Amtsblatt für den Oberamtsbezirk Nagold.

Nag old.

An die gemeinfch. Aemter.

Die Jahresberichte über die mit Geld-Unterstützung von Seiten der Cenlralleitung des Wohlthätigkeits-VereinS bestehen den Kleinkinderschulen pro 1. Mai 1876 wollen binnen 8 Tagen eingesendet werden.

Den 3. Mai 1876.

Kgl. gemeinschaftl. Oberamt.

Nagold.

An die OrtSvorsteher.

Auf Bezugnahme k. Ministeriums des Innern, Abtheilung für den Straßen- und Wasserbau, vom 10. v. M. (Ministerial- Amtsblatt S. 136) werden die Ortsvorsteher derjenigen Orte, welche im vergangenen Winter Kosten für Schneebahnen auf Staatsstraßen und aus Nachbarschaftswegen mit Post-Verkehr ge­habt haben, und um Staatsbeiträge hiezu einkommen wollen, angewiesen, die Verzeichnisse binnen 14 Tagen hieher einzusenden.

Die erforderlichen Formulare zu diesen Kostensverzeichnissen können bei der Unterzeichneten Stelle bezogen worden.

Den 3. Mai 1876.

K. Oberamt. Güntner.

TageS» Nettigkeiten.

** Nagold, 4. Mai. Gestern Mittag traf unser neuer Herr Helfer Ströle, der zuletzt eine Nepetentenstelle in Tübin­gen bekleidete, hier ein. Pfarrgemeinderäthe und Lehrer waren ihm bis Horb cutgegengefahren. Abends wurde er vom Kirchen­gesangverein in einem Ständchen begrüßt. Nächsten Sonntag findet die Investitur des neuen Geistlichen statt, bei welcher der­selbe zugleich Morgens 9'/, Uhr seine Antriltspredigt halten wird.

Stuttgart, 4. Mai. In ihrer gestrigen Sitzung genehmigte unsere Kammer zunächst die Gesetzentwürfe, betreffend die weitere Ausbildung des Telegraphennetzes und betreffend außeror­dentliche Bedürfnisse der Postverwaltung, endlich den Gesetzentwurf, be­treffend die weitere Ausdehnung des Eisenbahnnetzes und den Bau von Eisenbahnen im Finanzjahr 1876/77. Längere Debatten erhoben sich bei Z. 6: Strecke StuttgartBöblingenFreudenst adk, wo Hohl die Frage eines Expropriationsgesetzes in Anregung brachte, daS Minister o. Mittnachtin Aussicht stellt, bei Z. 7: Strecke Heild ronn - Eppingen, wo Dr. Elben eine Petition der Gemeinden Knittlingen und Dertingen wegen einer Zadergäubahn empfahl, von der aber nach Geh.R- v. DilleniuS' Ansicht nicht zu hohe Hoffnungen gehegt werben dürfen, endlich namentlich bei Z. 8: Bahnstrecke Wange nKi ßlegg, die auf 5,450,000 ^ veranschlagt ist, was Frhr. v. O w für 13,36 Kiloin. viel zu hoch sinket; derselbe regte die Frage an, ob man nicht eine Sekundärbahn bauen solle, worin er v. Mo rlok, Pfeilser und Schmid unterstützt, von Mo HI, v. Varnbüler u. A. bekämpft wurde. Einen Antrag desselben,. die Regierung zu bitten, die Anwendbarkeit der Se­kundärbahnen (mit stärkerer Steigung, aber gleicher Spurweite wie die Hauptbahnen) in unserem Land einer nähern Prüfung zu unterziehen, um für die Strecke KißleggWangen noch eine billiger zu errichtende Linie zu suchen, wurde verworfen. Aus der Tagesordnung der heutigen Sitzung steht die Fortsetzung der Berathungen über das Eisenbahngejetz und der Rechenschaftsbericht des ständischen Ausschußes. (N. T.)

Vom Lande, 4. Mai. Sechsundzwanzig Knaben der Oberklasse einer Volksschule in einer größeren Stadt verabredeten dieser Tage während des Jnterstitiums um 9 Uhr, nicht mehr ins Schulzimmer zurückzukehren, führten dies auch aus und trieben sich 2 Stunden in der Stadt herum. Um 11 Uhr erschienen sie wieder in der Schule, aber nur um ihre zurückgelassenen Ranzen abzuholen. Der als sehr tüchtig und gewissenhaft bekannte Klassen­lehrer stand ob dieser neuen Art vonSinke" rathlos da und mußte sich zunächst damit begnügen, dem Schulinspcktorat Anzeige zu machen, welches sofort die Eltern schriftlich von dem Vorge­kommenen benachrichtigte; jeder der 26 Schüler mußte diese Anzeige selbst schreiben. Wenn die neuen zahmen Strafbestimmungen, um deren Aufhebung schon mehrmals gebeten wurde, länger in Kraft bleiben, so muß die Zügellosigkeit der Jugend, welche ja durch die öffentlichen Gerichtsverhandlungen fortwährend nur zu deutlich iHustrirt wird, immer mehr überhand nehmen; die Straf anstalten'werden sich mit jugendlichen Verbrechern in auffallender Weise füllen, aber auch der ganze sittliche Zustand des Volkes muß geschädigt werden. (N. T.)

Kirchheim u. T-, 3. Mai. Seit gestern ist auch der

Buchhalter der hiesigen Spar- und Vorschußbank, dem Beispiel seines früheren Chefs folgend, entwichen Nach einem hintcr- lassenen Briefe soll er Eingriffe in die Kasse gemacht haben.

Waldsee, 3. Mai. Soeben durchläuft die Schreckens­kunde unsere Stadt, daß vergangene Nacht die etwas abgelegene Mühle in Jggeuau fammt sechs Personen ein Raub der Flammen geworden ist. Der Eigenlhümer und der Schweizer-Knecht wurden, als sie das Vieh loslaffen wollten, durch das Nutschen der Stroh­bedachung und das Wiedereindrängen des befreiten Viehes vom Feuertode ereilt. Zwei Kinder, von denen eines nicht zu Hause war, stehen vor den Trümmern von Haus und Hof, in denen ihre unglücklichen Eltern und Geschwister, die alte Großmutter und ein treuer Dienstdotc als verkohlte Leichen begraben liegen.

Leipzig, 29. April. Die erste Meßwoche neigt sich zu Ende und die Leser werden neugierig sein, wie sich das Geschäft gestaltete, leider trägt es noch immer den Kainsstempel, dessen Schrifizüge die WorteAch und Krach" enthalten, an der Stirn. Eine böse Vorbedeutung war schon die Geschäftslostgkeit auf dem Ledermarkt. Es war außergewöhnlich viel Ware zugeführt worden, aber nur beste Sorten fanden Absatz um früheren Preis. Die große Masse ging mit Verlust für die Gerber ab und manche Lager wurden gar nicht ausverkauft. Deßhalb konnten auch die Wildhäute nur sehr gedrückte Preise erzielen. Aehnlich ver­hält cs sich auf dem Tuchmarkt, der sich diesmal bis Ende nächster Woche hinriehen dürfte. An Verkäufern fehlt es auf der Messe nicht, wohl aber an Käufern, auch die Amerikaner haben sich spärlich eingesunden. Die orientalische Frage liegt gleichfalls wie ein Alp auf dem Geschäftsverkehr und selbst der plötzliche Rücktritt Delbrück's von seinem Posten war im ersten Augenblick nicht ohne nachteilige Einwirkung auf unsere Oster­messe. Alles still, selbst der Galgenhumor, der sonst den üblichen Mcßwitz" heroorzaubert, ist verstummt.

Der Postanweisungsverkehr Deutschlands hat den Eng­lands bereits überholt. Die deutsche ReichSpost besorgte 1874 nicht weniger als 16 Mill. Stück Postanweisungen im Betrage von 765 Mill. Mark. Im Jahre 1875 ist der deutsche Postanwei- sungsverkehr auf 23 Mill. Stück mit 1238 Mill. Mark gestiegen. Die Zahlen aus England liegen noch nicht vor. Der deutsche Tarif ist erheblich billiger als der englische, ein nicht zu ver­achtender Wink für die Herabsetzung des Tarifs für telegraphische Depeschen.

Es wird viele unserer Leser interessiren, aus dem Leben Delbrück's einen kleinen Zug kennen zu lernen, der den deutschen Mann und die Zustände in der hohen und höchsten Atmosphäre Berlins kennzeichnet. Als Delbrück zum Minister ernannt werden sollte, war in den maßgebenden Kreisen viel davon die Rede, ihn zuvor in den Adelsstand zu erheben, und dies würde nicht allem keine Schwierigkeit gehabt, sondern große Genugthuung be­reiter haben, wenn die Hauptperson die ihr zugedachte Ehre hätte annchmen wollen. Delbrück dankte für die letztere und wies auf seine gut bürgerliche Familie hin, von welcher er sich nicht trennen oder unterscheiden wollte. Man hat sich damals viel Mühe ge­geben, ihn umzustimmen, aber Delbrück blieb sich und seinem Grundsätze treu, und diese Treue ist kein Hinderniß gewesen, ihm im Dienste des Vaterlandes eine Stellung anzuweisen, in welcher er auf dem wirrhschaftlichen Gebiete so segensreich gewirkt hat.

Berlin, 2 Mai. DiePost" schreibt: Der bevorstehen­den Zusammenkunft der drei Kanzler in Berlin wird allseitig eine große Bedeutung bei gelegt. Auch nach der Winterreise des Kaisers von Rußland am 13. Mai verbleiben die fremden Kanz­ler noch einige Tage hier, um mit dem Fürsten Bismarck über die orientalische Frage zu conferiren.

Der in Trier lebende, durch seine Prachtwerke über den dortigen Dom in der Gelehrtenwelt rühmlichst bekannte Dom­kapitular v. Wilmowsky wird in einem demnächst erscheinenden neuen Werke eine eigenthümliche Entdeckung veröffentlichen. In Folge gründlicher Untersuchung ist der Domcapitular nemlich zu der Ueberzeugung gelangt, daß der im Trierischen Dome befind­liche und im Jahre 1844 ausgestellte sog. heilige Rock C h r i st i, zu dessen Verehrung damals über eine Million Menschen nach Trier wallfahrteten und dessenAechtheit" in vielen Schriften

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außerhalb des Bezirks 2 M. 45 Pfg)

Samstag den 6. Mai.

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