Aus Haugsd orf meldet man, daß heute Nacht die ausgetretene Pulka in Haugsdorf sechsundsiebzig Häuser niederge- risscn.
Znaim, 19. Febr. Der gestrige Eisstoß halte großartige Zerstörungen im.Gefolge; der Thayafluß grub sich ein neues Strombett. In den am Tayafluffe gelegenen Ortschaften wurden viele Gebäude demolirt, in Oblos 13, in Neuschallersdorf 4, in Edelspitz 6 Häuser vernichtet.
Paris, 24. Februar. Das „Journal Officiel" enthält ein Dekret des Präsidenten der Republik, welches Du saure beauftragt, die Vizepräsidenlschaft an der Stelle von Buffet zu übernehmen. Dufaure versieht das Ministerium des Innern interimistisch. Der Ackerbau Minister de Meaux, der gleichfalls feine Demission genommen hat, bleibt provisorisch im Amte.
K o nsta ntin op el, 23 Febr. Durch kaiserlichen Jrade ist denjenigen Insurgenten, welche innerhalb vier Wochen in die Heimalh zurückkehren, allgemeine Amnestie gewährt. Die Regierung wird auf eigene Kosten deren Häuser und Kirchen wieder aufbauen und ihnen die Mittel zur Wiederaufnahme ihrer Arbeit gewähren. Seitens der Grenzbehörden sotien den Insurgenten diese Maßnahmen mitgetheilt und die Rückkehr der Ausgewanderten erleichtert werden.
Lebenskämpfe.
(Fortsetzung.)
„Aber woher wißt Ihr denn das alles so genau, Frieder?" fragte scr Hofjäger, ihn mißtrauisch anblickend, es kam ihm doch so vor, als triebe der Mann seinen Spott mit ihm.
„Ich weiß es, ich und der Vater Jean," versetzte Frieder ernst, „wir Beide kannten Anna's Vater und versuchten 'Alles bei dem eigensinnigen Tölpel, fein tolleS Testament zu Hintertreiben. Der Untermnller war klüger als wir, glaub' wohl, daß der dem Bruder den schlechten Gedanken eingegeben hat."
„Besser arm wie Hiob sein, als mit offenen Augen ins Unglück rennen," meinte Arnold.
„Würdet Ihr die Bettlerin heirathen, Herr Hofjäger," fragte Frieder ernst.
„Ja, Frieder, wenn Anna den schmalen Bissen mit mir theilen wollte, ich trachte nur nach ihr allein, nicht nach ihrem Gelbe. Im Gegentheil, ich glaub', es wäre mir fast noch lieber sie arm zu wissen, und könnt' ich's erleben, daß sie meinetwegen den Verwalter ausschlüge, meinetwegen ihr großes stattliches Erbtheil, man nennt sie ja reich, dahinwerfen könnte, ich wäre der glücklichste Mensch auf Gottes Erdboden."
„Nun, das ist eine Freude zu hören, Herr Hosjäger," versetzte der Bergmann, ihm freudig die Hand reichend, „da kann die Anna auch keine Bettlerin werden, denn ein treues und braves Herz ist mehr werth als Geld und Gut, sagt Vater Jean, und ich sühl's, er hat ganz Recht. — Die Anna hat es aber auch verdient, das Mädchen ist gut und brav, und eine Schande wär's doch, wenn der schuftige Untermüller so leichtes Spiel haben und Alles überfchlucken sollte."
„Hat denn das Testament kein Häkchen, woran man es fassen und Herumreißen könnte?"
„O, ein kleines Häkchen wäre freilich wohl zu finden, Vater Jean hat's hineingehämmert. Ihr müßt den Alten für Euch gewinnen, er versteht's vielleicht, auf die rechte Art anzugreifen, meine Finger sind zu plump dazu und der Verwalter mir zu mächtig; Ihr sagtet vorhin selber, Fett schwimmt oben."
„Ich gehe mit nach der Obermühle," sagte Arnold hastig und erregt, „wir müssen den armen Anton trösten und rathen."
„Ja, schickt ihn nur zu dem gnädigen Herrn in der Residenz — mag er dort winseln und betteln, hilft ihm Alles nichts
— selber helfen, das ist das Rechte in der Welt — wir graben so lange, bis sie nicht mehr abdämmen können."
Viertes Capitel.
Der Freiherr von *** ging in sichtlicher Aufregung auf und nieder in seinem Prunkgemache. Er hielt einen offenen Brief in der Hand, den er zum zweiten Male durchlas.
An der Thüre stand eine Frau mit verweinten Augen, Gram und Kummer auf dem bleichen Gesichte.
Der Freiherr blieb endlich vor der Frau stehen und sagte, nachdem er sich mehrmals geräuspert: „Ihr Mann schreibt mir da von seiner Wassernoth, und ich trage natürlich die Schuld an Ihrem Unglücke. Das ist nicht der Fall, meine liebe Frau
— ein anderer würde genau so handeln wie ich. Das Bergwerk gehört mir und wenn Ihre Mühle nicht ohne Wasser aus demselben existiren kann — ist das meine Schuld? — Hab' ich die Mühle gebaut? — Es ist freilich ein Unglück, aber nicht ich trage die Schuld."
„Es wäre so leicht, das Wasser hinzuleiten, gnädiger Herr Baron," versetzte die Frau des Obe»müllers mit einer Stimme, welche wie ein Thränenquell aus tiefster Brust klang, „die Kosten wollen wir ja gerne tragen und erbieten uns auch, dem gnädigen Herrn einen mäßigen Pachtzins dafür zu zahlen."
„Ist alles recht gut, meine liebe Frau," sagte der Freiherr achselzuckend, „aber es geht unter diesen Umständen nun einmal
platterdings nicht. Erst gestern noch war mein Verwalter hier und bewies es mir klar und deutlich, daß das Bergwaffer für zwei Mühlen nicht ausreiche. Es ist doch ganz natürlich, daß ich die Mühle meines Schwiegersohns in erster Reihe begünstigen muß, das sehen Sie doch ein, gute Frau."
„Gewiß, gnädiger Herr!" rief die Frau, welche bei der freundlichen Auseinandersetzung des Barons neuen Muth und neue Hoffnung schöpfte, „gewiß wäre das auch ganz recht, wenn die Sache sich wirklich so verhielte. Aber es ist anders, gnädiger Herr, der Untermüller hat noch immer Wasser in Menge, wenn er auch uns leben läßt. O, gnädiger Herr, haben Sie Erbarmen mit uns armen Menschen, gönnen Sie uns das bischen Wasser, welches ja der liebe Gott in Ueberfluß ans den Bergen fließen läßt, wir müssen sonst mit unfern fünf Kindern elendiglich verderben, wenn Sie uns das Wasser ganz abschneiden."
Der vornehme und reiche Mann ging auf's Neue in sichtlicher Ungeduld auf und nieder. Er schämte sich doch wohl ein wenig dieser armen Frau gegenüber, ihr bei seinem vielen Mammon auch noch das Wasser, welches die Natur dem Aermsten als freie Gabe bestimmt, zu entziehen. —
Der aristokratische Hochmuth war jedoch stärker, als die Scham, er runzelte die Stirn und sprach nach einer kurzen Pause fast strenge: „Lassen Sie diese einstudirten Redensarten, gute Frau, Sie erreichen damit nichts, es geht nicht und damit punktum."
Er wandte sich von ihr ab und setzte sich an seinen Schreibtisch-
Die Frau des Obermüllers stand einen Augenblick wie betäubt. Ihr von Angst und Thräne» umflorter Blick flog wie hilfesuchend in dem großen Zimmer umher und haftete an den prächtigen Dingen, mit denen dasselbe angefüllt war. Dort in dem großen, kostbaren Spiegel sah sie ihr Bild, ihr bleiches, abgehärtetes, kummervolles Gesicht; — es erschien der Armen wie Spott und Hohn und ein bitterer Groll stieg in ihrer Seele auf.
Und in dieser gequälten Seele tönte es unaufhörlich: Alles, Alles, gehört auf Erden dem Reichen, der Arme soll nichts haben, nicht einmal das Wasser, das dem Reichen wie dem Armen umsonst von Gott gegeben wird. Gott kümmert sich nicht um die Armen und Elenden auf seiner Erde!
Es war eine Gotteslästerung — wehe dem reichen Manne, der diese fromme Seele so weit gebracht.
Aber wie ihr Auge so angstvoll und hilfesuchend ansjden kostbaren Gegenständen umherirrte, wie es Nacht wurde in ihrer Brust, La wurzelte ihr Blick plötzlich an dem göttlich schönen' Blick ves Erlösers. O, Christi Bild in dem Zimmer des reichen Mannes! — Es war seltsam, daß der bittere Groll urplötzlich in der Seele des Armen erlosch beim Anblick des Erlösers.
Still und demüthig sprach sie ein leises Gebet, und als der Freiherr, welcher nicht ahnen mochte, welche Gedanken die Brust der Frau durchwoglen, sich umwandtc und sie befremdet und mit unwilligem Staunen anblickte, da nahte sie sich ihm noch einmal und hob die Hände flehend zu ihm empor.
Er schüttelte den Kopf und wandte sich der Thüre eines Nebengemaches zu.
Die Frau stürzte auf die Kniee und sprach mit dem Tone herzzerreißenden Jammers: „Erbarmen, gnädiger Herr, lassen Sie mich nicht so heimkehren. Ich arbeite Tag und Nacht für meine Kinder, damit sie nicht hungern. Sehen Sie diese Hände, gnädiger Herr Baron, ich spinne mit allen Beiden, sie sind mir fast erlahmt — und doch können sie nicht so viel erwerben, um das Brod herbeizuschaffen, das Brod, gnädiger Herr, welches wir mit dem Bergwaffer, das sie uns genommen, so reichlich haben könnten."
Der Freiherr blickte sie zornig an und wollte ihr harte Worte erwidern, doch besann er sich und sagte etwas freundlicher: „Stehen Sie auf, ich will Ihnen einmal einen Vorschlag machen."
Die Frau erhob sich und jener fuhr fort: „Mit dem Wasser geht's nicht, das ist eine ausgemachte Sache, sonst müßte die Untermühle still stehen. „Ich weiß das bester," fuhr er rascher fort, als die Frau Einwendungen machen wollte, „darum kein Wort mehr davon. — Ich will Ihnen jedoch einen Vorschlag machen, verkaufen Sie die Obermühle."
„Wer wird eine Mühle ohne Wasser kaufen?" versetzte die Frau bitter lächelnd.
„Nun, die Mühle würde ich allenfalls kaufen, um Ihnen zu zeigen, daß ich Ihr Unglück nicht will," sagte der Freiherr, theilen Sie dieses Ihrem Manne mit. Man hat mir gesagt, die Mühle koste Ihnen 7000 Thaler; gut ich gebe die Summe dafür, um nur die unglückliche Geschichte einmal zum Abschluß zu bringen."
„Ach, gnädiger Herr, das geht nicht," ries die Frau bestürzt, „wir haben außer der Kaufsumme noch 2000 Thaler darin verbaut."
Der Freiherr zuckte ungeduldig die Achsel und sagte: „Ich gebe 7000 Thaler, keinen Pfennig mehr, die Mühle ist keine 2000 werth, doch will ich ein übriges thun und die Kaufsumme zahlen; mehr kann ich nicht thun, nun adieu, gute Frau!"