ist gerächt, gerächt durch ihren Lohn, über den sie im Jahre 1808 an-ihxen Pater schrieb: „Wilhelm wird, wenn mich nicht alles trüg./wie sein Pater, einfach, bieder und verständig." Die freisinnige Mutter hat ihren damals elfjährigen Sohn richtig bcurche.it!; der einfache und biedere Sinn ihres Kindes sind in einem langen vielbewegten Leben die hervorragenden Züge des Jünglings und des Mannes geblieben; sie haben dem Könige, dem späteren Kaiser die Liebe und Hingebung der ganzen deutschen Nation gesichert. Daß er aber so geworden, der Manu, welcher heute aus dem neu erstandenen deutschen Kaiserthrone sitzt, das ist das Werk seiner Mutier, derer am heutigen Tage in allen deutschen Gauen mit Dankbarkeit und Verehrung gedacht wird. Wie sie selber, sagt die „Provinzial-Korrespondenz" , in Wesen und Sitte das herrlichste Bild und leuchtende Vorbild einer echt deutschen Frau war, ,o war ihr Denken und Streben auch durch und durch von deutschem Geiste erfüllt und stets auf das „Ganze" aus die nationale Wiedergeburt Deutschlands gerichtet. Als der „Schutzgeisl deutscher Sache" wurde sie im Leben und im Tode von den Dichtern der großen Zeit gefeiert. Was die hohe Frau mit Tbränen gesäet, das ist bald »ach ihrem schmerzlichen Hingang in überraschender Weise geerntet worden, — aber die volle Ernte war erst in unserer Zeit beschieden. Möge der Geist der unvergeßlichen Königin aus dem deutschen Kaiser throne und in unserem Volke auch fernerhin segnend walten!
In Berlin sind mehrere höhere Offiziere eingelroffen, die dorthin kommandirt sind, um an den Verhandlungen einer Kommission theilzunehmen, welche zur Feststellung eines neuen Exercier-Reglcments für die Kavallerie eingesetzt ist.
Die „Krenzzeitung" spricht sich gegen die Abtretung der preuß. Bahnen an das Reich aus, sie würde darin einen zu republikanischer Verfassung hinneigenden Schritt sehen.
Paris, 12. März. Das „Journal de Paris" bildet seinen Lesern folgende Sähe mit dem Bemerken, dieselben seien einem Briefe entlehnt, welchen eine angesehene Persönlichkeit an einen ihrer gegenwärtig in Frankreich weilenden Freunde ge richtet habe: „Dem Fürsten Bismarck scheint das Resultat der Wahlen vom 20. Februar nicht besonders nahe gegangen zu sein, denn er sagte mir noch vor wenigen Stunden: „Werden die Radikalen in Frankreich an's Ruder gelangen? Ich bezweifle es noch; so viel aber weiß ich gewiß, daß sie sich mehr beeilen werden, Pfaffen als Prussiens zu fressen. Das vertilgt sich leichter und ich habe durchaus keine Lust, sie in diesem Geschäft zu stören. Das Weitere werden wir sehen." Das „Journal de Paris" zieht hieraus natürlich den Schluß, daß es ein höchst unpatriotisches Unternehmen wäre, wenn die Linke mit der Kirche anbände. (Fr. I.)
Die Roih in der Umgegend von Paris durch die Ueber- fluthung der Seine ist groß; viele Fabrikanten lassen nicht mehr arbeiten.
London, 11. März. Einer Meldung des „Standard" aus Oueeustown zufolge ist es der Polizei gelungen, den flüchtigen Sekretär der Banque de Belgique an Bord des Schiffes „Pille de Paris" zu verhaften. Unter de n Reisegepäck desselben hat sich ein Theil der von der Banque de Belgique vermißten Fonds vorgefuuden.
Nach Beendigung des Bürgerkriegs erfolgt jetzt inSpanien die Belohnung der sieggekröntcn Generale. Quesada ist zum Marschall oder „Kapitän-General" ernannt und behält das Kommando in den besetzten Provinzen. General Martinez Cam- pos ist zum Herzoge von Vera, Moriones zum Marques de Garate, Primo di Nivera zum Marques de Estella, General Blauco zum Marques de Pena Plata erhoben General Martine; Campos wird außerdem das Kommando in Catalonien, Arragon und Valencia führen, auch soll noch der Marschallslab ihm in Aussicht stehen. Primo di Rivera übernimmt wieder den Posten eines Kommandanten von Madrid. Zwanzig Bataillone sind auserlesen, mit dem Könige feierlich in Madrid einzuziehen und sind bereits aus dem Marsche.
Nach einem Korrespondenten des „Pester Lloyd" ist der Sultan wieder sehr schlecht zu sprechen auf Alles, was mit dem Reformprojekt zusammenhäugt, und es klingt zwar fabelhaft, ist aber verbürgt, daß er einen der höchsten Würdenträger, der ihm die Nothwendigkeit der erwähnten Zugeständnisse darzulegen unternahm, eigenhändig mit Maulschellen traktirte, deren Anzahl beinahe auf ein Haar mit der Zahl der Reform- Punkte übereinftimmte. Auch die von den Mächten so übel bemerkte Verzögerung der Abreise des Pacifikntions-Koinmissärs hat ihren Grund lediglich in einer Launedes Gr oßherrn. Die Insurgenten haben allem Anscheine nach guten Grund, den türkischen Versprechungen nicht allzusehr zu trauen.
Washington, 11. März. Der Senat ha! den Distrikt New-Mcxiko unter die Staaten der Union ausgenommen. — Die Zeitungen melden, daß Porsirio Diaz in Rio-Grande einen Aufstand gegen die Negierung von Mexiko hervorgerufen hat. Der Kommandant der amerikanischen Truppen a» der Grenze har Befehle zur Anfrechterhaltung der strengsten Neutralität erlassen. " (Sch. M )
Lebenskämpfe.
(Fortsetzung und Schluß.)
Und Onkelchen? Tantchen? — sie schauten eben so verdutzt und ungewiß drein, es wurde ihnen ganz unheimlich in Anna's Nähe.
Nun gut, die Verlobung war geschlossen — eine kalte, förmliche Verlobung — und heute wurde sie öffentlich Angesichts der geladenen Honoratioren gefeiert. — Daß der Bräutigam nun eben keine große Ursache zur Lustigkeit hatte, mußte Jedem einleuchten; doch weßhalb heuchelte Anna eine Heiterkeit, von der ihr Herz nichts wußte? —
Bei Lisch sollte die Verlobung durch eine Rede des Oberförsters den Gästen mitqetheilt werden; man wußte es freilich schon, wie konnte so etwas auch nur 24 Stunden verschwiegen bleiben.? —
Anna's Blicke flogen unruhig nach der Thüre, sie wurde zerstreut und ihre Scherze verstummten.
Da erhoo sich der Oberförster, nahm das gefüllte Glas in die Hand, räusperte sich und Alles verstummte. Todlenstille herrschte an der Tafel.
Der alte Forstmann verstand cs nun wohl ganz gut, Rehe und Hasen zu schieße», auch im traulichen Kreise ganz vortrefflich zu plaudern — aber Reden halte der gute Mann nicht gelernt, es sich auch so schwer nicht vorgestellt, und als es nun plötzlich so still wurde, daß man sein eigenes Herz konnte schlagen hören, da hatte er Alles vergessen, und wie er sich auch räusperte und immer wieder räusperte, er mochte platterdings kein Wort hervorznbringen.
Der Verwalter wurde ungeduldig — sollte seine Verlobung, bei welcher ec schon durch das Betragen der Braut eine lächerliche Figur spielte, denn gänzlich zum Gespött werden? —
Anna blickte nun immer ängstlicher und unruhiger nach der Thüre — da schien der Oberförster auf einmal das rechte Wort gesunden zu haben — er begann wirklich mit großen Augstperlen auf der Stirnez „Meine verehrten Herren und Damen!"
Weiter kam ec nicht, denn die Thüre wurde in diesem Augenblick geräuschvoll geöffnet.
Der glückliche Bräutigam stieß einen halblauten Fluch aus uud seine Augen hafteten zornig an der Thüre.
„Wer wagte es hier ungerufen einzudriugen?" ries er ingrimmig.
„Ah, guten Abend, Vater Jean," sagte Anna, sich lächelnd von des Verwalters Seite erhebend, und ohne daß dieser cs zu hindern wagte, dem allen Bergmanne in die Arme eilend. —
„WaS will der alte Hallnnke?" murmelte der Verwalter, und eine seltsame Angst durchzog seine Brust.
„Hm, das ist ein dreistes Volk!" sagte der Oberförster stirnrunzelnd, „ach, der gute Alte will dem Brautpaar im Namen der Bergmannschaft sicherlich ein fröhliches „Glückauf" bringen," fetzte er lachend hinzu, mit wunderlicher Hast sein Glas leerend.
Wie erstaunte der Oberförster aber, als hinter dem Bergmanne die kräftige Gestalt des Hofjägers Arnold auftauchte, sollte er für ihn vielleicht eine unwillkommene Meldung haben?
„Mit Verlaub, Ihr Herrschaften!" begann Vater Jean, „es wird hier, wie ich gehört, Verlobung gefeiert, und unser Herr Verwalter ist der Bräutigam. Lhut mir Leid, Herr Un- termnller, daß ich dazu kein gesegnet „Glückauf" bringen kann."
„Straf mich Gott, wenn der Alte nicht toll geworden ist," schrie der Unlermüller, welcher bei dem Anblick des Bergmanns ganz blaß geworden.
„Still, Untermüller, Gott hat dieses gehört und ausgeschrieben," sagte Later Jean mit feierlichem Ernst, „ich bin nicht toll und werde den lieben Gott bitten, mir meinen Verstand bis an mein selig Lebensende zu schenken. Ihr wißt auch, warum ich hier bin, Untermüller. — Ihr habt es nicht vergessen, daß ich Eures seligen Bruders, — welcher Anna's Vater war — bester , Freund gewesen; wißt auch, daß ich das schlechte Testament kenne, wonach Ihr so große Gewalt über das arme Kind, die Anna erhalten. Das Alles wisset Ihr, Untermüller, aber was Ihr nicht wissen könnt, das ist ein Geyeimniß, welches ich bis auf diesen Tag habe ausbewahren müssen. Habe selbst der Anna es nicht verralhen dürfen. Hier ist es. — Herr Hofjäger, meine alten Augen rangen nicht viel mehr zum Lesen, wollt Ihr es der Gesellschaft vorlesen?" —
Er nahm bei diesen letzten Worten ein Papier aus seiner Brnsltasche und überreichte es dem Hofjäger Arnold, der einen freudestrahlenden Blick ans Anna warf, und dann, nachdem er das Dokument, welches mit vielen Stempeln und Siegeln versehen war, entfallet hatte, also begann:
„Ich Endesunterschriebener Martin Jakob, urkunde hiermit vor 'Notar und Zeugen, daß ich mich bei dem im Februar dieses Jahres 18— von mir niedergelegten Testament übereilt habe und dasselbe nicht für meinen letzten Willen erkenne, es folglich für null und nichtig erkläre. Ich will demnach, daß meine Tochter Anna am Tage ihrer Verlobung, wie ich schon im ersten Testament bestimmt, diesen meinen letzten Willen