Amtsblatt für den Oüeramtsbezirk Nagold.

Nr. 69.

! Erscheint wöckcntlick) 3mal und koste! j batbjährlich hier lohne Trägerlohn) 1 M. 60 Psg., für den Bezirk 2 M.

! auherhalb des Bezirks 2 M. 45» Psg.:

Alenstag den 13. Zuni.

Inseralionsgehühr für die Zspollige !Zeile aus gewöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung 8 Pfg-, bel^ ^Olv» i mehrmaliger fe 6 Psg.

TageS-Neuigkeiten.

In Slutlgurk hal sich der 17jährige Baron Reischach erhängl, der vielte auffallende Todesfall in der Eotta-Rei- schach'schen Familie seit wenigen Wochen. (D.-Z.)

Kirchheim, 7. Zuni. Die Höhe des Defizits unserer Spar- und Borschußbank ist so schreibt dieN.-Ztg." end­lich erhoben und zeigt eine mehr als namhafte Summe; sie be­trägt rund 240,000 sK. Die Bilanz stellt sich folgendermaßen: Soll 627,849 48 Haben 481,849 -ü 48 L, dabei ist

die Einlagesumme der Mitglieder mit 94,000 -ck, folglich bleibt ein Rest von 146,000 zu decken. Auf die Generalversamm­lung, welche im Laufe der nächsten Woche abgehalten und in welcher den Mitgliedern der Stand, wie oben angegeben, publi zirt werden wird, ist man sehr gespannt. Die Bücher der Bank sind in der größten Unordnung erfunden worden, was wohl Ber- anlassung zu gerichtlichem Einschreiten gegen die Borstandsunr- glieder und den Kontroleur geben dürste.

Blaubeuren, 9. Juni. Heule Nacht hat ei» heftiges Gewitter in 2 Orten des Bezirks Blitzschlag und Feuersbrunst gebracht. Gegen 11 Uhr schlug in Seißen der Blitz in eine Scheuer, die sofort in Brand gericth und ausbrannle. Eine Stunde später wurde eine Scheuei in Machtolshei m vom Blitze getroffen. Auch hier, wo in Folge der Dürre alles Was­ser ausgegangeii gewesen war, ermöglichte der Regen die Beschrän­kung der Feuersbrunst auf die Scheuer, welche niederbrannte.

Antendorf, 8. Juni. Großes Aufsehen erregte die heute früh behufs gerichtlicher Obduktion erfolgte Ausgrabung einer vor 8 Tagen hier beerdigten Frau aus der benachbarten Filiale Blönricd. Die Frau starb während einer Geburt und soll nun­mehr die Art der Geburtshilfe, welche von einem ungeprüften Wundarzt geleistet worden ist, Gegenstand gerichtlicher Untersu­chung sein.

München, 8. Juni. Der König wird der Frohnleich- namS-Prozession am nächsten Donnerstag nicht anwohnen.

München, 9. Juni. Die Kammer genehmigte den Etat des Königlichen Hauses und Hofes nach den Ausschußanträgen, wornach die Civilliste des Königs auf 4,231,044 Mark festgesetzt, also um 210,474 Mark erhöht wird. Der Präsident konstatirt ausdrücklich die Einstimmigkeit der Abstimmung.

Die Baiern sind mitunter etivas derb. Sie sprachen so lang und so laut davon, daß die Metzger mit den Ochsen gleichen Schritt halten müßten, daß die elfteren sich endlich z. B. in Nürn­berg entschloß«!, den Preis des Rindfleisches bedeutend herabzusetzcn.

Berlin. 9. Juni. Die friedlichen Aussichten sind befestigt. Kaiser Alexander rieth von Ems aus den Va­sallenstaaten Serbien und Montenegro dringend und mit Erfolg zum Frieden. Man hofft, daß die Aufständischen nachgeben wer­den, zumal die Türkei schon Amnestie, Waffenruhe, direkte Ver­handlung mit den Aufständischen angeboren hat, eine Aussicht auf Regelung der Detailfragcn daher eröffnet ist.

Wenn man den heute eingetroffenen Depeschen Glauben schenken darf, so fangen die drohenden Wolken, welche in den letzten Tagen am politischen Horizont ausgestiegen sind, an, sich zu zerstreuen und Friede ist wieder auf Erden. Auf wie lange wird man allerdings achselzuckend fragen, da bei dem Wirr­warr der die orientalische Frage betreffenden Nachrichten es nicht selten außerordentlich schwierig ist, den Ariadnefaden zu finden, da ferner ein einziges, oft aus sehr trüber Quelle geschöpftes Telegramm hinreicht, die Welt wieder in Unruhe und Alarm zu versetzen. Außer den wie gesagt friedlich klingenden neuesten Nachrichten haben wir auch noch ein Dementi zu verzeichnen. Die gestern avistrte Zusammenkunft der Kanzler unter­bleibt und zwar nach einer Depesche derA. Ztg." in Folge deS Eintretens einer friedlichen Wendung. Der Ge­gensatz zwischen England und Rußland sei durch die Interven­tion der Arutralen Mächte abgeschwächt und die seitens der tür­kischen Regierung gegebene Zusage zur Annahme einer Waffen­ruhe wurde mit Befriedigung ausgenommen. Die vom Sultan Murad gewährte Amnestie ist bedingungslos. In Folge einer von Oesterreich und Rußland in Belgrad ausgeübten Pression stehen friedliche Erklärungen der serbischen Regierung in Aussicht.

Wien, 10. Juni. Wie dieWchr-Zeiiung" meldet, werde der Kaiser Alexander von Rußland aus seiner Rückreise von Ju­genheim als Gast nach Wien kommen.

Im Dorse Eholowin bei Tabor wurde» Heuer »ich weniger als 96 Hektoliter Maikäfer cingesammelt. Sie wurden in vier­zehn Wagen der Gemeindevertretung abgelicfert, woselbst die Ein- saminler eine gewisse Prämie in Empfang nahmen.

Paris, 7. Juni. DieFrance" stellt die Beziehungen zwischen der Türkei und Egypten als äußerst gespannt dar und hält eine förmliche L o s r ei ßun g Egyptens von seinem Suzerän für nahe bevorstehend. Der Khedive sei über die Zu- muthungen des neuen Sultans, der von ihm Subsidien und ein Heereskontingent verlangte, erschrocken und hätte, nachdem er die Zustimmung Englands dazu cingeholl, beschlösse», die ihm an­gesonnenen Leistungen rundweg abzulehncn. Der offene Bruch zwischen ötairo und Slamvut werde unfehlbar die Folge dieser Weigerung sein. (N. T.)

Paris, 9. Juni. DieAgeuce Havas" meldet: Die Pforte forderte Erklärungen Serbiens über dessen Rüstungen. Die Forderung war höflich sormulirt und ohne die drohende Form eines Ultimatums.

Auf ihrem Landsitz Nohant ist die weltberühmte französische Schriftstellerin George Sand, 71 Jahre alt, gestorben. Sie hat eben so viele Romane gelebt als geschrieben.

Petersburg, 9 Juni. Entsprechend den friedlichen Intentionen der Nordmächte sind die diesseitigen diplomatischen Agenten in Serbien und Montenegro angewiesen worden, von neuem den Einfluß Rußlands gegen jede kriegerische Demonstration geltend zu machen. Gleichzeitig versichert man hier, Rußland, dessen Politik keine isolirte sei, werde dafür sorgen, daß die neue türkische Regierung den von den Mächten als nothwendig aner­kannten Reformen und Garantien für die südslavischen Christen gerecht werde.

DiePost" meldet:So weit bis jetzt bestimmt, wird Kaiser Alexander zwischen dem 19. und 21. d. Mts. nach Pe­tersburg zurückkehren, wo er den Besuch des Kronprinzen Humbert von Italien und dessen Gemahlin erwartet, zu deren Ehren große militärische Festlichkeiten stattfinden sollen. Kronprinz Humbert beabsichtigt, auf der Rückreise aus Rußland (Anfang August) auch dem Berliner Hof einen Besuch abzustatten."

Olten, 8 Juni. Pfarrer Herzog hat die Wahl zum chri st katholischen Bischof angenommen. Heute Mittag erfolgte die feierliche Proklamation Herzogs zum Bischof, worauf ein Deliouw laullamus gesungen wurde. Die Resormanträge Barels, die Aufhebung des CöUbats und des Beichtzwanges be­treffend, sind prinzipiell unverändert, nur in theilweise neuer Fassung angenommen worden.

Die Zweifel an demSelbstmord" des Sultans Ab­dul Aziz werden, wie in Paris und London, so auch in Ber­lin im vollsten Maße getheilt. Mindestens fordern die offiziel­le» Meldungen aus Konstantinopel und ihre Widersprüche ein berechtigtes Mißtrauen heraus.

Diebaare Erbschaft" des verstorbenen Sul­tans, die in den letzten Tagen riesengroß durch alle ZeitungS- fpalten schwankte, schrumpft zu einem Zwerglein zusammen wenn man den offiziösen türkischen Versicherungen eben Glauben schenkt. Die bei der Palastrevolution sofort mit Beschlag belegten Kisten, in welchen Abdul Aziz seine Schätze verwahrte, sollen zum größten Erstaunen Aller meist leer gewesen sein, und man will noch vergeblich bemüht fein mit der Nachforschung, wo all das Geld geblieben ist. Nach europäischem Gesetz muß Derjenige, welcher die Erbschaft antritt, auch die Schulden des Erblasser- bezahlen. In der Türkei existirt wohl kaum ein solches Gesetz, und so hätte Sultan Murad anständigerweise die Schatzkästen gar nicht leer zu finden gebraucht.

WaS die Anerkennung der neuen türkischen Regierung von der übrigens bis zum 7. Juni Abends noch keine offizielle Anzeige in Berlin angelangt war betrifft, so soll, wie man derKarlsr. Ztg." aus Berlin schreibt, von einer Seite der Anstoß gegeben worden sein, dieselbe abhängig zu machen von