Da Gesellschafter.

Amtsblatt für den Oberamtsbezirk Nagold.

Kr. 78.

Erscheint wöchentlich 3mal und koste( halbjährlich hier (ohne Trägerlohn) 1 M. 60 Pjg., für den Bezirk 2 M. außerhalb des Bezirks 2 M. 45 Psg.

Dienstag den 4. Juli.

Inserationsgebühr für die Zfpaltigej !Zeils aus gewöhnlicher Schrift best einmaliger Einrückung 9 Pjg., ber^ I-Ol v» ! mehrmaliger je 6 Pfg. ;

Amtliche».

Nagold

An die OrtSvorsteher.

Die Ersatz-Reservescheine und Ausmusterungsschcine, welche de» betr. Ortsvorstehern zukommen, sind den Militärpflichtigen gegen Entnahme und Einsendung der Loosungs- und Gestellungs- Atteste einzuhändigen.

Den l. Juli 1876.

K. Oberamt. Güntner.

Tages-Neuigkeiten.

Auf das erledigte Revieramt Mergentheim, Forsts Mergentheim, wurde der Revierförsler P ö pp e l in Stammheim, Forsts Wildberg, sei­nem Ansuchen gemäß in Gnaden versetzt, und das neugebilbets Revier­amt Feldstetten, Forsts Blaubeuren, dem Forstwart Schabe! in Pfalz- grafenweiler, Forsts Altensteig, gnädigst übertragen

* Am Peter- und Paul-Feiertag veranstaltete der Schwarz- wnldbienenzüchter-Verein in Nagold eine Ausstellung von Bie­nenstöcken und Bicnenzuchtgeräthschaften, verbunden mit einer Lotterie, wobei besonders letztere Gegenstände die Gewinn-Objekte waren. Die Ausstellung war zum größeren Theil von ländlichen Bienenzüchtern aus dem hiesigen, Horber und Herrenberger Oberamtsbezirk vertreten und stark besucht und ließ besonders der Vorstand des Vereins, Herr Wehr st ein von Gündringen, es sich sehr angelegen sein, jedem Besucher die Einrichtungen der verschiedenen Stöcke, sowie die Art und Weise der Thätigkeit der Bienen verständlich und klar zu machen. Besondere Bewunderung und Aufmerksamkeit fand ein von Schreiner He ding er in Un­terjettingen construirler viertheiliger Bieuenkasten, welcher es gestattete, das emsige Bienenvolk ohne Störung derselben in seiner Thätigkeit zu beobachten. Der löbliche Zweck des Vereins, die Bienenzucht durch solche Ausstellungen zu fördern und zu heben, sollte daher noch manchen Landwirth veranlassen, sich dem Verein anzuschließen.

Mit der Prägung der Zweimarkstücke wird, wie die N. B--Z." vernimmt, in den nächsten Tagen an der K. Münze in Stuttgart begonnen werden.

Bei der Strafkammer des K. Kreisgerichtshoss in Tübingen kamen im Monat Mai u. a. folgende Fälle zur Aburtbeilung: Johannes Bach mann, Taglöhner von Pfalzgrafenweiler, OA. Freudenstadt, wegen eines im Wiederbollen Rückfall verübten einfachen Diebstahls 8 Monate Gesängniß und Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte auf weitere 3 Jahre; Gregor Weiß, Taglöhner von Rohrdorf, OA. Nagold, wegen eines durch Einbrechen schweren im wiederholten Rückfalle verübten Diebstahls 2 Jahr 4 Monate Zuchthaus; Karoline Reinhard!, led. Dienstmagd von Unterthalheim, OA. Nagold, wegen Betrugs im Rück­fall 6 Monate Gesängniß. (T. Ehr.)

Am 27. und 26. Juni wurde vor dem Kreisgerichtshof zu Ulm die Anklagesache gegen den früheren Direktor der Kirchheimer Ma­schinenfabrik und Gießerei, Fr. Joh. Dehlinger in Kirchheim u. T. und gegen den Aufsichtsrath der Gesellschaft, Baurath Alb. Bock in Stuttgart, Karl Jdler in Cannstatt, Kaufmann Gustav Nopper in Stuttgart, Georg Simon in Aalen und Rudolph Sch üle in Kirchheim, verhandelt. Dieselben sind sämmtlich je eines Vergehens gegen die Pflichten eines Vorstands oder Aufsichtsrathsmitglieds einer Aktienge­sellschaft beschuldigt. Das am Freitag Nachmittags veröffentlichte Ür- tdeil lautet gegen Dehlinger wegen Verfehlung gegen Art- 249 Abs. 1 Z. 3 des Reichsgesetzes vom 11. Juni 1870 auf Ge f än gnißstra fe von 4 Wochen, gegen Bock, Nopper und Simon wegen desselben Vergehens unter Zulassung mildernder Umstände auf eine Geldstrafe von je 600 Jdler und Sch üle werden freigesprochen, doch so, daß sie an den Kosten des Verfahrens mitzutragen haben; für die Ver- urtheilten herrscht Gesammtverbindlichkeit (d. h. wenn der eine zahlungs­unfähig ist, so haben die andern dafür aufzukommen), Dehlinger wird überdieß in die Kosten des Strafvollzugs verurtheilt. (N- T.)

Ravensburg, 28. Juni. Der Schwurgerichtshof ver- urtheilte heute den Fridolin Dangelmaier von Schufsenried, der seine Schwiegermutter erdrosselte, wegen Mords zur Todes­strafe durch Enthauptung. (St.-A.)

Es ist die Wahrnehmung gemacht worden, daß einzelne Personen und ganze Familien aus dem Auslande, welche sich früher des billigen Lebens halber in Deutschland auf­zuhalten und da ihr Geld zu verzehren pflegten, jetzt nach fran­zösischen Städten ziehen, wo sie angeblich in Bezug auf Kleidung, Wohnung und theilweise auch Lebensmittel wohlfeiler als in Deutschland einen bescheidenen Haushalt führen können. So soll allein Dresden in den letzten Jahren 400 fremde Familien verloren haben. Das wäre in der That ein schlimmes Zeichen;

denn es hält schwer, einen einmal verlorenen guten Ruf wieder herzustellen und eben so schwer, eine verstopfte nationale Erwerbs­quelle wieder flüssig zu machen.

Am 22. d. M. wurde eine in Weimar durch Civil-Act vollzogene Ehe zwischen einem Juden und einer Katholikin in einen, benachbarten Dorse durch einen evangelischen Pfarrer kirch­lich eingefegnel, nachdem sich sowohl der betreffende Rabbiner als der katholische Geistliche geweigert, dies zu thun.

Die deutsche Industrie hat auf der Weltindustrie-Aus­stellung in Philadelphia eine beschämende und wahrscheinlich fol­genreiche Niederlage erlitten. Das ist das übereinstimmende Ur- theil aller Sachverständigen und der gesammten öffentlichen Mei­nung. Eine Selbsttäuschung oder Vertuschung ist weder möglich, noch zulässig, die Wahrheit ist eine bittere Arznei, hilft aber zur Herstellung der Gesundheit. Professor Reutcaux aus Berlin, General-Commissar der deutschen Industriellen in Philadelphia und zugleich Mitglied der Jury, legt in einem Aufsätze, der großes Aussehen macht, die Niederlage der Deutschen rücksichtslos und überzeugend Lar. Drei Grundfehler zeigt nach ihm die deutsche Industrie (und Kunst); 1) das Grundprinzip: billig und schlecht, 2) Deutschland kennt in den gewerblichen und bildenden Künsten nur noch tendenziös-patriotische Motive; 3) Mangel an Geschmack im Kunstgewerblichen, Mangel an Fortschritt im rein Technischen.

In Berlin ist im 82. Lebensjahre der weltberühmte Natur­forscher Professor vr. Ehrenberg gestorben. Berühmt gewor­den ist er durch die größten Kleinigkeiten, nämlich durch die In­fusorien, die kleinsten (organischen) Geschöpfe, die es gibt und die er mit dem Mikroskop untersuchte. Er fand und wies nach, daß die größten Gebirge der Kreideformation aus den Panzern vou Milliarden von Jnsusions-Geschlechtern bestehen. Seiner Zeit machte Ehrenberg große wissenschaftliche Reisen nach Egypten, dem Ural und in das russische Asien (mit Humboldt). Mit dem Studium der Theologie fing er an und mit der Naturwissenschaft hörte er aus und fand in dem Kleinsten das Größte und Höchste.

Nordhauseu, 24. Juni. Der Umsicht der hiesigen Aerzte und der Polizei ist es gelungen, die massenhaften Erkrankungen in unserer Stadt aus eine Vergiftung durch Rindfleisch zurückzu- führeu. Es sollen gegenwärtig gegen 800 Erkrankungen und 3 Todesfälle vorgekommen sein. Am verwichenen Freitag wurde ein Leichnam wieder ausgegraben und werden einttze Fleischer gefänglich eingezogen. Der Fleischer H. aus G. hatte von dem Oekonomen E. aus einem Gute bei Sondershausen ein schon ge­schlachtetes Stück Rindvieh (welches vorher krank und mit Me­dikamenten behandelt gewesen) für den Preis von 50 Thlr. ge­kauft und dann den größten Theil des Fleisches durch den Fleischer H. in Auleben nach Nordhausen zum Fleischer B. schaffen lassen, der einen Theil des Fleisches wieder an einen Fleischer und Gast- wirrh verkaufte, in dessen schwiegerelterlichem Hause in Folge des Genusses von diesem Fleische 6 Personen erkrankten; außer­dem traten in der Stadt die Erkrankungen massenhaft auf. Auch in Görsbach und Auleben sollen viele Erkrankungen stattgefunden haben.

Wien, 28. Juni. An die Reserveoffiziere ist die Weisung ergangen, ihren Wohnsitz ohne Meldung über drei Tage lang nicht zu verlassen. Ein Verlassen desselben von 6 und mehr Tagen muß angesucht werden, damit in jedem Augenblick jeder Offizier von einem eventuellen Einrückungsbefehl unverzüglich verständigt werden kann.

Wien, 28. Juni. Das türkische Reformwerk ist auf unbestimmte Zeit vertagt, und der Türkei ist daraus kein Vor­wurf zu machen. Unter den gegebenen Verhältnissen, selbst in ihrer Existenz bedroht, kann sie nicht daran denken, das Loos derselben Bevölkerungen zu verbessern, die gegen sie in Waffen stehen und die jetzt ganz andere Dinge verlangen, als das, was sie ihnen zu bieten und zu geben im Stande ist. Die Pforte hat aus der Unmöglichkeit, ihre Resormverheißungen jetzt zu ver­wirklichen, den Mächten gegenüber keinen Hehl gemacht und die Mächte ihrerseits haben den Aufschub des Reformwerks als selbst­verständlich hingenommen. Was später kommt, weiß Niemand. Allerdings erklärt die Pforte, an ihren Zusagen unbedingt fest- halten zu wollen, aber wer weiß, ob derselbe Kampf, der die