorigen Jahre nicht. Preis 30 bis 36 4 per Liter. Aus- schankspreiS des Eigenen: 48 4 per Liter. (N. T.)

III. Der südliche oder obere Schwarzwald.

kEin Reijebild, Fortsetzung und Schluß.)

Uebergehend zum dritten und letzten Theil meiner Schwarz­waldreise (siche Gesellschafter Nro. 70, Jahrgang 1875 und Nro. 72 und 74 d. I) kann ich leider mein Versprechen bezüglich einer besseren und delaillirleren Schilderung des damals ver­schleierten Katzenkopfsausblicks nicht erfüllen und zwar einfach deßhalb, weil trotz, besser gesagt wegen hohen Barometerstands und anhaltend beständiger und guter Witterung (5. August) das

Rheiulhal im Nebel lag. Aber auch mit dem damals verregneten Kniebisausblick gieng cs mir nicht viel besser, da ich auf der Roßbühl- oder Schwabenschanze wohl die Aussicht auf die un­geheuer kahle und öde Kniebishochfläche mit ihren verkümmerten Waldungen und öden Haideflächen hatte, aber das Rheinthal mit seinen unzähligen Ortschaften, ja sogar daS Straßburger Mün­ster und die Vogesen mir völlig verhüllt waren. Uebrigens bietet die Hornisgrinde nach allen Seiten, insbesondere aber gegen S. und O- also gegen die Alpen und den Schwarzwald eine weit großartigere Fernsicht als der Kniebis; ja! die Hornis­grinde dielet, was den eigentlichen Schwarzwaldcharakter betrifft, noch mehr als der Feldberg.

Montag den 7. August stieg ich vom Kniebis mit einem über Freudenstadl zu mir gestoßenen allen Neisegefährien R. auf einem 4 Km. langen Waldweg vorbei an einer Masse großer und schöner Stechpalmen hinab ins Wolfthal. (Die Wolf ent­springt am Kniebis auf dessen Südseite.) Im Thal angekommen, waren wir aus rinmai in Rippoldsau, einem schönen, badi­schen Badorle. Wenn ich sage Ort, so ist dieses Wort in dem Sinn hier aufzusaffen, daß darunter eine vielleicht */,Stunden lange, zusammengehörige, aber zerstreut auseinander liegende Häuserreihe zu verstehen ist. Eine Erscheinung, welche sich nicht nur im ganzen Schapachthal, sondern überhaupt im südlichen Schwarzwald größtentheils vorfindet und den Uebergang zu den Schweizer Gehöften bildet. Die Rippoldsauer Quellen enthalten einen Eisensäuerling, Kohlensäure und Glaubersalz nebst Eisen" und dienen besonders Unterleibspatienten. Rippoldsau ha! gleich Wildbad noble Kurgäste, steht aber an Eleganz und Frequenz letzterem nach. Vorbei an schönen Granitfelsen und begleitet vom kosenden Rauschen der Wolf gelangen wir in 10 Km. in dem abwärts immer weiter werdenden Wolfthale nach Schapach. Von Schapach bis Wolfach heißt das Wolfthal Schapachthal, es ist ungemein lieblich und anmuthig; übrigens Hai es mehr den Charakter eines Albthälchens, z. B. den des oberen Filstha- les, als den eines Schwarzwaldlhales. Die Wohnungen in diesen wildschönen Schwarzwaldthälern liegen, wie schon oben gesagt wurde, zerstreut umher, von Holz, mit Stroh oder Schin­deln gedeckt. Die Stuben, meistens zu ebener Erde denn ein ächtes Schwarzwaldhaus ist nur einstockig, aber lang sind schwarz getäfelt mit vielen Schiebsenstern, ohne darum viel Licht zu haben, wegen der weit hervorspringenden Dächer. Die ge­waltigen , irdenen Oefen darinnen bleiben nur wenige Monate ungeheizt. Aenßere Gänge führen zu den Gaden oder Schlaf­stuben. Unter diese» Gängen draußen am Hause liegt der Holz- oorrath. Auf der Hinterseite senkt sich das Dach bis aus den erhöhten Boden, so daß man wie über eine Brücke nach der Tenne oder Scheune fährt und über den Köpfen von Menschen und Thieren drischt.

Die malerischen Trachten des Schapachthals sind gemalt reizender als in natnra. Beim weiblichen Geschlecht ist es ein faltenreicher, oben bauschiger Rock, ein kurzes, rothes oder we­nigstens roth eingefaßtes Mieder, was zusammen der Gestalt ein plumpes, schwerfälliges Ansehen gibt; hiezu noch die eigen­artige Kopfbedeckung: ein Strohhut, entweder mit schmalem Rand und hohem Kops (noch höher als unsre sogenannten Angströhren) oder breitrandig, flach, mit rothe» oder schwarzen Plüschknoten verziert resp. verunstaltet. Bei Männern ist es ein schwarzer, bis an die Knöchel gehender, ebenfalls kurz taillirter Leinenrock, eine rothe oder schwarze Weste und breitkrämpiger Hut.

Nicht vergessen darf ich hier die Artigkeit und Höflichkeit der Schapacher, besonders wohlthuend waren solche Tugenden von Seiten der Schuljugend, welche uns auf ihren weiten Gän­gen überall mit einem freundlichenGuten Tag" begrüßte.

Mit dem freundlichen, ziemlich großen und malerisch gele­genen Wolfach traten wir ins Kinzigthal, um es sofort bei Hausach (20 Km. von Rippoldsau) wieder zu verlassen und mit dem prächtigen Gutachthal zu vertauschen. Von Wolfach nach Hausach glaubt man sich in dieEßlinger Bergle" versetzt, so wellenförmig ziehen sich die mit Obstwäldern gesegneten Gehänge zu beiden Seiten des breiten ThaleS hin. Von Hausach gehts per Bahn über Gutach dem sich allmählig verengernden Gutachthal entlang nach Hornberg, einer freundlichen, sehr gewerbthätigen (Fabrikation von Porzellan, Orchestrions u. s. w.) und darum wohlhabenden Stadt. Bon dem frei gelegenen und doch bewach­senen Schloßberg der in seinem Granit auch Feldstcinporphyr etnschließt hat man, insbesondere von der Höhe des Thurmes, eine entzückende Aussicht ins hochromantische Gutachthal und auf die angrenzenden Höhen resp. Höhenzüge. Von Hornberg führt die Bahn im wildschäumenden Gutachthal aufwärts nach Tri- berg. Diese Bahn ist ein wahres Wunder jder Baukunst. 32 Tunnels führen von Hausach bis St. Georgen (der größte ist der Sommerau-Tunnel) durch die vom Gutachthal aus himmelan­strebenden Granit- und Porphyrfelsen in gewaltigen Curven auf­wärts ziehend, so daß man die Bahnlinie in einzelnen Strecken und Tunnels 3 mal unter sich sieht, ähnlich der Calwer Bahn, aber weit kolossaler und romantischer, letzteres besonders durch das tief und eng geschnittene Gutachthal mit seinen bald öden, bald bewaldeten, immer aber schroffen Felspartieen und grünen