Dn Gesellschafter.

Amtsblatt für den Oberamtsbezirk Nagold.

Erscheint wöchentlich 3mal und kostet N^. 14«). /halbjährlich hier (obne Träporiohn)

I M. 60 Pjg., tür den Bezirk 2 M.

Inserationsgebühr für die Zspaltige

A»m-rst-g dm r-Mkm LLK'kA'r-.'W 8 1875.

mehrmaliger je 6 Psg.

A m t l i ch e s.

sti a g o l d.

An die Orlsvorfteher.

Dieselben werden hiemit benachrichtigt, daß ihnen in den nächsten Tagen ExemplareZusammenstellung der wesentlichsten Bestimmungen des Neichsgesetzes über dis Beurkundung des Personenstandes und die Eheschließung vom 6. Februar 1875" zur unentgeltlichen Vertheilung unter der Einwohnerschaft zukommen werden.

Den 7. Dezember 1875.

K. Oberamt.

G ü ntne r.

L « g e S - N e n i g k e i t e n.

Stuttgart, 6. Dez. (Landesproduiienbörie). Die Stimmung im Getreidehanvck war auch in der vorigen Woche überall lustlos und in den Preisen ist nirgends eine wesentliche Milderung eingetrete». Am Hopsemnarki sind ca. 100 Ctnr- schöne Waare auf Lager, Verkäufe kamen jedoch nicht zu Stande. Wir notiren: Watzen, bair. 11 M- 5060 Pf.; amerik. 11 M; 60 Pf.; .«einen II M. 30-60 Pt.; Dinkel 7 M.; Haber 7 M. 60 Pf. bis 8 M. 50 Pf. M-Hlpreije pro 109 Klgr. sammt Sack. Mehl Nro. 1: 36-37 M.; Nro. 2: 3, -32 M.; Nro. 3: 21-26 M.; Nr. 1: 21-23 M.

Rottenburg, 5. Dez. Aus Anlaß der Einführung der Ci vite he, welche nach dem Reichsgesetz mit dem 1. Januar 1876 auch für uns in Kraft tritt, hat der Hochw. Bischof ein längeres Hirtenschreiben herausgegeben, da» am vierten Advent- Sonntag von allen Kanzeln der Diöcese zu verlesen ist. In diesem Schreiben ermahnt der Bischof seine Diöcesanen, bei Ein­gehung von Ehen den vom Reichsgesetz vorgeschrievenen Förm­lichkeiten sich pünktlich zu unterziehen, andererseits aber rathet er den Brautleuten ernstlich, daß sie, ehe sie bei dem Standesbe­amten den Civilakt einleiten und einen Termin für denselben be­stimmen lassen, dem Seelsorger von ihrem Vorhaben Kenntniß geben, damit die erforderlichen Vorbereitungen für die kirchliche Eheschließung von seiner Seite getroffen werden können; sodann werden die Brautleute eindringlich ermahnt, darauf zu achten, daß die kirchliche Einsegnung, wenn immer möglich am gleichen Tage mit dem Civilakt, unmittelbar nach demselben, statlfinde.

Cannstatt, 3. Dez. Ein hiesiger Drehermeister hatte zwei Gesellen. Sie arbeiteten im Hanse und schliefen in Betten, die dem Meister gehörten. Kürzlich eines schönen Morgens waren sie verschwunden und- mit ihnen die Betten. Diese hatten sie nächtlicher Weile zum Fenster hinaus auf die Straße geworfen und dann nach Stuttgart getragen, um sie dort einem Trödler um den dritten Theil ihres Kaufwerlhs zu veräußern. Glück­licherweise ist man ihnen auf die Spur gekommen und nun si­tzen sie und liegen sie hinter Schloß und Riegel auf Pritschen, welche sie schwerlich verkaufen werden.

Ludwigsburg, 6. Dez. Gestern Morgen standen die vier Knechte des Güterbeförderers M. von hier und der Bediente eines hiesigen Offiziers, welche in zwei durch eine offene Thüre verbundenen Lokalen beisammen schliefen, nicht rechtzeitig auf. Als Herr M. nach ihnen sah, um sie zu wecken, fand er alte fünf Personen zwar noch lebend, aber in bewußtlosem Zustande in ihren Belten liegend. Durch die sofort herbeigerufenen Aerzte wurde konstatirt, daß dieselben durch Kvhlenoxydgas vergiftet worden waren. Wie es scheint, haben die Knechte, ehe sie zu Bette gingen, den in einem der Lokale stehenden Ofen mit Steinkohlen geheizt und die am Ofenrohr befindliche Klappe entweder zu früh geschloffen oder ist diese selbst zugefallen und dadurch wurde das Unglück herbeigeführt. Zwei der Knechte sind unterdessen gestorben, die beiden andern, sowie der Offiziersbebiente, liegen noch in bewußtlosem Zustande und sind in größter Lebensgefahr. (Sr.-A.)

Aus dem Oberamt Crailsheim, 5. Dez. Folgenden Gaunerstreich könnte man recht drollig nennen, wenn er nicht eine heillose Unterlage hätte. Zu dem katholischen Pfarrer Vogt in unserer Bezirksstadt kommt in voriger Woche ein angeblicher Eisenbahnarbeiter, wohnhaft in der Ansbacher Vorstadt, und bittet ihn um Beerdigung seines verstorbenen Söhnchens. Der Geistliche setzt dieselbe auf den dritten Tag Morgens 8 Uhr an und verspricht den Lehrer selbst zu bestellen. Der in Trauer versetzte Vater fängt nun über Hane Zeiten, Theurnng der Le­bensmitteln, die Höhe des Hauszinses und den strengen Winter zu lamentiren an und rückt endlich unumwunden damit heraus, er habe zur Bestattung der Leiche nicht einen rothen Heller. Bei Pfarrer Vogt hat nun ein armer Glaubensgenosse noch sel­

ten eine Fehlbitte gethan. Dieseschwache Seite," wenn man so sagen darf, kannte der jammernde Schlingel und erhielt richtig den Betrag für Sarg und Grab u. s. w. als Extrageschenk, neben dem, daß er die Leichenfeierlichkeit von Seiten des Pfar­rers und Lehrers umsonst haben sollte. Ms aber die angesetzte Beerdigungsstunde hcrangekommen war, stellte es sich mich zwei­stündigem Zuwarten heraus, daß in dem bezeichneien Hause weder ein Eisenbahner wohne, noch überhaupt Jemand gestorben, und eben so wenig auf dem Kirchhof ein Grab gemacht fei. Ein abgefeimter Gauner hatte den Tod seines oder eines Kindes zum Vorwand genommen, den Pfarrer Vogt um einige Thaler .zu prellen.

München, 5. Dez. Alle hier cingetroffeuen Wittcrungs- berichte lauten über einen ungeheuren Schneesall im ganzen Land. Im Gebirge hat sich derselbe bereits über Mannshöhe aufgesiaür.

Berlin, 5. Dez. Der Verlobte der Tochter des Fürsten Bismarck, Graf Wend: zu Eulenburg, ist heute früh 7 Uhr am Typhus gestorben.

Berlin, 5. Dez. DerWes.-Z." wird von hier an­scheinend aus offiziöser Quelle telegraphier:Die Conferenzen zwischen Bismarck und Gortschakoff ergaben das vollständig: Einvernehmen in der Orient-Frage. Karolyi war gleich­falls zugczogen worden. Der östreichische Garantie Vorschlag ist bereits dem Petersburger Cabinet unterbreitet, und eine gemein­same Beschlußfassung ist daher bevorstehend. Die Nordmächtc äußerten sich nach erfolgter offizieller Mittheilung zustimmend über den Ankauf der Suez-Canal Aktien durch England.

Berlin, 6. Dez. Gutem Vernehmen nach hat der Bun- dcsraih. beschlossen, vor Einziehung der Silberihaler zunächst de­ren Coursfähigkeft einzuschränken und dieselben wie Reichs-Sil- bermünzen als gesetzliches Zahlungsmittel für Zahlungen bis 20 vorläufig sorrbestehen zu lasten.

Die Abstimmung der Ne i ch s ta g s ab g. aus Würt­temberg über den Diäkenantrag (Sizung vom 30. v. M.) war nach dem stenogr. Prot, folgende. Für Diäten stimmten: Graf Bissingen, Elben, Gaupp, Hinlrager, Hölder, Lenz, Graf Zell. Gegen: Chevalier, v. Frisch, v. Huber, Römer, v. Sarwey, v. Varnbüler. Beurlaubt: Schmiv. Ohne Entschuldigung fehlend: Banrhammer, Fürst Langenburg, Schwarz.

Berliner Blätter meinen, der Reichstag werde bis Weihnachten mit seinen Arbeiten nicht fertig und wohl noch bis Ende Januar tagen müssen, wenn er nicht Vieles unerledigt lassen wolle. In der Budgetkommifsion des Reichstags sind die im Militäretat neugeforderten 54 Stabsoffiziere für die Stei­len von Landwehrbezirks-Commandanlen mit allen gegen 2 Stim­men abqelehnt worden.

Hier ein Beispiel, wie man dem Strafgesetzbuch ver­fallen kann ohne Ahnung davon. Ein wohlhabender und sehr rechtlicher Bauerngutsbesitzer verkauft ein überzähliges altes Pferd, bald darauf hört sein Knecht in der Nacht ein Pferd vor dem Gehöfte hin und her laufen, öffnet das Thor und findet das verkaufte Pferd. Der Herr befiehlt ihm, das Thier, damit es nichi im Freien bleibe, in den Stall zu führen und zu füttern, was auch geschieht. Andern Tags läßt er dem Manne, der es ihm abgekauft, sagen, er möge das ihm wieder zugelaufene Pferd abholen lassen. Dieser aber kommt in den nächsten Tagen nicht; denn er hat das Pferd einem Dritten verkauft und dieser Dritte ermitlelt, daß der betr. Gutsbesitzer es unterlassen hat, dem Schultheißen als der Ortsbehörde Anzeige zu machen, daß ihm ein Pietd zugelaufen sei; er stellt sofort einen Strafantrag bei dem Staatsanwalt. Eine Ordnungsstrafe wegen übersehener Anmeldung hat der Gutsbesitzer allerdings verwirkt, daß er aber wegen widerrechtlicher Aneignung fremden Guts in Crimi- naluntersuchung gezogen wird, das will dem alten braven Mann nicht in den Kopf, es ist ihm ein Entsetzen Tag und Nacht! sehe sich Jeder in ähnlichem Falle vor und unter­lasse nie die sofortige Anzeige bei der Behörde!

Aus dem Groß Herzogthum Hessen, 5. Dez. Man schreibt derKarlsr. Ztg ": Leider vermehren sich auch bei uns die Fälle religiösen Wahnsinns in erschreckender Weise. So wird jetzt wieder ein solcher Fall ans Gau Bickelheim (Rhein- heffen) gemeldet, wo ein bis dahin ganz geistesgefundes junges Mädchen sich bei der letzten Ablaßfeier so aufgeregt hat, daß es