Zur Af faire in Saloniki erfährt der Pariser Korre­spondent derTimes", daß der amerikanische Konsul, fürchtend, daß sein Haus von dem Pöbel gestürmt werden würde, das Mädchen nach dem deutschen Konsulate sandte, und daß in der Moschee der deutsche Konsul gezwungen wurde, einen Befehl für dessen Auslieferung zu unterzeichnen. Nachdem ihm dieser Befehl erpreßt worden, ermordete ihn der Pöbel. Es scheint, daß der amerikanische, deutsche und französische Konsul alle mit einander verwandt waren, indem zwei derselben Schwiegersöhne des Dritten waren.

Ein Privattelegramm derSchlesischen Zeitung" meldet unterm 10. dies.: Am Montag fand in Priedor ein großes Massacre statt; die Türken metzelten ruhige Christen nieder, der Rest rettete das nackte Leben in die Wälder. Sclim Pascha, der neue Kommandant, welcher mit Berstärkunge» in Priedor eiu- marschirle, billigte die Metzeleien.

DieLiberte" verkündigt, daß der in Freiburg residirende Bischof von Lausanne mit Hinsicht auf das beständig schlechte Wetter in der ganzen Diözese tägliche Gebete und überdies in jeder Pfarrei eine Prozession ungeordnet hat. In der Stadt Frei­burg habe diese Prozession letzten Dienstag stattgesunden.

London, 13. Mai. Ein Telegramm derTimes" aus Athen vom 12. Mai sagt: In Konstantinopel herrscht allgemeine Aufregung. Die Muselmänner kaufen Waffen und sprechen drohend von Niedermachung der Ungläubigen und die Reisenden verlassen massenweise die Stadt. Die hier ansässigen Einwohner von frem­der Nationalität senden ihre Familien zurück. Die diplomatischen Vertreter des Auslandes sind in Permanenz zusammen und han­deln gemeinschaftlich.

UntergangderWeltam4. Juli 1876.) Die ameri­kanischen Blätter kommen dieses Jahr frühzeitig mit Hundstags­geschichten: Wie dasEco d'Jlalio" in New Dort berichtet, ist es einem Bibelforscher in den Bereinigten Staaken gelungen, aus dem Buche Daniel herauszuklügeln, daß der Untergang der Welt am 4. Juli d. I. statlfinden wird. Da aber an diesem Tage in den Vereinigten Staaten das Centenarium der Unabhängigkeit gefeiert wird, so steigen schon jetzt Gebete zum Himmel empor, auf daß er der Well ein Moratorium gewähre, und sie erst Mittwoch den 5. Juli untergehen lasse.

Der Amweifter von Slraßbrrrg.

(Fortsetzung.)

Ein lieber, freundlicher Herr," meinte der pfiffige Wirth, sich um den schweigsamen Stadlschreider zu schaffen machend, gar nicht stolz."

Würde ihm auch prächtig anstehen," fuhr Günzer ihn barsch an,was bin ich schuldig?"

Wollen der Herr Stadlschreider schon fort? Nicht das gewohnte Spielchen machen?"

Nein, vorlauter Goltlieb I" Hüte Deine Zunge, sie könnte Dir leichtlich einen dummen Streich spielen."

Er schritt hinaus, nachdem er seine Zeche berichtigt hatie. Der Wirth schüttelte den Kopf und gelobte sich im Stillen, kein Wort von dem geheimnißoollen Zwiegespräch der beiden Gäste laut werden zu lassen, sintemalen, wie er kalkulirte, der Siadk- schreiber eine gewichtige Person, und der Doktor, als der Sohn eines Hingerichteten, vollends ein gefährlicher Mann war.

Günzer schritt eilig seiner Wohnung zu, es wäre ihm nicht möglich gewesen, an diesem Abend mit den Bekannten in gewohnter Weise beisammen zu sein. Eine furchtbare Unruhe hatte ihn er­griffen, stand er doch im Begriff, eine ungeheure That zu begehen, eine That, die ihn für alle Zeiten brandmarken mußte.

Das ehrwürdige Bild des greisen Ammeisters stieg vor ihm auf, es schien ihn vorwurfsvoll anzublicken, ihn des Vecraths anzuklagen.

Noch bin ich's nicht," murmelte er,noch ist diese Hand rein von aller Schuld, noch habe ich die Wahl!"

Ja, er hatte die Wahl noch, mit ihr aber auch die ganze Qual leidenschaftlicher Kämpfe in seinem Innern. Ehre und Pflicht rangen mit den Dämonen des Hasses, der Rache und Eifersucht einen wilden, entsetzlichen Kampf in dem Herzen dieses Mannes und vielleicht hätten die ersteren gesiegt, wäre nicht der Glanz des Goldes hinzugetreten, um die letzte anklagende und mahnende Stimme des Gewissens gewaltsam zu übertönen.

* *

*

In der SchänkeZum deutschen Hause" ging's wild und lärmend her. Soldaten der Garnison, Bürger der untern Stände, darunter wüste Gesellen, saßen an den verschiedenen Tischen, zechten, spielten, fluchten und sangen durcheinander, daß man sein eigen Wort nicht verstehen konnte.

An einem Tische war Streit entstanden, ein Soldat sollte beim Würfeln betrogen haben.

Der lange Tobias betrügt immer!" meinte ein halbtrunkener Metzger,er glaubt, Alles mit seiner Länge zuzudecken."

Maulhallen!" schrie ein Soldat, mit der Faust auf den Tisch schlagend, daß die Krüge und Becher erschreckt umhertanzten, wer deckt Eure Wälle und Thore mit ihren Leibern, wenn der

Franzmann es sich gelüsten lassen sollte, die Hand nach Euch auszustrecken?"

Oho, Ihr würdet ihn auch nicht daran hindern," rief ein Schuhmacher, der mehr in der Schänke sich umhertummelte,wenn wir Bürger uns nicht selber schützten, sähe es schlecht aus um Straßburg; Söldner, die nicht für eigen Haus und Heerd streiten, verspeist der wälsche König zum Frühmahl!"

Daß Dich, Du elender Pechdraht!" schrie der Soldat wütheud, nach seinem Degen greifend.

Still, ruhig, Freunde!" gebot eine Stimme am andern Tische,der Friede ist schon geschlossen, wer ihn wieder bricht, zahlt einen halben Gulden."

Diese Friedensstimme gehörte einem kleinen, übermäßig dicken Manne mit einem seuerrothen, aufgedunsenen Gesichte an.

Er hieß Rathmann und war seines Zeichens ein Schreiber, also in den Augen dieser Gesellschaft eine Art gelehrte Autorität, der sich die streitenden Parteien stets fügten, wie auch Name und Stand ihn nach eigenem Ausspruch zur richterlichen Person in diesem streitsüchtigen Kreise ganz besonders qualifizieren.

Der Friede war auch in der That augenblicklich hergestellt, und Zacharias Rathmann strich sich schmunzelnd das wohlgepflegte volle Kinn und blickte wie ein König in seinem Reiche umher.

»Ich sage Euch," begann der stark berauschte Metzger von Neuem mit einer Stimme, die immerfort an den Worten zu schlucken schien,der vierzehnte Ludwig ist mein Mann, bei ihm kann sich der Soldat und auch der Bürger fühlen und auf die ganze übrige Welt mit Verachtung herabsehen. Nur in Frankreich werden noch respektable Ochsen gemästet."

Wieherndes Gelächter unterbrach bei diesem Passus seine Rede; der Metzger blickte verwundert umher.

Warum lacht Ihr?" fuhr er stammelnd fort,ich habe Recht, das deutsche Reich ist nur eine Heerde Schafe, Frankreich scheert die Wolle und nimmt auch noch die Schafe zu guterletzt. Was ist dabei zu lachen?"

Nein, mein braver Hans Metzger," rief Rathmann,dabei könnte man eher weinen, wenn man Lust dazu hätte. Aber die Geschichte ist doch komisch, wenn man an die Schafe denkt; was mich anbetrifft, so halte ich's immerdar mit dem Slärkern, also lieber mit dem Wolf als mit den Schafen, die sich erst scheeren, dann noch geduldig fressen lassen."

Das liegt an dem Hirten," meinte der Schuhmacher Veit, den Finger an die Nase legend.

Der schläft alleweile, wenn der wälsche Wolf zuschnappt," lachte der Schreiber spöttischwollt Ihr zu den dummen Schafen gehören, Gevatter Veit?"

Ja, freilich will ich das," versetzte Veit, seinen Krug heftig auf den Tisch stoßend,es ist immer noch besser, dumm und ehrlich sein, als ein räuberischer Wolf, vor dem sich kein Mensch schützen kann und der hinterrücks in fremde Hürden ein- bricht. Ich für me in Theil will nichts mit dem wälschen Wolf zu schaffen und auch keinen Theil an seiner Herrlichkeit haben."

Könntet es sonst sehr gut gebrauchen," bemerkte der Schreiber, boshaft blinzelnd,und ich glaube, wenn der Köniz von Frankreich dem Meister Veit so ein Tausend Thaler in sein Schurzfell würfe, er würde sich nicht wie ein Schaf dafür bedanken."

Alle lachten laut, der Schuhmacher stützte finster den Kopf und schaute nachdenklich in den leeren Krug.

(Fortsetzung folgt.)

Allerlei.

Liebes-Erklärung in der Kirche. Ein junger Mann besuchte eines Sonntags Vormittags auf seinen Reisen in einer kleinen Stadt Englands die Kirche, um das gött­liche Wort von einem gefeierten Prediger zu hören. Er nahm seinen Platz in der Nähe einer jungen reizenden Dame, welche sich in ihrer äußeren Erscheinung gleichfalls als Fremde darstellte. Sie sehen und sie lieben war eins. Aber so be­gierig er auch war, ihr augenblicklich diese seine Liebe zu erkennen zu geben, so schreckte ihn doch die Heiligkeit des Orts von jedem Ansprecheu seiner so plötzlich aufgekeimten Leidenschaft ab. End­lich reifte in ihm ein Plan und er schritt zu dessen Ausführung. In höflichster Weise überreichte er seiner schönen Nachbarin eine aufgeschlagene Bibel mit dem Zeichen bei dem folgenden Text (Zweite Epistel St. Johannes, Vers 0): Und nun bitte ich Dich, Frau, nicht als ein neu Gebot schreib ich Dir, sondern, daß wir gehabt von Anfang, daß wir uns einander lieben. Erröthend las die junge Dame diese bezeichneten Worte und wenn auch zögernd, so gab sie doch endlich das Buch dem glücklichen Wer­ber mit einer Anmerkung im Text (Buch Ruth Kap. 2, Vers 10 zurück:da fiel sie auf ihr Angesicht, und betete zu ihm. Womit habe ich Gnade gefunden vor Deinen Augen, daß Du mich erkennst, die ich doch fremd bin?") leuchtenden Blicks em­pfing er dies reizvolle Zeugniß ihres erwachenden Herzens und deutete nun, ihr näher rückend, auf die 3. Epistel St. Johannes, Vers 13 und 14.Ich hatte viel zu schreiben, aber ich wollte nicht mit Dinte und Feder an Dich schreiben."Ich hoffe aber Dich bald zu sehen, so wollen wir mündlich mit einander sprenche!"