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Amtsblatt für den Obcramtsbezirk Nagold.
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ar« balbjährlich hier (ohne Trägerlobn)' 'Ni-nLlnn d-u Zeile aus ftewöhnlicher Schrift bei
Vit. Y1. 1 Pt. 60 Psg., für den Bezirk 2 M. ^UNSiag 0M MM. .einmaliger Einrückung 1, Pfg., de^ loly.
^ außerhalb des Bezirks 2 M. 46 Pfg.^ _ j mehrmaliger je 6 Pfg. ,
Tages»Neuigkei1en.
Gestorben den 10. Mai in Haiterbach Jakob Güntd er, Post. Halter, 44 Jahre alt.
Die Prüfung im Wafferbaufache hat u. a. mit Erfolg erstanden: Konrad Gutekunst, Werkmeister von Hochdors, OA- Horb.
>r Alten staig Stadl. Den 18. d. Mts. feierten wir hier den Abschied unseres nach Ehingen ajD. versetzten Kameralverwal- ters Eisendach von hier durch ein Festessen von 60—70 Gedecken im Waldhorn, bei welchem außer den hiesigen Beamten u. Bürgern auch benachbarte Geistliche, Forstleute (diese in besonders großer Zahl) theilnahmen. Den ersten Toast hiebei brachte H. Stadtpsarrer Göz von hier aus,er galt hauptsächlich dem humanen und coulanten Kassenbeamten, der immer mit schöner und neuer Münze die Gehälter ausbezahlte, nur schade sei es, daß dieselben so schnell wieder unter den Händen verrinnen. Der zweite Toast von H. Stadt- schullheiß Richter hier galt der Familie des Gefeierten und hob dieser Redner, anknüpfend an das Band, das eine Familie allüberall mit einander verbindet, hauptsächlich das freundliche und leutselige Benehmen des Scheidenden gegenüber der hiesigen Einwohner- und Bürgerschaft hervor, was ein hiesiger Bürger mit warmen Worten bekräftigte. Hr. Pfarrer Zeller von Ebhausen löste zur allgemeiner Heiterkeit die orientalische Frage dadurch, daß er Hrn. Eisenbach vom Westen zum Osten, von der Nordsee ans schwarze Meer resp. an die Straße von Konstantinopel, also auch nach Konstantinopel selbst schickte, um hier den (Ehiuger?) Türken durch eine solide Finanzwirthschaft und humanes Benehmen der Beamten aufzuhelfen, was alles nach des Tages Arbeit ein Glas Bier oder eine Pfeife Tabak nicht ausschließe. Abends versammelien sich die mit ihm befreundeten Familien zu einem musikalischen Abend, während die untern Räume des Gasthofs durch die zahlreiche Anwesenheit hiesiger Bürger den besten Beweis lieferten, wie sehr Hr. E. in den 11 Jahren seines Hierseins es verstanden hat, sich das Zutrauen und die Liebe der hiesigen Bürgerschaft, wie der Beamtenwelt zu gewinnen.
Stuttgart. Nach dem zu errichtenden Böblinger Bahnhofe werden dem Projekt zufolge vier Hauptstraßen Stuttgarts in Bogenlinien geführt werden. — Es dürfte für Manchen neu und nicht uninteressant sein, zu erfahren, daß hier schon seit ca. zwei Jahren ein französisches Blatt erscheint unter dem Titel: I/Observatsur (der Beobachter). Es ist eine politische und literarische Wochenschrift.
Kirchheim, u. T. 15. Mai. Es verlautet, daß die seitherigen Genossen der Maschinenfabrik das Areal mit Schuppen rc. verkaufen wollen, denn es ist vorerst keine Aussicht vorhanden, das Geschäft wieder in Gang zu bringen und der Kaufsliebhaber werden auch wenige sein. So viel man hört, wären nur die bürgerlichen Collegien, die einst auch 50,000 fl. Aktien für die Maschinenfabrik bewilligten, welche aber die Kreisregierung wohlweislich nicht genehmigte, geneigt, in der Boraussetzung, daß das Anwesen sehr billig abgegeben wird, dasselbe zu erwerben. Die Gemeinde könnte dann, da eine Schienenverbindung mit der Bahn besteht, den Wollmarkt dorthin verlegen, oder sie hätte entsprechenden Raum zum Baue von Schulhäusern und sonstigen Bauten.
In der Pfalz ist ein Bürgermeister von seinem eigenen Polizeidiener als Wilddieb überrascht und gefangen worden; er trug noch das Reh und eine zerlegbare Flinte bei sich.
Ein Künstler. Kürzlich kam Einer aus dem Badischen in die Kanzlei eines benachbarten Oberamts, zeigt seinen Gewerbelegitimationsschein vor, in welchem er zu Vorträgen als Komiker ermächtigt wird, und bittet um die Ausdehnung der Er- laubniß für den Bezirk. Auf die Frage des Beamten, worin seine Komik bestehe, erwiderte er: Intermezzos und Couplets. Frage: Was heißen Sie Intermezzos? Antw.: Charakterkomik. Frage: Und Couplets? Antw.: Nun, daS sind Lieder, komisch und politisch. Frage: Was heißt politisch? Antw.: Ho! die Politik, die laßt ma ja weg. Frage: Worin sollen denn die Couplets bestehen? Antw.: Nu, aus Intermezzos, Geschichten und Witze aus'm Leben!
Die Erörterungen, welche zu dem Gerüchte von dem Rücktritt des Finanzministers Camphausen Anlaß gegeben, haben allerseits befriedigende Erledigung gefunden. Es wird versichert, daß
dieselben keine handelspolitische Frage betrafen. Der „National- Zeitung" zufolge bezogen sich diese Erörterungen auf das Ver- hältniß der Reichsregierung und der preußischen Regierung und schlossen sich an die durch die Neubesetzung des Postens des Reichs- kanzleramis-Präsideuien gegebene Lage an. Es sei beschlossen, daß Hof mann zum preußischen Staatsminister ernannt werde, mit eveniueller Vertretung des Reichskanzlers in der preußischen Stimmführung, wie Delbrück. Auch der Staatssekretär v. Bülow werde zum preußischen Staatsminister ernannt werden. Hierüber sei im Schoße des Staatsministeriums Uebereinstimmung erzielt worden.
Im „Journal des Dubais" findet man einen Brief aus Pera, worin dem deutschen Gesandten Baron Weither wegen seiner Energie Lobsprüche gespendet werden. Die anderen Gesandten sollten ihn sich zum Muster nehmen. Eigenthümlich wäre es, wenn es wahr wäre, was demselben Journal berichtet wird, daß die englischen Unterthanen in Konstantinopel, als sie bei ihrem Botschafter Sir H. Elliot anfragten, was er zu ihrem Schutz vorzukehreu gedenke, von ihm die Antwort erhielten, im Fall der Noth werde er sie dem russischen Schutz empfehlen. Das würde sich doch, meinen die Dsbats, für die Unterthanen der neuen Kaiserin von Indien schlecht schicken.
Der „Reichsanzeiger" schreibt: Von der gerüchtweise verlauteten Ermordung von Deutschen in der Türkei sei an amtlicher Stelle nichts bekannt; namentlich liegen von dem Konsul Gillet direkte telegraphische Mittheilungen aus Salonichi bis zum 16. Mai vor. Die neuesten Telegramme der deutschen Botschaft in Konstantinopel erwähnen nichts von der Ermordung des Direktors der rumelischen Bahnen, Kühlmann, oder anderer deutscher Bahnbeamten oder sonstigen deutscher Staatsangehörigen in der Türkei.
Der König der Annonce — wenigstens innerhalb des deutschen Reiches, dürfte bis jetzt der Modewaaren-Kaufmann Rudolph Herzog in Berlin sein, denn er gibt jährlich 150,000 für Inserate aus. Interessant dürfte die Thatsache sein, daß ein so bedeutendes Geschäft die regelmäßige Annonce für wichtig hält; seit 14 Jahren hat Herzog nur ein Probejahr ohne Annonce verlebt, — der Rückgang in der Einnahme war aber ein so beträchtlicher, daß er sofort zu seinem Grundsätze, fleißig zu in- scriren, zurückkehrte.
Duisburg, 14. Mai. Küßt unsere Kleinen nicht! Unter der vorstehenden Ueberschrist bringt der Düss. Anz. von einem „Arzte" nachfolgende Mahnung: Eine schauderhafte Unsitte ist es, die Kinder zu küssen. Ja wohl, gnädige Frau! Besinnen Sie sich vielleicht noch darauf, als Sie vor 14 Tagen mit einem Shawl um den Hals einen Besuch bei Frau Dr. S. machten? Und als der kleine Hans in's Zimmer gesprungen kam, griffen Sie nicht den Kleinen mit anscheinend überströmender Zärtlichkeit, nannten ihn „mein reizendes Kerlchen" und küßten ihn nach Herzenslust? Dann fingen Sie an zu erzählen, was für einen entzündeten Hals Sie hätten; daß Sie am Tage vorher eine Einladung zum Konzert hätten ablchnen müssen, weil Sie zu verschwollen seien? Sie hatten keine Absichten auf das Leben des Kindes, und doch tödteten Sie dasselbe so sicher, als wenn Sie ihm statt ihres zärtlichen Kusses Strychnin oder Arsenik gegeben hätten. Zwei oder drei Tage darauf fing „mein reizendes Kerlchen" auch über einen entzündeten Hals zu klagen an, und als der Arzt kam, genügte das eine Wort: „Diphtheritis", um Alles klar zu machen. Heute ist ein kleiner, frisch geschmückter Hügel vor dem Thore die einzige Erinnerung an Ihren Besuch. Die Mutter hat natürlich nicht den geringsten Verdacht auf Sie; sie hängt ihren herben Perlust der geduldigen Vorsehung an. Der Arzt that nichts, um diesen Glauben zu zerstören, denn das dürfte ebenso unklug als grausam sein, mir aber hat er es im Vertrauen mitgetheilt, daß allein Ihre „schauerliche Dummheit" — es waren seine Worte, gnädige Frau — an dem Tode des kleinen Hans die Schuld trägt. Es läßt sich schwer beurtheilen, ein wie großer Theil der augenblicklich grassirenden Diphtheritisfälle auf solche Gedankenlosigkeit zu schieben ist; das steht jedoch fest, daß Erwachsene die Diphtherie oft in so geringem Grade haben, daß sie dieselbe für eine einfache Erkältung nehmen, und sie finden nichts Böses darin, Andere ihrem Athem auszusetzen. Bedenkt man nun aber die Thatsache, daß