wuibe der Kopf abgeschlagen. Auf unsere Gensdarmen wurden mehrere Schüsse abgeseuert. Zwei Jägerkompagnieu sind an Or! und Slelle angclangt. Die türkische Truppe zog sich, das geraubte Vieh vor sich hertreibend, auf ihr Gebiet zurück.
Semlin, 25. August. Alexinatz ist vollständig in Grund geschossen und steht in Hellen Flammen. Tschernajcfs zieht sich in der Richtung nach Deligrad zurück, welches die Türken zu umgehen hoffen.
Semlin, 25. Aug. sPrivattelegramm der ,,Stuttg. R, Bürger-Zeitung.") Tschernajeff hat einen vollständigen Sieg erfochten; die Türken wurden in wilder Flucht gänzlich zersprengt; 15—20,000 (?) Türken sind gefallen.
Saitschar, 14. Aug. Heute durchläuft eine surchtbarc Nachricht die Stadt. Man flüstert einander zu, daß Asses Paicha, der hiesige Platzkommandant, Befehl gegeben habe, die 257 verwundeten Serben, welche die Feinde bei ihrem Abzüge zurückgelasscn hatten, umzubringen, und diese vchandthat soll diesen Vormittag ausgefübrt worden sei». Vorübergehende, die der Weg in die Nähe des Hospitals führte, wollen Hilferufe und herzzerreißendes Jammergeschrei, begleitet von entsetzlichen Flüchen und Schimpfwörter«, vernommen haben. Die Wachen, denen man dies anzeigte, antworteten mit lakonischem iiopsjchüttetn, und als man die Sache dem neuen Platzkommandanten anzeigte, soll dieser höchst verwundert gesagt haben, er wisse von keinen Verwundeten. In Wirklichkeit soll er dem ihn fragenden Tscherke»enmasvr, was mit den blessirten Serben zu geschehen habe, ruhig geantwortet haben: „Wir brauchen sie nicht," und diese edle Antwort mit viel bedeutendem Augenzwinkern begleitet haben, woraus Mirza Bey eine Abtdeilung seiner Leute durch eine Hinterthüre in das Spital geführt habe. Binnen wenigen Minuten wurde den Unglücklichen der Garaus gemacht. Die Leichen sollen bis Nachts im Spital liegen bleibe», dann aber durch zwanzig indeß acquirirte Bulgarenwagen außerhalb der Stadt geführt und in einer der Saitschar im Norden umgebenden Schluchten untergebracht worden. (Obwohl wir im Laufe dieses Krieges schon manche glaubhafte Greuelthat dieser Barbaren berichten mußten, so üräubt sich doch unser Gesühl gegen die Glaubwürdigkeit solcher Berichte. Neb.)
Eine Schmach für unser Jahrhundert wird nicht nur die Kriegsführnng der Türken, sondern vor Allem die Art bleiben, wie die ärgsten Peiniger und Henker der Bulgaren und Bosuiaken in Konstantinopel geehrt und befördert werden. Scheskel Pascha, welcher das Dorf Bazardjik verbrannte und nahezu alle dessen Einwohner unter mehr als üblich empörenden Umständen nieder- metzeln ließ, ist zu einer hohen Stellung im Palast des Sultans avancirl. Achmet Aga, Haupimanu einer Compagni Baschi Bo zuks, der Philippopolis niederbrennen wollte und daran nur durch das energische Vorgehen des Gouverneurs, der seitdem abgesetzt worden, verhindert wurde und der 8000 Menschen in Batak hin- schlachun liest und 200 Frauen und Kinder in der Schule lebendig verbrannte, ist zum Pascha befördert und mit jener exquisiten Verachtung europäischer Forderungen um Gerechtigkeit, welche den Orientalen so auszeichnet, noch überdies zu einem Mitgliede der Konimission ernannt worden, die niedergesetzt wurde, um die Baschi Bozuks anzuklagen und zu bestrafen. Die Ursache ist klar und einfach. Diese Männer führten diese Wünsche und Absichten, wenn nicht die bestimmten Befehle der Regierung aus. Sie tha- ten ihre Pflicht und sind belohnt worden.
Immer zu spät.
Humoreske von Emilie Heinrichs.
(Fortsetzung.)
„Ei das ist ja mehr als prächtig!" ries der Bürgermeister sichtlich erfreut. „Sie sind meines guten Waldner's Schwager? — Wie sich das wunderbar trifft, — es ist kein Zweifel, er must es sein. Vor dreißig Jahren studirten wir zusammen in Heidelberg, wo er auch seitdem geblieben ist, wie ich später erfahren."
„Ganz richtig!" nickte der Fremde, seine Brille fester an die Augen drückend.
„Hat er Ihnen niemals von seinem Stubenburschen Klein paul erzählt?" fuhr jener in seinem Eifer fort.
„Ach, das sind Sie?" rief die corpulente Dame jetzt über rascht. „Tie sind sein Freund Kleinpaul? — Gott wie oft hat mein guter Bruder, der nur ein wenig wunderlich, nach Imbeu- gelehrten-Art, geworden ist, mir von Ihnen erzählt Ich bin nämlich seine einzige Schwester, die er vergöttert, — dieser hier ist mein Mann, der geheime Nechnungsrath Gelbsust, und
„Hier habe ich das Vergnügen, Ihnen meine Frau vorzu stellen," unter!» ach der Bürgermeister ihre Suade, ihr dabei zugleich seine Karre überreichend. „Und hier meinen Freund, den Herrn Senator Kühn "
Eine allseitige Verbeugung erfolgte und die Bekanntschaft war geschlossen. Die Bürgermeisterin schien von derselben nicht besonders erbaut zu sein, die redselige Dame gefiel ihr durchaus nicht, und was den geheimen Nechnungsrath anbetraf, so mußte man auf den erste» Blick bemerken, daß er ein armer Pantoffelheld war und eigentlich den Titel Rechnungsralh gar nicht verdiente, da er in dem Exempel seiner Ehe ein so falsches Facit gezogen Hane."
Die Bürgermeisterin mochte ihrem Gatten die Freude nicht verderben, und lebte der Zuversicht, daß der Bruder in Heidel berg. falls er dieser Schwester nur 'um die Hälfte ähnlich sei, ihn selbst schon davon curiren werde.
„Wenn die Richte» dieser Tante gleichen, mag ich keine
davon", entschied Herr Adalbert in seinem Herzen. „Lieber als Hagestolz in die Grube fahren."
„Ja, was ich eigentlich noch sagen wollte", Hub der geheime Rechnuugsrath mit einem bedeutungsvollen Lächeln auf's Reue an, „wenn ich vorhin recht hörte, so meinten Sie, mein verehrter Herr Bürgermeister, daß mein Schwager schon oerheiralhet sein müßte."
„Run, das wäre denn doch wohl auch die höchste Zeit!" rief Jener rasch.
„Freilich wäre es das", fuhr der Geheime lächelnd fort.
„Er ist es aber doch eigentlich noch immer nicht, — und wenn trotz alledem das halbe Dutzend heiraihsfähiger Töchter —"
Seine corpulente Ehehälfte unterbrach ihn bei diesem voreiligen Passus mit einem zärtlichen Rippenstoß, der ihn auch jäh ^ verstummen machte. -
„Ach, nein", setzte sie die erste Hälfte seiner Rede mit einer j
zuckersüßen Miene fort, „mein guter Johannes — Sie erinnern !
sich doch, daß der Bruder so heißt, Herr Bürgermeister — hat bislang keine passenoe Frau finden können und sich jetzt entschlossen, ^ unoermählt zu bleiben, obgleich er reich genug ist, einen eigenen Heerd gründen zu tonnen. Ich sage Ihnen, er ist sehr reich. '
Run, ich darf wohl behaupten, daß er auch mir zur Liebe aus >
die Ehe verzichtet, die zärtliche Reizung für meine Familie, wir !
sind mit sieben guten Kindern gesegnet, sechs Töchtern u nd einem Sohne, lieg den Guten das eigene Glück vergessen." l
„Da haben wir das halbe Dutzend!" murmelte Adalbert, ! mit einem stille» Schauer in den Rhein hinabblickend
„Das ist wirklich groß von dem guten Waldner ", meinte / der Bürgermeister, „sein eigenes häusliches Glück der Schwester ! zu opfern! Wirklich der Johannes ist ein echter zheologe geblie- ' den, — damals freilich war er ein ziemlich flotter Bursche." j
Der geheime Rechnnngsrnih schien mit einem stillen Lächeln >
nicht übel Lust zu empfinden, etwas ans dieses Lob zu erwidern, ^
wenn ihn nicht wiederum ei» heimlicher Rippenstoß seiner Ehe- ,
Hälfte energisch daran veihinderl hätte, was ihn doch „eigentlich" s ein wenig zu verdrießen schien. ^
Unser guter Bürgermeister nahm keinen Anstand, das Anerbieten der „Geheimen", die Reise nach Heidelberg in ihrer Gesellschaft sorlzujetzen, sogleich zu acceptircn, was dem Senator einen gelinden Schrecken einznjagen schien, weshalb er sich bereits im Stillen seinen Plan machte, da er ernstlich befürchtete, daß sein Dämon „Zn spät" ihm ans der Reise den fürchterlichsten Schabcrnak spieten und sein ganzes Lebensglück durch ein „Zu früh" ihm hämisch vernichten könnte.
Diese corpulente Dame mit dem Halbdntzend heirathssähiger Töchter war ihm fürchterlicb, ja unheimlich geworden.
Als diese eine» Augenblick mit ihrem Gatte» sich allein befand, flüsterte sie: „»aß du mir nicht wieder vorlaut drein- schw atzest, wenn ich rede, Tobias! Du richtest nur Dummheiten an. Dieser Senator Kühn ist ganz gewiß ein reicher Mann, der eine Frau sucht; wofür hätten wir die vielen Töchter, wenn wir sie nicht zu versorgen wüßten? Er muß eine davon heirathen, so wahr ich Emerentia heiße, — doch sprichst Du nicht, wenn ich's Dir nicht erlaube, Tobias!" Du bist ein Tölpel in solchen Dingen und würdest meinen ganzen Plan umwerfen- Also —"
„Gott ja, liebes Kindl" beschwichtigte sie der „Geheime" mit sauersüßer Miene. „Du weißt, daß ich eigentlich Dich immer reden lasse, doch muß ich als Mann auch zuweilen ein Wort mit- sprccheu, wozu märe ich den» sonst eigentlich da
Der zarte Rippenstoß, welcher in diesem Augenblick fast ganz überflüssig war, wie Herr Tobias Gelbsuß wehmüthig meinte, doch seiner Ehehälfte schon eine Rothwendiqkeit zu sein schien, ließ ihn wie immer verstummen. Der gute Mann mit dem großen Titel mußte^sich eigentlich recht überflüssig Vorkommen, und dieses Beispiel ehelichen Regimentes wirkte ziemlich ernüchternd auf Herrn Adalbert's Heirathslust. ^
Die unerquickliche Reisegesellschaft mit der Aussicht auf die - ganze Familie in Heidelberg hatte die Frau Bürgermeisterin in- !
»erlich vollständig verstimmt und den Zauber des Rheins in die §
abscheulichste Prosa verwandelt; zu einer poetischen Stimmung gehört auch vor allen Dingen eine so ziemlich gleichgestimmte Umgebung.
Ihr Gemahl, welcher äußerst vergnügt war, schien nichts davon zu bemerken, weshalb ihr einziger Trost in Adalbert ruhte, der freilich von der entsetzlichen Frau „Geheimen" buchstäblich in Beschlag genommen war und seine flehenden Blicke trostlos auf die Bürgermeisterin richtete.
„Sie lieben wohl eigentlich das Wasser, Herr Senator?" fragte der Geheime ihn einmal, als er diesen unverwandt in den Rhein starren sab.
„Es ist das schönste Element, das ich kenne!" stotterte Adalbert ze« streut.
„Run ja, ich ziehe aber doch eigentlich den Wein vor," ! meinte Jener lachend. „Wein und Rhein, das reimt sich fein. >
— Gott, das habe ich ganz von selbst gedichtet!"
„Run, das kommt von den Schönheiten des Rheins, der bringt jede poetische Ader in Fluß! ' lachte der Bürgermeister.