dargethan wurde, nicht ein Gewand Christi gewesen, sondern daß nur auf der inneren Seite dieses Kleidungsstückes ein kleines Stück Zeug aufgenäht ist, welches zu dem wahren Rocke Christi gehört haben soll. Wie groß die Aufregung der Klerikalen über die Entdeckung des mit dem „heiligen Rock" getriebenen Schwindels ist, geht am besten daraus hervor, daß der greise Domca- pitular wiederholt in anonymen Schreiben unter Drohungen aufgefordert worden ist, seine Kenntniß des Sachverhaltes für sich zu behalten. (Dfztg.)
Ein Achtundvierziger. Der Tapezierer und Dichter Eck, der sich am Karfreitag bei Moorlake in der Havel ertränkt bat Mid dessen Leichnam zum Entsetzen der Paffanten volle acht Tage an en»er belebten Chaussee liegen blieb, war Anno 48 ein wütbender Barrikadenheld und hatte sich später auch einer unfläthigen Majestäts Beleidigung schuldig gemacht, wegen welcher er sich im Jahre 1851 in der hiesigen Stadtvogtei befand. In der Gesängnißzelle deklamirte er den ganzen Tag Gedichte, die seinem kranken Hirn entsprossen waren, und die alle von Blut triesten. Er erklärte in diesen wahnwitzigen Machwerken die Guillotine in Permanenz, für gekrönte Häupter sollte ein doppeltes Messer eingeschraubt werden. Mit ihm dieselbe Zelle bewohnte ein Eisenbahnbeamter, der zwei Jahre zu verbüßen batte, weil er ei» Gedicht von Eck, das von Majestätsbeleidigungen strotzte, öffentlich vorgelesen hatte. Eck saß keine Minute ruhig an seinem Platz, unaufhörlich lief er wie eine Hyäne in der Zelle herum, und rief hundertmal an einem Tage: „Gebt mir Waffen!" Bei solchen Anfällen sah er ungemein komisch aus, denn Eck war ein kleiner, sehr schmächtiger Mensch, der einmal sogar versuchte, sich durch die Gitter des Zellen-Fensters zu drängen, um sich die Freiheit zu verschaffen; die Mitbewohner der Zeile halfen tüchtig nachichieben; aber zwischen den Taillen blieb er stecken und konnte nun weder rückwärts noch vorwärts. In dieser Situation schrie er so laut er konnte: „Gebt mir Waffen!" und „Nieder mit allen Tyrannen!" Der herbeigerufene Direktor v. R. schickte einen Schlosser, der den Eingeklemmten los feilte. Zur Strafe für den Befreiungsversuch mußte Eck drei Tage in der Küche Kartoffeln schälen und Grünes putzen. Den Justizminister bestürmte er fortwährend mit Gesuchen um lleberführung feiner Person — die er natürlich für sehr nothwendig hielt — nach der Festung. Er feie mit Kinkel „geistig verwandt" schrieb er und verlange, daß man ihn strafe wie Kinkel. Seinem Wunsche wurde endlich Folge gegeben: er wurde nach Spandau versetzt, aber freilich ins Zuchthaus, wo er mit Kinkel insofern gleichgestellt wurde, als er Wolle spinnen mußte, wie dieser. Bon dieser Gleichstellung „mit dem besten Dichter des XlX. Jahrhunderts" sprach Eck in späteren Jahren immer mit hohem Bewußtsein. Der Mann war geistig krank seit achtundzwanzig Jahren. In der letzten Zeit war er ein enthusiastischer Monarchist und schrieb unüberschwengliche Gedichte: „An Seins Majestät , den helden- müthigsten und AUergnädigsten deutschen Kaiser." Zum Druck dieser Gedichte erbat er sich vom Kaiser Wilhelm die Kosten. Eck gieng an Uitverdaulickkeit gewisser Ideen zu Grunde, wie dies schon oft Halbgebildeten passirt ist, die aus einer Nedelleiter nach dem Himmel hinaufsteigen wollen.
Ein kleiner Privat-Congreß von Friedensfreunden in Wien hat zum lOOmal beschlossen, die Abrüstung in ganz Europa zu empfehlen, er hat aber gleich bei dem Ersten, an den er sich gewendet, Unglück gehabt. Minister Andtassy erklärte ihm rundweg: ich kann nicht und ich will nicht! So wird auch diesmal das Radikalmittel, allin Kriegen ein Ende zu machen, indem man alle Soldaten nach Hause schickl und alle Schwerter in Pflugschaaren umwandelt, nicht verfangen.
Wien, den 1. Mai. Der hiesige Bolksfreund berichtet, daß am 16. Juni. d. I. zur Feier des beendigten dreißigjährigen Pontifikates des Papstes ein allgemeines Fest des katholischen Erdenkreifes stattfinden werde. Wie man demselben Blatte aus Rom berichtet, sollen bereits umfassende Vorkehrungen zu diesem Zwecke veranstaltet werden.
Wien, 4. Mai. Zuverlässigen Nachrichten aus Montenegro zufolge hat der Fürst an der Ostgrenze ein Beobachtungs Corps aufgestellt, weil die Kriegs-Ereignisse sich seinem Territorium näherten. Die Nachricht von einer Mobilmachung der ganzen Wehrkraft Montenegros ist unbegründet. '
Rotterdam, 24. April. Eine Hiobspost, die einen sehr niederschmetternden Eindruck machte/ist dieser Tage aus Atchin hier angelangt: Die Atchincsen haben einen der äußersten Vorposten, der von einem Hauptmann befehligt wurdd, überrascht und mit allen Offizieren niedergemacht. Die gräßlich
verstümmelten Leichen der Offiziere und Soldaten, an denen die Atchincsen ihre Wuth ausgelassen haben, wurden gefunden und beerdigt. Auffallenderweise ist dies innerhalb Jahresfrist das zweite Mal, daß den Atchincsen ein derartiger Uebcrfall gelang.
Der Papst soll seit einiger Zeit sichtlich schwächer werden und sein erster Rathgeber, der Cardinal Anlonelli ist auch so krank, daß dessen Zustand als hoffnungslos bezeichnet wird.
Konstantinopel, 3. Mai. Am Sonntag griff Mukh- tar die neuverstärkren, im Walde bei Presjeka verschanzten Insurgenten an, schlug dieselben nach achtstündigem Kampfe. Die Insurgenten zählten am Sonntag 16,000 Mann, die Türken verloren 58 Tobte und 61 Verwundete, die Insurgenten hatten 1000 Todre und Verwundete. Eine weitere Miuheilung .der Negierung bestätigtz daß die Expedition nach Nicsic durchaus erfolgreich gewesen. Mukhtar brachte die Rächt in Nicsic zu.
In einer Versammlung der Friedensrichter der Grafschaft Middlessex, zu welcher auch der größere Theil Londons gehört, kam die Rede auf die überhandnehmende Trunksucht der englischen Frauen, und die Klage darüber scheint in der Thal nicht grundlos, wie sich aus den vorgelegten Listen der Strafanstalt für weibliche Personen in Westminster ergibt, welche den Stand und die Beschäftigung der im Jahre 1875 wegen dieses Vergehens bestraften Frauen Nachweisen. Darunter befinden sich 860 Scheuerfrauen, 797 Näherinnen, l333 Waschfranen und Büglerinnen, 166 Dienstboten, 36 Nähe-Maschinistinnen, 30 Buchsalzerinnen, 28 Llumenmacherinnen; 1796 halten gar keine Beschäftigung und 100 waren oerheirathete Frauen in besseren Verhältnissen und Frauen in unabhängiger Stellung. Im Ganzen wurden nicht weniger als 5131 Personen weiblichen Geschlechts wegen Trunkenheit mit Gefängniß bestraft, von denen 3811 rückfällig waren. Und hierbei sind natürlich nur die Frauen gezählt, welche der Polizei oder Justiz in die Hänve fielen, nicht aber die, welche sich in häuslicher Zurückgezogenheit mit Affenzucht abgeben.
Philadelphia, 1. Mai. Der Generaldirektor der Weltausstellung macht offiziell bekannt, daß die Eröffnung am 10. Mar stattfindet.
A l l - r l e i.
— Ein brennender Christus. Ein lebendes Bild in der Kirche dürfte immerhin zu den Seltenheiten gehören. Ein solches kam gleichwohl am Charfreitag 1876 zu Soncino, nicht weit von Cremoua, zur Schaustellung. In der Grufikapelle daselbst war nämlich eine Art Grab errichtet und nach katholischer Sitte mit Blumengewinden, weißen Tüchern rc. behängen. In oder richtiger auf demselben lag eine abgezehrte Mannsperson, die den tobten Christus vorzustelleu hatte. Ein schwarzer Schleier lag über sie gebreitet, ließ aber deutlich genug erkennen, daß das Individuum kein anderes Kostüm trug, als Urältervater Adam vor dem Sündenfall. Das war um so leichter zu erkennen, als neben dem Leichnam vier große Wachskerzen brannten. Als die Vorbereitungen vollendet waren, wurde die Thüre geöffnet und alsbald strömte eine Schaar Weiber und Kinder in die Kapelle, das heilige Grab zu sehen. Eines der Kinder trieb die Neugier immer näher und näher, und eine unvorsichtige Bewegung desselben warf einen Leuchter um, dessen Kerze gerade auf den Schleier über dem „Leichnam" fiel und ihn sofort entzündete. Im selben Augenblick aber machte der todte Christus mit beiden Beinen einen mächtigen Satz vom Grabe herab und fuhr, seine brennende Hülle zurücklassend, wie ein Pfeil durch die Rühen der entsetzt und sprachlos dastehenden Weiber aus der Kapelle hinaus. _
Newyork, 30. April. (Per transatlantischen Telegraph). DaS Postdampfschiff des Nordd. Lloyd Mosel, Capt. H. A. F Neynaber, welches am 15. April von Bremen und am 18. April von Southampton äbgegangen war, lst heute 8 Uhr Morgens wohlbehalten hier ange» kommen.
Amtliche und Privat-Bekanntmachungen.
Nagold.
Die Aufnahme-Prüfung in die
hiesige Lateinschnle wird äm
Mittwoch den 10. Mai, Vormittags 9 Uhr,
statlfinden, wobei sich neun- oder zehnjährige Knabe», die in die Schule einzutreten wünschen, pünktlich einfindcn wollen. Den 5. Mai 1876.
K. Stadtpfarramt.
_ Frrihoser.
Rohrdorf.
Ackrr-Verkaus.
Aus der' Gantmasse des Wilhelm Jakob Jost, Steinhauers von hier,
wird der auf der Markung Nagold liegende Acker
1 M. 31.0 Rth. P -Nr. 4076/4077 Acker beim heiligen Kreuz neben Georg Martin Nestle und dem Weg,
Anschlag 260 -ckk am Montag den 22. Mai 1876, Vormittags 9 Uhr,
auf dem Rathhause in Rohrdorf im ersten öffentlichen Aufstreich verkauft.
Nagold, den 15. April 1876.
K. Gerichts-Notariat.
B u z e n g e i g e r.
Liegenschafts-Verkauf.
Aus der Gantmasse des Johann Friedrich Lenz, Steinhauers - von Rohrdorf,
wird das vorhandene Grundstück,
Acker Zeig Berg ach:
11 Ar 35 m K. III. J48/. Acker im vorder« Berg neben Ben» jamin Seeger und Johann Georg Lutz, Metzger, Anschlag 170 ^ au» Montag den 22. Mai 1876, Vormittags 11 Uhr,
auf dem Rathhause in Rohrdorf im ersten öffentlichen Aufstreich verkauft.
Bag,old, den 15. April 1876.
K. Gerichts-Notariat. Buzengeiger.
War th.
58 Stücke Roilffanne»,
nach zu Küblerholz geeignet, hat zu verkaufen Gutsbesitzer Lutz.