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jüngsten-Zeit deitzVerein aufgefordert habe, ihr von dem Wiederauftreten der Krankheit sofort Mittheilung zu machen, damit sie eine Besichtigung durch einen Sachverständigen einleiten könne, und durch geeignete Männer die Krankheit in ihrem Verlaufe beobachten zu lasten. Der Centralstelle sei hierauf berichtet worden, daß die Krankheit keine neue Erscheinung sei, sondern daß dieselbe schon vor 30 Jahren im hiesigen Bezirke stark aufgetreten und von dem damaligen Prof. Fleischer in Hohenheim unter seiner (des Referenten) Begleitung auf den Markungen Mzenberg, Altburg, Würzbach, Agenbach, Hofstett, Zwerenberg nnd Gaugenwald besichtigt worden sei. Zuerst sei die Krankheit im Jahr 1851 in Hünerberg und Meistern aufgetreten. Das Resultat der Untersuchungen des Hrn. Prof. Fleischer, der eine größere Zahl von Pflanzen in den verschiedenen Stadien der Krankheit mit dem Ballen aushob, und deren weitere Entwicklung in Hohenheim beobachtete, sei übrigens kein befriedigendes gewesen, da weder ein Pilz, wie bei der Kartoffelkrankheit, nachgewiesen, noch in dem chemisch untersuchten Boden ein Erklärungsgrund für die Krankheit gefunden werden konnte. Aus dem von dem Referenten auszüglich mitgetheilten Berichte des Hrn. Prof. Fleischer an die Centralstelle im Hohenheimer Wochenblatt 1858 Nr. 10 können nur folgende Resultate gezogen werden:
1) der wahre Grund der Krankheit ist bis heute unbekannt und bleibt es der neueren fortgeschritteneren Wissenschaft überlasten, denselben aufzufinden.
2) Die Krankheit zeigt sich vorzugsweise in mehr eingeschlostenen, als in freieren Lagen, mehr in feuchtem als in trockenem Boden.
3) Kräftige Felder widerstehen derselben mehr, als arme.
4) Samenwechsel ist gänzlich erfolglos gewesen; ein Gegenmittel gibt es überhaupt nicht.
5) Die Krankheit ist jedesmal (auch bei ihrem Auftreten in den Oberämtern Leutkirch und Waldsee in den Jahren 1817 und 1818) von selbst wieder verschwunden.
Hienach empfehle es sich zunächst nur, den Haberbau eine Zeit lang möglichst zir beschränken oder denselben wenigstens nur in kräftigen Feldern zu betreiben.
Mit einem Danke an die 3 Referenten, den die Versammlung durch Erheben von den Sitzen bethätigte, schloß der Hr. Vorstand die Versammlung, der so mancherlei anregender, in lebhaftem Zwiegespräch sofort weiter verarbeiteter Stoff geboten worden war, und es konnte der Verein aus dem offenbaren Interesse der Teilnehmer an den Vorträgen nur eine gerne gesehene Aufmunterung zur Veranstaltung weiterer derartiger Versammlungen entnehmen.
— Im Schaufenster des Hrn. Traugott Schweizer ist heute Md morgen die Ehrengabe der hiesigen Schützengesellschaft zu dem Landesschießen ausgestellt, das nächste Woche vom 5. bis 7. Juli in Cannstatt abgehalten wird.
— Die thätigen Mitglieder des „Calwer Liederkranzes" bereiteten am Samstag abend im Thudiu m'schen Garten nicht nur allen übrigen Mitgliedern, sondern auch Jedermann, der der freundlichen Einladung gefolgt war, durch ihre GefangSvorträge einen heiteren Abend. Es war wiederholt unverkennbar, mit welch lobenswerter Ausdauer sich fast sämtliche Sänger den nicht seltenen Proben unterziehen, so war auch an gen. Abend ein wesentliches Fortschreiten in mancher Beziehung zu konstatieren. Am nächsten Sonntag besuchen die Sänger das Sängerfest in Sindelfingen per Leiterwagen (Extrazug), auch passive Mitglieder werden sich anschließen (s. Annonce).
— Gestern erfreuten Ms im Drei Aschen Saale vier Herrn vom Sing-Chor des K. Hoftheaters in Stuttgart durch verschiedene gesangliche Vorträge, Soli, Duetts und Quartetts, die mit Recht allgemeinen und warmen Beifall fanden. Das reichhaltige und auserwählte Programm wurde, der gegenwärtigen Jahreszeit entsprechend in würdiger Weise, mit dem schönen Liede von Hermes „Wer hat das erste Lied erdacht" eröffnet. Wollten wir alle Nummern des Programms durchgehen, würde es entschieden zu weit führen, wir erwähnen deshalb nur der Nro. 2, „Am Neckar, am Rhein" von Kücken, 5 „Die Matrosen", Duett, von Äbt, 11 „Nachtgesang" (Vöglein schlummern), von Kreutzer, welche als ganz besonders gelungen bezeichnet werden müssen und dürfte letztere, eine äußerst anmutige Komposition, auch am meisten angesprochen haben. Auch das hübsche Schubert'sche
Lied „Die Nacht" (Wie schön bist Du) kam mit größerer Vollendung zum Vortrag, als wir es hier jemals Gelegenheit zu hören gehabt haben. Wenn wir den Konzertgebern, die über vier schöne, gut zusammengeschulte Stimmen verfügen, hiemit unsere volle Anerkennung zollen, leisten wir auch dem vielfach geäußerten Wunsche der gestern Anwesenden Folge. Ein klein Theil des Lobes gebührt auch dem Erbauer des Dreiß'schen Saales, dessen Akustik eine ausgezeichnete zu nennen ist. Die vier Herrn haben uns einen nochmaligen Besuch in Aussicht gestellt und dürfte wohl das vorstehend Gesagte genügen, denselben beim nächsten Concert ein zahlreicheres Auditorium zu sichern.
Stuttgart. Die Singhalesen-Karawane zieht am Freitag in dieser Woche ab und zwar zunächst pr. Extrazug nach Basel.
6. b. Cannstatt, 28. Juni. Immer reger wird mit dem Herannahen des Festes des X. Landesschießens die Thätigkeit der einzelnen Komitös, deren einige schon mit den Proben ihrer Arbeit den Anfang gemacht haben, so das Schieß-Komitv, welches zur Prüfung der Sicherheitsmaßregeln nach den neuesten Erfahrungen erstellten Einrichtung desumgebautenSchieß- Hauses am Sonntag ein Probeschießen abgehalten hat, zu welchem auch auswärtige Schützen eingetroffen waren und das Publikum auf den Festplatz Zutritt hatte. Eine kleinere Probe hat schon am Mittwoch stattgefunden, an welchem Tage der Oberschützenmeister Generaladjutant Frhr. v. Spitz e m b e r g und einige Herren vom Landesausschuß das Arrangement besichtigten und schoßen. Die Gaben laufen sehr zahlreich und in sehr wertvollen Geschenken ein, so daß in den nächsten Tagen das 3. Gabenverzeichnis wird ausgeschrieben werden können. Die Versendung der Festprogramme an die Schützengilden ist gleichfalls erfolgt und es wäre hieran nur der Wunsch zu knüpfen, daß, um eine plötzliche Häufung der Geschäfte in den letzten Tagen bei dem zweifellos starken Besuche des Festes zu vermeiden, die Gilden möglichst bald die ungefähre Zahl ihrer Teilnehmer anmelden möchten. Eine gewiß vom Publikum mit Freuden zu begrüßende Neuerung ist die Ausgabe von Festkarten an Richtschützen, welche zum äußerst niederen Preise von 1 50 H zur Teilnahme an allen auf dem Festplatz
und am Kursaal stattfindenden öffentlichen Festlichkeiten einschließlich des Besuchs der Königlichen Schlösser berechtigen und so den Besitzern das öftere Zahlen von Eintrittsgeld ersparen, welches für jedes Konzert am Kursaal wie Festplatz schon ein Drittel des ganzen Preises der Karte beträgt. Zur Abgabe dieser Karten werden in allen Städten zahlreiche Verkaufsstellen errichtet sein. Auf dem Festplatz, der eine Ansdehnung von über 250 Mtr. Länge Md 100 Mir. Breite enthält, wird schon lebhaft an dem Aufschlagen der Wirtschastsbuden, deren im Ganzen etwa 15 auf dem Platze geöffnet sein werden, begonnen. In der Mitte des Platzes liegt der Musikpavillon, in welchem jeden Nachmittag während der dreitägigen Dauer des Festes eine Militärkapelle konzertieren wird. Auch die Jugend wird bei dem Feste nicht vergessen werden und das Konnte hat, um auch die kommende Generation schon dem Schützenwesen zu gewinnen, neben zahlreichen sonstigen Belustigungen Schießstände füt die Jugendschützen etabliert, in welchen dieselben um silberne Becher wetteifern werden. Ein Dampfkaroussel, zu welchem sich noch weitere gesellen werden, ist schon eingetroffen und wird möglicherweise schon am Probeschießen benützbar sein; auch werden Freunde körperlicher Bewegung Gelegenheit hiezu auf einer Kegelbahn finden. Der Festplatz wird einen glänzenden Eindruck auch abends machen, indem von der elektrotechnischen Fabrik Cannstatt der ganze Platz einschließlich der Wirtschaftsbuden elektrisch beleuchtet werden wird, wobei 28 große Bogenlampen verwendet werden. So geschieht denn Mes, um möglichst den Wünschen des Publikums entgegenzukommen und dem Fest einen gelungenen Verlauf zu sichern.
Eßlingen, 26. Juni. Einem gemeinderätlichen Beschluß zufolge soll, da Heuer die Staren so massenhaft austreten, daß deren Vertilgung im Interesse der Landwirtschaft dringend geboten erscheint, den Flurschützen zum Wegschießen dieser Vögel Pulver und Schrot augeschafft werden.
Vaihingen, 26. Juni. In der letzten Nacht wurde auf einen wohlhabenden Bürger in Kleinglattbach, David Hermann, ein Raubmordversuch gemacht. Zwei Männer stiegen durch ein Fenster ein und traktierten den Hermann mit 4 Messerstichen derart, daß er wohl nicht mehr
Abendhimmel ab. Hätte nicht von Zeit zu Zeit dieser Mann eine heftige Bewegung gemacht, indem er ein langes Fernrohr an seine Augen führte, so hätte man ihn wegen seiner sonstigen Regungslosigkeit sehr wohl für eine Statue halten können. In Figur und Haltung verriet er die vollkommenste Aehnlichkeit mit dem Banditen, der vor zweit Tagen dem Grafen von Ville- fleur mit dem Tode bedroht hatte; aber er unterschied sich auffällig von demselben durch den gänzlichen Mangel eines Bartes Md durch die schwarze Farbe feiner Haare, die unter dem breitrandigen Schlapphut hervorblickten; das war nicht der Torreguri, dessen Beschreibung Jsmael Gantz entworfen hatte, aber es konnte sehr wohl der Torreguy sein, über welchen der Kurgast im Kasinosaale so interessante Mitteilungen zu machen gewußt hatte. Und in der That, dieser war es, finster, drohend, verwegen, einem wilden Tiere gleich, das auf der Lauer nach einer Beute steht, die seinem Heißhunger zu lange bleibt, den gierigen Blick weit hinaus sendend, durch Klüfte und Büsche und Wegkrümnnrngen hindurch, so weit das geübte Auge den Weg zu erspähen vermag, in dessen Richtung das ersehnte Opfer voraussichtlich kommen wird. Müde des langen vergeblichen Harrens warf er den wallenden Mantel über die Schulter zurück und ein eleganter Jagdanzug kam zum Vorschein; zwei silberglänzende Doppelpistolen und ein langer katalanischer Dolch hingen an seinem mit einem schweren polierten Schlosse gehaltenen Ledergürtel. Er nahm eine kleine silberne Pfeife, die gleichfalls mittels eines Kettchens an dem Gürtel angebracht war, an den Mund und ließ einen schrillen Pfiff ertönen.
Wie aus der Erde hervorgswachsen erschien sofort hinter dem Felsen in seiner Nähe ein Mann, es war Juan.
„Was befehlt Ihr, Chef?" fragte dieser.
„Ich fürchte bald, daß Jsmael Gantz sich diesmal hat in Irrtum führen lassen, oder daß Don Balthasar Higuierro seine Reise verschoben hat. Denn ich sehe weder Reiter, noch Postwagen auf der Landstraße, und doch beginnt bereits die Nacht."
„Ich bin ganz Eurer Ansicht, Hauptmann, die Reise wird aufgeschoben sein; zur Nachtzeit reist keiner mehr durch die Pyrenäen; namentlich Don Higuierro nicht."
„Vorausgesetzt, daß er nicht aus Vorsicht gerade die Nacht gewählt hat, weil er vielleicht annehmen könnte, daß wir gewohnt sind, nachts keine Reisenden zu treffen. Deine Kameraden sind wohl des Wartens müde und satt?"
„Me warten Eures Befehls und keiner beklagt sich wegen langen Wartens."
„Gut. Wenn nach Verlauf einer Viertelstunde die Landstraße noch so öde ist, wie jetzt, so geben wir den Posten auf und verschieben die Sache auf morgen, denn ich glaube doch nicht, daß Higuierro aus bloßer Vorsicht eine Nachtreise machen wird, deren Gefahren er aufs Hundertfältige einer Tagesreise schätzen muß. Melde das Deinen Kameraden, Juan."
„Ich richte es aus, Hauptmann.-Aber wartet", sagte Juan, in
dem er seinen zum Gehen gewandten Schritt hemmte, „ich meine, dort fern an der Biegung der Landstraße sehe ich etwas Schwades sich bewegen . . . Täusche ich mich?" ^
Torreguy hatte lebhaft das Fernrohr erhoben, und nach einem Moment aufmerksamen Aufschauens sagte er ruhig: ,
„Sie sind es, es ist ein Postwagen mit einer Eskorte von Reitern. Das kann nur unser Banquier sein." (Forts, folgt.)