Amtsblatt für den OberMttNezirk Nagold.
Lr. 44.
Erscheint wöÄeutliL Zmcii, »nv koste! !>aldjährlicd hier (c>d»e Trägerlobnl 1 Al. 60 P>g., für den Bezirk 2 Al. außerhalb des Bezirks 2 '1!!. 45 Psg.
Dienstag den U. April.
Ftfferationsgedübr für die 3ipaltiftc Zeile aus gewöpilkiä-er schritt bei nnmali'.rcr Einrückung 9 Pfg., bot unürmaktper je 6 Pkg.
A irr t l i ch e s.
2e a g o l d
An die Ortsvorfiehcr.
Unter Hinweisung ans den Erlaß K. MiuisteiiumS des Innern vom 23. v. M., Minist.-Anitsblalt Nr. 9, wird hieinii eröffnet, daß die Ausgabe des neuen Textes des Straf Gesetzbuchs für da? deutsche Reich zum Preis von 12 L für sämmiliche Gemeinden bestellt werden wird, trenn nicht binnen 0 Tagen Gegenbestellungen einlaufen.
Den 10. Apri! 1876.
K. Oberamt.
G ü uIne r.
Bekanntmach»r»b'
betreffend die Bcsihzeugniffe über das Eiserne Kreuz aus dem Feldzüge 1870 71.
Alle diejenigen Inhaber des Eisernen Kreuzes ans dem Feldzüge 1870-71, denen das ihnen zustehende Besitzzcugniß bis jetzt nicht ansgehändigt worden ist, weil ihr Anscnthalt nicht hat ermittelt werden können, werden hiermit aufgefordert, sich mit Angabe ihres früheren Verhältnisses, in welchem sie das Eiserne Kreuz erworben haben, und ihres gegenwärtigen Wohnorts bei dem Unterzeichneten Landwehrbeznlekcnnmando mündlich oder schriftlich zu meiden.
Calw, den 7. April 1876.
K. Landwehrbezirkskommando.
T a g e s - N e u i g k e i 1 e n.
Die niedere Justizdienstprüiung hat u. a. erstanden: Gänßle, Danl-l, von Wakddors, OA. Nagold
Den 5. April wurde Schulmeister Koch in Hornberg, Oberarms Calw, pcnsionirt.
Stuttgart, b. April. Tie Verhandlungen der Abgevrdneten- Kammer fließen nach Beendigung der Eiseudahn-Lebatte ziemlich ruhig und harmlos dahin. Auch die heutige Berathung des Budgets für 1875/76 (das mit einem aus der sog. Rest-Verwaltung zu deckenden Deficit von 4,476,816 Mark abschließt) verlies im Ganze» ohne aufregende Scenen. Von politischem Interesse ist nur ein vom demokratischen Abg. Retter herbeigefükrtes Intermezzo über den Militär-Etat. Die Leistungen an das deutsche Reich, 6,004,l08 ^ betragend, umfassen nsmlich eine Erhöhnung der Matrikukar-Bciträge um 202,075 auf 5,987,108 Retter findet es nun im höchsten Grade auffallend, wie die Pensionirung in neuerer Zeit gehandhabt werde. Dem persönlichen Ehrgeiz ves Militärs werde auf Kosten der Steuer-Zahler allzu viel Rechnung getragen. Der Finanz-Minister v. Nenner sagt dagegen, daß es sich bei solchen Pensionirungen lediglich um eine Reichs-Ausgabe handle, und Laß der Zweck derselben die Schaffung eines möglichst tüchtigen Offizier-Corps sei. Der Abg. Schmiv, der Urheber des bekannten Eisenbahn-Antrags, bemerkte dazü: Die von Retter angeregte Frage gehe zwar an ven Reichstag, schließe aber nicht aus, daß die Negierung von den hier ausgedrückten Wünschen Act nehme und im Bundesrath mancher, wie auch er zugeben müsse, wirklich vorhandener Uebelstänve dringe. Die Forderung wurde natürlich genehmigt. Der gerügte Ucbelstanv hängt offenbar mit der massenhaften Verabschiedung der älteren Staos-Offiziere und mit dem schnellen Aufrücken der jüngeren Offiziere zusammen.
Die Gesammlzahl der im Pö nNenl i ar h a us in S l u tt- gart Gefangenen beträgt zur Zeit 116; darunter befinden sich 63 Mörder und Raubmörder (Hezel ist der unter dieser Rubrik zuletzt Angekommcne) und 22 Mörder, welche, ursprünglich zu:n Tode verurtheill, zu lebenslänglichem Zuchthaus begnadigt wurden.
Tübingen, 5. April. Vom Schwurgericht wuide der 19 Jahre alte Kaufmann Karl Bäuerle von Rotlendurg wegen Mords zu 19 Jahren Arbeitshaus verurlheilt.
Das Gesuch des Redakteurs Dr. Sigl um Slrasnachlaß wurde, trotzdem es von Seite des Ministeriums begutachtet worden war, von Sr. Majestät dem Könige abschlägig beschieoen.
Die Nachrichten der Blätter über einen am Sonntag den 2. April Abends stattgehavlen Wolkenbruch in Heidesheim sind noch schlimmer als man anfangs befürchtete, und man kann sich selbst mit der weitgehendsten Phantasie keinen Begriff von dem Unglück machen. Die 150 Schritt breite Schlammmasse, die an einzelnen Stellen 1—2 Meier hoch lag, begrub Alles, was ihr im Wege stand. 1000 Schritt vom Ort hat man die Leiche eines Mädchens aus dem Schlamm gezogen, am Schulhause drängt sich die Menge um zwei klagende und weinende Greise, deren Angehörige drinnen als Leichen liegen. In dem Schlamm sollen
noch mehr Leichen liegenden sein. Auswärts im Ort haben die Fluchen euren Abgrund u> den Boren gerissen, 80—100 Schritte breit und 6—8 Meier ues, an dessen Rande nur Ruinen stehen. Ein Bahnwärter sah sein Haus »m Frau, Schwiegermutter und drei Kindern in die Fluch versinken, ohne helfen zu können. Todtes Vieh liegt cheilweije frei zu Tage, theils in den Ställen im Schlamm vergraben. An 20 Hänjer sind spurlos verschwunden, ebensoviel mögen >n Trümmern liegen, eine größere Anzahl stink beschädigt sein. Der Verlust an unbeweglicher und beweglicher .Habe läßt sich noch nichi übersehen. Das Unglück ist unendlich groß und größer, als die noch nicht vergessene Katastrophe von Caub. Hel des heim ist völlig ruinirt, sagt der neueste Bericht.
Mainz, 6. April. Rach und nach läßt sich der Umfang des Wolteubruchs vom Abend des 2. April übersehen. Auf audertyalv Quadrat-Meilen ging das furchtbare Elementar- Ereignlß vor sich, welches die an den Abhänge» oder in den Thatfenkimgen «egenden Gemarkungen (meistens Weinberge guter Lagen, ttNHe Obstbaumsliicke und wohldestellte Felder) von siebzehn Orten minder oder mehr, fünf von Grund ans, verheerte. Ryeinauswärts gehend sind Laubcnheim, Bodenheim, Gaubischoss- heim, un Thal landwärts Hechtshcun, weiter Harxheim und Rtommenyeim betroffen. Die Zerstörungen an den Gemarkungen der letztgenannten sechs Orte, sind entsetzlich, der Schaden ganz unberechenbar. Von Groß-Winterheim über Ober- und Rieder- Zngelheun (eine Stunde Wegs) sind die Weinberge von der Höhe, die liefe Schluchten zeig:, ins Thal ans Felder und Obstbaumstücke geschwemmt, und was nicht begraben wurde, ist entwurzelt und sorigeschwemml. Die Staats-Straße ist 6—8 Meter tief ausgerissen, ebenso die Straße von Mainz nach Bingen ganze Strecken weit, namentlich bei Rieder-Ingelheim, zerstört. Von hier bis Heidesheim sind, zum Theil noch am Hellen Tage, fünfzehn Menschenleben zu Grunde gegangen. Zu dem Tosen der Sturm- Ftuih kam ein Blitzschlag, wodurch in Ober-Ingelheim zwei Häuser niederbrannleu. Eine schwache Idee von dem Schaden erhall man durch die Thalsache, daß vom Slalionshause in Rieder-Ingelheim an Weinberg-Pfählen allein für 5000 fl. fortgeschwemmt wurden. Wie viel Häuser j» den genannten Orten, wo man Mauern einschlug, um vor der Flulh sich Rettung zu schassen, noch nieder- gelegt werden müssen, entzieht sich der Berechnung. Wäre die Katastrophe Rachis hereingebrochen, so würden Hunderte von Menschen lebendig begraben worden sein. Der Schaden ist unermeßlich und schwerlich ohne größere Staatshülfe zu bewältigen.
Berlin, 6. April. Der Abg. Dr. Laskcr ist, wie wir hören, abermals erkrankt. Er wird genölhigt sein, auf längere Zeit den parlamentarischen Geschäften fern zu bleiben und abermals im Hause seines Bruders zu Freiburg im Breisgau Erholung zil suchen. Laster hat in den Commissionen und für die Plenar-Lerathungen zu angestrengt gearbeitet; namentlich ist er wohl durch die Debatten über den Eisenbahn-Untersuchnngs-Bericht zu sehr in Anspruch genommen worden. — Wird Hr. v. Gonlaut- Biron bleiben oder gehen! Es scheint beinahe, als sei seine diesige Stellung unhaltbar geworden. Ob mit Recht oder mit Unrecht, wissen wir nicht, aber man sagt, von seinen Salons aus sei das Gerücht verbreitet worden, der russische Kaiser wolle abdanken, und so leicht würde ihm eine derartige Ausstreuung nicht vergessen werden. (Fr. I )
Dem „Rbg. Korr." wird bestimmt gemeldet, daß nunmehr die Ausprägung von Zwei-Markstücken in nicht ferner Zeit erfolgen wird.
Der betrogene Teufel. Aus dem südlichen Finnland wird folgender nicht uninteressanter Fall gemeldet: Ein Geschwi- stcrpaar, ein zehnjähriges Mädchen und ein zwölf Jahre alter Knabe, deren Ellern sich zu einer Festlichkeit begeben hatten, saßen Abends in der Stube beim kindlichen Spiel, als plötzlich die Thüre sich öffnete und auf allen Vieren kriechend ein zottiges, gehörntes Ungethüm seinen Einzug hielt. „Ich bin der Teufel", redete das Ungeheuer die vor Schreck erstarrten Kinder an, ,,und werde euch hinwegführen in die Hölle, doch so ihr mir zeigt, wo euer sündiger Vater sein Geld aufbewahrt, soll euch Gnade werden." Nachdem die zitternden Kinder auf einen Schrein gedeutet, erhob sich Satanas zu aufrechter Stellung, öffnete rasch