noch etwas mehr?" meint« mein Mann, der ihn gern durchge Prügelt hätte. „O," hat er da gerufen, „das deckt das Geld Alles zn, es gibt heute keine andere Schande mehr auf der Wett, als kein Geld zu haben."
Was ich in diesem Augenblick empfand, läßt sich nicht beschreiben. Es war mir, als kröche eine Schlange mir langsam zum Herzen und ich konnte doch kein Wort Hervorbringen, konnte nicht einmal weinen.
Der Brief aus Kopenhagen gaukelte mir daher immer vor den Augen und ich hatte ihn doch verbrannt.
„Anna! Anna!" rief meine Freundin ganz erschrocken und schüttelte mich am Arm, „wie ist Dir? O, nimm es Dir doch nicht so schwer zu Herzen. Hätte ich Unglückliche nur nichts gesagt. Aber ich glaubte es Dir schuldig zu sein, und es ist doch auch besser, daß Du es durch mich erfahren, als von fremden Leuten."
„Sei ruhig um mich," sagte ich leise und gab ihr die Hand, „ich bin Dir dankbar dafür, weiß ich doch, daß aus Deinem Munde keine Lüge und Verleumdung kommt. Gott hat es so gewollt — sein Wille geschehe. Mich betrübt es von Herzen, daß er es mir nicht selber gesagt hat, solche Dinge gingen uns Beide nur allein an, warum diese Falschheit hinter'm Rücken, ich war ja doch immer ehrlich gegen ihn. Uebrigens braucht er mir keine hundert Thaler zu geben, das kann er umsonst haben."
Ich stand auf und gab vor, die gnädige Frau warte zu Hause auf wich.
„Anna, sei mir nicht böse, ich meinte es gut mit Dir," bat die Försterssrau mit Thränen in den Augen.
„Ei, Gott bewahre," sagte ich hastig, wie könnte ich Dir böse sein, hast Du mich doch vor einem großen Unglück bewahrt. Nein, nein, ich bin Dir sehr dankbar. — Adieu, Du Gute!"
(Schluß folgt.)
Allerlei.
— Berlin. Der Brise verkehr aus dem ganzen Erdball umfaßt jährlich 3300 Millionen Briese, d. h. 100 Stück per Secunde und 3 Stück per Kopf. Das Gewicht sämmilicher Briefe des Weltpostverkehrs beträgt 33 Kilo. Das Papier würde ausgebreitel eine Fläch; von 3 Quadratmeilen — also ungefähr das Gebiet des Fürstenthums Schaumburg-Lippe bedecken. — Von den 3300 Millionen Briefpostsendungen des Weltverkehrs fallen 490 Millionen ans den internationalen Austausch. Das. Mittel, bei den 50 Postverwaltungen der Erde eine sichere Beförderung zn erlangen, sind die Postoeriräge, von denen nahezu 1000 existiren. Diese durch einen Weltpostverein zu ersetzen, ist durch den Berner Congreß vom Herbste 1874 ein wesentlicher Schritt geschehen. — Im Weltpostverkehr bedarf man des Transits. Ein Brief aus Christiania nach Melbourne geht auf seinem Wege von 2700 geographischen Meilen etwa 20 bis 30 mal durch die Hände der Post, welche 9 verschiedenen Regierungen mit 7 verschiedenen Sprachen angehört.
— (Ein Besuch bei den Irren), welche sich Zwecks ihrer Heilung in einer Anstalt aufhalten, ist für jeden denkenden Menschen lohnend und interessant. In geradezu wunderbarer Weise werden die Vorstellungen der Unglücklichen zum Ausdruck gebracht, deren Geist der Gewalt des Wahnsinns unterlag, und man begreift oft nicht, wie ein Mensch, der sich trotz seines Irr
sinns eine Zeit lang mit dem Besucher ganz verständig unterhält, plötzlich die lächerlichsten, unglaublichsten Ideen zu Tage fördert. In einer solchen Anstalt bei Berlin vegetirt beispielsweise ein Schriftsteller, der den Kelch der Armuth und des Elends bis zur Hefe geleert hat. Jetzt ist er seiner Einbildung nach 37facher Millionär, liest Zeitungen, deren Inhalt von a —2 von ihm herrührt, und fühlt sich glücklicher, als jemals in seinem Leben. Ei« anderer, ein Mann im Greisenalter, mit schönem Vollbarte, muß auf den Spaziergängen mit Strenge zur Bewegung angehalten werden; er hält sich für Napoleon den Ersten und steht, einer Statue desselben gleich, mit verschränkten Armen so lange auf einem Fleck, bis der Wärter ihn anstößt. Ein dritter, ebenfalls schon alt, will verhungern und ist nur dadurch zum Essen zu bewegen, daß man ihm sagt, er müsse, falls er hier nichts zu sich nähme, auch in dem von ihm erstrebten Jenseits hungern. Ein früherer Beamter, ausgezeichnet durch ausfallend aristokratisches Aeußere und mit vollendet schönem Gesicht, erregt das Mitgefühl des Besuchers in erschütternder Weise. Der Mann hält sich für einen Hochverräther; er kriecht täglich mehrmals unter Sopha und Belt und legt sich auf die Dielen, um in einer ihm bewilligten Audienz beim Kaiser Gnade zu erflehen. ES sind da Personen, welche den Verlust ihrer Seele betrauern, Personen, die sich für Engel, Heilige, Prediger, Advocaten, Generäle Hallen. Der sonderbarste Gesell ist ein junger Mann — irren wir nicht, ein Korbmacher aus Schlesien — der von der fixen Idee befangen ist, eine Prinzessin kitzle ihn fortwährend. Einen fast freundlichen Anblick gewährt der Moment des Beisammenseins dieser Unglücklichen des Abends, wo sie unter Leitung eines ebenfalls irren Capellmeisters einen schönen correcten Gesang anstimmen, bis die Glocke sie ruft und der Schlaf sie auf Stunden einführt in den Hafen des Friedens, der ja auch den Elendesten unter den Menschen aufnimmt.
— („Das eben ist der Fluch d er bösen That), daß sie fortzeugend Böses muß gebären!" sagt Schiller. — Der Kaufmann E.. in der P.-Straße zu Berlin wird es bestätigen. Demselben brachte der Briefträger letzthin eine Vorladung vom Polizei-Präsidium, die wahrscheinlich zu frankiren vergessen worden war. E. schrieb auf das Schriftstück: „Wird unfrankirt nicht angenommen." Drei Tage darauf erscheint ein Schutzmann mit einer Rechnung über zehn Pfennige für Porto und 3 Silbergroschen Botenlohn. E. verweigert Zahlung nnd provocirt auf richterliche Entscheidung. Der Renitente wird vor den Polizei- Anwalt geladen nnd dieser decretirt, daß Jnculpat die zehn Pfg. Porto, die drei Silbergroschen Botenlohn und nun auch noch sechs Silbergroschen Kosten zu zahlen verpflichtet sei. Da E. aber dennoch nicht zahlt, kommt der Execntor und pfändet eine silberne Zuckerzange. Die Exemtion kostet vier Silbergroschen. Bei fortgesetzter Weigerung des E, zu zahlen, wird die Zuckerzange verauctionirt, macht zwei Silbergroschen. Es bleibt nun nichts übrig, als vorläufig zu zahlen: zehn Pfennige Porto, dreißig Pfennige Botenlohn, sechzig Pfennige Gerichtskosten, vierzig Pfennige Executionsgebühren und zwanzig Pfennige Zuckerzangen- verauctionirungskosten. Jetzt aber will E. auf Rückzahlung resp. Schadenersatz klagen.
— „Wovon existiren Sie?" sragte die hohe Polizei. „Ich lebe von der Hand in den Mund" war die Antwort. „Himmel- Donnerwetter, was für'n Gewerbe?" „Ra, Zahnarzt natürlich !"
Amtliche und Privar-B^kannrmnchirngen.
Stadt Alten st aig.
Lang- und Klotzholz- Berkauf.
Am Donnerstag den 19. August, Vormittags 10 Uhr,' kommen auf dem Rathhaus dahier zum Verkauf:
Aus dem Stadtwald Enzwald, Abth. 1 u. 2: 468 Stück Lang- und Klotzholz mit 685,85 Fm.;
Primen, Abth. 9, 14, 15 :
581 Stück Lang- und Klotzholz mit 375,88 Fm.;
Hagwald, Abth. 6:
17 Stück Lang- und Klotzholz mit 7,17 Fm.
Den 11. August 1875.
A. A.:
Stadtfö rster Pfister. Egenhausen,
Oberamts Nagold.
Bei dem hiesigen Schulfonds liegen
430 Mark
dis 1. Septbr. gegen gesetzliche Sicherheit zum Ansleihen parat.
S ch i e t i n g e n, Gerichtsbezirks Nagold.
Fahrniß-Verkaus.
Der Anordnung des K. Oberamtsgerichts zufolge kommt in der rechtskräftig erkannten Gantsache des Joseph Schilling, gew. früheren Landjägers in Ünterthalheim und Restaurateurs dahier,
die vorhandene Fahrniß, bestehend in 1 Paar goldenen Bouttons, Büchern, einer größer» Anzahl Franenkleidern und Leibweißzeug, Bettgewand und-Leinwand, Küchengeschirr, Schreinwerk und sonstigem allgemeinen Hausrath, sowie ca 43 Stück Radfelgen, am
Montag den 23. d. M., Vormittags 9 Uhr,
in der Wirthschast des Bottitta Bonelli in Schietingen gegen baare Bezahlung im öffentlichen.Ausstreich zum Verkauf, wozu Kaufsliebhabev emgelaMu werden.
Den 12. August 1875.
K. Gerichtsnotariat Nagold. Ass. Wenzler.
Nagold.
Wohnrmgsverariderung und GeMfls-Empfehlung.
Meinen hiesigen und auswärtigen Kunden zeige ich hiemit ergebenst an, daß ich meine bisherige Wohnung verlassen und jetzt in meinem eigenen Hause in der hintern Gaffe wohne Für das mir geschenkte Vertrauen dankend, bitte ich um ferneres Wohlwollen.
Jakob Wagner, Kleiderhändler.
Nagold.
Es ist bei mir ein
Regenschirm
stehen geblieben. Der Eigenthümer kann denselben abholen.
Rentschler, Spinnereibesitzer.
A l t e n st a i g.
Bei Unterzeichnetem ist fortwährend
frische Beiße
zu haben, das halbe Liter zu 17 ^
I. Hummel, Bierbrauer.